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VwGH vom 20.02.2013, 2013/11/0039

VwGH vom 20.02.2013, 2013/11/0039

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm sowie die Hofrätin Dr. Pollak als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Zöchling, über die Beschwerde der Dr. N R in Wien, vertreten durch Mag. Dr. Martin Deuretsbacher, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Oppolzergasse 6, gegen den Bescheid des Beschwerdeausschusses des Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien vom , Zl. B 350/2011- 20/121217 (weitere Partei: Wiener Landesregierung), betreffend Beitrag zum Wohlfahrtsfonds für 2010, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Beitrag der Beschwerdeführerin zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien betreffend das Jahr 2010 mit Euro 25.231,99 festgesetzt. Darauf seien von der Beschwerdeführerin insgesamt Euro 13.288,86 an vorläufigen Fondsbeiträgen bezahlt worden, sodass ein Rückstand von Euro 11.943,13 bestehe, der binnen vier Wochen zu bezahlen sei.

In der Begründung führte die belangte Behörde nach einer Darstellung der rechtlichen Grundlagen für die Ermittlung des Fondsbeitrages - soweit hier von Interesse - aus, die Beschwerdeführerin sei niedergelassene Fachärztin für Augenheilkunde und Optometrie in Wien. Seit übe sie eine Zusatzbeschäftigung im Augenambulatorium W. bei der R. GmbH aus. Die Beschwerdeführerin sei selbständig vertretungsbefugte Geschäftsführerin dieser Gesellschaft und halte zudem 50% der Anteile derselben. Die Gesellschaft betreibe in Wien an der Adresse, an der die Beschwerdeführerin auch als niedergelassene Fachärztin tätig sei, eine "Augenarztgruppenpraxis". Die Bezüge, die die Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit für die Gesellschaft erwirtschaftet habe, seien als Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit zu qualifizieren und in die Bemessungsgrundlage für die Bestimmung der Höhe des Beitrags zum Wohlfahrtsfonds einzubeziehen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde in erwogen:

1. Im Beschwerdeverfahren ist allein die Frage strittig, ob das Einkommen der Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit für die

R. GmbH in die Bemessungsgrundlage einbezogen werden durfte. Dass die R. GmbH ein Augenambulatorium betreibt, räumt die Beschwerde ausdrücklich ein.

Gegen den angefochtenen Bescheid führt die Beschwerde ins Treffen, die Beschwerdeführerin übe für die R. GmbH keine ärztlichen Tätigkeiten aus, ihre Tätigkeit beschränke sich vielmehr auf administrative Leistungen im Verwaltungsbereich, sie sei nicht ärztliche Leiterin.

Mit diesem Vorbringen wird keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufgezeigt:

2.1.1. Das Ärztegesetz 1998 (ÄrzteG 1998) lautet (auszugsweise):

"§ 109. (1) Die Kammerangehörigen sind nach Maßgabe der folgenden Bestimmungen verpflichtet, Beiträge zum Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer zu leisten, in deren Bereich sie zuerst den ärztlichen oder zahnärztlichen Beruf aufgenommen haben, solange diese Tätigkeit aufrecht ist. Übt ein Kammerangehöriger seinen Beruf im Bereich mehrerer Ärztekammern aus, so bleibt er Mitglied im Wohlfahrtsfonds jener Ärztekammer, in deren Bereich er zuerst die Berufstätigkeit aufgenommen hat, solange diese Tätigkeit in dem betreffenden Bundesland aufrecht ist. Eine Unterbrechung dieser Tätigkeit für weniger als sechs Monate sowie eine ärztliche Tätigkeit im Bereich einer anderen Ärztekammer oder im Ausland auf Grund dienstrechtlicher Vorschriften (§ 68 Abs. 4 letzter Satz) gilt diesbezüglich als ununterbrochene Berufsausübung. Nimmt er seine ärztliche Tätigkeit gleichzeitig im Bereich mehrerer Ärztekammern auf, so obliegt ihm die Wahl, zu welchem Wohlfahrtsfonds er seine Beiträge leistet.

(2) Bei der Festsetzung der Höhe der für den Wohlfahrtsfonds bestimmten Beiträge ist auf die


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1.
Leistungsansprüche,
2.
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit anhand der Einnahmen (Umsätze) und/oder Einkünfte sowie
3.
Art der Berufsausübung der beitragspflichtigen Kammerangehörigen
Bedacht zu nehmen. Die Höhe der Beiträge kann betragsmäßig oder in Relation zu einer Bemessungsgrundlage festgesetzt werden. Bei Beteiligung eines Arztes oder Zahnarztes an einer Gruppenpraxis kann bei der Bemessungsgrundlage ein dem Geschäftsanteil an der Gruppenpraxis entsprechender Anteil am Umsatz (Umsatzanteil) oder ein entsprechender Anteil am Bilanzgewinn - unabhängig von dessen Ausschüttung - berücksichtigt werden. Näheres ist in der Beitragsordnung zu regeln. Für den Fall einer verspäteten Entrichtung der Beiträge durch Kammerangehörige kann die Beitragsordnung die Vorschreibung von angemessenen Mahnspesen vorsehen.

(3) Die Höhe der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds darf 18 vH der jährlichen Einnahmen aus ärztlicher und/oder zahnärztlicher Tätigkeit einschließlich der Umsatzanteile an Gruppenpraxen nicht übersteigen.

…"

2.1.2. Die Beitragsordnung für den Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien lautet (auszugsweise):

"I. Fondsbeitrag

(1) Der Fondsbeitrag beträgt, soweit in dieser Beitragsordnung nicht anders festgelegt, 15,8 v.H. der Bemessungsgrundlage.

(2) Bei Fondsmitgliedern, die den ärztlichen Beruf ausschließlich im Rahmen von Arbeitsverhältnissen ausüben, besteht die jährliche Bemessungsgrundlage aus der Summe der monatlichen Bruttogrundgehältern abzüglich der anteilig darauf entfallenden Werbungskosten. Der monatliche Bruttogrundgehalt ist der am Monatsgehaltszettel ausgewiesene Grundgehalt. Sofern die Gehaltszettel nicht oder nicht vollständig und zeitgerecht gemäß Abschnitt IV Abs. 5 übermittelt werden, erfolgt die Ermittlung des Bruttogrundgehalts aus dem Lohnzettel wie folgt: Bruttobezüge (Pos. 210) minus steuerfreie Bezüge (Pos. 215) minus sonstige Bezüge vor Abzug der SV-Beiträge (Pos. 220). Hiezu kommen Einkünfte (Anteile) aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung und die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

(3) Bei allen übrigen Fondsmitgliedern ist Bemessungsgrundlage der Überschuß aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit, ermittelt nach den Bestimmungen des EStG 1988. Die Einkommen- bzw. Lohnsteuer ist bei der Ermittlung des Überschusses nicht zu berücksichtigen. Bei der Ermittlung des Überschusses sind jedenfalls die Einnahmen und Ausgaben aus der selbständigen ärztlichen Tätigkeit sowie jene aus der Behandlung von Pfleglingen der Sonderklasse einschließlich ambulanter Behandlung zu berücksichtigen. Zum Überschuß gehören auch Gewinnanteile aus Gruppenpraxen und Gewinnanteile aus Gesellschaften, deren Geschäftszweck nur unter der verantwortlichen Leitung eines zur selbständigen Berufsausübung berechtigten Arztes verwirklicht werden kann. Ferner sind die jährlich entrichteten Fondsbeiträge, die Beiträge für die Krankenunterstützung und die Beiträge für die Todesfallbeihilfe hinzuzurechnen.

(4) Wird der ärztliche Beruf gleichzeitig selbständig und unselbständig ausgeübt, sind die Bemessungsgrundlagen gemäß Abs. 2 und 3 zusammenzurechnen.

(5) Der Fondsbeitrag beträgt höchstens EUR 25.435,49 im Jahr. Auf die Bestimmung des § 109 Abs. 3 ÄG ist Bedacht zu nehmen.

(6) Ein Ausgleich mit dem Ergebnis aus anderen Einkunftsquellen und Einkunftsarten sowie ein Abzug oder anteiliger Abzug von Sonderausgaben oder wegen außergewöhnlicher Belastung ist nicht zulässig.

…"

2.2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2011/11/0101, in einem Fall, in dem strittig war, ob das Einkommen eines Arztes aus seiner Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer einer GmbH, welche eine Krankenanstalt auf dem Gebiet der Geburtshilfe betrieb, zu den Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit zu zählen und damit in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kammerumlagen einzurechnen ist, Folgendes ausgeführt:

"…

II.3. Der Beschwerdeführer ist unstrittig Arzt. Im vorliegenden Beschwerdefall geht es um die Frage, ob die Einkünfte des Beschwerdeführers aus seiner Tätigkeit als kaufmännischer Geschäftsführer der Dr. W. GmbH, die eine Krankenanstalt auf dem Gebiet der Geburtshilfe unter Anwendung von Maßnahmen der medizinischen Fortpflanzungshilfe betreibt, zu den Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit zählen und damit in die Bemessungsgrundlage für die Berechnung der Kammerumlagen einzurechnen sind.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in seiner ständigen Rechtsprechung bei Auslegung des Begriffes der ärztlichen Tätigkeit im Zusammenhang mit der Berechnung der Umlagen für die Ärztekammern und der Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammern sowohl im Rahmen selbständiger als auch unselbständiger ärztlicher Tätigkeit die damit anfallenden organisatorischen und wirtschaftlichen Tätigkeiten als ärztliche Tätigkeiten angesehen. Demnach sind auch organisatorische und wirtschaftliche Tätigkeiten eines selbständig praktizierenden Arztes, sofern sie nicht auf eine inhaltlich anders geartete Haupttätigkeit gerichtet sind (wie etwa auf die Ausübung eines Gewerbes neben der ärztlichen Tätigkeit), grundsätzlich nicht von der ärztlichen Tätigkeit zu trennen (vgl. das Erkenntnis vom , Zlen. 2002/11/0080, 2003/11/0087, mwN).

Im Erkenntnis vom , Zl. 2003/11/0097, wurde unter Bezugnahme auf die genannte Judikatur entschieden, dass auch die Wahrnehmung von Leitungsaufgaben organisatorischer und wirtschaftlicher Art im Rahmen einer Gesellschaft, die mit der Erstellung von gerichtsmedizinischen Gutachten und somit einer Tätigkeit gemäß § 2 ÄrzteG 1998 befasst ist, als ärztliche Tätigkeit anzusehen sei.

II.4. Nichts anderes hat im vorliegenden Beschwerdefall zu gelten: Unstrittig betreibt die Dr. W. GesmbH eine Krankenanstalt zur Durchführung der künstlichen Befruchtung, sodass die Haupttätigkeit dieser Gesellschaft zweifellos auf die Ausübung einer ärztlichen Tätigkeit (Maßnahme der medizinischen Fortpflanzungshilfe gemäß § 2 Abs. 2 Z 6 ÄrzteG 1998) ausgerichtet ist. Wie sich aus der zitierten Judikatur, insbesondere dem genannten Erkenntnis Zl. 2003/11/0097, ergibt, sind daher all jene organisatorischen und wirtschaftlichen Tätigkeiten, die von einem Arzt im Rahmen der Dr. W. GesmbH zum Zwecke der Durchführung der medizinischen Fortpflanzungshilfe ausgeübt werden (hier: vom Beschwerdeführer als Geschäftsführer dieser Gesellschaft), grundsätzlich zu dessen ärztlicher Tätigkeit zu rechnen, sodass die daraus gewonnenen Einnahmen (Einkünfte) bei der Berechnung der Kammerumlage zu berücksichtigen sind.

Diese Überlegungen finden sowohl im Wortlaut des § 91 Abs. 3 ÄrzteG 1998 als auch in § 1 Abs. 2 der Umlagenordnung ihre Grundlage:

§ 91 Abs. 3 ÄrzteG 1998 überlässt es der näheren Regelung in der Umlagenordnung, welche Bemessungsgrundlage für die Festsetzung der Umlagen herangezogen wird.

§ 1 Abs. 2 der Umlagenordnung bestimmt als Bemessungsgrundlage "das gesamte zu versteuernde Jahreseinkommen aus ärztlicher Tätigkeit". Es genügt also, dass es sich um Einkünfte eines Arztes "aus ärztlicher Tätigkeit" handelt, ohne dass diese Einkünfte zwingend aus einer eigenen ärztlichen Tätigkeit im Sinne des § 2 ÄrzteG 1998 resultieren müssen. Dies ergibt sich auch aus § 1 Abs. 2 zweiter Satz Umlagenordnung, dem zufolge sogar Einkünfte aus Gewinnanteilen von Gesellschaften unter ärztlicher Leitung (somit Einkünfte, die der umlagenpflichtige Arzt nicht zwingend durch - eigene - ärztliche Tätigkeit im Sinne des § 2 ÄrzteG 1998 erwirtschaftet) zu den Einkünften aus ärztlicher Tätigkeit zählen.

Es ändert somit nichts, dass die vom Beschwerdeführer in seiner Funktion als Geschäftsführer wahrgenommenen Tätigkeiten kaufmännischer und nicht ärztlicher Natur sind, weil diese Tätigkeiten, wie sich bereits aus der genannten Judikatur ergibt, nicht isoliert zu betrachten sind, sondern organisatorische und wirtschaftliche Tätigkeiten im Zusammenhang mit der (den Geschäftszweck der Gesellschaft bildenden) Durchführung der medizinischen Fortpflanzungshilfe darstellen, sodass die Honorare aus dieser Geschäftsführertätigkeit Einkünfte aus ärztlicher Tätigkeit im Sinne des § 1 Abs. 2 der Umlagenordnung darstellen."

Diese Überlegungen sind auf die Ermittlung der Bemessungsgrundlage für die Beiträge zum Wohlfahrtsfonds der Ärztekammer für Wien zu übertragen (so bereits das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/11/0048).

Die Einbeziehung der Einkünfte der Beschwerdeführerin aus ihrer Tätigkeit für die nach ihrem eigenen Vorbringen ein Augenambulatorium betreibende R. GmbH in die Bemessungsgrundlage ist demnach nicht als rechtswidrig zu erkennen.

3. Da schon der Inhalt der Beschwerde daher erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs. 1 VwGG in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
DAAAE-83639