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VwGH vom 22.12.2009, 2008/21/0591

VwGH vom 22.12.2009, 2008/21/0591

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/21/0592

2008/21/0594

2008/21/0593

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde von 1. S R,

2. S R, 3. A R, und 4. E R, alle vertreten durch Dr. Farhad Paya, Rechtsanwalt in 9020 Klagenfurt, Herrengasse 12/I, gegen die Bescheide der Bundesministerin für Inneres jeweils vom , Zl. 318.658/2-III/4/08, ZL. 318.658/3- III/4/08, Zl. 318.658/4-III/4/08 und Zl. 318.658/5-III/4/08, jeweils betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Erteilung von humanitären Aufenthaltstiteln, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführer haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von insgesamt EUR 229,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Erstbeschwerdeführer und die Zweitbeschwerdeführerin sind die Eltern des minderjährigen Drittbeschwerdeführers und des am in Österreich geborenen Viertbeschwerdeführers. Sie stammen aus dem Kosovo und reisten gemeinsam mit dem damals drei Monate alten Drittbeschwerdeführer Ende September 2002 nach Österreich ein. Die Asylverfahren aller Familienangehörigen sind rechtskräftig negativ beendet.

Mit Bescheiden vom wies die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck (als mit Verordnung des Landeshauptmannes von Kärnten vom , LGBl. Nr. 91/2005, ermächtigte Behörde) die von den Beschwerdeführern gestellten Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen aus humanitären Gründen gemäß § 72 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG als unzulässig zurück.

Die dagegen (gemeinsam) erhobene Berufung wies die Bundesministerin für Inneres (die belangte Behörde) mit den vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheiden vom ab.

In den inhaltsgleichen Begründungen führte die belangte Behörde aus, gemäß § 72 Abs. 1 NAG könne die Behörde im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens bestimmter Erteilungshindernisse in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen. Die Erteilung dieses Aufenthaltstitels bedürfe nach § 75 NAG der Zustimmung des Bundesministers für Inneres. Da eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen lediglich "von Amts wegen" erteilt werden könne, sei eine Antragstellung gemäß § 72 Abs. 1 NAG, der nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , G 246, 247/07 u.a., bis zum uneingeschränkt weiter gelte, nicht zulässig.

Gegen diese Bescheide richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen hat:

Vorauszuschicken ist, dass der Verwaltungsgerichtshof die angefochtenen Bescheide auf Basis der im Zeitpunkt ihrer Erlassung geltenden Rechtslage zu überprüfen hat.

Die mit den angefochtenen Bescheiden im Instanzenzug zurückgewiesenen Anträge auf Erteilung von Aufenthaltsbewilligungen aus humanitären Gründen haben ihre rechtliche Grundlage in § 72 Abs. 1 NAG, der (in der hier maßgeblichen Stammfassung vor seiner gänzlichen Aufhebung mit der am in Kraft getretenen Novelle BGBl. I Nr. 29/2009) samt Überschrift wie folgt lautete:

"Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen

§ 72. (1) Die Behörde kann im Bundesgebiet aufhältigen Drittstaatsangehörigen trotz Vorliegens eines Erteilungshindernisses (§ 11 Abs. 1), ausgenommen bei Vorliegen eines Aufenthaltsverbotes (§ 11 Abs. 1 Z 1 und 2), in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen aus humanitären Gründen von Amts wegen eine Aufenthaltsbewilligung erteilen. Besonders berücksichtigungswürdige Gründe liegen insbesondere vor, wenn der Drittstaatsangehörige einer Gefahr gemäß § 50 FPG ausgesetzt ist. Drittstaatsangehörigen, die ihre Heimat als Opfer eines bewaffneten Konflikts verlassen haben, darf eine solche Aufenthaltsbewilligung nur für die voraussichtliche Dauer dieses Konfliktes, höchstens jedoch für drei Monate, erteilt werden."

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist aus der gesetzlichen Anordnung, wonach eine Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen nach § 72 Abs. 1 NAG lediglich von Amts wegen erteilt werden kann, zu folgern, dass die Stellung eines förmlichen Antrages nicht zulässig und ein entsprechender Antrag mit Bescheid zurückzuweisen ist. Ein auf die inhaltlichen Voraussetzungen einer Aufenthaltsbewilligung aus humanitären Gründen bezogenes Vorbringen - wie es auch hier in der vorliegenden Beschwerde vorgetragen wird - ist daher nicht geeignet, die Rechtswidrigkeit des einen solchen Antrag zurückweisenden Bescheides aufzuzeigen (vgl. das Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0131, mwN).

Auch der Verfassungsgerichtshof legte § 72 Abs. 1 NAG dahin aus, dass diese Bestimmung bei der Erteilung humanitärer Aufenthaltsbewilligungen lediglich ein Tätigwerden der Behörden von Amts wegen vorsehe und keine Antragstellung des in seinen Rechten betroffenen Einzelnen zulasse. Da der Verfassungsgerichtshof jedoch aus rechtsstaatlichen Gründen im Hinblick auf einen möglichen Grundrechtseingriff die Einräumung eines dem Einzelnen zukommenden Antragsrechtes für geboten erachtete, hob er mit Erkenntnis vom , G 246, 247/07 u.a., auch im § 72 Abs. 1 NAG die Wortfolge "von Amts wegen" als verfassungswidrig auf. Unter einem sprach er gestützt auf Art. 140 Abs. 5 letzter Satz B-VG aus, dass die Aufhebung mit Ablauf des in Kraft trete. In einem solchen Fall ist die "aufgehobene" Bestimmung auf alle Sachverhalte, die sich vor oder nach der Kundmachung der Aufhebung bis zum Fristablauf ereignet haben, weiterhin anzuwenden; ausgenommen ist nur der Anlassfall (vgl. Mayer, B-VG4, Anm. V.3. zu Art. 140). Daher kann der Ansicht der belangten Behörde, dass die genannte Bestimmung bis zum , somit auch im vorliegenden Fall, uneingeschränkt weiter gegolten habe, nicht mit Erfolg entgegengetreten werden (vgl. zum Ganzen auch das Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0102, sowie die Erkenntnisse vom heutigen Tag, Zl. 2008/21/0583, und Zl. 2009/21/0091).

Demzufolge entsprechen die vorgenommenen Antragszurückweisungen der von der belangten Behörde anzuwendenden Rechtslage. Daran kann - entgegen der Meinung der Beschwerdeführer - die an die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck auch herangetragene Anregung, den Beschwerdeführern humanitäre Aufenthaltstitel von Amts wegen zu erteilen, nichts ändern. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG, insbesondere auch auf § 52 Abs. 1 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
QAAAE-83545