VwGH vom 27.05.2010, 2008/21/0602
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des O, vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS- 918/4/2008, betreffend Schubhaft, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Der Beschwerdeführer, ein nigerianischer Staatsangehöriger, wurde am im Reisezug EN 235 (Wien-Klagenfurt) einer fremdenpolizeilichen Kontrolle unterzogen. Kurz vor der Ankunft am Bahnhof Knittelfeld wurde er um 21.50 Uhr "gemäß §§ 39, 120 FPG" (so der Festnahmebericht) festgenommen. Die einschreitenden Beamten verließen allerdings erst am Bahnhof Klagenfurt mit dem Beschwerdeführer den Zug und übergaben ihn um 23.35 Uhr Beamten der Bundespolizeidirektion Klagenfurt. Von diesen wurde der Beschwerdeführer in das Polizeianhaltezentrum Klagenfurt überstellt. Mit Bescheid vom ordnete schließlich die Bundespolizeidirektion Klagenfurt über den Beschwerdeführer gemäß § 76 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG die Schubhaft an.
Der Beschwerdeführer erhob Schubhaftbeschwerde. Mit dem nunmehr bekämpften Bescheid vom wies der Unabhängige Verwaltungssenat für Kärnten (die belangte Behörde) diese Beschwerde gemäß § 82 Abs. 1 und § 83 Abs. 1 FPG wegen örtlicher Unzuständigkeit zurück, weil der Beschwerdeführer nach § 39 iVm § 120 FPG in der Steiermark festgenommen worden sei. Außerdem verpflichtete die belangte Behörde den Beschwerdeführer zum Kostenersatz.
Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1140/08, ablehnte und sie antragsgemäß dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat nach Beschwerdeergänzung und Aktenvorlage sowie Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde über die Beschwerde - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:
Gemäß § 83 Abs. 1 FPG in der hier maßgeblichen Stammfassung ist zur Entscheidung über eine Beschwerde nach § 82 FPG der unabhängige Verwaltungssenat zuständig, in dessen Sprengel der Beschwerdeführer festgenommen wurde. Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0032, auf dessen Entscheidungsgründe gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird, näher dargelegt hat, ist unter "festgenommen" eine nach dem FPG erfolgte Festnahme - und nicht auch eine Festnahme im Rahmen gerichtlicher Strafverfolgung - zu verstehen.
Die fremdenpolizeiliche Festnahme des Beschwerdeführers fand gegenständlich aber in der Steiermark statt, weshalb die belangte Behörde richtig zu dem Ergebnis gelangte, der Unabhängige Verwaltungssenat für die Steiermark wäre zur Erledigung der erhobenen Schubhaftbeschwerde zuständig gewesen (vgl. jetzt aber § 83 Abs. 1 FPG in der Fassung des Fremdenrechtsänderungsgesetzes 2009). Wenn in dem genannten Erkenntnis vom hinsichtlich der Zuständigkeit zur Entscheidung über die Schubhaftbeschwerde von einer "Festnahme in Vollstreckung des Schubhaftbescheides" die Rede war, so wurde damit lediglich auf den "gegebenen Zusammenhang" - eine andere fremdenpolizeiliche Festnahme als jene zur Vollstreckung des Schubhaftbescheides stand fallbezogen nicht zur Debatte - Bezug genommen; dass eine Festnahme nach § 39 FPG, wie sie hier erfolgte, in Schubhaftfällen nicht zuständigkeitsbegründend sei, sollte damit, anders als der Beschwerdeführer meint, nicht zum Ausdruck gebracht werden.
Die Beschwerde erweist sich aber dennoch als berechtigt, weil die belangte Behörde im Sinn des Erkenntnisses eines verstärkten Senates vom , Zl. 94/05/0370 (Slg. 14.475/A), nicht mit Zurückweisung der Schubhaftbeschwerde hätte vorgehen dürfen. Ein Verständnis ihrer Entscheidung dahingehend, sie habe diese Beschwerde nicht endgültig erledigt, sondern lediglich ihre Unzuständigkeit zur meritorischen Erledigung derselben zum Ausdruck gebracht (zu einem derartigen Fall siehe das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/21/0670), verbietet sich hier schon deshalb, weil die belangte Behörde den Beschwerdeführer zum Kostenersatz verpflichtet hat.
Der bekämpfte Bescheid ist sohin mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.
Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
UAAAE-83561