VwGH vom 20.06.2012, 2011/03/0213
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des C H in W, vertreten durch Prof. Dipl. Ing. Mag. Andreas O. Rippel, Rechtsanwalt in 1130 Wien, Maxingstraße 34, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zlen E1/141.587/2011, E1/142.911/2011, betreffend Entziehung waffenrechtlicher Urkunden, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 Z 2 und Z 3 iVm § 8 Abs 6 Z 1 Waffengesetz 1996, BGBl I Nr 12/1997 (WaffG), näher bezeichnete waffenrechtliche Urkunden (Waffenbesitzkarte und Waffenpass).
Begründend führte sie - im Wesentlichen - aus, an der Wohnadresse des Beschwerdeführers habe im Juli 2010 an zwei Terminen eine Überprüfung der ordnungsgemäßen Verwahrung seiner auf ihn eingetragenen Schusswaffen stattgefunden. Die dort erhebenden Beamten des öffentlichen Sicherheitsdienstes hätten sich von der Verwahrung bzw dem aktuellen Besitzstand der auf den Beschwerdeführer eingetragenen zwei verbotenen Waffen (Pumpguns) kein Bild machen können. Der Beschwerdeführer habe nämlich - wie er später selbst zugegeben habe - gegenüber den erhebenden Beamten zumindest anlässlich der ersten Befragung über den Verwahrungsort seiner Schusswaffen am bewusst falsche Angaben getätigt. Er habe fälschlich behauptet, die Waffen einem namentlich genannten Händler zur Verwahrung übergeben zu haben. Mit diesen Falschangaben habe er über den Umstand hinwegtäuschen wollen, dass er nicht in der Lage bzw - weil er den diesbezüglichen Schlüssel verlegt habe - nicht gewillt gewesen sei, den Verwahrungsort der beiden Pumpguns (angeblich eingesperrt in einem Waffenschrank) zu nennen bzw preiszugeben und die Waffen vorzuzeigen. Es könne daher kein Zweifel bestehen, dass die Feststellung des für die Verlässlichkeit maßgeblichen Sachverhalts im Sinne des § 8 Abs 6 erster Satz WaffG aus dem Beschwerdeführer zurechenbaren Gründen nicht möglich gewesen sei. Selbst wenn man dem (zu seinen eigenen Angaben widersprüchlichen) Vorbringen des Beschwerdeführers Glauben schenke, wonach er zum Zeitpunkt der Überprüfung am seine beiden verbotenen Schusswaffen tatsächlich in einem "ganz neu angekauften Langwaffenschrank aus Metall" verwahrt, sowie den dazugehörigen Schlüssel tatsächlich verlegt gehabt habe, ergebe sich zweifelsfrei, dass er seine Waffen nicht sorgfältig im Sinne des § 8 Abs 1 Z 2 WaffG verwahrt habe. Dies vor allem deshalb, weil der Beschwerdeführer eingestanden habe, dass der Schlüssel zum Waffenschrank in seiner (zur Wäsche gegebenen) Hose gewesen sei, und er diesen erst zu einem späteren Zeitpunkt wieder gefunden habe. Der Beschwerdeführer habe auch angegeben, dass seine Freundin (von der nicht behauptet worden sei, dass sie im Besitz einer waffenrechtlichen Urkunde gewesen wäre) die Wäschearbeiten durchgeführt habe. Damit habe der Beschwerdeführer seiner Freundin (für den Fall des Auffindens des Schlüssels in der Hosentasche) den Zugriff zu den Waffen ermöglicht. Die zum Zeitpunkt der Überprüfung nicht einmal bewusste Verwahrung eines Tresorschlüssels in einer (im Kleiderkasten befindlichen, für Mitbewohner frei zugänglichen) Hose bzw die Unkenntnis über den Verwahrungsort des Schlüssels entspreche keinesfalls der waffenrechtlich erforderlichen Sorgfalt. Schon aus diesen Gründen sei die Verlässlichkeit des Beschwerdeführers nicht mehr gegeben.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.
Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigten, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.
Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt".
Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundenen Sicherheitsbedürfnisses nach dem Sinn und Zweck der Regelungen des WaffG bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunden ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der im § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen. Waffenrechtliche Urkunden sind insbesondere dann zu entziehen, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Ob die im Einzelfall gewählte Verwahrungsart als sorgfältig bezeichnet werden kann, hängt von objektiven Momenten ab.
Es wurde auch bereits wiederholt erkannt, dass zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Faustfeuerwaffen auch das Wissen um den aktuellen Besitzstand und den Aufbewahrungsort der Waffen gehört. Die Kenntnis darüber, in welchem sicheren Behältnis oder an welchem sicheren Ort sich die Waffe befindet ist eine grundlegende Voraussetzung, um überhaupt davon sprechen zu können, dass eine Person eine Waffe verwahrt (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2010/03/0046, mwN). Das Gleiche gilt für das Wissen des Verfügungsberechtigten darüber, wo sich die Schlüssel für das sichere Behältnis oder den sicheren Ort, in dem bzw an dem die Waffe verwahrt wird, konkret befindet, um sich den Zugang zum Ort bzw Behältnis selbst - ohne auf fremdes Wissen angewiesen zu sein - verschaffen zu können (vgl dazu das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0156, mwN).
2. Ausgehend von dieser Rechtslage erweist sich die Beschwerde als unbegründet.
Die Beschwerde zieht nicht in Zweifel, dass der Beschwerdeführer anlässlich der waffenrechtlichen Überprüfung falsche Angaben über den Verwahrungsort zweier Waffen gemacht hat. Er bezeichnet es als "ein ungeschicktes, um nicht zu sagen dummes Verhalten", dass er den Polizisten nicht sofort den vollständigen Sachverhalt dargelegt habe. Er habe aber nicht zugeben wollen, dass er den Schlüssel zu jenem Behältnis, in dem er - angeblich - die beiden Waffen verwahrt habe, in einer zu waschenden Hose verlegt habe.
Aufgrund dieses Vorbringens ist unbestritten, dass der Beschwerdeführer im Zeitpunkt der waffenrechtlichen Überprüfung keine Kenntnis darüber hatte, wo sich der Schlüssel zu jenem Behältnis befunden hat, in dem sich nach seinen Behauptungen die beiden Waffen befunden haben. Der Beschwerdeführer gesteht auch zu, gegenüber den einschreitenden Sicherheitsorganen wissentlich falsche Angaben über den Verwahrungsort der Waffen gemacht zu haben.
Allein die Tatsache, dass der Beschwerdeführer nicht wusste, wo sich der Schlüssel für das Behältnis der Waffen befindet, ist nach der geschilderten Rechtsprechung als Verstoß gegen seine Verwahrungspflichten zu werten. Es bedarf daher gar keiner weiteren - von der Beschwerde problematisierten - Überlegungen, ob zusätzlich auch für andere Personen in seinem Umfeld die Möglichkeit bestanden hat, auf diese Waffen zuzugreifen.
Es kann der belangten Behörde weiters nicht entgegen getreten werden, wenn sie im Ergebnis dem Inhaber waffenrechtlicher Urkunden, der gegenüber den Sicherheitsorganen anlässlich der waffenrechtlichen Überprüfung wissentlich unrichtige Angaben über den Verwahrungsort der Waffen macht, auch aus diesem Grund die waffenrechtliche Zuverlässlichkeit abspricht.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Kostenersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am