VwGH vom 26.06.2007, 2006/13/0047
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Büsser und Dr. Mairinger als Richter, im Beisein der Schriftführerin Dr. Trefil LL.M., über die Beschwerde des H in K, vertreten durch Dr. Richard Leitner, Rechtsanwalt in 6410 Telfs, Weißenbachgasse 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/0045- W/06, betreffend Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages nach § 59 Abs. 1 Abgabenexekutionsordnung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 381,90 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Gegen den Beschwerdeführer wird ein abgabenbehördliches Exekutionsverfahren auf seinen Pensionsanspruch bei der Pensionsversicherungsanstalt, Landesstelle Kärnten, geführt. Mit Eingabe vom stellte er den Antrag, im Hinblick auf einen krankheitsbedingten monatlichen Mehraufwand von EUR 500,-
- den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a EO) zu erhöhen.
Das Finanzamt wies den Antrag mit Bescheid vom ab. Die belangte Behörde gab der dagegen erhobenen Berufung mit dem nunmehr bekämpften Bescheid dergestalt teilweise Folge, dass sie aussprach, es werde der unpfändbare Freibetrag ab um einen monatlichen Betrag in Höhe von EUR 350,-- erhöht; das Mehrbegehren - davon ausgehend, dass eine Erhöhung um EUR 500,-- beantragt worden sei - werde als unbegründet abgewiesen.
Gegen diesen Bescheid, und zwar insoweit, als die Erhöhung erst ab dem gewährt werde, richtet sich die vorliegende Beschwerde. Nach Ansicht des Beschwerdeführers hätte die Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages mit dem Datum der Antragstellung, allenfalls mit dem Datum der Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides, spätestens aber mit dem Eintritt der Verletzung der Entscheidungspflicht durch die belangte Behörde (dieses Datum präzisiert der Beschwerdeführer mit ) in Kraft treten müssen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat über die Beschwerde nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
Rechtsgrundlage für das Begehren des Beschwerdeführers auf Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages im Rahmen des gegen ihn geführten abgabenbehördlichen Exekutionsverfahrens ist § 59 Abgabenexekutionsordnung - AbgEO, BGBl. Nr. 104/1949. Diese Bestimmung steht im Zusammenhang mit den §§ 53, 54 und 60 AbgEO. Die genannten Normen wurden - neben weiteren Vorschriften der AbgEO - mit Bundesgesetz vom , BGBl. Nr. 457, geändert und verfolgen gemäß den ErläutRV (557 BlgNR 18. GP 6) insgesamt das Ziel, die finanzbehördliche Vollstreckung auf Geldforderungen und diesen gleichgestellte Gehalts-, Lohn- und sonstige Geldbezüge im Wesentlichen der gerichtlichen Forderungsexekution anzugleichen (eine per in Kraft getretene weitere Novellierung des § 53 AbgEO durch das Abgabenänderungsgesetz 2005, BGBl. I Nr. 161, hat insoweit keine grundsätzlichen Neuerungen gebracht). Die erwähnten Bestimmungen der AbgEO lauten auszugsweise wie folgt:
"Arbeitseinkommen.
§ 53. Im abgabenbehördlichen Vollstreckungsverfahren sind die Bestimmungen der §§ 290 bis einschließlich 291a, der §§ 291d, 291e, 292, 292d, 292e, 292f, 292g, 292h Abs. 1, 292j und 299a der EO sinngemäß anzuwenden.
Kontenschutz.
§ 54. ...
...
Pfändungsschutz in Ausnahmefällen.
§ 59. (1) Das Finanzamt kann auf Antrag des Abgabenschuldners den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a EO) erhöhen, wenn dies mit Rücksicht
a) auf besondere Bedürfnisse des Abgabenschuldners aus persönlichen oder beruflichen Gründen oder
b) auf besonders umfangreiche gesetzliche Unterhaltspflichten des Abgabenschuldners
geboten ist.
(2) Das Finanzamt kann den unpfändbaren Freibetrag (§ 291a EO) herabsetzen, wenn der Abgabenschuldner im Rahmen des Arbeitsverhältnisses Leistungen von Dritten erhält, die nicht von § 290a Abs. 2 EO erfasst werden.
Änderung der Unpfändbarkeitsvoraussetzungen.
§ 60. Ändern sich die für die Berechnung des unpfändbaren Freibetrages maßgebenden Voraussetzungen, so hat das Finanzamt auf Antrag des Abgabenschuldners den Pfändungsbescheid entsprechend zu ändern. Antragsberechtigt ist auch ein Dritter, dem der Abgabenschuldner kraft Gesetzes Unterhalt zu gewähren hat. Der Drittschuldner kann nach dem Inhalt des früheren Pfändungsbescheides mit befreiender Wirkung leisten, bis ihm der Änderungsbescheid zugestellt wird."
Während § 53 AbgEO ohne Vornahme von Modifikationen jene Vorschriften der EO nennt, die im abgabebehördlichen Vollstreckungsverfahren sinngemäß anzuwenden sind, und § 54 AbgEO im Wesentlichen mit § 292i EO inhaltsgleich ist, soll hinsichtlich der §§ 59 und 60 AbgEO nur ein "weitgehende(r) Gleichklang zwischen dem gerichtlichen und finanzbehördlichen Vollstreckungsverfahren" (so die vorhin zitierten ErläutRV, aaO. 9) und somit die Parallelität mit den entsprechenden Normen der EO (§§ 292a, 292b, und 292c) gewährleistet werden. Trotzdem kann kein Zweifel bestehen, dass man sich bei Auslegung der letztgenannten Bestimmungen - soweit ihre Textierung keinen Anlass für eine eigenständige Betrachtungsweise gibt - an den Vorschriften der §§ 292a ff EO zu orientieren hat.
Was die hier in Frage stehende Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages anlangt, so wird zu § 292a EO vertreten, dass eine rückwirkende Erhöhung des Pfändungsfreibetrages nicht möglich ist (Oberhammer in Angst § 292a Rz 6;
Alfons Zechner, Forderungsexekution (2000) § 292a Rz 2). Dies wird mit der Überlegung begründet, dass "der Drittschuldner mit Zustellung des die Exekution bewilligenden Beschlusses verpflichtet ist, bis zur Höhe der vollstreckbaren Forderung zu überweisen" (LG Krems RPflE 1996/36). Nichts anderes kann nach dem Gesagten bezüglich § 59 AbgEO - ein Ansatzpunkt für eine andere Betrachtungsweise ist nicht erkennbar - gelten: Auch im Bereich der abgabenbehördlichen Exekution entfaltet die Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages nicht nur Wirkungen für den Verpflichteten und für den betreibenden Gläubiger (Finanzamt), sondern auch für den Drittschuldner, der naturgemäß erst nach Zustellung des Bescheides (pro futuro) auf eine allfällige Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages reagieren und regelmäßig schuldbefreiende (§ 53 AbgEO iVm § 292j Abs. 1 EO) Zahlungen vornehmen kann. Wie im Bereich des gerichtlichen Exekutionsverfahrens kommt daher ebenso wenig im abgabenbehördlichen Exekutionsverfahren die im gegenständlichen Fall vom Beschwerdeführer begehrte rückwirkende Erhöhung des Pfändungsfreibetrages in Betracht; eine derartige Erhöhung kann nur mit Wirkung für die Zukunft erfolgen (vgl. auch § 60 AbgEO letzter Satz). Verzögerungen bei der behördlichen Erledigung eines Antrages nach § 59 AbgEO können nur im Wege der im Gesetz vorgesehenen Säumnisbehelfe bekämpft werden.
Da sich sohin die in der Beschwerde vertretene Auffassung betreffend eine rückwirkende Erhöhung des unpfändbaren Freibetrages als unzutreffend erweist, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am