VwGH vom 05.11.2014, 2013/10/0272
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Dobner, über die Revision der L A in Graz, vertreten durch Berchtold Kollerics, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Raubergasse 16/I, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Steiermark vom , Zl. ABT10- 31A-34/2010-8, betreffend Waldfeststellung, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Revision wird als unbegründet abgewiesen.
Die Revisionswerberin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom hat der Landeshauptmann von Steiermark (u.a.) den Antrag der Revisionswerberin vom auf Feststellung, dass es sich bei den Grundstücken Nr. 1022/10 und 1022/11 sowie jeweils bestimmt bezeichneten Teilen der Grundstücke Nr. 1022/8 und 1022/9, alle KG S., nicht um Wald im Sinn des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (ForstG), handle, abgewiesen.
Zur Begründung dieses Abspruches führte die belangte Behörde - soweit für das Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof wesentlich - aus, dass sich aus dem eingeholten forstfachlichen Sachverständigengutachten Folgendes ergebe:
Die gegenständlichen Grundflächen seien im Kataster als Wald im Sinn des ForstG ersichtlich gemacht. Für die forstfachliche Beurteilung der Waldeigenschaft seien die Orthofotos vom , vom , vom und vom sowie die digitale Katastermappe herangezogen worden.
Das Schwarzweiß-Orthofoto aus 1997 zeige im verfahrensgegenständlichen Teil des Grundstückes Nr. 1022/9 Freiflächen im Ausmaß von etwa 50 % und im Bereich des Grundstücks Nr. 1022/11 im Ausmaß von etwa 17 %. Das Grundstück Nr. 1022/8 weise im verfahrensgegenständlichen Teil hochstämmigen Bewuchs mit einem Überschirmungsgrad von neun Zehntel, das Grundstück Nr. 1022/10 einen solchen Bewuchs mit einem Überschirmungsgrad von zehn Zehntel auf.
Das Farb-Orthofoto aus 2004 zeige im gesamten Feststellungsbereich aller vier Grundstücke eine durchgehende geschlossene Überschirmung im Ausmaß von zehn Zehntel. Die mittlere Höhe des Bewuchses könne auf Grund der Kronenausbildung mit etwa 15 m geschätzt werden, betrage aber jedenfalls mehr als 10 m.
Das Infrarot-Orthofoto aus 2008 zeige im Bereich der Grundstücke Nr. 1022/10 und 1022/11 überwiegend Kahlflächen; hochstämmiger Bewuchs sei nur noch im Ausmaß von etwa 20 % bzw. 40 % vorhanden.
Das Farb-Orthofoto aus 2009 zeige im Bereich der Grundstücke 1022/10 und 1022/11 waldfremd genutzte Flächen; forstlicher Bewuchs sei nur noch im Ausmaß von etwa 5 % bzw. 8 % vorhanden. Ersichtlich sei ein Teich und Gartenflächen. In den verfahrensgegenständlichen Teilen der Grundstücke 1022/8 und 1022/9 befänden sich ebenfalls ein Teich und Gartenflächen.
Jedenfalls bis zum Jahr 2004 sei keine forstfremde Nutzung vorgelegen. Die vorgebrachte zeitweise Nutzung der - bestockten - Flächen als Pferdeweide stehe der Waldeigenschaft nicht entgegen; eine Nutzung als Garten liege frühestens ab 2009 vor.
Die belangte Behörde führte dazu aus, dass sie diesen Ausführungen des Sachverständigen uneingeschränkt folge. Es stehe somit auf Grund der Orthofotos aus den Jahren 1997 und 2004 fest, dass die gegenständlichen Flächen jedenfalls von 1997 bis 2004 Wald im Sinn des Forstgesetzes gewesen seien. Da der für die Waldfeststellung maßgebliche zehnjährige Zeitraum von 1999 bis 2009 (Antragstellung) reiche, sei die Waldeigenschaft nicht verloren gegangen.
Über die gegen diesen Bescheid gerichtete Revision hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift durch das Landesverwaltungsgericht Steiermark erwogen:
Vorweg sei festgehalten, dass die am eingebrachte Beschwerde gegen den am zugestellten angefochtenen Bescheid gemäß § 4 Abs. 1 letzter Satz Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, als Revision gilt, für deren Behandlung gemäß § 4 Abs. 5 leg. cit. die Bestimmungen des Verwaltungsgerichtshofgesetzes 1985 in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung - mit einer hier nicht in Betracht kommenden Ausnahme - sinngemäß gelten.
Die hier maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440 (ForstG), zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 189/2013, haben folgenden Wortlaut:
"§ 1a. ...
(4) Nicht als Wald im Sinne des Abs. 1 gelten
a) unbeschadet anderer Bestimmungen dieses Bundesgesetzes Grundflächen, die anders als forstlich genutzt werden und deren Bewuchs mit einem Alter von wenigstens 60 Jahren eine Überschirmung von drei Zehntel nicht erreicht hat,
...
§ 5. (1) Bestehen Zweifel, ob
a) eine Grundfläche Wald ist
...,
so hat die Behörde von Amts wegen oder auf Antrag eines gemäß § 19 Abs. 1 Berechtigten ein Feststellungsverfahren durchzuführen.
...
(2) Stellt die Behörde fest, dass die Grundfläche zum Zeitpunkt der Antragstellung oder innerhalb der vorangegangenen zehn Jahre Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes war, so hat sie mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt. Weist der Antragsteller nach, dass
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1. | die Voraussetzungen des ersten Satzes nicht zutreffen oder |
2. | eine dauernde Rodungsbewilligung erteilt oder eine angemeldete dauernde Rodung gemäß § 17a durchgeführt wurde, |
und ist inzwischen keine Neubewaldung erfolgt, so hat die Behörde mit Bescheid auszusprechen, dass es sich bei dieser Grundfläche nicht um Wald im Sinne dieses Bundesgesetzes handelt." | |
Die Revisionswerberin bringt vor, dass die Waldeigenschaft der gegenständlichen Grundflächen gemäß § 1a Abs. 4 lit. a ForstG weggefallen sei. Hätte die belangte Behörde die dazu beantragten (weiteren) Zeugen einvernommen, wäre hervorgekommen, dass die gegenständlichen Flächen bereits seit dem Jahr 1995 als Pferdeweide bzw. als Garten verwendet worden seien. Nach dem Sachverständigengutachten sei auf der gegenständlichen Fläche forstlicher Bewuchs mit einem Alter von zumindest 60 Jahren und einem Überschirmungsgrad von weniger als drei Zehntel vorhanden gewesen, sodass alle übrigen, kumulativ zu erfüllenden Tatbestandsmerkmale des § 1a Abs. 4 lit. a ForstG vorhanden gewesen seien. | |
Damit stellt die Revisionswerberin nicht in Abrede, dass die gegenständlichen Flächen jedenfalls bis 1995 Wald im Sinn des ForstG waren. | |
Aus dem Zusammenhang von § 1a Abs. 4 lit. a und § 5 Abs. 2 ForstG ergibt sich, dass die Feststellung, es handle sich bei einer Fläche nicht um Wald im Sinn dieses Bundesgesetzes, u. a. dann erfolgen kann, wenn diese Fläche durch zehn Jahre hindurch ununterbrochen einen Bewuchs im Alter von zumindest 60 Jahren mit einer Überschirmung von weniger als drei Zehntel aufgewiesen hat und anders als forstlich genutzt wurde (vgl. zum Verlust der Waldeigenschaft gemäß § 1a Abs. 1 bis 3 ForstG etwa das von der belangten Behörde zitierte hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/10/0052). | |
Eine der kumulativ zu erfüllenden Voraussetzungen für den Verlust der Waldeigenschaft gemäß § 1a Abs. 4 lit. a ForstG ist, dass die Überschirmung während des gesamten zehnjährigen Zeitraumes vor Antragstellung (hier: Juli 1999 bis Juli 2009) weniger als drei Zehntel ausmacht. Nach den - entgegen den Revisionsausführungen zulässigerweise - durch Verweis auf das Sachverständigengutachten getroffenen Feststellungen der belangten Behörde, die insofern nicht bestritten werden, betrug der Überschirmungsgrad im Jahr 1997 auf einer Teilfläche von 220 m2 weniger als drei Zehntel, im Jahr 2004 war jedoch die gesamte gegenständliche Fläche geschlossen überschirmt (Überschirmungsgrad zehn Zehntel). Somit war jedenfalls diese notwendige Voraussetzung für den Verlust der Waldeigenschaft seit 1995 nicht durch zehn Jahre hindurch erfüllt. Die Waldeigenschaft wäre daher selbst dann nicht gemäß § 1a Abs. 4 lit. a ForstG weggefallen, wenn die Fläche tatsächlich bereits seit 1995 außerforstlich genutzt worden wäre. Aus diesem Grund stellt die Unterlassung der Vernehmung von Zeugen zu diesem Thema jedenfalls keinen relevanten Verfahrensmangel dar. | |
Da sich die Revision somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen. | |
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. | |
Wien, am |
Fundstelle(n):
YAAAE-83564