VwGH vom 09.02.2015, 2013/11/0096
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Dr. Grünstäudl als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des F R in W, vertreten durch Dr. Markus Freund, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Riemergasse 6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Landesverteidigung und Sport vom , Zl. P947647/4-PersC/2013, betreffend Wohnkostenbeihilfe, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Nach der Aktenlage (S. 9) wurde der Beschwerdeführer mit Bescheid vom einer näher genannten Einrichtung zur Leistung des Zivildienstes mit Wirkung vom zugewiesen.
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers auf Zuerkennung von Wohnkostenbeihilfe gemäß (u.a.) § 34 Zivildienstgesetz 1986 (ZDG) iVm dem 5. Hauptstück des Heeresgebührengesetzes 2001 (HGG 2001) abgewiesen.
Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe in seinem Antrag auf Gewährung von Wohnkostenbeihilfe vom angegeben, dass er im Jahr 2012 von seiner Mutter eine näher bezeichnete Wohnung gegen ein monatliches Entgelt von EUR 350,-- gemietet habe. In einem dem Antrag beiliegenden Schreiben habe seine Mutter bestätigt, dass sie im Jänner 2011 von der Hausinhabung eine näher bezeichnete Wohnung (Top 1) angemietet und an den Beschwerdeführer untervermietet habe, wobei sie als Mutter von einem schriftlichen Untermietvertrag Abstand genommen habe. Die Mietkosten würden ihr vom Beschwerdeführer zur Gänze überwiesen.
Im Verwaltungsverfahren habe der Beschwerdeführer klargestellt, dass seine Mutter Mieterin der Wohnung Top 4 im betreffenden Gebäude gewesen sei (Akt S. 15 und 17f.) und mit Zusatzvereinbarung (überdies) die gegenständliche Wohnung Top 1 angemietet habe. Der Beschwerdeführer habe im Juni 2012 die Schule mit Matura abgeschlossen und im Hinblick auf den geplanten Hochschulbesuch die von seiner Mutter angemietete Wohnung Top 1 mit in Untermiete genommen. Zum Beweis dafür und für den vereinbarten Untermietzins von EUR 350,-- habe der Beschwerdeführer eine eidesstättige Erklärung seiner Mutter sowie einen Kontoauszug betreffend die am erfolgte Überweisung des Untermietzinses an seine Mutter vorgelegt. Ein Ansuchen auf "Ummeldung der Energie" habe der Beschwerdeführer nach eigenen Angaben erst im November 2012 gestellt, eine Haushaltsversicherung habe er noch nicht abgeschlossen und Gemeindeabgaben seien ihm noch nicht vorgeschrieben worden.
In der rechtlichen Beurteilung nahm die belangte Behörde nach Wiedergabe der einschlägigen Gesetzesbestimmungen, darunter § 34 ZDG und § 31 HGG 2001, Bezug auf die hg. Judikatur, wonach der Zweck der Wohnkostenbeihilfe darin bestehe, dem Präsenzdiener bzw. Zivildiener die Beibehaltung seiner Wohnung während der Dauer des Dienstes zu sichern, ihn also davor zu bewahren, dass er seine Wohnung deshalb verliere, weil er mangels eines Einkommens während der Leistung des Dienstes das für die Wohnung zu entrichtende Entgelt nicht aufbringen könne. Es bestehe daher kein Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe, wenn nach den Umständen des Einzelfalles, etwa bei Verwandtschaft mit dem Vermieter, ein Verlust der Wohnmöglichkeit nicht zu erwarten sei (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/11/0216).
Fallbezogen lägen die Voraussetzungen für die Gewährung der Wohnkostenbeihilfe nicht vor, weil für den Beschwerdeführer im Hinblick auf das Verwandtschaftsverhältnis zu seiner Mutter - so die belangte Behörde - keine Gefahr des Wohnungsverlustes bestehe, wenn er dieser den Untermietzins nicht bezahle.
Außerdem fehle es angesichts des gegenständlichen Untermietverhältnisses zu seiner Mutter an einem Rechtsverhältnis "zum eigentlichen Vermieter", dem gegenüber der Beschwerdeführer auch zu keiner Zahlung verpflichtet sei.
Im Übrigen könne zwar nach der Judikatur auch ein mündlicher Mietvertrag die Grundlage für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe bilden, doch sei bei einem Vertrag zwischen nahen Angehörigen, der nach außen nicht zum Ausdruck komme, im Rahmen der freien Beweiswürdigung auch von Bedeutung, ob dieser Vertrag einen eindeutigen und klaren Inhalt habe oder einem "Fremdvergleich" standhalte (Hinweis auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 98/11/0133). Vom Beschwerdeführer sei ein Ansuchen auf Ummeldung der Energie erst im Herbst 2012 gestellt worden, noch keine Haushaltsversicherung abgeschlossen und Gemeindeabgaben noch nicht vorgeschrieben worden.
Daher sei seinem Ansuchen auf Wohnkostenbeihilfe nicht Folge zu geben gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, zu der die belangte Behörde die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet hat.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1.1. Vorauszuschicken ist, dass es sich vorliegend um keinen Übergangsfall nach dem Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz (VwGbk-ÜG) handelt und somit gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
1.2. Das Zivildienstgesetz 1986 - ZDG, BGBl. Nr. 679/1986 in der Fassung BGBl. I. Nr. 50/2012, lautet auszugsweise:
"§ 34. (1) Der Zivildienstpflichtige, der
1. einen ordentlichen Zivildienst oder
... leistet,
hat Anspruch auf Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe, wie er einem Wehrpflichtigen nach § 23 HGG 2001 zusteht.
(2) Auf den Familienunterhalt, den Partnerunterhalt und die Wohnkostenbeihilfe sind die Bestimmungen des 5. Hauptstückes des HGG 2001 sowie dessen §§ 50, 51 Abs. 1, 54 Abs. 1 bis 5 und 55 nach Maßgabe des Abs. 3 anzuwenden. Dabei treten an die Stelle
1. der militärischen Dienststelle die Einrichtung, die im Zuweisungsbescheid angegeben ist (§ 11 Abs. 1),
2. des in § 55 Abs. 3 HGG 2001 genannten Bundesministers für Landesverteidigung die Zivildienstserviceagentur und
3. der Wirksamkeit der Einberufung im Sinne des § 23 Abs. 3 HGG 2001 die Genehmigung des Zuweisungsbescheides.
(3) Zur Erlassung von Bescheiden über Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe von Zivildienstpflichtigen ist das Heerespersonalamt und in zweiter Instanz der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport zuständig. ..."
1.3. Die maßgebenden Bestimmungen des Heeresgebührengesetzes 2001 - HGG 2001, BGBl. I Nr. 31/2001 in der Fassung BGBl. I Nr. 50/2012, lauten auszugsweise:
"§ 23. (1) Familienunterhalt, Partnerunterhalt und Wohnkostenbeihilfe kann Anspruchsberechtigten gebühren, die den Grundwehrdienst oder den Wehrdienst als Zeitsoldat oder den Ausbildungsdienst leisten, auf deren Antrag und für die Dauereines solchen Wehrdienstes, sofern nicht ausdrücklich anderes bestimmt ist.
...
(3) Als Wirksamkeit der Einberufung nach diesem Hauptstück gilt
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1. | die Erlassung des Einberufungsbefehles oder |
2. | die Kundmachung einer allgemeinen Bekanntmachung der Einberufung zu einem Wehrdienst nach Abs. 1. |
... |
§ 31. (1) Mit der Wohnkostenbeihilfe sind Anspruchsberechtigten jene Kosten abzugelten, die ihnen nachweislich während des Wehrdienstes für die erforderliche Beibehaltung jener eigenen Wohnung entstehen, in der sie nach den Bestimmungen des Meldegesetzes 1991 (MeldeG), BGBl. Nr. 9/1992, gemeldet sind. Dabei gilt Folgendes:
1. Ein Anspruch besteht nur für jene Wohnung, in der der Anspruchsberechtigte bereits zum Zeitpunkt der Wirksamkeit der Einberufung gegen Entgelt gewohnt hat.
2. Wurde der Erwerb einer Wohnung nachweislich bereits vor dem Zeitpunkt nach Z 1 eingeleitet, so besteht ein Anspruch auch dann, wenn die Wohnung erst nach diesem Zeitpunkt bezogen wird.
...
(3) Als Kosten für die Beibehaltung der eigenen Wohnung gelten
1. alle Arten eines Entgeltes für die Benützung der Wohnung samt dem nach § 15 Abs. 1 MRG auf die Wohnung entfallenden Anteil an den Betriebskosten und laufenden öffentlichen Abgaben,
..."
2.1. Der Zweck der Wohnkostenbeihilfe liegt darin, dem Präsenzdienst(Zivildienst-)leistenden die Beibehaltung seiner Wohnung während der Dauer des Dienstes zu sichern, ihn also davor zu bewahren, dass er seiner Wohnung deshalb verlustig geht, weil er mangels eines Einkommens während der Leistung des betreffenden Dienstes das für die Wohnung zu entrichtende Entgelt nicht aufbringen kann (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/11/0216, mwN).
Voraussetzung für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe nach § 31 HGG 2001 ist im gegebenen Zusammenhang, dass dem Zivildienstpflichtigen, der bereits zum Zeitpunkt der Genehmigung des Zuweisungsbescheides (§ 34 Abs. 2 Z 3 ZDG iVm § 31 Abs. 1 Z 1 HGG 2001) in seiner Wohnung gegen Entgelt gewohnt hat, für die Beibehaltung einer eigenen Wohnung während des Wehrdienstes Kosten entstehen. Im Fall des Abschlusses eines Mietvertrags ist es der Mieter, der zur Zahlung von Mietzins verpflichtet ist und dem daher Kosten im Sinne des § 31 Abs. 1 HGG 2001 entstehen. Auch ein mündlich vereinbarter Mietvertrag kann Grundlage für einen Anspruch auf Wohnkostenbeihilfe bilden (vgl. aus der ständigen hg. Judikatur betreffend Wehrdienstpflichtige das Erkenntnis vom , Zl. 2007/11/0011, mwN), dies gilt sowohl für Haupt- als auch für Untermietverträge (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2009/11/0271, und daran anknüpfend das Erkenntnis vom , Zl. 2012/11/0150).
2.2. Im vorliegenden Beschwerdefall hat der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren behauptet, er habe bereits seit Juli 2012, somit vor dem maßgebenden Zeitpunkt der Genehmigung des Zuweisungsbescheides () in der gegenständlichen Wohnung als Untermieter gewohnt.
2.3. Wie dargestellt, hat die belangte Behörde den Anspruch des Beschwerdeführers auf Wohnkostenbeihilfe deshalb verneint, weil sie (zumindest für den Zeitpunkt der Genehmigung des Zuweisungsbescheides) das Bestehen eines Untermietvertrages zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter bezweifelte (so habe der Beschwerdeführer erst im November 2012 ein Ansuchen auf "Ummeldung der Energie" gestellt und keine Haushaltsversicherung abgeschlossen).
Außerdem bestehe beim Beschwerdeführer - so die Ansicht der belangten Behörde - im Hinblick auf das Verwandtschaftsverhältnis zu seiner Mutter (als Untermietgeberin) keine Gefahr, dass er im Falle der Nichtbezahlung des Untermietzinses an seine Mutter die Wohnung verlieren würde.
2.4. Abgesehen davon, dass diese beiden Argumente der belangten Behörde zueinander im Widerspruch stehen (während das zweite Argument das Bestehen eines Untermietverhältnisses implizit zugrunde legt, wird ein solches mit dem ersten Argument negiert), ist diese Argumentation auch aus folgenden Überlegungen nicht tragfähig:
2.4.1. Was die Frage des Bestehens eines Untermietverhältnisses betrifft, hat es die belangte Behörde unterlassen, sich mit mehreren aktenkundigen - für ein solches Untermietverhältnis sprechenden - Ermittlungsergebnissen (Aktenvermerk S 6 über die Auskunft der Hausinhabung, eidesstättige Erklärung Akt S. 34 und Kontoauszug S. 13 über die Bezahlung des Untermietzinses durch den Beschwerdeführer schon am ) auseinander zu setzen und so den angefochtenen Bescheid mit einem wesentlichen Verfahrensmangel behaftet. Aus dem Umstand, dass ein Energieliefervertrag nicht sofort bei Beginn des Untermietvertrages von der Mutter auf den Sohn umgemeldet wurde, sowie aus dem Fehlen einer Haushaltsversicherung ist bei der gegebenen Fallkonstellation für die Frage des Bestehens eines Untermietvertrages nichts zu gewinnen.
2.4.2. Aber auch das Zusatzargument der belangten Behörde, beim Beschwerdeführer bestehe im Hinblick auf das Verwandtschaftsverhältnis zu seiner Mutter keine Gefahr des Wohnungsverlustes, wenn er der Mutter den Untermietzins nicht bezahle, wird im angefochtenen Bescheid nicht näher begründet. Auch dieser Verfahrensmangel ist wesentlich, weil - wie die Beschwerde zutreffend einwendet - nicht ohne Weiteres angenommen werden kann, dass die Mutter des Beschwerdeführers in der Lage und willens sei, im Rahmen ihres (Haupt )Mietverhältnisses betreffend die in Rede stehende Wohnung den Mietzins an den Hauseigentümer auch dann zu entrichten, wenn sie vom Beschwerdeführer keinen Untermietzins erhält (anders hingegen der Sachverhalt in dem von der belangten Behörde zitierten Erkenntnis, Zl. 93/11/0216, wo das Fehlen der Gefahr des Wohnungsverlustes unstrittig war).
Soweit die belangte Behörde die Abweisung des Antrages des Beschwerdeführers schließlich mit dem fehlenden Rechtsverhältnis des Beschwerdeführers zum "eigentlichen Vermieter" (dem gegenüber der Beschwerdeführer zu keinerlei Zahlung verpflichtet sei) begründet, so geht sie in offensichtlicher Verkennung der Rechtslage (vgl. die oben zitierte Judikatur) davon aus, für die Wohnkostenbeihilfe bedürfe es eines Hauptmietvertrages und es reiche ein Untermietverhältnis (hier: zwischen dem Beschwerdeführer und seiner Mutter) nicht aus.
3. Der angefochtene Bescheid war daher wegen der vom Verwaltungsgerichtshof vorrangig aufzugreifenden Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht (gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014) auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am