zurück zu Linde Digital
TEL.: +43 1 246 30-801  |  E-MAIL: support@lindeverlag.at
Suchen Hilfe
VwGH vom 15.10.2015, 2013/11/0079

VwGH vom 15.10.2015, 2013/11/0079

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Hofräte Dr. Schick und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Krawarik, über die Beschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom , Zl. uvs- 2011/27/3170-4, betreffend Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz (mitbeteiligte Partei: Dr. U S in R, vertreten durch Dr. Lucas Lorenz und Mag. Sebastian Strobl, Rechtsanwälte in 6020 Innsbruck, Adamgasse 9a), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft R (iF: BH) vom war das gegen den Mitbeteiligten (als Obmann/Bezirksstellenleiter des Österreichischen Roten Kreuzes, Landesverband Tirol, Bezirksstelle R) über Anzeige des Arbeitsinspektorats Innsbruck eingeleitete Verwaltungsstrafverfahren wegen Übertretungen des AZG (Einsatz von Arbeitnehmern über die Höchstgrenzen der täglichen Arbeitszeit hinaus bzw. Nichtgewährung der täglichen Ruhezeit) gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG eingestellt worden.

Dem legte die BH im Wesentlichen Folgendes zugrunde: Zwar würden die seitens des Arbeitsinspektorats aufgrund von Überprüfungen der Arbeitsaufzeichnungen festgestellten Dienstzeiten nicht bestritten, doch sei dabei nicht zwischen hauptamtlichem Dienst (im Rahmen der Vierzigstundenwoche) und freiwilligem Dienst unterschieden worden. Für das Rote Kreuz würden sowohl von Menschen mit anderem "Brotberuf" als auch von hauptamtlichen Mitarbeitern freiwillige Dienste geleistet, um damit einen Dienst an der Allgemeinheit zu leisten. Diese freiwilligen Dienste seien nicht nur beim Roten Kreuz, sondern bei allen freiwilligen Organisationen von großer Bedeutung. Aufgrund der Freiwilligkeit seien diese Leistungen als Dienst an der Öffentlichkeit anzusehen, weshalb die Bestimmungen des AZG nicht anwendbar seien und die diesbezüglichen Dienste nicht mit der Normalarbeitszeit zusammengerechnet werden dürften.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die gegen den Erstbescheid seitens des Arbeitsinspektorats erhobene Berufung als unbegründet ab. In der Begründung gab sie den bisherigen Verfahrensgang wieder und führte im Rahmen der rechtlichen Beurteilung Folgendes aus:

Der sachliche Geltungsbereich des AZG betreffe die "Beschäftigung" von Arbeitnehmern, also die vom Arbeitnehmer für den Arbeitgeber erbrachte Tätigkeit. Es erfasse aber nicht selbständige Tätigkeiten oder die Freizeit nach Beendigung der Arbeitszeit. Die außerhalb der Arbeitszeit erbrachte Arbeitsleistung sei auch dann nicht als eine dem AZG unterliegende Beschäftigung anzusehen, wenn jemand - wie im Fall eines beim Roten Kreuz angestellten Beschäftigten - neben der oder im Anschluss an die Arbeitszeit weiterhin (auf freiwilliger Basis) seine Arbeitskraft dem Arbeitgeber zur Verfügung stelle. Entgegen der Auffassung des Arbeitsinspektorats sei nicht etwa auf eine "faktische Belastung" des Arbeitnehmers abzustellen, könne es diesbezüglich doch keinen Unterschied machen, ob die nach der Arbeitszeit erbrachten Arbeitsleistungen für den Arbeitgeber, im Beschwerdefall also für das Rote Kreuz, oder für einen anderen Verein erbracht würden. Wenn seitens des Arbeitsinspektorats argumentiert werde, dass die "freiwilligen Dienste" tatsächlich nicht freiwillig erbracht worden seien, sei darauf hinzuweisen, "dass die Zeugenaussagen diese Ansicht des Arbeitsinspektorates nicht wirklich stützen". Sämtliche Zeugen hätten angegeben, ihre freiwilligen Dienste "eben freiwillig und gerne gemacht zu haben", sodass von einem seitens des Vereins ausgeübten Zwang nicht gesprochen werden könne. Zwar habe der Zeuge I ausgeführt, fehlende freiwillige Stunden seien vom Urlaub abgezogen worden, doch habe der Zeuge K angegeben, dass es dazu seines Wissens nach nicht gekommen sei. Auch die Angaben, wonach man zu den Diensten "eingeteilt" würde, seien insofern zu relativieren, als diese Dienste getauscht werden könnten und eine gewisse "Vorausplanung zur Durchführung eines geregelten Betriebes durchaus notwendig" sei. Sämtliche in der Anzeige genannten Personen seien jeweils mehrere Jahre vor ihrer Anstellung als hauptamtliche Sanitäter schon als freiwilliges Mitglied aufgenommen worden. Zwar unterscheide sich die freiwillige Arbeitsleistung als bloßes Vereinsmitglied nicht bzw. kaum von der Arbeitsleistung als Arbeitnehmer (insofern liege eine Sonderkonstellation gegenüber der Tätigkeit bei anderen Vereinen vor), doch könne daraus nicht geschlossen werden, "dass nunmehr auch für die freiwillige Tätigkeit im Rahmen der Vereinsausübung die Regelungen des AZG schlagend würden". Den nunmehr Angestellten sei die freiwillige Tätigkeit nicht etwa bei Begründung des Arbeitsverhältnisses "aufgenötigt" worden, vielmehr hätten sie freiwillige Arbeitsleistungen für den Verein schon lange vor ihrer Anstellung erbracht.

Auch aus den vorgelegten Dienstlisten, auf denen ehrenamtliche Mitglieder ebenfalls erkennbar für diverse Dienste (auch in der Nacht) eingeteilt seien, ergebe sich, dass die freiwillig erbrachten Dienste keine Tätigkeit im Rahmen des Dienstverhältnisses darstellten.

Bei dem Antrag des Arbeitsinspektorats, die Personalien eines Arbeitnehmers zu erheben, der laut Aussage des Zeugen I nicht die vereinbarten freiwilligen Dienste geleistet habe, woraufhin ihm die fehlenden Stunden vom Urlaub abgezogen worden seien und der nun nicht mehr Arbeitnehmer der Bezirksstelle sei, handle es sich um einen unzulässigen Erkundungsbeweis, sodass darauf nicht näher einzugehen gewesen sei. Da "im Übrigen eine reine Rechtsfrage zu erörtern war", habe auf die Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung verzichtet werden können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die Amtsbeschwerde des Bundesministers für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch den Mitbeteiligten (die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand) erwogen hat:

1.1. Im Beschwerdefall sind - weil durch das Verwaltungsgerichtsbarkeitsübergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - gemäß § 79 Abs. 11 VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen weiter anzuwenden.

1.2. Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen des AZG von Bedeutung:

"Abschnitt 1

Geltungsbereich

§ 1. (1) Die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes gelten für die Beschäftigung von Arbeitnehmern (Lehrlingen), die das 18. Lebensjahr vollendet haben.

...

Abschnitt 2

Arbeitszeit

Begriff der Arbeitszeit

§ 2. (1) Im Sinne dieses Bundesgesetzes ist:

1. Arbeitszeit die Zeit vom Beginn bis zum Ende der Arbeit ohne die Ruhepausen;

2. Tagesarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraumes von vierundzwanzig Stunden;

3. Wochenarbeitszeit die Arbeitszeit innerhalb des Zeitraumes von Montag bis einschließlich Sonntag.

(2) Arbeitszeit im Sinne des Abs. 1 Z 1 ist auch die Zeit, während der ein im übrigen im Betrieb Beschäftigter in seiner eigenen Wohnung oder Werkstätte oder sonst außerhalb des Betriebes beschäftigt wird. Werden Arbeitnehmer von mehreren Arbeitgebern beschäftigt, so dürfen die einzelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten.

...

Höchstgrenzen der Arbeitszeit

§ 9. (1) Die Tagesarbeitszeit darf zehn Stunden und die Wochenarbeitszeit 50 Stunden nicht überschreiten, sofern die Abs. 2 bis 4 nicht anderes bestimmen. Diese Höchstgrenzen der Arbeitszeit dürfen auch beim Zusammentreffen einer anderen Verteilung der wöchentlichen Normalarbeitszeit mit Arbeitszeitverlängerungen nicht überschritten werden.

...

Ruhezeiten

§ 12. (1) Nach Beendigung der Tagesarbeitszeit ist den Arbeitnehmern eine ununterbrochene Ruhezeit von mindestens elf Stunden zu gewähren.

...

Strafbestimmungen

§ 28. (1) ...

(2) Arbeitgeber, die

1. Arbeitnehmer über die Höchstgrenzen der täglichen oder wöchentlichen Arbeitszeit gemäß § 2 Abs. 2, § 7, § 8 Abs. 1, 2 oder 4, § 9, § 12a Abs. 5, § 18 Abs. 2 oder 3, § 19a Abs. 2 oder 6 oder § 20a Abs. 2 Z 1 hinaus einsetzen;


Tabelle in neuem Fenster öffnen
2.
...
3.
die tägliche Ruhezeit gemäß § 12 Abs. 1 bis 2b, § 18a, § 18b Abs. 1, § 18c Abs. 1, § 18d, § 18g, § 19a Abs. 8, § 20a Abs. 2 Z 2 oder § 20b Abs. 4 oder Ruhezeitverlängerungen gemäß § 19a Abs. 4, 5 oder 8 oder § 20a Abs. 2 Z 1 nicht gewähren;
..."

2.1. Im Beschwerdefall ist nicht strittig, dass die in der Anzeige des Arbeitsinspektorats genannten Personen in den dort genannten Zeiträumen für das Rote Kreuz/Bezirksstelle R, tätig waren und dass damit - wäre das AZG insgesamt anwendbar - die Höchstgrenzen der zulässigen Beschäftigung nach § 9 AZG überschritten bzw. die erforderlichen Ruhepausen nach § 12 AZG nicht eingehalten wurden.

2.2. Die belangte Behörde hat - wie schon die erstinstanzliche Behörde - die Auffassung vertreten, die seitens der betroffenen Arbeitnehmer in ihrer Eigenschaft als Mitglied des Roten Kreuzes freiwillig geleisteten Dienste seien nicht als "Beschäftigung" iSd § 1 Abs. 1 AZG anzusehen und daher nicht mit der Normalarbeitszeit zusammenzurechnen, weshalb es zu den gerügten Überschreitungen nicht gekommen sei.

2.3. Die Beschwerde macht dagegen - zusammengefasst - Folgendes geltend:

Es bestünden, was die konkret geleisteten Tätigkeiten anlange, in der faktischen Ausgestaltung des Verhältnisses zwischen dem Roten Kreuz und den betroffenen Arbeitnehmern keine wesentlichen Unterschiede zwischen hauptamtlichen und freiwilligen Diensten: Es würde dieselbe Tätigkeit in derselben Betriebsorganisation, ohne zeitliche oder organisatorische Trennung zwischen den Tätigkeiten als Arbeitnehmer bzw. als Freiwilliger, aufgrund einer Erwartungshaltung des Arbeitgebers und im Rahmen dessen regulärer Dienstplaneinteilung erbracht. Da die Entgeltlichkeit der Dienstleistung kein notwendiges Kriterium für ein Arbeitsverhältnis darstelle, könne daraus nicht auf dessen Nichtvorliegen geschlossen werden.

Die betroffenen Arbeitnehmer hätten aufgrund des bestehenden Arbeitsverhältnisses gegenüber dem Roten Kreuz als ihrem Arbeitgeber eine ganz andere Position als andere Vereinsmitglieder, die nicht zugleich auch Arbeitnehmer des Roten Kreuzes seien, und die keine Gehorsams- bzw. Treuepflicht treffe und die auch nicht in wirtschaftlicher Abhängigkeit zum Roten Kreuz stünden. Dem gegenüber bestehe bei den betroffenen Personen als Arbeitnehmern im Sanitätsdienst, die kaum die Möglichkeit hätten, ihre Tätigkeit für einen anderen Arbeitgeber zu erbringen, existenzielle wirtschaftliche Abhängigkeit.

Die belangte Behörde habe zudem Beweisergebnisse außer Acht gelassen, wonach von hauptberuflichen Mitarbeitern des Roten Kreuzes erwartet werde, dass sie 20 freiwillige Dienste pro Jahr leisteten und dass sie zu diesen 20 freiwilligen Diensten in einem fixen Dienstrad eingeteilt würden. Der einzelne Arbeitnehmer habe daher nicht die freie Wahl, ob er freiwillige Dienste leisten möchte oder nicht. Zudem habe ein als Zeuge vernommener Arbeitnehmer ausgesagt, man habe berufliche Konsequenzen zu erwarten, würde man sich weigern, freiwillige Dienste zu leisten. Es sei daher davon auszugehen, dass seitens der von hauptamtlichen Mitarbeitern des Roten Kreuzes abgegebenen Zusagen zur freiwilligen Tätigkeit tatsächlich wirtschaftlicher Druck vorliege, weil bei einem Zuwiderhandeln gegen die Erwartungshaltung des Dienstgebers mit arbeitsvertragsrechtlichen Konsequenzen, insbesondere mit dem Verlust des Arbeitsplatzes, zu rechnen wäre.

Die belangte Behörde habe daher den Sachverhalt in der wesentlichen Frage der "Freiwilligkeit" aktenwidrig angenommen; zumindest aber liege ein wesentlicher Begründungsmangel vor.

3. Dieses Vorbringen ist zielführend.

3.1. Gemäß § 1 Abs. 1 AZG gilt dieses Gesetz für die "Beschäftigung von Arbeitnehmern". Wer Arbeitnehmer ist, richtet sich - mangels eigenständiger Definition dieses Begriffs im AZG - nach den Regeln des Arbeitsvertragsrechts. Der zentrale Begriff des Arbeitsvertrages für das gesamte Arbeitsrecht findet sich in den Bestimmungen der §§ 1151 ff ABGB über den Dienstvertrag. Nach Lehre und Rechtsprechung ist dabei für den Dienstvertrag insbesondere kennzeichnend, dass die Arbeit vom Dienstnehmer in persönlicher Abhängigkeit vom Dienstgeber verrichtet wird. Dies wird vor allem dadurch charakterisiert, dass der Dienstnehmer in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten dem Weisungs- und Kontrollrecht des Dienstgebers unterworfen ist oder - sofern das Verhalten im Arbeitsvertrag bereits vorausbestimmt oder unter Heranziehung anderer Regeln bestimmbar ist - dessen laufender Kontrolle unterliegt (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2000/11/0243, und vom , Zl. 2007/11/0196, und jüngst - insbesondere zur Abgrenzung zwischen echtem und freiem Dienstvertrag - das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/11/0130, jeweils mwN; siehe auch Grillberger, AZG (2011), § 1 Rz 1, sowie Pfeil in Neumayr/Reissner (Hrsg), Zeller Kommentar zum Arbeitsrecht2 (2011) § 1 AZG Rz 5).

Unter "Beschäftigung" iSd § 1 AZG ist damit die vom Arbeitnehmer dem Arbeitgeber tatsächlich aufgrund des Arbeitsverhältnisses erbrachte Tätigkeit zu verstehen (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 95/11/0409, sowie Grillberger, AZG (2011), § 1 Rz 8, und Schrank, Arbeitszeitgesetze Kommentar2 (2012), § 1 AZG Rz 4).

Ebenso erfasst die Regelung des § 2 Abs. 2 zweiter Satz AZG, wonach dann, wenn Arbeitnehmer von mehreren Arbeitgebern beschäftigt werden, die einzelnen Beschäftigungen zusammen die gesetzliche Höchstgrenze der Arbeitszeit nicht überschreiten dürfen, nur (Mehrfach )Beschäftigungen aufgrund von Arbeitsverhältnissen.

Ist Grundlage der Beschäftigung also nicht ein Arbeitsverhältnis, sondern etwa eine selbständige Tätigkeit oder ein freies Dienstverhältnis, eine ehrenamtliche Tätigkeit oder bloß familiäre Mitarbeit, greifen die genannten Bestimmungen nicht ein (vgl. Grillberger AZG (2011), § 2 Rz 30, Schrank, Arbeitszeitgesetze Kommentar2 (2012), § 2 AZG Rz 54).

Die Erbringung von Arbeitsleistungen ohne vertragliche Grundlage, etwa bei bloßer Gefälligkeit, aber auch auf anderer Grundlage als einem Arbeitsverhältnis, etwa zur Erfüllung von Unterhalts- oder familienrechtlichen Beistandspflichten, unterfällt also nicht dem AZG.

3.2.1 Der Beschwerdefall nun ist dadurch gekennzeichnet, dass die in Rede stehenden Personen, deren Beschäftigung über die maßgeblichen Grenzen hinaus dem Mitbeteiligten in der Anzeige angelastet wurde, unstrittig einerseits Arbeitnehmer des Roten Kreuzes sind, andererseits als Vereinsmitglieder und freiwillige Helfer des Roten Kreuzes für dieses tätig sind und auch schon vor ihrer Anstellung als Arbeitnehmer tätig waren.

3.2.2. Der Mitbeteiligte hat sich im Verwaltungsverfahren damit gerechtfertigt, seitens der in Rede stehenden Personen seien (regelmäßig im Anschluss an ihre Tätigkeit als hauptamtliche Mitarbeiter) auf Basis ihrer Vereinsmitgliedschaft freiwillige Dienste (insbesondere Nachtdienste) geleistet worden.

Der vom Verein Österreichisches Rotes Kreuz, Landesverband Tirol, Bezirksstelle R geleistete örtliche Rettungsdienst werde einerseits durch berufstätige, hauptamtliche Sanitäter und andererseits durch ehrenamtliche Sanitäter erbracht. Der hauptund der ehrenamtliche Rettungsdienst im Verein seien organisatorisch voneinander getrennt: Der hauptamtliche Rettungsdienst werde von der Bezirksstelle des Vereins organisiert, nämlich monatlich spätestens zum 15. des Vormonats der Dienstplan der hauptamtlichen Mitarbeiter veröffentlicht und eingeteilt. Demgegenüber werde der ehrenamtliche Dienstplan von den Ortsstellen der Bezirksstelle (bei denen es sich um keine eigenen juristischen Personen handle) organisiert. Der hauptamtliche Rettungsdienst finde wochentags statt, die verbleibende Zeit, im Wesentlichen die Nachtdienste sowie die Sonnund Feiertage, würden durch den ehrenamtlichen Rettungsdienst besetzt und durch den ehrenamtlichen Dienstplan organisiert. Während der hauptberufliche Sanitäter (Angestellter des Vereins) in zeitlicher und örtlicher Hinsicht bei der Einteilung im Rettungsdienst den Weisungen seines Arbeitgebers unterliege, stehe es dem ehrenamtlichen Sanitäter frei, ob, wann und wo er seinen ehrenamtlichen Rettungsdienst verrichte. Der ehrenamtliche Sanitäter werde nicht durch die Ortsstellenleitung eingeteilt, sondern trage sich freiwillig im ehrenamtlichen Rettungsdienstplan zur Dienstverrichtung ein und könne sich - ohne Angabe von Gründen - nach Belieben ein- und austragen, wobei er jedoch gehalten sei, einen Ersatz zu suchen bzw. die Ortsstellenleitung von einem Fernbleiben bzw. Ausfall möglichst frühzeitig zu verständigen.

Der Mitbeteiligte hat also - zusammengefasst - vorgebracht, die von den Betreffenden geleisteten zusätzlichen Dienste (im Wesentlichen Nachtdienste), deren Zusammenrechnung mit den "hauptamtlichen" Diensten erst die gerügte Überschreitung ergeben habe, seien Resultat ihrer freiwilligen Mitarbeit als Vereinsmitglieder des Roten Kreuzes, würden also - freiwillig - als Ausfluss ihrer Mitgliedschaft im Verein, nicht aber wegen ihrer Arbeitnehmerstellung geleistet.

3.3. Die dargestellte Doppelstellung der betroffenen Arbeitnehmer - einerseits als Arbeitnehmer, andererseits als Vereinsmitglieder - unterscheidet den Beschwerdefall von jenen Fällen, in denen der Verwaltungsgerichtshof einer vom Arbeitgeber behaupteten "Freiwilligkeit" (die zusätzlichen Arbeitsleistungen von Arbeitnehmern, aufgrund derer die relevanten zeitlichen Grenzen des AZG überschritten wurden, seien auf Freiwilligkeit und Eigeninitiative der Arbeitnehmer zurückzuführen gewesen) die rechtliche Relevanz abgesprochen hat (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/19/0136, und vom , Zl. 91/19/0270).

Insofern ist der Hinweis der Beschwerde, das AZG stehe nicht zur Disposition der Arbeitnehmer, weshalb der Umstand, dass zusätzliche Dienste "freiwillig" geleistet würden, nichts daran ändern können, dass dennoch die zwingenden AZG-Grenzen beachtet werden müssten, nicht zielführend.

3.4. Die Beschwerde ist aber im Ergebnis begründet, weil die belangte Behörde zur Frage der Rechtsgrundlage der zusätzlichen Dienste und zur behaupteten Freiwilligkeit keine schlüssig begründeten Feststellungen getroffen hat.

3.4.1. Diesbezüglich ist zum angefochtenen Bescheid einleitend zunächst festzuhalten, dass die iSd §§ 58, 60 AVG gebotene Entscheidungsbegründung verlangt, in der Begründung die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die für die Beweiswürdigung maßgebliche Erwägungen sowie die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage klar und übersichtlich zusammenzufassen.

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs erfordert dies in einem ersten Schritt die eindeutige, eine Rechtsverfolgung durch die Partei ermöglichende und einer nachprüfenden Kontrolle durch die Gerichtshöfe des öffentlichen Rechts zugängliche konkrete Feststellung des der Entscheidung zugrunde gelegten Sachverhalts, in einem zweiten Schritt die Angabe jener Gründe, welche die Behörde im Falle des Vorliegens widerstreitender Beweisergebnisse in Ausübung der freien Beweiswürdigung dazu bewogen haben, gerade jenen Sachverhalt festzustellen, und in einem dritten Schritt die Darstellung der rechtlichen Erwägungen, deren Ergebnisse zum Spruch des Bescheids geführt haben (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/03/0076, mwN).

3.4.2. Die angefochtene Entscheidung lässt den derart gebotenen klaren Aufbau ebenso vermissen wie eindeutige Feststellungen zum maßgeblichen Beweisthema. Sie enthält zwar allgemein gehaltene Überlegungen zur Tätigkeit von Freiwilligen in Freiwilligenorganisationen, zur Zulässigkeit einer selbstbestimmten Freizeitgestaltung und "faktischen" Belastung von Arbeitnehmern durch Freiwilligentätigkeit. Es fehlen aber - fallbezogen - klare Feststellungen zu den vom Mitbeteiligten (insbesondere in seiner Gegenschrift zur Berufung) vorgebrachten Umständen der Dienstleistung durch die in Rede stehenden Personen, insbesondere zur Erstellung des Dienstplans für die hauptamtlichen Mitarbeiter einerseits und die freiwilligen Mitarbeiter andererseits, zur Grundlage für die Leistung weiterer - freiwilliger - Dienste (auch) durch hauptamtliche Mitarbeiter, und zu (beruflichen) Konsequenzen einer Weigerung, freiwillige Dienste zu leisten.

3.4.3. Solche Feststellungen wären schon deshalb notwendig gewesen, weil der Umstand allein, dass die Betroffenen sowohl Arbeitnehmer des Roten Kreuzes als auch (schon Jahre vor ihrer Anstellung) Mitglieder dieses Vereins waren, weder dazu führen kann, dass auch ihre Tätigkeit als Mitglieder des Vereins "automatisch" dem Arbeitsverhältnis zugerechnet wird (womit fallbezogen die maßgeblichen AZG-Grenzen überschritten würden), noch den Dienstgeber insofern ohne weiteres entlasten kann, als die Tätigkeit als Mitglieder des Vereins jedenfalls - unabhängig von weiteren Gegebenheiten - bei Beurteilung allfälliger Überschreitungen von Arbeitszeitgrenzen außer Betracht bleiben müsste:

3.5. Zur Frage, ob ein neben einem Arbeitsvertrag bestehender freier Dienstvertrag gemeinsam mit Ersterem zu beurteilen und insgesamt das Überwiegen der Merkmale im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG (also Beschäftigung in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit) zu untersuchen wäre, oder ob die Verträge auch getrennt beurteilt werden können, hat der Verwaltungsgerichtshof unter Hinweis auf arbeitsrechtliche Judikatur und Literatur die Auffassung vertreten, dass das Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines freien Dienstverhältnisses nicht schlechthin ausgeschlossen sei. Für die Bejahung einer rechtswirksamen Trennung solcher Rechtsverhältnisse komme es entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und Überlegungen unter dem Gesichtspunkt arbeitsrechtlicher Schutzprinzipien an. Für eine objektive Trennbarkeit sei nicht nur von Bedeutung, ob eine Verschränkung in zeitlicher Hinsicht ausgeschlossen ist, sondern auch wesentlich, ob sich die im Rahmen des Dienstverhältnisses erbrachten Arbeitsleistungen von der selbständigen Tätigkeit trennen lassen (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 91/08/0077, und vom , Zl. 99/08/0125, mwN).

Auch in der arbeitsrechtlichen Judikatur wird - wenn auch bei im Rahmen eines einheitlichen Beschäftigungsverhältnisses erbrachten Leistungen im Allgemeinen auf das Überwiegen der einzelnen Elemente abgestellt und demnach entweder ein abhängiges oder ein freies Dienstverhältnis angenommen wird - einem engen inhaltlichen Zusammenhang zwischen den geleisteten Tätigkeiten und der Unmöglichkeit einer gegenseitigen zeitlichen Abgrenzung wesentliche Bedeutung für die Beurteilung der Frage beigemessen, ob erbrachte Arbeitsleistungen aufgrund eines einheitlichen Arbeitsvertrages geleistet wurden oder ob doch eine Aufteilung in einen selbständigen und einen abhängigen Teil zu erfolgen hat (vgl. die Beschlüsse des , und vom , 8 ObA 85/04i, jeweils mwN).

Es ist daher das Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines freien Dienstvertrages nicht schlechthin ausgeschlossen und ist dabei entscheidend auf den Parteiwillen, die objektive Trennbarkeit und arbeitsrechtliche Schutzprinzipien abzustellen. Allerdings ist bei der vorzunehmenden Beurteilung nicht allein auf die vertragliche Gestaltung Bedacht zu nehmen, vielmehr primär die - allenfalls vom (schriftlichen) Vertrag abweichende - tatsächliche Gestaltung der Rechtsbeziehungen entscheidend und damit das Gesamtbild der konkret zu beurteilenden Beschäftigung maßgebend (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2012/08/0157, mwN).

3.6. Der dargestellte Maßstab für die vorzunehmende Abgrenzung bei Nebeneinanderbestehen eines abhängigen Arbeitsverhältnisses und eines freien Dienstvertrages ist auch in Fällen wie dem vorliegenden anzulegen, in denen zu prüfen ist, ob die in Rede stehenden freiwilligen Leistungen dem Arbeitsverhältnis zuzurechnen oder getrennt von diesem zu beurteilen sind.

Die Vereinbarung freier Mitarbeit oder die Erbringung "freiwilliger" Leistungen entbindet also - konkrete Anhaltspunkte oder ein diesbezügliches Vorbringen vorausgesetzt - nicht davon zu prüfen, ob die Vereinbarung freier Mitarbeit nicht etwa nur zur Umgehung arbeitsrechtlicher Schutzbestimmungen oder zur Verschleierung eines Arbeitsverhältnisses gewählt worden ist (vgl. das Erkenntnis des ).

3.7. Vor diesem Hintergrund wird bei der im Beschwerdefall vorzunehmenden Prüfung Folgendes zu beachten sein:

Auch wenn eine strenge organisatorische Einbindung in den Betrieb im Allgemeinen als wesentlicher Parameter für die Beurteilung eines Beschäftigungsverhältnisses als abhängiger Dienstvertrag zu qualifizieren ist, kommt im Beschwerdefall dem vom Beschwerdeführer betonten Umstand, dass die von freiwilligen Mitarbeitern gleich den hauptamtlichen Mitarbeitern erbrachten Arbeitsleistungen in organisatorischer Eingliederung in den Betrieb des Arbeitgebers, zudem in einem hierarchischen Gefüge mit strengen zeitlichen und organisatorischen Vorgaben (nach Dienstplaneinteilung) erbracht werden, keine entscheidende Bedeutung für die vorzunehmende Beurteilung zu: Eine derartige Koordination und Einbindung ist für eine Organisation wie das Rote Kreuz betriebsbedingt und systemimmanent, eine zielgerichtete und erfolgreiche Tätigkeit im Rettungswesen wäre ansonsten kaum möglich. Gleiches gilt für das Vorbringen des Beschwerdeführers, zwischen hauptamtlichen und freiwilligen Diensten bestehe inhaltlich kein Unterschied, wird doch mit beiden Arten von Diensten innerhalb einer einheitlichen Organisation das gleiche Ziel verfolgt (vgl. Neumayr/Neumayr, Freiwilliges Engagement und Arbeitsrecht, in FS Binder (2010) 311 (318)).

Als entscheidend wird vielmehr zum Einen anzusehen sein, ob zwischen den beiden Dienstarten eine zeitliche Trennung besteht, ob also die jeweilige Dienstleistung klar dem einen oder dem anderen Bereich zugeordnet werden kann, zum Anderen, ob die Leistung freiwilliger Dienste ihren (Rechts )Grund in der Mitgliedschaft des Betreffenden im Verein hat.

Die belangte Behörde hat keine Feststellungen zu den Satzungen des Vereins und den aus der Vereinsmitgliedschaft den Mitgliedern erwachsenden Rechten bzw. Verpflichtungen getroffen. Träfe es zu, dass die freiwilligen Dienstleistungen im Rahmen der Vereinsstatuten, allenfalls konkretisiert bzw. ergänzt durch entsprechende Beschlüsse von Vereinsorganen, gleich wie von anderen Vereinsmitgliedern, die nicht zugleich Arbeitnehmer des Roten Kreuzes sind, erbracht werden, also als Ausfluss der Mitgliedschaft im Verein, wäre dies ein wesentlicher Gesichtspunkt, um den für eine Zusammenrechnung geforderten Konnex mit dem Arbeitsverhältnis zu verneinen.

Anders wäre allerdings zu entscheiden, wenn seitens des Dienstgebers für die Begründung und Beibehaltung des Dienstverhältnisses mit dem Roten Kreuz die gleichzeitige Vereinsmitgliedschaft (samt den daraus erfließenden - weiteren - Leistungsverpflichtungen) zur Bedingung gemacht würde.

3.8. Im fortzusetzenden Verfahren wird also - tunlichst im Rahmen einer mündlichen Verhandlung (vgl. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. Ra 2015/11/0004, und vom , Zl. Ra 2015/11/0036) - eine Auseinandersetzung mit den von der Beschwerde vorgebrachten Konsequenzen einer Weigerung von Dienstnehmern, freiwillige Dienste zu leisten, ebenso erforderlich sein wie eine Klarstellung der Rechtsgrundlage der freiwilligen Dienste (von wem wurde der im Verfahren angesprochene Beschluss, 20 freiwillige Dienste pro Jahr zu leisten, gefasst; sind derartige Dienste von allen Vereinsmitgliedern zu leisten oder wird dabei zwischen hauptamtlichen und ehrenamtlichen Mitarbeitern unterschieden).

4. Da die belangte Behörde - wie gezeigt - die zur abschließenden Beurteilung erforderlichen Feststellungen nicht getroffen hat, war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften gemäß § 42 Abs. 2 Z 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Wien, am