Suchen Hilfe
VwGH vom 26.04.2013, 2013/11/0098

VwGH vom 26.04.2013, 2013/11/0098

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des D W in B, vertreten durch Dr. Hanns Forcher-Mayr, Rechtsanwalt in 6010 Innsbruck, Colingasse 8/1, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport vom , Zl. P1032070/8-PersC/2013, betreffend Befreiung vom restlichen Grundwehrdienst, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit Bescheid des Heerespersonalamtes vom , bestätigt durch den Bescheid der belangten Behörde vom , wurde der Beschwerdeführer aufgefordert, dem Bund einen Betrag von EUR 3.750,-- zu erstatten. In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer sei wegen Rückenschmerzen bei körperlicher Belastung mit Wirksamkeit vom vorzeitig aus dem Ausbildungsdienst entlassen worden, sodass er die angefallenen Monatsprämien in Höhe des genannten Betrages zu erstatten habe (Hinweis auf § 6 Abs. 4 Z. 1 und 3 iVm § 55 HGG 2001). Gegen den Bescheid vom hat der Beschwerdeführer die zur hg. Zl. 2013/11/0097 protokollierte Beschwerde eingebracht.

Mit dem angefochtenen Bescheid vom wurde der Beschwerdeführer gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 iVm § 19 und § 26 Abs. 4 des Wehrgesetzes 2001 (WG 2001) von der Verpflichtung "zur Leistung des restlichen Grundwehrdienstes aus militärischen Rücksichten von Amts wegen befreit".

In der Begründung wurde ausgeführt, der Beschwerdeführer habe den Grundwehrdienst in der Zeit vom bis in der Dauer von fünf Monaten und 24 Tagen geleistet. Nach Wiedergabe des § 26 Abs. 1 Z 1 WG 2001 und unter Hinweis auf § 19 Abs. 1 leg. cit., wonach der Grundwehrdienst als Präsenzdienst gelte, führte die belangte Behörde aus, sie gelange nach eingehender Prüfung des für die Entscheidung maßgebenden Sachverhalts zu der Ansicht, dass die Befreiung des Beschwerdeführers aus militärischen Rücksichten in dem im Spruch festgesetzten Ausmaß zu verfügen sei, weil keine militärischen Erfordernisse an der Leistung seines restlichen Grundwehrdienstes bestünden.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof erwogen hat:

1. In der Beschwerde bringt der Beschwerdeführer vor, er sei als "1-Jahr-Freiwilliger … gesund … eingerückt", bei der Musterung und allen ärztlichen Untersuchungen seien keine gesundheitlichen Beeinträchtigungen festgestellt worden. Erst die intensive Bundesheer-Alpinausbildung in den Lienzer Dolomiten mit schwerem Gepäck (60 kg Rucksack) habe zu einer "fortandauernden gesundheitlichen Beeinträchtigung" des Beschwerdeführers am Rücken geführt. Trotz der dabei erlittenen schweren gesundheitlichen Schäden (Bandscheibenvorfall) habe der Beschwerdeführer bis zum Schluss "abdienen" wollen, was ihm aber aufgrund der gesundheitlichen Beeinträchtigung nicht möglich gewesen sei.

Gemäß § 26 Abs. 1 Z. 1 WG 2001 dürften nur taugliche Wehrpflichtige von Amts wegen von der Verpflichtung zur Leistung des Präsenzdienstes befreit werden. Diese Bestimmung sei auf Kranke nicht anzuwenden.

Außerdem fehle dem angefochtenen Bescheid eine nachvollziehbare Begründung, weil er sich nur auf die Wiedergabe der verba legalia beschränke. Auch ein gesetzeskonformes Ermittlungsverfahren mit der Einräumung von Parteiengehör habe es nicht gegeben, sodass der Beschwerdeführer den geschilderten Sachverhalt nicht habe in das Verfahren einbringen können. Mit Bezug auf den eingangs genannten Bescheid vom meint der Beschwerdeführer sodann, dass er richtiger Weise gemäß § 30 WG 2001 (Vorzeitige Entlassung wegen Dienstunfähigkeit) als vorzeitig aus dem Ausbildungsdienst entlassen gelte.

2. Die hier maßgebenden Bestimmungen des Wehrgesetzes 2001 lauten:

" Nachstellung und neuerliche Stellung

§ 18b.

(4) Wehrpflichtige, deren Eignung zum Wehrdienst von der Stellungskommission festgestellt wurde, sind vom Militärkommando auf ihren Antrag einer neuerlichen Stellung zuzuweisen, wenn Anhaltspunkte dafür bestehen, dass eine Änderung der Eignung zu erwarten ist. Gelangen diese Anhaltspunkte dem Militärkommando auf andere Weise als durch einen Antrag zur Kenntnis, so hat diese Behörde die Wehrpflichtigen von Amts wegen nach Maßgabe militärischer Interessen einer neuerlichen Stellung zu unterziehen. (…) In allen Fällen einer neuerlichen Stellung bleibt bis zu deren rechtskräftigem Abschluss die zuletzt getroffene Eignungsfeststellung aufrecht.

§ 19. (1) Der Präsenzdienst ist zu leisten als

1. Grundwehrdienst oder …

Befreiung und Aufschub

§ 26. (1) Taugliche Wehrpflichtige sind, soweit zwingende militärische Erfordernisse nicht entgegenstehen, von der Verpflichtung zur Leistung eines Präsenzdienstes zu befreien

1. von Amts wegen, wenn und solange es militärische Rücksichten oder sonstige öffentliche Interessen erfordern, und

2. auf ihren Antrag, wenn und solange es besonders rücksichtswürdige wirtschaftliche oder familiäre Interessen erfordern.

Als sonstige öffentliche Interessen gelten insbesondere gesamtwirtschaftliche oder familienpolitische Interessen sowie die Tätigkeiten von Fachkräften der Entwicklungshilfe nach § 15 des Entwicklungshelfergesetzes. Eine Befreiung ist auch zulässig, wenn eine Voraussetzung nach Z 1 oder 2 während eines Präsenzdienstes eintritt. Befreiungen nach Z 1 hat der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zu verfügen.

(4) Mit Erlassung eines Bescheides, durch den einem Wehrpflichtigen eine Befreiung oder ein Aufschub gewährt wurde, wird eine bereits rechtswirksam verfügte Einberufung für den Zeitraum dieser Befreiung oder dieses Aufschubes für ihn unwirksam.

Vorzeitige Entlassung wegen Dienstunfähigkeit

§ 30. (1) Wird die Dienstunfähigkeit eines Soldaten, der Präsenz- oder Ausbildungsdienst leistet, vom Militärarzt festgestellt, so gilt der Soldat als vorzeitig aus diesem Wehrdienst entlassen. …

(3) Die vorzeitige Entlassung wegen Dienstunfähigkeit wird nur mit Zustimmung des betroffenen Soldaten wirksam, wenn

1. die Dienstunfähigkeit auf eine Gesundheitsschädigung nach Abs. 4 zurückzuführen ist oder

2. die Gesundheitsschädigung, welche die Dienstunfähigkeit verursacht hat, sonst in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer Wehrdienstleistung nach Abs. 1 steht.

Stimmt der Soldat der vorzeitigen Entlassung nicht zu, so gilt er erst nach Ablauf eines Jahres ab Wirksamkeit der Feststellung der Dienstunfähigkeit als aus dem Wehrdienst entlassen, sofern er seine Dienstfähigkeit nicht vorher wiedererlangt oder der Wehrdienst nicht vorher endet.

Besondere militärische Dienstleistungen Ausbildungsdienst

§ 37. (1) Frauen und Wehrpflichtige können auf Grund freiwilliger Meldung nach den jeweiligen militärischen Erfordernissen einen Ausbildungsdienst in der Dauer von mindestens zwölf Monaten bis zu insgesamt vier Jahren leisten. …

Sonderbestimmungen für Wehrpflichtige

§ 38b.

(3) Die Dauer des Ausbildungsdienstes ist auf die Dauer des Grundwehrdienstes anzurechnen. Der Ausbildungsdienst gilt, sofern er mindestens sechs Monate gedauert hat, als vollständig geleisteter Grundwehrdienst in der Dauer von sechs Monaten.

…"

Das Heeresgebührengesetz 2001 - HGG 2001 lautet auszugsweise:

"Besoldung länger dienender Soldaten

§ 6. (1) Eine Monatsprämie gebührt

1. Personen im Ausbildungsdienst bis zum Ablauf des zwölften Monats dieser Wehrdienstleistung und Zeitsoldaten in der Höhe von 32,99 vH des Bezugsansatzes und …"

3. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde der Beschwerdeführer von der Verpflichtung zur Leistung des "restlichen Grundwehrdienstes" aus militärischen Rücksichten befreit. Seinem gesamten Vorbringen nach erachtet sich der Beschwerdeführer deshalb in Rechten verletzt, weil er diesen restlichen Grundwehrdienst ableisten möchte.

3.1. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes bestehen zwar keine Vorschriften, denen zufolge ein subjektives Recht auf Leistung des Wehrdienstes eingeräumt wird (vgl. den Beschluss vom , Zl. 2009/11/0112, mit Hinweis auf den Beschluss vom , Zl. 95/11/0212). Jedoch hat der Verwaltungsgerichtshof bereits wiederholt ausgesprochen, dass nach bereits erfolgter Einberufung zum (Auslandseinsatz )Präsenzdienst jedenfalls eine Rechtsposition derart erlangt wird, dass die Behörde die amtswegige Befreiung nur unter den in § 26 Abs. 1 Z. 1 WG 2001 verfügen dürfe und diesbezügliche Beschwerden als zulässig angesehen (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 2004/11/0054, und vom , Zl. 2008/11/0204). Letztgenanntes gilt auch für den vorliegenden Fall, in welchem der Beschwerdeführer aufgrund freiwilliger Meldung den Ausbildungsdienst bereits begonnen hatte und die gegenständliche Befreiung des Beschwerdeführers vom Grundwehrdienst (der gemäß § 19 Abs. 1 WG 2001 zum Präsenzdienst zählt) erst nach seiner Einberufung erfolgt ist.

Die Beschwerde ist daher zulässig, sie erweist sich aber aus nachstehenden Gründen als unberechtigt.

3.2. Vorweg ist anzumerken, dass die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides nicht von der Rechtmäßigkeit des zur hg. Zl. 2013/11/0097 angefochtenen Bescheides vom , mit dem der Beschwerdeführer zur Rückerstattung der Monatsprämien im Ausmaß von EUR 3.750,-- (infolge vorzeitiger Entlassung aus dem Ausbildungsdienst) verpflichtet wurde, abhängt. Im vorliegenden Fall geht es nämlich lediglich um die Frage, ob der Beschwerdeführer (im Anschluss an den teilweise absolvierten Ausbildungsdienst im Ausmaß von 5 Monaten und 24 Tagen) vom "restlichen Grundwehrdienst" (vgl. § 38b Abs. 3 WG 2001 zur Anrechnung des Ausbildungsdienstes auf den Grundwehrdienst, der gemäß § 20 leg. cit. sechs Monate dauert) befreit wird.

3.3. Soweit der Beschwerdeführer einwendet, der Befreiungstatbestand des § 26 Abs. 1 Z 1 WG 2001 sei schon deshalb nicht erfüllt, weil dieser nur auf "taugliche" Wehrpflichtige anzuwenden ist, so ist ihm zu entgegnen, dass die von ihm genannte gesundheitliche Beeinträchtigung nicht automatisch seine Tauglichkeit beseitigt hat. Gemäß § 18b Abs. 4 letzter Satz WG 2001 bleibt nämlich die zuletzt getroffene Eignungsfeststellung bis zum rechtskräftigen Abschluss einer neuerlichen Stellung aufrecht (vgl. dazu auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0080). Auch der Beschwerdeführer behauptet nicht, dass er im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides rechtskräftig als untauglich eingestuft gewesen wäre.

3.4. Zutreffend ist das Beschwerdevorbringen, dass die Begründung des angefochtenen Bescheides die militärischen Rücksichten oder sonstigen öffentlichen Interessen, die eine Befreiung gemäß § 26 Abs. 1 Z 1 WG 2001 rechtfertigen, nur unzureichend konkretisiert. Dennoch kommt diesem Begründungsmangel keine Relevanz zu.

Der Beschwerdeführer verweist nämlich in der Beschwerde selbst auf seine "schweren gesundheitlichen Schäden (Bandscheibenvorfall)", die er im Übrigen auch bei ordnungsgemäßer Gewährung des Parteiengehörs geltend gemacht hätte. Schon im Hinblick auf diese gesundheitlichen Umstände ist es nicht als rechtswidrig zu erkennen, wenn die belangte Behörde aus militärischen Rücksichten eine Befreiung des Beschwerdeführers vom "restlichen Grundwehrdienst", dessen Dauer im gegenständlichen Fall nach dem Gesagten nur mehr wenige Tage betragen hätte, ausgesprochen hat (dies nicht zuletzt auch deshalb, weil eine neuerliche Einberufung für die kurze restliche Dauer offenkundig mit einem unverhältnismäßig hohen Aufwand verbunden wäre).

Da somit schon die Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtswidrigkeit nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
VAAAE-83714