VwGH vom 26.01.2012, 2008/21/0626
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Beschwerde des M, zuletzt in G, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2/12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 25.20-10/2008-12, betreffend Schubhaft (weitere Partei: Bundesministerin für Inneres), zu Recht erkannt:
Spruch
Der bekämpfte Bescheid wird im Umfang seiner Anfechtung (soweit er die zugrundeliegende Administrativbeschwerde abweist sowie in seinen Kostenaussprüchen) wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein Staatsangehöriger von Afghanistan, begab sich am , nachdem er gemäß seinen Angaben unmittelbar davor nach Österreich eingereist und um 11.00 Uhr in Graz angekommen war, zum fremdenpolizeilichen Referat der Bundespolizeidirektion Graz (BPD). Dort wurde er um die Mittagsstunden festgenommen. Mit Bescheid vom ordnete die BPD in der Folge gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 (FPG) die Schubhaft zur Sicherung des Verfahrens zur Erlassung eines Aufenthaltsverbotes (§ 60 FPG), des Verfahrens zur Erlassung einer Ausweisung (§§ 53, 54 FPG), der Abschiebung (§ 46 FPG) und der Zurückschiebung (§ 45 FPG) an. Die BPD führte u.a. aus, dass der Beschwerdeführer am in den Räumlichkeiten der BPD einer fremdenrechtlichen Kontrolle unterzogen worden sei, weil im Zuge seiner persönlichen Vorsprache der Verdacht des illegalen Aufenthaltes im Bundesgebiet bestanden habe. Bei der Überprüfung habe festgestellt werden können, dass sich der Beschwerdeführer als passpflichtiger Fremder ohne gültigen Reisepass und ohne einen gültigen Einreise- oder Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhalte. Da er auch über keinen festen Wohnsitz verfügte, sei er auf Grund eines behördlichen mündlichen Festnahmeauftrages festgenommen und in das Polizeianhaltezentrum Graz eingeliefert worden. Die Behörde habe jedenfalls ein Verfahren zur Aufenthaltsbeendigung durchzuführen. Zur Sicherung dieses Verfahrens habe die Schubhaft angeordnet werden müssen, da andernfalls zu befürchten sei, dass sich der Beschwerdeführer bei Belassen auf freiem Fuß "durch 'Untertauchen' dem Verfahren bzw. den Maßnahmen zu entziehen trachten" werde.
In einem Aktenvermerk vom wurde seitens der BPD festgehalten, dass der Beschwerdeführer am im Stande der Schubhaft einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe; die erkennungsdienstliche Behandlung habe einen Eurodac-Treffer in Norwegen und einen AFIS-Treffer in Österreich ergeben; nach Prüfung des Sachverhaltes stehe fest, dass der Beschwerdeführer bereits 2001 in Österreich unter völlig anderer Identität einen Asylantrag gestellt habe und dass dieses Verfahren habe eingestellt werden müssen, da der Beschwerdeführer untergetaucht sei. Aus seiner Erstbefragung ergebe sich, dass er damals offensichtlich illegal nach Dänemark und spätestens 2003 nach Norwegen weitergereist sei, wo er jeweils Asylanträge gestellt habe. Es lägen somit - was im genannten Aktenvermerk näher ausgeführt wurde - die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG vor. Die Schubhaft sei somit als gemäß § 76 Abs. 2 Z 4 FPG verhängt anzusehen.
In einem weiteren Aktenvermerk vom begründete die BPD neuerlich den von ihr angenommenen Sicherungsbedarf. Unter Bezugnahme auf die Mitteilung des Bundesasylamtes vom selben Tag, wonach beabsichtigt sei, den Antrag des Beschwerdeführers auf internationalen Schutz zurückzuweisen, weil seit Dublin-Konsultationen mit Norwegen geführt würden (§ 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005), schloss sie damit, dass die Schubhaft nunmehr als gemäß § 76 Abs. 2 Z 2 FPG verhängt anzusehen sei.
Mit am beim Unabhängigen Verwaltungssenat für die Steiermark (der belangten Behörde) eingelangtem Schriftsatz erhob der Beschwerdeführer Beschwerde nach § 82 FPG; er stellte den Antrag, die belangte Behörde möge die auf Anordnung der BPD verhängte Schubhaft und die Anhaltung in Schubhaft "ab dem " für rechtswidrig erklären. U.a. brachte er dazu vor, dass er sich am aus freien Stücken zur BPD begeben und dort einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt habe. Dennoch sei er festgenommen und in der Folge in Schubhaft genommen worden. Am sei die in § 28 Abs. 2 AsylG 2005 normierte Frist von 20 Tagen ab Einbringung seines Antrags auf internationalen Schutz abgelaufen, ohne dass ihm durch die Asylbehörden das Führen eines Konsultationsverfahrens mitgeteilt worden sei. Damit sei es durch Verfristung zur Zulassung des - noch nicht durch Zurückweisung beendeten - Asylverfahrens gekommen. Das sei der BPD am vom Bundesasylamt mitgeteilt worden. Wenn das Bundesasylamt ebenfalls am der BPD zur Kenntnis gebracht habe, die Zulassung wäre "zurückgezogen" worden, so sei dies rechtlich unwirksam. Ungeachtet der am ausgefolgten Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 sei der Anwendung des § 76 Abs. 2 FPG daher die Grundlage entzogen.
Mit Bescheid vom gab die belangte Behörde der Beschwerde gemäß §§ 76, 77, 80, 82 und 83 FPG iVm §§ 67c bis 67g AVG insofern Folge, als sie feststellte, dass die Anordnung der Schubhaft mit Bescheid der BPD vom sowie die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zum rechtswidrig gewesen seien. Die Beschwerde werde hingegen - so der weitere Abspruch der belangten Behörde - "insofern abgewiesen, als zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senates die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen vorliegen". Außerdem wurde über Verfahrenskosten entschieden.
Die belangte Behörde traf Feststellungen zu vorangegangenen Asylanträgen des Beschwerdeführers in Österreich im Jahr 2001, in Dänemark und in Norwegen. Sie stellte weiter fest, dass sich der Beschwerdeführer jedenfalls am am Hauptbahnhof Graz offenbar nach der Fremdenpolizei erkundigt habe und dann mit dem Taxi zur BPD gefahren sei. Dort habe er beim fremdenpolizeilichen Referat vorgesprochen, sei jedoch nicht verstanden worden. In der Folge sei er von angeforderten Beamten der Polizeiinspektion Graz - Sonderdienste befragt worden, wobei für die Beamten nicht hinreichend klar geworden sei, dass er um Asyl ansuchen wolle. Um
13.40 Uhr sei sodann ein mündlicher Festnahmeauftrag erlassen worden. Am sei der Beschwerdeführer zur Einvernahme vorgeführt worden und habe um 10.35 Uhr den Schubhaftbescheid der BPD übernommen. Am Ende der darauf folgenden Einvernahme habe er einen Asylantrag gestellt. Am selben Tag seien diesbezüglich erste Verfahrensschritte eingeleitet worden und es sei festgestellt worden, dass für den Beschwerdeführer ein Eurodac-Treffer und eine AFIS-Eintragung mit anderer Identität vorlägen. Am sei im Akt vermerkt worden, dass die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 4 FPG vorliegen würden. Am sei der Beschwerdeführer der Erstaufnahmestelle Ost zur Einvernahme vorgeführt worden. Am sei eine Mitteilung nach § 29 Abs. 3 AsylG 2005 ergangen, woraufhin "die Voraussetzungen des § 76 Abs. 2 Z 2 FPG im Akt vermerkt" worden seien. Die Dublin-Konsultationen hätten mittlerweile ergeben, dass Norwegen bereit sei, den Beschwerdeführer zu übernehmen.
In rechtlicher Hinsicht fasste die belangte Behörde zusammen, dass der Beschwerdeführer bereits in mehreren europäischen Ländern Asylanträge unter falscher Identität gestellt und sich in der Folge ohne das Asylverfahren abzuwarten oder nach negativem Ausgang der Asylverfahren den weiteren Verfahrensschritten der Behörden entzogen habe. Angesichts dessen sowie angesichts des Umstandes, dass er nicht gewillt sei, nach Norwegen zurückzukehren, bestünde hinreichend Grund zu der Annahme, er werde sich dem Ausweisungsverfahren entziehen. Die genannten Umstände seien freilich bei Verhängung der Schubhaft noch nicht bekannt gewesen. Sie seien vielmehr erst durch die asylrechtliche Ersteinvernahme des Beschwerdeführers und den Eurodac- bzw. AFIS-Treffer zutage getreten. Damit erwiesen sich die Verhängung der Schubhaft und die Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft bis zu diesem Zeitpunkt - dem - als rechtswidrig. Hingegen sei die Anhaltung des Beschwerdeführers seither rechtmäßig, ebenso erscheine zum Zeitpunkt der Entscheidung des Senates die Aufrechterhaltung der Schubhaft erforderlich, da hinreichende Gründe für die Annahme bestünden, der Beschwerdeführer werde sich angesichts der drohenden Ausweisung nach Norwegen dem Verfahren entziehen. Seinem Vorbringen, sein Asylverfahren sei bereits am 19., spätestens am zugelassen gewesen, könne nicht gefolgt werden. Aus § 17 Abs. 1 und 2 AsylG 2005 ergebe sich, dass ein Asylantrag erst bei persönlichem Stellen vor der Erstaufnahmestelle als eingebracht gelte. Erst mit diesem Zeitpunkt beginne die 20-tägige Frist nach § 28 Abs. 2 AsylG 2005 zu laufen. Das sei gegenständlich am der Fall gewesen, sodass die Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 innerhalb von 20 Tagen, nämlich am , ergangen sei. Es sei daher keine Zulassung zum Asylverfahren erfolgt.
Über die erkennbar nur gegen den abweisenden Teil dieses Bescheides und die daran anknüpfenden Kostenaussprüche erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
1. Zunächst ist klarzustellen, dass der unklare Spruch der bekämpften Entscheidung vor dem Hintergrund des zugrunde liegenden Antrags in der Administrativbeschwerde und der Bescheidbegründung nach Ansicht des Verwaltungsgerichtshofes so zu verstehen ist, dass die erhobene Beschwerde nach § 82 FPG hinsichtlich der gesamten Anhaltung des Beschwerdeführers in Schubhaft ab dem abgewiesen wurde und dass - der Anordnung des § 83 Abs. 4 FPG entsprechend - die Feststellung erging, im Zeitpunkt der Entscheidung der belangten Behörde seien die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen gegeben. Hingegen erfolgte erkennbar kein Abspruch über die der Schubhaftanordnung vorangegangene Festnahme des Beschwerdeführers am und die daran anschließende Anhaltung bis zur Schubhaftverhängung am . Ob ein solcher Abspruch überhaupt zu ergehen gehabt hätte, oder ob, wie von der belangten Behörde in ihrer Gegenschrift unter Verweis auf den oben wiedergegebenen Entscheidungsantrag in der Administrativbeschwerde zum Ausdruck gebracht, insoweit gar keine Anfechtung erfolgt sei, braucht hier nicht näher geprüft zu werden. Dass die belangte Behörde, wie in der Beschwerde moniert, auf die Festnahme am und die Anhaltung an diesem Tag gar nicht eingegangen ist, kann jedenfalls nach dem dargelegten Verständnis des bekämpften Bescheides nicht dessen Rechtswidrigkeit bewirken.
2. Die belangte Behörde ging davon aus, dass die Schubhaftanordnung und die daran anschließende Anhaltung bis rechtswidrig gewesen seien. Davon ausgehend wird in der Beschwerde aber zutreffend darauf hingewiesen, dass die fortgesetzte Haft durch "einen simplen Aktenvermerk" (zu ergänzen:
vom 31. Juli und vom , wonach die Schubhaft als gemäß § 76 Abs. 2 Z 4 bzw. Z 2 FPG verhängt anzusehen sei) nicht rechtmäßig werden konnte. Ein einmal rechtswidriger Schubhaftbescheid kann nämlich nicht - quasi partiell für einen "Teilzeitraum" - konvalidieren, zumal dies im Ergebnis einer im Gesetz insoweit nicht vorgesehenen Schubhaftverhängung "auf Vorrat" gleichkommen würde (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0162). § 76 Abs. 6 FPG steht dem nicht entgegen, weil die dort angeordnete Zulässigkeit der Aufrechterhaltung der Schubhaft, wenn während der Anhaltung ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, einen rechtmäßigen Schubhaftbescheid nach § 76 Abs. 1 FPG vor Augen hat.
3. Zu der angesprochenen "Heilung" könnte es nur durch einen neuen Schubhafttitel kommen. Ein solcher wäre im Fortsetzungsausspruch der belangten Behörde nach § 83 Abs. 4 FPG zu erblicken, dem die belangte Behörde erkennbar die Verwirklichung des Schubhaftgrundes nach § 76 Abs. 2 Z 2 FPG zugrunde legte. Dabei bezog sie sich auf die am an den Beschwerdeführer ergangene Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005, die gemäß § 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 die Einleitung des Ausweisungsverfahrens nach dem genannten Gesetz bewirkte. Dem tritt die Beschwerde mit dem Hinweis auf § 28 AsylG 2005 entgegen, demzufolge es bereits vor dem wegen Verstreichens der in Abs. 2 dieser Norm festgesetzten 20-tägigen Frist zu einer Zulassung des Asylverfahrens des Beschwerdeführers - und damit zur Unzulässigkeit von Schubhaft - gekommen sei.
Die genannte Bestimmung und die im gegebenen Zusammenhang miteinzubeziehenden §§ 17, 43, 44 und 45 AsylG 2005 lauten - in der hier heranzuziehenden Fassung BGBl. I Nr. 4/2008 (§§ 17 und 28) bzw. in der insoweit noch maßgeblichen Stammfassung (§§ 43 bis 45) - auszugsweise wie folgt:
"Verfahrensablauf
§ 17. (1) Ein Antrag auf internationalen Schutz ist gestellt, wenn ein Fremder in Österreich vor einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, einer Sicherheitsbehörde oder bei einer Erstaufnahmestelle (§ 59) um Schutz vor Verfolgung ersucht.
(2) Der Antrag auf internationalen Schutz ist eingebracht, wenn er vom Fremden persönlich - auch im Rahmen einer Vorführung (§ 43 Abs. 2) - bei der Erstaufnahmestelle (§ 59) gestellt wird.
…
(6) Unterbleibt die Vorführung nach § 45 Abs. 1 und 2, gilt der Antrag auf internationalen Schutz nach Durchführung der Befragung und gegebenenfalls der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung als eingebracht; dem Asylwerber ist binnen drei Tagen eine Verfahrenskarte auszustellen. Das Zulassungsverfahren eines Asylwerbers, dessen Vorführung gemäß § 45 Abs. 1 Z 2 unterblieb, kann auch durch eine Außenstelle des Bundesasylamtes geführt werden; es ist binnen angemessener Frist zu beginnen. Die Fristen nach dem 2. Abschnitt beginnen diesfalls mit der Setzung einer Verfahrenshandlung durch das Bundesasylamt.
…
Zulassungsverfahren
§ 28. (1) Ist der Antrag voraussichtlich nicht zurückzuweisen, ist das Verfahren zuzulassen, soweit das Verfahren nicht vor Zulassung inhaltlich entschieden wird. Die Zulassung erfolgt durch Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte (§ 51); eines Bescheides bedarf es dann nicht. Die Zulassung steht einer späteren zurückweisenden Entscheidung nicht entgegen.
(2) Entscheidet das Bundesasylamt nicht binnen 20 Tagen nach Einbringen des Antrags auf internationalen Schutz, dass der Antrag zurückzuweisen ist, ist der Antrag zuzulassen, es sei denn es werden Konsultationen gemäß der Dublin-Verordnung oder eines Vertrages über die Zuständigkeit zur Prüfung eines Asylantrages oder eines Antrages auf internationalen Schutz geführt. Das Führen solcher Konsultationen ist dem Asylwerber innerhalb der 20-Tages-Frist mitzuteilen. Diesfalls gilt die 20-Tages-Frist nicht. Diese gilt überdies nicht, wenn der Asylwerber am Verfahren nicht mitwirkt, dieses gegenstandslos wird oder er sich diesem entzieht. Ist der Asylwerber aus in seiner Person gelegenen Gründen nicht in der Lage, am Verfahren mitzuwirken, ist der Lauf der Frist nach Satz 1 gehemmt.
…
Stellen des Antrages auf internationalen Schutz bei einer Sicherheitsbehörde oder bei Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes
§ 43. …
(2) Stellt ein Fremder, der nicht zum Aufenthalt in Österreich berechtigt ist, einen Antrag auf internationalen Schutz bei einer Sicherheitsbehörde oder einem Organ des öffentlichen Sicherheitsdienstes, ist er von Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes zur Sicherung der Ausweisung der Erstaufnahmestelle vorzuführen. …
…
Befragung, Durchsuchung und erkennungsdienstliche Behandlung
§ 44. (1) Die Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes haben einen Fremden,
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1. | der der Erstaufnahmestelle vorzuführen ist; |
2. | dessen Vorführung nach § 45 Abs. 1 und 2 unterbleibt oder |
3. | der einen Antrag auf internationalen Schutz einbringt und in diesem Verfahren noch keiner Befragung unterzogen worden ist, |
einer ersten Befragung (§ 19 Abs. 1) zu unterziehen. | |
… | |
Durchführung der Vorführung |
§ 45. (1) Vor Durchführung der Vorführung ist diese dem Bundesasylamt anzukündigen. Dieses kann verfügen, dass die Vorführung zu unterbleiben hat, wenn
1. der betreffende Asylwerber in Schub-, Straf- oder Untersuchungshaft angehalten wird oder
2. auf Grund besonderer, nicht vorhersehbarer Umstände die Versorgung in der Erstaufnahmestelle nicht möglich ist.
(2) Die Vorführung hat des Weiteren zu unterbleiben, wenn auf Grund des Ergebnisses der Befragung, der Durchsuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung anzunehmen ist, dass der Antrag des Fremden wegen Unzuständigkeit Österreichs (§§ 4 f) zurückzuweisen sein wird und der Fremde der Fremdenpolizeibehörde vorgeführt wird.
…"
Vor dem Hintergrund des § 28 Abs. 1 zweiter Satz iVm § 28 Abs. 2 erster Satz AsylG 2005 ist dem Beschwerdeführer eingangs zu erwidern, dass es - anders als von ihm vertreten - im vorliegenden Fall nicht wegen Verfristung zu einer Zulassung seines Asylverfahrens "kraft Gesetzes" kommen konnte. Zwar räumt § 28 Abs. 2 erster Satz AsylG 2005 nach Ablauf der in dieser Bestimmung vorgesehenen 20-tägigen Frist ab Einbringung des Antrages auf internationalen Schutz und unter den dort normierten Voraussetzungen einen Anspruch auf Zulassung ein, diese Zulassung tritt aber nicht ex lege ein, sondern ist - siehe § 28 Abs. 1 zweiter Satz AsylG 2005 - an die Ausfolgung einer Aufenthaltsberechtigungskarte geknüpft (so auch Feßl/Holzschuster , Asylgesetz 2005, 460). Dass dem Beschwerdeführer diese Karte nicht ausgefolgt wurde, bringt er in seiner Beschwerde selbst ausdrücklich vor. Er weist aber auch zutreffend auf § 17 Abs. 6 AsylG 2005 hin, wonach der Antrag auf internationalen Schutz bei Unterbleiben der Vorführung nach § 45 Abs. 1 und 2 - was hier bezogen auf § 45 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005 nach der Aktenlage nahe liegt, wozu die belangte Behörde aber keine Feststellungen getroffen hat; die erst am erfolgte Vorführung hat offenkundig nur der jedenfalls durchzuführenden Einvernahme des Beschwerdeführers nach § 19 Abs. 2 AsylG 2005 gedient (vgl. zu derartigen Vorführungen Feßl/Holzschuster , aaO., 572) - schon nach Durchführung der Befragung und gegebenenfalls der Untersuchung und der erkennungsdienstlichen Behandlung (gemeint: nach § 44 AsylG 2005) als eingebracht gilt. Wohl ordnet § 17 Abs. 6 letzter Satz AsylG 2005 an, dass die Fristen nach dem 2. Abschnitt (und damit insbesondere nach § 28) "diesfalls" mit der Setzung einer Verfahrenshandlung durch das Bundesasylamt beginnen. Das "diesfalls" bezieht sich aber erkennbar nur auf den im Satz davor genannten Fall, dass die Vorführung nach § 45 Abs. 1 Z 2 AsylG 2005 unterbleibt (in diesem Sinn die ErläutRV 952 BlgNR 22. GP 43; vgl. auch Frank/Anerinhof/Filzwieser , AsylG 20055, K4. zu § 17). All das hat die belangte Behörde in ihre Überlegungen zur fristgerechten Erstattung der Mitteilung nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 (siehe dazu die obige Wiedergabe des bekämpften Bescheides) nicht einbezogen. Auf Basis des schon in der Administrativbeschwerde erstatteten Vorbringens des Beschwerdeführers kann somit nicht ausgeschlossen werden, dass die Zulassung seines Asylverfahrens zu Unrecht unterblieb. Gegebenenfalls wäre aber zu bedenken gewesen, dass der Schubhafttatbestand nach § 76 Abs. 2 Z 2 FPG - fallbezogen wegen der Bekanntgabe nach § 29 Abs. 3 Z 4 AsylG 2005 im Zulassungsverfahren (§ 27 Abs. 1 Z 1 AsylG 2005) - dann nur infolge behördlichen Fehlverhaltens vorliegt, was im Rahmen der im Schubhaftverfahren gebotenen Verhältnismäßigkeitsprüfung nicht außer Betracht bleiben kann (vgl. in diesem Sinn in ähnlichem Zusammenhang das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0560). Von daher ist auch der Fortsetzungsausspruch der belangten Behörde mit Rechtswidrigkeit des Inhaltes behaftet, weshalb der bekämpfte Bescheid im Umfang seiner Anfechtung zur Gänze gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am