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VwGH vom 13.10.2021, Ra 2019/16/0122

VwGH vom 13.10.2021, Ra 2019/16/0122

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mairinger und den Hofrat Dr. Thoma sowie die Hofrätin Dr. Reinbacher als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Galli, LL.M., über die Revision der G GmbH in S, vertreten durch die Ebner Aichinger Guggenberger Rechtsanwälte GmbH in 5020 Salzburg, Sterneckstraße 35, gegen das Erkenntnis des Bundesverwaltungsgerichts vom , L524 2209597-1/5E, betreffend Gerichtsgebühren (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Präsident des Landesgerichtes Salzburg), zu Recht erkannt:

Spruch

Das angefochtene Erkenntnis wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der Revisionswerberin Aufwendungen in der Höhe von 1.346,40 € binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit Beschluss vom bewilligte das Bezirksgericht Salzburg ob einer näher bezeichneten Liegenschaft u.a. die Einverleibung des Eigentumsrechts der Revisionswerberin. Für diese Eintragung wurde im Rahmen der Selbstberechnung eine Eintragungsgebühr in Höhe von 14.396 € auf Basis der Bemessungsgrundlage des vereinbarten Kaufpreises von 1,308.650 € ermittelt und entrichtet.

2Nach Erlassung einer Lastschriftanzeige schrieb der Kostenbeamte für den Präsidenten des Landesgerichtes Salzburg mit Zahlungsauftrag (Mandatsbescheid) vom unter Zugrundelegung einer Bemessungsgrundlage von 4,673.750 € der Revisionswerberin eine Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG in Höhe von 51.412 € sowie eine Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von 8 €, abzüglich der bereits geleisteten Zahlung in Höhe von 14.396 €, vor, wogegen die Revisionswerberin Vorstellung erhob.

3Mit Bescheid vom stellte der Präsident des Landesgerichtes Salzburg die Zahlungspflicht der Revisionswerberin hinsichtlich einer Eintragungsgebühr gemäß TP 9 lit. b Z 1 GGG in Höhe von 51.412 € sowie einer Einhebungsgebühr gemäß § 6a Abs. 1 GEG in Höhe von 8 €, abzüglich des bereits entrichteten Betrags in Höhe von 14.396 €, fest.

4Die Revisionswerberin habe - so die wesentliche Begründung - die Liegenschaft zu begünstigten, unter dem Verkehrswert liegenden Konditionen erworben. Sie habe selbst vorgebracht, keinen höheren Kaufpreis bezahlt zu haben, als nach dem Salzburger Wohnbauförderungsgesetz (im Folgenden: Sbg. WFG) für zur Errichtung geförderter Mietwohnungen bestimmter Grundstücke bezahlt werden dürfe. Der Kaufpreis des gleichzeitig verkauften Nachbargrundstücks sei jener, der für Grundstücke zur Errichtung freifinanzierter Wohnungen bezahlt werde. Es lägen daher außergewöhnliche Verhältnisse im Sinne des § 26 Abs. 3 GGG vor, zumal die Revisionswerberin selbst vorgebracht habe, bei der Preisbildung gesetzlichen Restriktionen unterlegen gewesen zu sein, welche Einfluss auf die Gegenleistung gehabt hätten. Es sei daher der Preis, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise (wie beim benachbarten Grundstück) zu erzielen wäre, als Bemessungsgrundlage heranzuziehen.

5In der gegen diesen Bescheid erhobenen Beschwerde brachte die Revisionswerberin vor, es finde im Gesetz keine Deckung, dass als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr nicht auf den vereinbarten und bezahlten Kaufpreis, der dem Verkehrswert des Kaufobjekts entspreche, abgestellt werde, sondern auf den Kaufpreis der angrenzenden Liegenschaft, auf der freifinanzierte Wohnungen errichtet werden dürften. Die angrenzende Liegenschaft sei nicht von der zwischen den Verkäufern und der Stadtgemeinde Salzburg abgeschlossenen Vereinbarung gemäß § 18 Salzburger Raumordnungsgesetz 2009 (im Folgenden: Sbg. ROG), welcher die Revisionswerberin beigetreten sei, erfasst. Nach dieser raumordnungsrechtlichen Festlegung seien bei einer Umwidmung auf der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft geförderte Mietwohnungen iSd Sbg. WFG zu errichten. Der für die Liegenschaft vereinbarte Kaufpreis entspreche dem Maximalbetrag, der gemäß den Bestimmungen des Sbg. WFG für Grundstücke, auf welchen geförderte Mietwohnungen errichtet würden, bezahlt werden dürfe. Damit entspreche der bezahlte Kaufpreis dem Verkehrswert des dem geförderten Mietwohnbau gewidmeten Grundstücks. Nutzungsbeschränkungen - wie der soziale Wohnbau - würden den Liegenschaftswert beeinflussen und seien daher gebührenwirksam. Für die Beurteilung der Marktüblichkeit des Kaufpreises seien sohin die einschlägigen Förderungsbestimmungen zu berücksichtigen, wodurch sich die Angemessenheit und Plausibilität des Kaufpreises als Bemessungsgrundlage für die Eintragungsgebühr ergebe.

6Mit dem angefochtenen Erkenntnis wies das Bundesverwaltungsgericht die Beschwerde der Revisionswerberin ab und sprach aus, dass eine Revision gemäß Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

7In der Begründung führte das Bundesverwaltungsgericht aus, die Verkäufer hätten nach einer Grundstücksteilung zwei benachbarte Liegenschaften veräußert. Während die verfahrensgegenständliche Liegenschaft aufgrund einer zwischen den Verkäufern und der Stadtgemeinde Salzburg abgeschlossenen Vereinbarung gemäß § 18 Sbg. ROG, welcher die Revisionswerberin beigetreten sei, für die Errichtung geförderter Miet- bzw. Mietkaufwohnungen bestimmt gewesen sei, habe die benachbarte Liegenschaft für die Errichtung von (freifinanzierten) Eigentumswohnungen zur Verfügung gestanden. Die Revisionswerberin räume selbst ein, dass der Kaufpreis der verfahrensgegenständlichen Liegenschaft (nur) dem Betrag entspreche, der nach den Bestimmungen des Sbg. WFG für Grundstücke bezahlt werden dürfe, auf welchen geförderte Mietwohnungen errichtet würden. Damit lägen aber gerade außergewöhnliche Verhältnisse vor, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt hätten. Der Kaufpreis entspreche nicht dem Verkehrswert und sei daher nicht als Bemessungsgrundlage heranzuziehen. Der belangten Behörde sei nicht entgegen zu treten, wenn sie für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage jenen Quadratmeterpreis heranziehe, der für die benachbarte Liegenschaft bezahlt worden sei.

8Abschließend begründete das Bundesverwaltungsgericht die Abstandnahme von der mündlichen Verhandlung sowie seinen Ausspruch über die Unzulässigkeit der Revision an den Verwaltungsgerichtshof.

9Gegen dieses Erkenntnis richtet sich die vorliegende Revision zu deren Zulässigkeit vorgebracht wird, das angefochtene Erkenntnis weiche von der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ab, wonach Nutzungsbeschränkungen in Form des sozialen Wohnbaus keine außergewöhnlichen Verhältnisse im Sinne des § 26 Abs. 3 GGG darstellten. Da der rechtsgeschäftliche Erwerb von Liegenschaften durch gemeinnützige Wohnbauträger mit der Verpflichtung, am Grundstück sozialen Wohnbau zu errichten, häufig vorkomme, gehe die Bedeutung dieser Rechtsfrage jedenfalls über den Einzelfall hinaus und komme der gegenständlichen Entscheidung grundsätzliche Bedeutung zu.

10Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Revision gemäß § 36 VwGG das Vorverfahren eingeleitet; der damalige Bundesminister für Verfassung, Reformen, Deregulierung und Justiz erstattete eine Revisionsbeantwortung.

11Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

12Die Revision erweist sich als zulässig und auch als begründet.

13§ 26 Abs. 1 und 3 GGG in der im Revisionsfall maßgeblichen Fassung der Grundbuchsgebührennovelle (GGN), BGBl. I Nr. 1/2013, lauten:

„(1) Die Eintragungsgebühr ist bei der Eintragung des Eigentumsrechts und des Baurechts - ausgenommen in den Fällen der Vormerkung - sowie bei der Anmerkung der Rechtfertigung der Vormerkung zum Erwerb des Eigentums und des Baurechts vom Wert des jeweils einzutragenden Rechts zu berechnen. Der Wert wird durch den Preis bestimmt, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung üblicherweise zu erzielen wäre.“

„(3) Soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, ist bei den nachstehend angeführten Erwerbsvorgängen der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen,

1.bei einem Kauf der Kaufpreis zuzüglich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen und der dem Verkäufer vorbehaltenen Nutzungen,

2.bei einem Erwerb gegen wiederkehrende Geldleistungen, wenn der Gesamtbetrag der Zahlungen nicht von vornhinein feststeht, der Kapitalwert,

3.bei einer Leistung an Zahlungs Statt der Wert, zu dem die Leistung an Zahlungs Statt angenommen wird,

4.bei der Enteignung die Entschädigung.

Der Gegenleistung sind Belastungen hinzuzurechnen, die auf dem Grundstück ruhen, soweit sie auf den Erwerber kraft Gesetzes übergehen.“

14Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entspricht die Regelung des § 26 Abs. 1 letzter Satz GGG idF BGBl. I Nr. 1/2013 jener des § 2 Abs. 2 des Liegenschaftsbewertungsgesetzes, wonach der Verkehrswert der Preis ist, der bei einer Veräußerung der Sache üblicherweise im redlichen Geschäftsverkehr für sie erzielt werden kann. Der Verkehrswert kann wegen der auf einer Liegenschaft ruhenden Belastung und der damit erschwerten Veräußerbarkeit unter dem Sachwert liegen (vgl. , mwN).

15Nach § 26 Abs. 3 GGG ist der Wert der Gegenleistung als Bemessungsgrundlage heranzuziehen, soweit keine außergewöhnlichen Verhältnisse vorliegen, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt haben, sodass die Gegenleistung offenkundig nicht dem auf dem freien Markt erzielbaren Preis entspricht (vgl. EBRV 1984 BlgNR 24. GP 6).

16Dementsprechend hat der Verwaltungsgerichtshof im Erkenntnis vom , Ra 2018/16/0012, das Vorliegen solcher außergewöhnlichen Verhältnisse bejaht, weil im konkreten Fall die besondere Stellung des Käufers als Mieter einer geförderten Wohnung für die Ermittlung der Gegenleistung mit einem geringen Betrag als jenem, der im gewöhnlichen Geschäftsverkehr bei einer Veräußerung der Wohnung üblicherweise zu erzielen gewesen wäre, bestimmend war (vgl. auch ).

17Der vorliegende Sachverhalt unterscheidet sich - entgegen der Ansicht des Bundesverwaltungsgerichts - jedoch in den entscheidungswesentlichen Punkten von jenem, der dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Ra 2018/16/0012, zugrunde lag.

18Wie das Bundesverwaltungsgericht ausgeführt hat, war im Revisionsfall der Umstand, dass die verfahrensgegenständliche Liegenschaft nur für den geförderten Mietwohnbau zur Verfügung stand, preisbestimmend. Dass ein fremder Dritter für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft mehr bezahlt hätte als die Revisionswerberin, hat das Bundesverwaltungsgericht jedoch nicht festgestellt.

19Vielmehr hat das Bundesverwaltungsgericht als Vergleichsmaßstab für die Beurteilung, ob „außergewöhnliche Verhältnisse“ Einfluss auf die Ermittlung der Gegenleistung für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft gehabt hätten, den Wert der benachbarten Liegenschaft herangezogen, obwohl diese - entsprechend den Feststellungen des Bundesverwaltungsgerichts - für die Errichtung (freifinanzierter) Eigentumswohnungen zur Verfügung stand. Damit stellt im revisionsgegenständlichen Fall die benachbarte Liegenschaft aber keinen tauglichen Vergleichsmaßstab für die Beurteilung des Vorliegens „außergewöhnlicher Verhältnisse“ im Sinne des § 26 Abs. 3 GGG dar.

20Auch kann dem Bundesverwaltungsgericht nicht gefolgt werden, wenn es aus dem Beschwerdevorbringen der Revisionswerberin, wonach der von ihr entrichtete Kaufpreis für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft dem höchstzulässigen Kaufpreis für den geförderten Mietwohnbau nach dem Sbg. WFG entsprochen habe, auf das Vorliegen außergewöhnlicher Verhältnisse, die offensichtlich Einfluss auf die Gegenleistung gehabt hätten, schließt.

21Entsprach der von der Revisionswerberin geleistete Kaufpreis jenem, der am Markt für die - durch die raumordnungsrechtliche Festlegung für den geförderten Mietwohnbau beschränkte - verfahrensgegenständliche Liegenschaft erzielt werden konnte, liegen keine außergewöhnlichen Verhältnisse vor, die Einfluss auf die Gegenleistung für die verfahrensgegenständliche Liegenschaft gehabt haben.

22Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits ausgesprochen hat, reicht die Bedachtnahme auf objektiv-rechtliche Beschränkungen des Eigentums durch das Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz bei der Preisbildung für sich noch nicht aus, um von außergewöhnlichen Verhältnissen im Sinne des § 26 Abs. 3 GGG zu sprechen (vgl. ). Nichts anderes kann aber für den Fall einer raumordnungsrechtlichen Festlegung nach § 18 Sbg. ROG gelten, aus der sich eine Nutzungsbeschränkung der Liegenschaft für den geförderten Mietwohnbau ergibt.

23Das angefochtene Erkenntnis war daher wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

24Von der in der Revision beantragten mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 6 VwGG abgesehen werden.

25Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die § 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am

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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2021:RA2019160122.L00

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