VwGH vom 27.03.2008, 2006/13/0038
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Hargassner und die Hofräte Dr. Fuchs, Dr. Pelant, Dr. Mairinger und Mag. Novak als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Unger, über die Beschwerde des S in W, vertreten durch Dr. Karl Mathias Weber, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Franziskanerplatz 1, gegen den Bescheid des unabhängigen Finanzsenates, Außenstelle Wien, vom , Zl. RV/3026-W/02, betreffend Umsatz- und Einkommensteuer für die Jahre 1997 und 1999, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von 381,90 EUR binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer betreibt ein Einzelhandelsunternehmen mit dem Detailverkauf von Süßwaren und ermittelte in den Streitjahren seinen Gewinn nach § 4 Abs. 1 EStG 1988. Für 1997 bezifferte er in seinem Rechenwerk die Handelswarenerlöse mit 2,094.988,35 S und für 1999 mit 1,468.594,83 S. Davon ausgehend gab er entsprechende Umsatzsteuer- und Einkommensteuererklärungen ab.
Den letztlich ergangenen Umsatzsteuer- und Einkommensteuerbescheiden für die Jahre 1997 und 1999 legte das Finanzamt demgegenüber - einem Prüfbericht vom folgend - um 200.000 S netto (1997) und um 300.000 S netto (1999) höhere Handelswarenerlöse zugrunde. In dem erwähnten Prüfbericht (unter seiner Tz. 18) war dies im Wesentlichen damit begründet worden, dass sich, ausgehend von einem geschätzten Durchschnittsrohaufschlag von 40 % (für 1997) und von 25 % (für 1999) auf den jeweiligen Handelswareneinsatz, gerundet ein entsprechender Zuschlag zum Erlös ergäbe, wobei der niedrigere Satz für 1999 auf die "Berücksichtigung von Abverkäufen wegen Geschäftsübersiedlung, bedingt durch den Neubau des Hauses (schlechtere Lage des Ausweichlokales)" zurückzuführen sei.
Der Beschwerdeführer erhob gegen die genannten Bescheide Berufung. In einer Ergänzung vom gab er allerdings an, die Schätzung für 1999 "unter Berücksichtigung der korrektierten Zahlen" anerkennen zu müssen. In einer weiteren Ergänzung vom führte er im Ergebnis aus, dass für 1997 von einem durchschnittlichen Rohaufschlag von 32 % auszugehen sei. Er legte eine Kalkulation bei, die für 1997 - unter Reduktion des in der ursprünglich vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung ausgewiesenen Handelswareneinsatzes und unter Ansetzung eines Rohaufschlages von 31,948 % - ein den seinerzeitigen Steuererklärungen entsprechendes Ergebnis erbrachte. Für 1999 folgte er bei dieser Kalkulation der Annahme des Prüfers, es sei von einem 25 %igen Rohaufschlag auszugehen, und räumte eine sich daraus ergebende Umsatz- und Gewinnerhöhung ein.
Der zur Stellungnahme aufgeforderte Prüfer erwiderte wie folgt:
"Weiters wurden die Rohaufschläge in den Prüfungsjahren 1997 bis 1999 im inneren Betriebsvergleich überprüft. Hier wurde eine breite Schwankung festgestellt (1997 29 %, 1998 39 % und 1999 14 %). Von der BP wurden Rohaufschläge für diverse Artikel ausgewertet. Zur Ermittlung der Rohaufschläge wurden die Verkaufspreise aus den Inventurbüchern herangezogen und die Einkaufspreise aus den Rechnungen ermittelt. Dabei wurden die gewährten Skonti berücksichtigt und die Umsatzsteuer herausgerechnet.
Die Aufschläge gerade bei den Waren der Firma Hofbauer, die laut Abgabepflichtigen einen Anteil von ca. 60 % ausmachen, betragen in allen Jahren 45 %. Weitere Preiserhebungen ergaben, dass der Aufschlag bei Süßwaren über diesen 45 % liegt, ja sogar bis zu 100 % geht. Bei diversen offenen Teesorten beträgt der Aufschlag zwischen 31 % und 133 %. Einzig die Kaffeesorten liegen unter 45 %.
Diese Feststellungen wurden dem Abgabepflichtigen während der Prüfung mitgeteilt und im Zuge der Schlussbesprechung einigte man sich darauf, dass für das Jahr 1997 ein Rohaufschlag von 40 % in Anlehnung an das Jahr 1998 anzusetzen ist. Für das Jahr 1999 wurde eingewendet, dass der Betriebsort wegen Abbruch und Neubau des Hauses verlegt werden musste, Abverkäufe vor der Räumung des Geschäftes durchgeführt wurden und sich das Ausweichlokal in einer weniger frequentierten Lage befunden habe. Daher einigte man sich auf einen Rohaufschlag von 25 % für 1999 und insgesamt auf die pauschalen Zuschätzungen von S 200.000,-- für 1997 und S 300.000,--
für 1999.
...
In der Berufung wird angegeben, dass der durchschnittliche Rohaufschlag 32 % beträgt. Von der BP wurden die Rohaufschläge aus den Einkaufs- und Verkaufspreisen der einzelnen Artikel ermittelt (Umsatzsteuer, Rabatte, Skonti und Gewichtung der Artikel wurden dabei berücksichtigt - siehe Beilage). Dabei ergeben sich Aufschläge von rund 55 %, welche der Kalkulation der Betriebsprüfung zu Grunde gelegt wurden. Die dabei ermittelten Differenzen, welche mit dem Abgabepflichtigen bereits während der Betriebsprüfung besprochen wurden, liegen zum Teil wesentlich über den hinzugerechneten Erlösen, welche im Betriebsprüfungsbericht angeführt sind. Diese Differenzen ergeben sich aus dem Umstand, dass jene Argumente des Abgabepflichtigen, die ziffernmäßig nicht konkret erfasst werden konnten (schlechterer Geschäftsgang, Verderb, Abverkäufe, Rabatte an Großabnehmer), von der Betriebsprüfung berücksichtigt wurden."
In einer Gegenäußerung legte der Beschwerdeführer u.a. eine "Stellungnahme zur Kalkulation 1999" vor, in der er zu einem Rohaufschlag mit "gewogenem Durchschnitt" von 35,195 % gelangte.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde der Berufung des Beschwerdeführers teilweise Folge. Sie ging im Wesentlichen - insoweit dem Standpunkt des Beschwerdeführers Rechnung tragend - von den zahlenmäßigen Prämissen lt. vorgelegter Kalkulation vom aus (diese wich von jener im Prüfbericht vom in hier nicht mehr darzustellenden Punkten ab) und berechnete auf dieser Basis gemäß § 184 BAO unter Ansetzung eines Rohaufschlages von 40 % für 1997 und von 25 % für 1999 auf den Handelswareneinsatz die strittigen Steuern.
Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:
Der Beschwerdeführer wendet sich an unterschiedlichen Stellen seiner Beschwerde dagegen, dass die belangte Behörde die Steuern abweichend von seinen seinerzeitigen Erklärungen auf Grundlage einer Schätzung festgesetzt hat. Im Einzelnen braucht auf die Argumente zur Bestreitung der behördlichen Schätzungsbefugnis freilich nicht näher eingegangen werden. Der Beschwerdeführer hat nämlich im Berufungsverfahren die Unrichtigkeit der von ihm geführten Aufzeichnungen letztlich selbst eingestanden, indem er in der von ihm vorgelegten Kalkulation vom (und im Übrigen ähnlich schon in einer davor beigebrachten Kalkulation vom ) einerseits einen gegenüber dem ursprünglichen Wert in der dem Finanzamt vorgelegten Gewinn- und Verlustrechnung reduzierten Handelswareneinsatz (für das Jahr 1997) und andererseits (bezogen auf das Jahr 1999) einen von der Erklärung abweichenden höheren Gewinn zum Ansatz brachte. Davon ausgehend kann aber im Ergebnis an der grundsätzlichen Zulässigkeit des behördlichen Vorgehens im Grunde des § 184 Abs. 3 BAO kein Zweifel bestehen, unabhängig davon, ob alle Argumente der belangten Behörde für die Inanspruchnahme der Schätzungsberechtigung nach der genannten Bestimmung auch im Einzelnen stichhältig sind.
Bei ihrer Schätzung ging die belangte Behörde von dem vom Beschwerdeführer behaupteten (korrigierten) Handelswareneinsatz aus und ermittelte - insoweit dem Prüfer folgend - unter Anlegung eines Rohaufschlags von 40 % (für 1997) und von 25 % (für 1999) den von ihr für maßgeblich erachteten und in weiterer Folge ihrer Umsatz- und Gewinnberechnung zugrunde gelegten Handelswarenerlös. Auch gegen diese Vorgangsweise - von seinem eine Schätzungsberechtigung grundsätzlich in Abrede stellenden Standpunkt aus eventualiter - wendet sich der Beschwerdeführer. Die Anwendung von pauschalen Rohaufschlägen bei der Ermittlung des wahren Betriebsergebnisses werde seinen Verhältnissen nicht gerecht, weil er sich an der umliegenden Konkurrenz orientieren müsse, regelmäßig zum Abverkauf von Saisonwaren gezwungen sei, Verkaufsaktionen der Großlieferanten zu befolgen und bei einzelnen Kunden nicht unwesentliche Rabatte zu gewähren habe. Warum diese Faktoren die Anwendung eines kalkulatorischen durchschnittlichen Rohaufschlages nicht zulassen sollten, ist allerdings nicht einsichtig. Zutreffend ist lediglich, dass sie, soweit betriebsspezifisch, einem allgemeinen Vergleich mit anderen Händlern entgegenstehen. Soweit der Beschwerdeführer, der in diesem Zusammenhang von "handelsüblichen Aufschlägen" spricht, die er lediglich bei einzelnen Artikeln zum Ansatz bringen könne, das im Auge habe sollte, ist ihm zu erwidern, dass die belangte Behörde ohnehin keine derartigen "branchenmäßigen Durchschnittswerte" herangezogen hat, sondern von seinen konkreten Verhältnissen ausgegangen ist. Das wird besonders aus dem Vergleich der Streitjahre deutlich, hat die belangte Behörde doch in Anerkennung der insoweit gegebenen Umstände (Übersiedlung) für 1999 einen deutlich reduzierten Rohaufschlag (25 % gegenüber 40 % für 1997) in Anschlag gebracht.
Was die Höhe der von der belangten Behörde herangezogenen Rohaufschläge anlangt, so ist primär an die eigene Kalkulation des Beschwerdeführers im Berufungsverfahren zu erinnern. Dort hat er nämlich (siehe die obige Darstellung) einerseits - bezogen auf das Jahr 1999 - per eingestanden, die behördliche Schätzung im Grunde anerkennen zu müssen und - im Rahmen der Berufungsergänzung vom - selbst eine Berechnung mit 25 % Rohaufschlag zum Handelswareneinsatz vorgenommen und andererseits als Anhang zu seiner Gegenäußerung zur Stellungnahme des Betriebsprüfers ein Beiblatt präsentiert, lt. dem der Rohaufschlag im "gewogenen Durchschnitt" 35,195 % ausmache. Wenn die belangte Behörde ihrerseits für 1999 (auch) von einem 25 %igen Rohaufschlag ausging, so begegnet das daher insoweit keinen Bedenken. Für 1997 ist der Beschwerdeführer zwar von einem Rohaufschlag von 32 % ausgegangen (siehe abermals die Berufungsergänzung vom ), von durchschnittlich 17 %, wie nunmehr in der Beschwerde behauptet, kann aber auch davon ausgehend keine Rede sein. Im Übrigen ist darauf hinzuweisen, dass die im bekämpften Bescheid angeführten - hier nicht näher dargestellten - Preisbeispiele jedenfalls überwiegend mit der vom Beschwerdeführer im Berufungsverfahren vorgelegten Preisliste und mit den ebenfalls vorgelegten Preisschildern in Übereinstimmung zu bringen sind, während das auf das "Gegenbeispiel" in der nunmehrigen Beschwerde nicht zutrifft. Warum die belangte Behörde von einem geringeren Rohaufschlag hätte ausgehen sollen, ist daher - zumal vor dem Hintergrund der vom Beschwerdeführer substantiell nicht bestrittenen oben wiedergegebenen Stellungnahme des Prüfers -
auch für das Jahr 1997 nicht ersichtlich.
Die Verfahrensrüge des Beschwerdeführers, es sei ihm keine Gelegenheit gegeben worden, zu den von der belangten Behörde zugrunde gelegten Rohaufschlägen Stellung zu nehmen, geht deshalb fehl, weil die belangte Behörde ohnehin den Sätzen des Prüfers (und damit teilweise, für 1999, jenen des Beschwerdeführers selbst) gefolgt ist, weshalb sich die Einräumung ergänzenden Parteiengehörs erübrigte. Soweit aber eine Verletzung der Manuduktionspflicht geltend gemacht wird, wird schon die Relevanz eines allfälligen Verfahrensfehlers nicht dargetan.
Damit bleibt abschließend nur mehr auf die Behauptung einzugehen, die belangte Behörde sei bei der Umsatzsteuer 1999 in weit überhöhtem Ausmaß vom Normalsteuersatz (gemeint: anstelle des ermäßigten Steuersatzes nach § 10 Abs. 2 Z 1 lit. a UStG 1994) ausgegangen. Dem ist zu entgegnen, dass die belangte Behörde insoweit nur der vom Beschwerdeführer vorgelegten Umsatzsteuerjahreserklärung folgte und den sich aus der Umsatzzuschätzung ergebenden Mehrbetrag ohnehin zur Gänze dem ermäßigten Steuersatz unterzog. Das nunmehrige Beschwerdevorbringen erweist sich im Hinblick darauf - der Beschwerdeführer hat in der Folge im Berufungsverfahren nicht zu erkennen gegeben, dass die Steuererklärung im fraglichen Punkt unrichtig wäre - als unzulässige Neuerung. Kann demnach auch diesem Einwand kein Erfolg beschieden sein, so erweist sich die Beschwerde insgesamt als nicht berechtigt, weshalb sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.
Wien, am