VwGH vom 25.01.2012, 2011/03/0149

VwGH vom 25.01.2012, 2011/03/0149

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Lehofer und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M P in W, vertreten durch Dr. Lennart Binder, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Rochusgasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl UVS- 04/G/24/3513/2010-9, betreffend Übertretung des Gelegenheitsverkehrsgesetzes (weitere Partei: Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer zur Last gelegt, er habe als Gewerbetreibender ein nach Kennzeichen näher umschriebenes Kraftfahrzeug einem Lenker, nämlich C Y, am an einem näher bezeichneten Tatort überlassen und im Fahrdienst verwendet, obwohl der Lenker nicht Inhaber eines Ausweises gemäß § 4 Betriebsordnung für den nichtlinienmäßigen Personenverkehr (BO 1994) gewesen sei. Er habe dadurch gegen § 4 Abs 2 BO 1994 iVm § 15 Abs 1 Z 5 GelVerkG verstoßen und es wurde über ihn eine Geldstrafe von EUR 720,-- (36 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, der Beschwerdeführer habe als Gewerbetreibender unbestrittenermaßen am den Y C im Fahrdienst verwendet. Dieser habe keinen nach § 4 Abs 1 BO 1994 erforderlichen Taxilenkerausweis besessen. Damit verantworte der Beschwerdeführer das tatbildmäßige Verhalten nach § 4 Abs 2 BO 1994. Diese Verwaltungsübertretung sei ein Ungehorsamsdelikt, weshalb der Täter glaubhaft machen müsse, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden treffe. Ein solches Vorbringen sei vom Beschwerdeführer nicht erstattet worden, zumal er nach seinen eigenen Angaben vom Lenker nur Kopien des Reisepasses, des Führerscheins, des Taxilenkerausweises und der E-Card erhalten habe und seine einmalige Behauptung, den Taxischein im Original gesehen zu haben, als Schutzbehauptung gewertet werden müsse, weil es einen solchen (auf Y C ausgestellten) nie gegeben habe. Es sei überhaupt nicht nachvollziehbar, weshalb der Beschwerdeführer von der Vorlage der Originaldokumente Abstand genommen und zudem die ihm vorgelegten Kopien nicht kontrolliert habe, denn sogar aus den im Akt einliegenden (schlechten) Kopien der Kopien sei unzweifelhaft zu erkennen, dass sowohl die angegebenen Namen als auch die Geburtsdaten differierten (auf der Kopie des Taxilenkerausweises sei der Vorname "B" und das Geburtsdatum "" erkennbar (Anmerkung: C heißt mit Vornamen aber "Y" und ist am geboren)). Auch seien die Führerscheinnummer am Taxiausweis (erkennbar Nr. 0794 … v. 27.11. …") nicht ident mit der Führerscheinnummer laut Kopie des Führerscheins (Nr 0715 vom der BPD Wien/VA). Weiters seien die Unterschriften im Reisepass und im Führerschein optisch unterschiedlich. Dass der Beschwerdeführer die Dokumente nicht kontrolliert habe, gehe aus seinen eigenen Angaben im gesamten Verfahren hervor. Der Beschwerdeführer habe daher die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung in der Verschuldensform der groben Fahrlässigkeit verwirklicht. Es sei ihm nämlich zumutbar gewesen, sowohl die Originale sämtlicher Dokumente zur Einsicht zu verlangen und jedenfalls die Daten auf den ihm gezeigten und von ihm auch kopierten Ausweisen auf ihre Übereinstimmung und damit Richtigkeit zu kontrollieren. Schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung habe der Gewerbeinhaber das Vorweisen des Ausweises durch den im Fahrdienst zu verwendenden Lenker zu verlangen, habe dieser doch während des Fahrdienstes den Ausweis mitzuführen. Im Sinne eines funktionierenden Kontrollsystems wäre es angebracht gewesen, in regelmäßigen Abständen das Vorhandensein der erforderlichen Dokumente für die Verwendung im Fahrdienst zu prüfen.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, allenfalls wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Gemäß § 15 Abs 1 Z 5 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 in der maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 24/2006 (GelVerkG) begeht - abgesehen von gemäß dem V. Hauptstück der Gewerbeordnung 1994 zu ahndenden Verwaltungsübertretungen - eine Verwaltungsübertretung, die mit einer Geldstrafe bis zu EUR 7.267,-- zu ahnden ist, wer als Unternehmer andere als die in § 15 Abs 1 Z 1 bis 5 GelVerkG genannten Gebote oder Verbote dieses Bundesgesetzes oder der auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Verordnungen nicht einhält.

Dazu zählt (ua) das Gebot des § 4 Abs 2 BO 1994. Gemäß § 4 Abs 1 BO 1994 dürfen als Lenker im Fahrdienst (Taxilenker) nur Personen tätig werden, die einen - näher umschriebenen - Ausweis besitzen. Nach § 4 Abs 2 BO 1994 darf der Gewerbeinhaber im Fahrdienst nur Lenker verwenden, die Inhaber eines derartigen Ausweises sind.

Bei der letztgenannten Bestimmung handelt es sich nicht um eine reine Formvorschrift. Mit dem Taxilenkerausweis soll nämlich nicht nur der Besitz der Lenkerberechtigung, die tatsächliche Lenkpraxis und die für die Tätigkeit als Taxilenker erforderliche körperliche Leistungsfähigkeit, sondern auch die für diese Tätigkeit notwendige Vertrauenswürdigkeit und die dafür notwendigen Kenntnisse nachgewiesen werden. Werden im Fahrdienst Lenker verwendet, die keinen derartigen Ausweis besitzen, ist daher in keiner Weise sichergestellt, dass diese den an Taxilenker gestellten Anforderungen entsprechen. Übertretungen von § 4 Abs 2 BO 1994 kommt dementsprechend großes Gewicht zu (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 2007/03/0131, und jeweils vom , Zl 2009/03/0136 und Zl 2009/03/0146).

2. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, dass er Y C im Fahrdienst als Taxilenker verwendet hat, obwohl dieser nicht im Besitz eines Taxilenkerausweises war. Er verweist jedoch darauf, dass Y C mit einem näher bezeichneten Urteil des Landesgerichts für Strafsachen Wien wegen §§ 223 Abs 2, 224 StGB verurteilt worden sei. Durch dieses Urteil sei dokumentiert, dass (auch) der Beschwerdeführer von Y C über den Besitz eines Taxilenkerausweises getäuscht worden sei. Es könne dem Beschwerdeführer nicht vorgeworfen werden, fahrlässig gehandelt bzw die erforderliche Sorgfalt bei der Prüfung der Dokumente außer Acht gelassen zu haben. In der Beschäftigung von Y C sei kein Verschulden zu erblicken, weil der Beschwerdeführer subjektiv davon überzeugt gewesen sei, dass Y C über die entsprechenden Papiere verfüge. Es könne von keiner Fahrlässigkeit ausgegangen werden, dass es der Beschwerdeführer unterlassen habe, wiederholt auf der Vorlage der Originaldokumente, die ein Taxifahrer mit sich führen müsse, bestanden zu haben. Erst nach der Rückkehr von einem längeren Urlaub in Indien ( bis ) habe der Beschwerdeführer im Briefkasten zahlreiche Strafverfügungen vorgefunden, aus denen hervorgegangen sei, dass Y C ohne gültigen Taxilenkerausweis gefahren sein soll. Eine genaue Kontrolle des Beschwerdeführers habe bestätigt, dass der Ausweis eine Fälschung dargestellt habe. Der Beschwerdeführer habe daraufhin Y C aufgefordert, seine Tätigkeit sofort einzustellen, was Y C aber nicht getan habe, sondern mit dem überlassenen Taxi eigenmächtig weitergefahren sei. Dies könne dem Beschwerdeführer nicht angelastet werden. Zum arbeitsrechtlich frühestmöglichen Termin, nämlich zum , habe der Beschwerdeführer Y C gekündigt und ihn abgemeldet.

Mit diesem Vorbringen zeigt der Beschwerdeführer keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids auf:

Dem Beschwerdeführer ist nicht zu folgen, wenn er sinngemäß davon ausgeht, es treffe ihn als Gewerbeinhaber nach § 4 Abs 2 BO 1994 nur die Verpflichtung, vor Beginn einer - auf längere Zeit angelegten - Beschäftigung eines Taxilenkers den erforderlichen Ausweis zu kontrollieren. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits erkannt, dass es nicht ausreicht, wenn der Gewerbeinhaber den Ausweis eines Taxilenkers bei dessen Einstellung einsieht, er den Lenker im Folgenden aber überhaupt keinen Kontrollen und Überprüfungen mehr unterzieht und sich in keiner Weise darum kümmert, ob der Taxilenker auch in weiterer Folge seiner Tätigkeit im Unternehmen des Gewerbeinhabers über einen aufrechten Taxiausweis verfügt (vgl die hg Erkenntnisse vom , Zl 95/03/0344, und vom , Zl 95/03/0345).

Entscheidend ist, dass § 4 Abs 2 BO 1994 den Gewerbeinhaber verpflichtet, vor Verwendung des Lenkers im Fahrdienst auf das Vorhandensein des Taxilenkersausweises zu achten und entsprechende Kontrollen durchzuführen (Einrichtung eines Kontrollsystems).

§ 2 BO 1994 verweist für die Definition des Begriffes "Fahrdienst" auf die Einsatzzeit gemäß § 16 Arbeitszeitgesetz, BGBl Nr 461/1969. Nach dieser Bestimmung umfasst die Einsatzzeit von Lenkern und Beifahrern die zwischen zwei Ruhezeiten anfallende Arbeitszeit, die Ruhepausen und Lenkpausen (vgl dazu das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0248, mwN). Ausgehend davon könnte sich der Beschwerdeführer nur dann von einer Verantwortung für das Lenken des gegenständlichen Taxis durch Y C ohne Ausweis befreien, wenn er das Vorhandensein eines Kontrollsystems in seinem Unternehmen dargelegt hätte, das eine Verwendung dieses Lenkers im Fahrdienst (nach den jeweils vorgeschriebenen Ruhezeiten) ohne Ausweis zu verhindern geeignet gewesen wäre. Derartiges ist dem Beschwerdeführer aber nicht gelungen. Die belangte Behörde weist zu Recht darauf hin, dass der Beschwerdeführer den falschen Ausweis des Y C zu keiner Zeit einer ausreichenden Kontrolle unterzogen hat. Sie führt auch aus, dass eine solche Kontrolle - aufgrund näher dargestellter Ungereimtheiten hinsichtlich des Namens, des Geburtsdatums und der Führerscheinnummer des Lenkers - Zweifel an der Echtheit des Dokuments zur Folge haben hätte müssen. Bei dieser Sachlage hätte der Beschwerdeführer - bei Vornahme einer entsprechenden Kontrolle - den Lenker Y C nicht im Fahrdienst verwenden dürfen. Das Unterlassen der erforderlichen Kontrolle ist dem Beschwerdeführer daher als kausaler und schuldhafter Verstoß gegen

§ 4 Abs 2 BO 1994 anzulasten.

Daran vermag auch die Behauptung des Beschwerdeführers nichts zu ändern, den Lenker nach der Rückkehr aus seinem Urlaub (und nach der anschließenden Überprüfung des Ausweises) erfolglos zur Rückgabe des Fahrzeuges aufgefordert zu haben. Der gegenständliche Tatzeitpunkt liegt nämlich vor dieser Aufforderung und es erfolgte die Verwendung des Lenkers im Fahrdienst in diesem Zeitpunkt - unstrittig - nicht gegen den Willen des Beschwerdeführers.

3. Nach dem bisher Gesagten ist dem Beschwerdeführer auch darin nicht zu folgen, dass er aufgrund weiterer (an anderen Tagen begangener) gleichartiger Delikte zu Unrecht mehrfach bestraft worden sei. Der Beschwerdeführer verwirklichte den Tatbestand des § 4 Abs 2 BO 1994 schon dadurch, dass er den Lenker Y C am Tag der Beanstandung (in der Einsatzzeit zwischen den gesetzlich vorgeschriebenen Ruhezeiten) schuldhaft ohne Taxilenkerausweis im Fahrdienst verwendete. Ob er auch an anderen Tagen gleichartige Übertretungen begangen hat, ist hier nicht zu beurteilen; sofern dies zutrifft, liegt in der Ahndung dieser weiteren Taten aber keine (unzulässige) Mehrfachbestrafung wegen ein- und desselben Delikts. Aus diesen Gründen ist - entgegen dem Vorbringen des Beschwerdeführers, der die Verjährungszeit unzutreffenderweise mit der Anstellung des Y C im Oktober 2008 beginnen lassen möchte - auch keine Verfolgungsverjährung nach § 31 VStG eingetreten. Auch die Formulierung des Spruches ist nicht zu beanstanden, weil die dem Beschwerdeführer vorgeworfene Tat dadurch - auch zeitlich - ausreichend konkretisiert wurde.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am