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VwGH vom 28.11.2013, 2011/03/0193

VwGH vom 28.11.2013, 2011/03/0193

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des T Verein in I, vertreten durch Dr. Christine Mascher, Rechtsanwalt in 6060 Hall/Tirol, Stadtgraben 15/1, gegen den Bescheid des Umweltsenates vom , Zl US 3A/2011/1A-5, betreffend Zurückweisung einer Berufung in einer Angelegenheit betreffend Trassengenehmigung, eisenbahnrechtliche Baugenehmigung, Rodungsbewilligung, Bewilligung nach dem Mineralrohstoffgesetz und Genehmigung nach dem UVP-G 2000 (mitbeteiligte Partei: G - B SE in I), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom wurde der mitbeteiligten Partei für den Neubau des B Basistunnels in einem teilkonzentrierten Genehmigungsverfahren nach § 24 Umweltverträglichkeitsprüfungsgesetz 2000 (UVP-G 2000) die Trassengenehmigung gemäß §§ 3 und 5 des Hochleistungsstreckengesetzes (HlG), die eisenbahnrechtliche Baugenehmigung gemäß § 2 HlG und § 31f des Eisenbahngesetzes 1957 (EisbG), BGBl Nr 60 idF BGBl I Nr 125/2006, Rodungsbewilligungen für Waldflächen nach den §§ 17 bis 19 des Forstgesetzes 1975, sowie eine Baubewilligung nach dem Mineralrohstoffgesetz erteilt.

2. Gegen diesen Bescheid erhob (unter anderem) die beschwerdeführende Partei Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof.

3. Mit Beschluss vom , 2009/03/0072, hat der Verwaltungsgerichtshof die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei als unzulässig zurückgewiesen.

4. In der Folge stellte die beschwerdeführende Partei den Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen Versäumung der Berufungsfrist, welcher mit Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom bewilligt wurde.

5. Dagegen erhob die mitbeteiligte Partei Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihr mit Erkenntnis vom ,

B 254/11, stattgab und den Bescheid über die Bewilligung der Wiedereinsetzung aufhob.

6. Über Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Entscheidung eines verneinenden Kompetenzkonfliktes hat der Verfassungsgerichtshof mit Erkenntnis vom , K I- 1/11, ausgesprochen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen den angefochtenen Bescheid zuständig ist, und den entgegenstehenden Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/03/0072, aufgehoben.

7. Mit dem nun vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid hat die belangte Behörde die von der beschwerdeführenden Partei an den Umweltsenat erhobene Berufung gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom gemäß § 63 Abs 5 und § 66 Abs 4 AVG in Verbindung mit § 40 Abs 2 UVP-G 2000 als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass ihr - nach der Aufhebung des Bescheides der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, mit der die Wiedereinsetzung in die Berufungsfrist bewilligt worden war - ein Berufungsschriftsatz vorliege, der nicht innerhalb der gesetzlichen Berufungsfrist eingebracht worden sei. Daher könne die Berufung nur als unzulässig zurückgewiesen werden.

Die belangte Behörde übersehe nicht, dass der angefochtene Bescheid für die beschwerdeführende Partei eine Rechtsweg- und Rechtschutzverweigerung zur Konsequenz habe, da der Verwaltungsgerichtshof seine Zuständigkeit mit einer Begründung verneint habe, deren administrative Befolgung der Verfassungsgerichtshof als mit der Grundrechtsordnung unvereinbar qualifiziert habe. Da der Verfassungsgerichtshof durch die Bewilligung der Wiedereinsetzung das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter als verletzt beurteilt habe, sehe sich die belangte Behörde außerstande, im gegenständlichen Fall "in irgendeiner Form eine Sachentscheidung zu treffen".

II.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende, Rechtswidrigkeit seines Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend machende Beschwerde mit dem Antrag, ihn kostenpflichtig aufzuheben.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Die beschwerdeführende Partei macht geltend, dass zum Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides eine der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes Rechnung tragende Entscheidung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie über den Wiedereinsetzungsantrag noch nicht vorgelegen habe. Die belangte Behörde habe offenbar "im vorauseilenden Gehorsam", ohne Abwarten der Entscheidung der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie, den angefochtenen Bescheid erlassen. Die belangte Behörde hätte im Sinne des § 6 Abs 1 AVG aufgrund ihrer durch das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes evidenten sachlichen Unzuständigkeit den ihr mit der Berufung übermittelten Akt an die Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie zurückübermitteln müssen oder aber direkt "an den Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung mit voller Kognitionsbefugnis über die ehedem eingebrachte Beschwerde und die vorliegende Berufung weiterzuleiten" gehabt.

Da es nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofes gar keine Möglichkeit einer Berufung an die belangte Behörde gebe, habe auch - entgegen der Begründung des angefochtenen Bescheides - eine Berufungsfrist nicht überschritten werden können.

2. Zunächst ist festzuhalten, dass die belangte Behörde zwar sowohl im Spruch des angefochtenen Bescheides - durch die Zitierung des § 63 Abs 5 AVG und des § 40 Abs 2 UVP-G 2000 - als auch in dessen Begründung auf die Verspätung des Berufungsschriftsatzes Bezug genommen, dennoch aber die Berufung (jedenfalls auch) als unzulässig, nicht aber als verspätet, zurückgewiesen hat, wozu in der Begründung auch auf das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 254/11-18, verwiesen wird. Der angefochtene Bescheid lässt damit nicht eindeutig erkennen, ob die Berufung (allein) wegen Verspätung oder (auch) wegen ihrer Unzulässigkeit - weil die belangte Behörde im Sinne des zitierten Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofes nicht zuständig ist, über eine Berufung gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom zu entscheiden - zurückgewiesen wurde.

Der Verfassungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom , K I-1/11, aufgrund eines Antrags der beschwerdeführenden Partei nach der Erlassung des hier angefochtenen Bescheides einen negativen Kompetenzkonflikt zwischen dem Verwaltungsgerichtshof und der belangten Behörde entschieden und den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/03/0072, aufgehoben. Der Verfassungsgerichtshof hat darin ausgesprochen, dass der Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung über die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom zuständig ist und damit die Zuständigkeit der belangten Behörde verneint. Der Verfassungsgerichtshof geht in diesem Erkenntnis im Übrigen davon aus, dass die belangte Behörde mit dem hier angefochtenen Bescheid die Zurückweisung der Berufung zwar auch, aber nicht nur mit der Versäumung der Berufungsfrist begründet und schon deshalb ihre Zuständigkeit verneint habe.

Damit steht aber fest, dass eine Berufung gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom unzulässig war. Dass die belangte Behörde die Zurückweisung der Berufung (auch) mit Verspätung begründet hat, kann die beschwerdeführende Partei im vorliegenden Fall nicht in ihren Rechten verletzen, da jedenfalls keine zulässige Berufung vorlag.

3. Soweit die beschwerdeführende Partei anregt, im Hinblick auf die divergierenden Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofes und des Verfassungsgerichtshof den Gerichtshof der Europäischen Union mit einem Vorabentscheidungsersuchen zu befassen, ist darauf hinzuweisen, dass der nicht mit der Rechtsansicht des Verfassungsgerichtshofes übereinstimmende Beschluss des Verwaltungsgerichtshofes vom , 2009/03/0072, mit dem zitierten Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , aufgehoben wurde und der Verwaltungsgerichtshof mittlerweile über die Beschwerde der beschwerdeführenden Partei gegen den Bescheid der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie vom entschieden hat (vgl das Erkenntnis vom heutigen Tag, 2011/03/0219).

4. Die Beschwerde war daher, da schon ihr Inhalt erkennen ließ, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am