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VwGH vom 24.05.2012, 2011/03/0187

VwGH vom 24.05.2012, 2011/03/0187

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2011/03/0188 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats des Landes Oberösterreich vom , Zl VwSen-500172/3/Wim/Bu, betreffend Erteilung einer Konzession nach dem Kraftfahrliniengesetz (mitbeteiligte Partei: G R in K), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Begründung

Über den Antrag des Mitbeteiligten vom auf Wiedererteilung der mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom erteilten Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie 8 M - S wurde mit Bescheid des Landeshauptmanns von Oberösterreich vom dahin entschieden, dass die Konzession bis zum wieder erteilt werde, wobei auf der Kraftfahrlinie lediglich


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"-
Omnibusse mit einer maximalen Länge von 7,345 m, einer maximalen Breite vom 1,993 m, einer maximalen Höhe von 2,900 m und einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 5,3 t
-
9 sitzige Personenkraftwagen (Kleinbusse)"
eingesetzt werden dürften und dem Antrag auf Genehmigung des Einsatzes von 12 m langen Bussen keine Folge gegeben wurde.
Begründend führte der Landeshauptmann im Wesentlichen aus, gemäß den Gutachten des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen vom und vom seien einzelne Straßenabschnitte in der derzeitigen Form mit den beantragten 12 m langen Bussen nicht befahrbar, auch wenn in näher genannten Teilbereichen der Strecke nur von einem geringen Verkehrsaufkommen auszugehen sei. Hingegen sei ein Befahren mit kleineren Omnibussen auf Grund der festgestellten Straßen- und Nebenanlagenverhältnissen aus straßenverkehrstechnischer Sicht möglich.
Der Mitbeteiligte erhob Berufung insoweit, als dem Antrag auf Genehmigung des Einsatzes von 12 m langen Bussen nicht Folge gegeben wurde. Er führte dazu im Wesentlichen aus, die Kraftfahrlinie würde seit ca 18 Jahren betrieben, bei Erteilung der Konzession sei die Straßeneignung bejaht worden. Seit Erteilung der Konzession sei die Straße nicht zurückgebaut worden, im Gegenteil ihr Bauzustand wesentlich verbessert und die Fahrbahn verbreitert worden. Es gäbe auf der ganzen Strecke keine Beschränkungen, die das Befahren mit Omnibussen gewisser Größen laut StVO 1960 verbieten würden. So sei das Befahren der Strecke mit 12 m langen Omnibussen im Gelegenheitsverkehr ohne weiteres möglich, im Linienverkehr würde es durch den Bescheid des Landeshauptmanns unmöglich gemacht; hier würde mit verschiedenen Maßstäben gemessen. Die Busfahrer führen vorausschauend und bislang unfallfrei.
Mit dem nun angefochtenen Bescheid entschied die belangte Behörde (der UVS) über die Berufung - ohne mündliche Verhandlung und ohne weitere Beweisaufnahme - dahin, dass der Berufung Folge gegeben und die Genehmigung zum Einsatz von Omnibussen mit einer maximalen Länge von 12 m, einer maximalen Breite von 2,5 m und einem höchstzulässigen Gesamtgewicht von 18 t auf der gegenständlichen Kraftfahrlinie erteilt werde.
Begründend führte der UVS im Wesentlichen Folgendes aus:
Die Konzession für die gegenständliche Kraftfahrlinie sei dem Mitbeteiligten erstmals im Jahr 1994 auch für 12 m lange Busse erteilt worden. Er befahre seither diese Linie auch mit solchen Bussen, zuvor schon seit den 1970er Jahren im Gelegenheitsverkehr. Die Strecke weise eine Länge von etwas über 4 km auf, die betroffenen Straßenzüge seien generell eher wenig befahren. Auf der gesamten Strecke gebe es keine Einschränkungen nach der Straßenverkehrsordnung 1960, die ein Befahren mit 12 m langen Bussen untersagen würden. Seit der Ersterteilung der Konzession habe es auf der Strecke geringfügige Verbesserungen des Straßenausbaus gegeben. Weiters seien im Ortsgebiet von S auch straßenpolizeiliche Maßnahmen getroffen worden, die dazu geeignet seien, die dortige schmale Fahrbahn frei zu halten und die nutzbare Fahrbahnbreite nicht zusätzlich durch falsch abgestellte Fahrzeuge zu beeinträchtigen. Das straßenverkehrstechnische Gutachten (das zusammengefasst wiedergegeben wurde) habe zwar eine mehr oder weniger starke Behinderung bzw Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs durch Befahren der Kraftfahrlinie mit bis zu 2,5 m breiten 12 m langen Bussen attestiert, aber "keine unmittelbare Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit". Vielmehr sei in einer ergänzenden Stellungnahme des Sachverständigen vom ausgeführt worden, dass ein Befahren der Strecke durch die in Rede stehenden Busse für den Zeitraum bis zum Beginn eines Gelegenheitsverkehrs "bedingt möglich" sei, wenn die vereinzelten Ausweichstellen, die für Omnibusse nicht geeignet seien, von entgegenkommenden Fahrzeugen genutzt würden. Dabei müsse jenes Fahrzeug zurückgefahren werden, mit dem dies wegen seiner Art und wegen seiner örtlichen Verhältnisse leichter möglich sei, im Regelfall bei einer Begegnung mit einem Omnibus also das andere Fahrzeug. Dazu sei es jedoch erforderlich, dass die Omnibuslenker die Fahrregeln insbesondere des Fahrens auf halbe Sicht über das gesetzliche Maß hinausgehend beachten und im Bereich der Ausweichmöglichkeiten für den Gegenverkehr diesen abwarten.
Der festgestellte Sachverhalt ergebe sich aus den erstinstanzlichen Akteninhalten und sei "soweit unbestritten".
Im Weiteren führte der UVS aus, gemäß § 7 Abs 1 Z 4 lit a in Verbindung mit § 13 Abs 3 KflG dürften Kraftfahrlinien nur auf Straßen geführt werden, die sich aus Gründen der Verkehrssicherheit und ihres Bauzustandes dafür eignen.
Die im Bescheid des Landeshauptmanns vorgenommene Einschränkung auf kleinere als 12 m lange Busse erscheine nicht schlüssig und nicht sachgerecht: Im straßenverkehrstechnischen Gutachten vom werde ausdrücklich keine unmittelbare Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit festgestellt. Unstrittig würde die Kraftfahrlinie schon seit dem Jahr 1994 mit 12 m langen Bussen anstandslos bedient und sei auch schon vorher im Gelegenheitsverkehr seit den 1970er Jahren mit solchen Bussen befahren worden. Dass sich seither der Straßenausbau tendenziell eher verbessert und keinesfalls verschlechtert habe, sei allgemein nachvollziehbar. Auch die Kürze der Linie von etwas über 4 km sowie der Umstand des geringen Verkehrsaufkommens und die seitens der Marktgemeinde S gesetzten straßenpolizeilichen Maßnahmen ließen weiterhin den Betrieb mit 12 m langen Bussen als zulässig erscheinen. Überdies spreche auch die ergänzende straßenverkehrstechnische Stellungnahme, worin zwar nur vorübergehend, aber doch grundsätzlich ein weiteres Befahren mit 12 m langen Bussen für möglich erachtet werde, eindeutig dafür, dass dies weiterhin bei Beachtung der im Gutachten beschriebenen Fahrweise zulässig sei. Überdies wäre bei der angedachten Bedienung der Strecke im Gelegenheitsverkehr mangels straßenpolizeilicher Einschränkungen das Befahren mit 12 m langen Bussen ohne weiteres wieder zulässig. Ein Befahren, Überragen oder Überstreichen von Fahrstreifen des Gegenverkehrs sei mit Fahrzeugen größerer Abmessungen im täglichen Verkehr oft unvermeidlich. Gleiches gelte auch für das Ausweichen auf geeigneten Nebenflächen im Begegnungsverkehr und ein besonders vorausschauendes und verkehrsangepasstes Fahren.
Es sei daher der Berufung Folge zu geben und auch der Betrieb von 12 m langen Bussen zuzulassen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde und die mitbeteiligte Partei erwogen:

1. Die Beschwerde macht im Wesentlichen - unter Hinweis auf das im erstinstanzlichen Verfahren eingeholte straßenverkehrstechnische Gutachten samt Ergänzungen - geltend, der UVS habe die Ausführungen im Gutachten hinsichtlich der Einschränkung auf bestimmte Fahrzeugkategorien zu Unrecht als bloße "Anregung" qualifiziert. Ein Abweichen vom Gutachten wäre nur nach Einholung eines weiteren Gutachtens, das das vorliegende widerlegt oder relativiert hätte, zulässig gewesen, um die im angefochtenen Bescheid vorgenommene, den hohen Sicherheitsmaßstäben des KflG widersprechende Änderung der Entscheidung zu tragen. Die "Erfordernisse des modernen Kraftfahrlinienverkehrs hinsichtlich höherer Sicherheitsmaßstäbe" seien mit den Gegebenheiten des Gelegenheitsverkehrs der 1970er Jahre nicht zu vergleichen. Die Konzessionsbehörde könne sich daher auch nicht "auf den menschlichen Faktor (jederzeitiges StVO gemäßes Fahren unter Beachtung aller Begegnungsregeln) verlassen" oder darauf abstellen, dass im Gelegenheitsverkehr keine Sicherheitsbestimmungen wie im Kraftfahrlinienverkehr existierten, ebensowenig darauf, dass bislang noch kein Unfall mit einem Linienbus erfolgt sei. Vielmehr müsse dem Gutachten eines dafür ausgebildeten Sachverständigen vertraut werden und dieses der Entscheidung zu Grunde gelegt werden.

2. Dieses Vorbringen ist im Ergebnis zielführend.

2.1. Voraussetzung für die Erteilung der Konzession nach § 7 Abs 1 KflG ist (unter anderem), dass die Erteilung der Konzession auch sonst öffentlichen Interessen nicht zuwider läuft, welcher Ausschließungsgrund insbesondere dann vorliegt, wenn die Kraftfahrlinie auf Straßen geführt werden soll, die "sich aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für diesen Verkehr nicht eignen" (§ 7 Abs 1 Z 4 lit a KflG).

Gemäß § 13 Abs 4 KflG hat die Straßeneignung während der gesamten Berechtigungsdauer vorzuliegen. Der Landeshauptmann kann jederzeit von Amts wegen prüfen, ob sich eine von einer Kraftfahrlinie befahrene Straße auch weiterhin aus Gründen der Verkehrssicherheit oder wegen ihres Bauzustandes für die Befahrung durch die Kraftfahrlinie eignet.

2.2. Entscheidend ist also, fallbezogen, ob das durch die Kraftfahrlinie befahrene Straßenstück geeignet auch für den Einsatz von bis zu 12 m langen Bussen ist.

Die Erstbehörde hat, gestützt auf die Ausführungen des beigezogenen Sachverständigen, diese Eignung verneint, während der UVS, unter Bezugnahme auf seine oben wiedergegebenen Feststellungen, die Straßeneignung bejaht hat.

2.3. Die dabei vom UVS hervorgehobenen Umstände, dass nämlich auf der in Rede stehenden Strecke seit Jahren ein Kraftfahrlinienbetrieb mit 12 m langen Bussen, bislang unfallfrei, durchgeführt wird, waren auch vom bestellten Sachverständigen in seine Beurteilung miteinbezogen worden. Dennoch ist dieser - auf Basis einer unter Einsatz eines 12 m langen Busses durchgeführten Probefahrt auf der gegenständlichen Strecke - zum Ergebnis gelangt, dass einzelnen Straßenabschnitten die notwendige Eignung im Sinn des § 13 KflG fehlt.

Anders als vom UVS dargestellt, wurde vom Sachverständigen in seinem Gutachten vom nicht bloß eine "mehr oder minder starke Behinderung bzw. sogar Beeinträchtigung der Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs, jedoch nicht unmittelbar eine Beeinträchtigung der Verkehrssicherheit" attestiert.

Vielmehr hat er ("Die Streckenbefahrung hat jedoch auch gezeigt, …"), gestützt im Wesentlichen auf die geringe Breite einzelner Straßenabschnitte in Verbindung mit dem Fehlen geeigneter Ausweichmöglichkeiten und der Unmöglichkeit des Einhaltens eines ausreichenden Sicherheitsabstands zu Gegenverkehr (selbst bei einem entgegenkommenden Radfahrer), auch wenn nur von einem geringen Verkehrsaufkommen auszugehen sei, explizit verneint, dass die betroffenen "Straßenabschnitte im Sinne des § 13 KflG … mit den beantragten 12 m Omnibussen befahrbar" seien.

2.4. Schon deshalb kann die entgegenstehende Beurteilung des UVS, der sich über diese Ausführungen hinweggesetzt hat, ohne selbst ein weiteres Gutachten einzuholen, und ohne den Parteien rechtliches Gehör - gegebenenfalls in einer mündlichen Verhandlung unter Beiziehung des Sachverständigen - zu diesen Sachverhaltsannahmen zu gewähren, nicht als schlüssig gewertet werden. Insofern hat die belangte Behörde dem angefochtenen Bescheid nicht ausreichend begründet.

3. Der angefochtene war Bescheid war daher gemäß § 42 Abs 2 Z 3 lit b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Wien, am