VwGH vom 18.02.2015, 2013/10/0254
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des K P in H, vertreten durch List Rechtsanwalts GmbH in 1180 Wien, Weimarer Straße 55/1, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl. N-106489/2-2013-Ma/Gre, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Land Oberösterreich Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 58 iVm § 10 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 des OÖ Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (OÖ NSchG 2001) und § 1 der Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen sowie Punkt 2.3.1. der Anlage zu dieser Verordnung aufgetragen, die auf dem Grundstück Nr. 891, KG W, Gemeinde A, in der 50 m-Uferschutzzone der Mettmacher Ache konsenslos errichtete Hütte im Ausmaß von ca. 4 x 4 m mit vorgelagerter Terrasse im Gesamtausmaß von 6,6 x 5 m sowie einer 25 m tiefen Terrassenüberdachung des hüttennahen Bereichs bis spätestens zu entfernen und die beanspruchte Fläche zu rekultivieren.
Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensganges und der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, die erstinstanzliche Behörde habe festgestellt, dass das gegenständliche, konsenslos errichtete Objekt einen Eingriff in das Landschaftsbild im Uferschutzbereich der Mettmacher Ache darstellte. Sie habe sich dabei auf das schlüssige Amtssachverständigengutachten des Regionsbeauftragten für Natur- und Landschaftsschutz vom gestützt, dem zufolge im gegenständlichen Uferbereich keine weiteren Bebauungen bestünden, die bestehende Hütte von der nächstgelegenen Bebauung vielmehr ca. 200 m entfernt sei und die Hütte daher eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes im bezughabenden Bereich, der sich ansonsten als unbeeinträchtigte Naturlandschaft darstelle, bewirke.
Es liege auf der Hand, dass die Hütte eine maßgebliche Veränderung des Landschaftsbildes im Uferbereich hervorrufe.
Es sei daher von einem feststellungspflichtigen Vorhaben gemäß § 10 OÖ NSchG 2001 im Uferschutzbereich der Mettmacher Ache, einem geschützten Bereich im Sinne der zitierten Bestimmung, auszugehen.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, wonach das Landschaftsbild im gegenständlichen Bereich nicht mehr gestört werde als durch die 200 m entfernte Bebauung, sei zu erwidern, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes entscheidend sei, ob die Maßnahme zufolge ihres optischen Eindrucks das Landschaftsbild maßgeblich verändere; es komme nicht darauf an, ob der Eingriff ein "störender" sei.
Dem Berufungsvorbringen des Beschwerdeführers, die Hütte diene der Ausübung der Bienenzucht, sei entgegen zu halten, dass eine zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden zwar nicht als Eingriff in das Landschaftsbild gelte, von der Ausnahmeregelung (des § 9 Abs. 6 iVm § 10 Abs. 4 OÖ NSchG 2001) aber die Errichtung von Anlagen nicht umfasst sei. Es könne daher dahin gestellt bleiben, ob die Hütte für die Ausübung der Imkerei auf dem gegenständlichen Grundstück unbedingt erforderlich sei.
Zur Rechtmäßigkeit des Vorhabens wäre daher eine naturschutzbehördliche Feststellung erforderlich gewesen. Eine derartige Feststellung sei aber nicht getroffen und vom Beschwerdeführer auch nicht beantragt worden.
Es sei daher gemäß § 58 OÖ NSchG 2001 ein Entfernungsauftrag zu erteilen gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen.
1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.
2.1. Die hier maßgeblichen Bestimmungen des OÖ NSchG 2001, LGBl. Nr. 129/2001 idF LGBl. Nr. 4/2013, lauten auszugsweise wie folgt:
§ 3
Begriffsbestimmungen
Im Sinn dieses Landesgesetzes bedeutet:
...
2. Eingriff in das Landschaftsbild: eine Maßnahme von nicht nur vorübergehender Dauer, die zufolge ihres optischen Eindruckes das Landschaftsbild maßgeblich verändert;
...
8. Landschaftsbild: Bild einer Landschaft von jedem möglichen Blickpunkt zu Land, zu Wasser und in der Luft;
...
§ 9
Natur- und Landschaftsschutz im Bereich von Seen
...
(6) Die zeitgemäße land- und forstwirtschaftliche Nutzung von Grund und Boden einschließlich der Errichtung landesüblicher Weidezäune und Waldschutzzäune gilt nicht als Eingriff in das Landschaftsbild im Sinn des Abs. 1.
...
§ 10
Natur- und Landschaftsschutz im Bereich übriger Gewässer
(1) Der Natur- und Landschaftsschutz im Sinn dieser Bestimmungen gilt für folgende Bereiche:
...
2. für sonstige Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 m breiten Geländestreifen, wenn sie in einer von der Landesregierung zu erlassenden Verordnung angeführt sind;
...
(2) In geschützten Bereichen gemäß Abs. 1 ist jeder Eingriff
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1. | in das Landschaftsbild und |
2. | im Grünland (§ 3 Z 6) in den Naturhaushalt |
verboten, solang die Behörde nicht bescheidmäßig festgestellt hat, dass solche öffentliche Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes, die alle anderen Interessen überwiegen, nicht verletzt werden. Ausgenommen von diesem Verbot sind Eingriffe in geschlossenen Ortschaften oder in Gebieten, für die ein rechtswirksamer Bebauungsplan (§ 31 Oö. Raumordnungsgesetz 1994) vorhanden ist. | |
... |
(4) § 9 Abs. 2, 3, 5, 6 und 7 gilt sinngemäß.
...
§ 58
Besondere administrative Verfügungen
(1) Wurden bewilligungs- oder anzeigepflichtige Vorhaben ohne Bewilligung oder sonst rechtswidrig ausgeführt oder wurden in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht eingehalten, kann die Behörde unabhängig von einer Bestrafung nach § 56 demjenigen, der rechtswidrig das Vorhaben ausgeführt hat oder ausführen hat lassen, oder dessen Rechtsnachfolger mit Bescheid auftragen, binnen einer festzusetzenden angemessenen Frist auf seine Kosten den vorherigen Zustand wieder herzustellen bzw. den bescheidmäßigen oder angezeigten projektmäßigen Zustand herzustellen oder, wenn dies tatsächlich nicht möglich ist, den geschaffenen Zustand in einer Weise abzuändern, dass Natur und Landschaft möglichst wenig beeinträchtigt werden.
...
(5) Die Abs. 1 bis 4 sind sinngemäß bei widerrechtlichen Eingriffen in das Landschaftsbild oder in den Naturhaushalt gemäß §§ 9 oder 10 und bei verbotenen Werbeeinrichtungen gemäß § 13 anzuwenden."
2.2. Die Verordnung der Oberösterreichischen Landesregierung vom über den Landschaftsschutz im Bereich von Flüssen und Bächen, LGBl. Nr. 107/1982 idF LGBl. Nr. 4/1987, lautet auszugsweise wie folgt:
" § 1
(1) Der Landschaftsschutz im Sinne des § 6 des Oberösterreichischen Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 1982 gilt für die in der Anlage angeführten Flüsse und Bäche (einschließlich ihrer gestauten Bereiche) und einen daran unmittelbar anschließenden 50 Meter breiten Geländestreifen.
...
Anlage zu § 1 Abs. 1
...
2.3.1. Mettmacher Ache
..."
3. Die Beschwerde bestreitet nicht, dass sich die gegenständliche Hütte im 50 m-Schutzbereich der Mettmacher Ache befindet; unstrittig ist weiters, dass für die Hütte keine bescheidmäßige Feststellung im Sinne des § 10 Abs. 2 OÖ NSchG 2001 erfolgte. Im Übrigen hat der Beschwerdeführer bereits in der Berufung gegen den erstinstanzlichen Bescheid explizit eingeräumt, "dass in der 50 m breiten Uferschutzzone der Mettmacher Ache keine weiteren Bebauungen vorhanden sind".
Die Beschwerde wendet sich gegen die auf sachverständiger Grundlage gewonnene behördliche Auffassung, die vom Beschwerdeführer errichtete Hütte bedürfe einer bescheidmäßigen Feststellung nach § 10 Abs. 2 OÖ NSchG 2001, weil ein Eingriff in das Landschaftsbild vorliege. Sie bringt dazu vor, dass "in unmittelbarer Nähe der Hütte" - nämlich ca. 200 m davon entfernt - diverse weitere Bebauungen vorhanden seien, die aufgrund ihrer Art und Beschaffenheit das Landschaftsbild ungleich "schwerer" prägten. Die Behauptung, dass die Hütte eine maßgebliche Veränderung aufgrund des optischen Eindrucks darstelle, sei daher unrichtig. Im Übrigen sei die gegenständliche Hütte für die nachhaltige und zielgerichtete land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung (Bienenzucht) notwendig. Entgegen der Auffassung der belangten Behörde komme die Ausnahmebestimmung des § 9 Abs. 6 iVm § 10 Abs. 4 des OÖ NSchG 2001 zur Anwendung, zumal für jede land- und forstwirtschaftliche Nutzung auch bestimmte Anlagen erforderlich seien.
Infolge dieses - schon in der Berufung erhobenen - Vorbringens hätte die belangte Behörde weitere gutachterliche Stellungnahmen einholen müssen; daraus hätte sich ergeben, dass die Hütte das Landschaftsbild "nicht stört" und die Hütte für die nachhaltige land- und forstwirtschaftliche Bewirtschaftung notwendig sei.
4. Mit diesem Vorbringen wird eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit nicht aufgezeigt:
4.1. § 10 Abs. 2 Z. 1 OÖ NSchG 2001 unterwirft in geschützten Bereichen jeden Eingriff in das Landschaftsbild der Feststellungspflicht bezüglich des Fehlens überwiegender Interessen an der Erhaltung des Landschaftsbildes oder des Naturhaushaltes. Die Annahme eines Eingriffs in das Landschaftsbild im Sinn dieser Bestimmung setzt voraus, dass durch die betreffende Maßnahme der optische Eindruck des Bildes der Landschaft maßgebend verändert wird. Entscheidend ist dabei, inwieweit das aktuelle, durch eine Vielzahl von Merkmalen geprägte Bild der Landschaft infolge Hinzutretens der beantragten Maßnahme optisch verändert wird, soweit dabei anthropogene Maßnahmen in die Betrachtung einzubeziehen sind, ist entscheidend, ob diese der Entfernung unterliegen. Um von einer maßgebenden Veränderung sprechen zu können, ist es daher notwendig, dass die Maßnahme im "neuen" Bild der Landschaft prägend in Erscheinung tritt. Fällt ihr Einfluss auf das Bild der Landschaft jedoch wegen seiner untergeordneten Bedeutung nicht ins Gewicht, so vermag die Maßnahme das Landschaftsbild auch nicht maßgebend zu verändern. Es kommt somit nicht darauf an, ob der Eingriff ein "störender" ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0004, mwN).
Um beurteilen zu können, ob durch eine bestimmte Maßnahme eine maßgebende Veränderung des Landschaftsbildes herbeigeführt worden ist, bedarf es - sofern eine solche Veränderung nicht auf der Hand liegt - einer Beschreibung des Landschaftsbildes, wie es vor und nach Ausführung der betreffenden Maßnahme bestanden hat (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0095, mwN).
Der Beschwerdeführer ist den dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden sachverständigen Ausführungen, wonach das Landschaftsbild im relevanten 50 m-Schutzbereich als "bisher unbeeinträchtigt" zu qualifizieren sei, weil (bis zur Errichtung der gegenständlichen Hütte) im Uferbereich keinerlei bauliche Veränderungen vorgenommen worden seien, weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten. Die Auffassung der belangten Behörde, dass es demnach "auf der Hand liege", dass die Errichtung der gegenständlichen Hütte (in einer von anthropogenen Maßnahmen bislang freien Landschaft) eine maßgebliche optische Veränderung des Landschaftsbildes im Schutzbereich bewirke, ist sohin im Lichte der obzitierten hg. Judikatur im Ergebnis (und ungeachtet des Hinweises des Beschwerdeführers auf die 200 m entfernte Verbauung) nicht zu beanstanden.
4.2. Das Beschwerdevorbringen, wonach der durch die Errichtung der Hütte bewirkte Eingriff in das Landschaftsbild infolge des Erfordernisses einer land- und forstwirtschaftlichen Bewirtschaftung nach § 10 Abs. 4 iVm § 9 Abs. 6 OÖ NSchG 2001 zulässig sei, ist schon insofern nicht zielführend, als nach diesen Bestimmungen lediglich die zeitgemäße land- und forstwirtschaftlichen Nutzung von Grund und Boden sowie die hiefür erforderliche Errichtung von landesüblichen Weide- und Waldschutzzäunen nicht als Eingriff in das Landschaftsbild gelten; die Errichtung sonstiger Anlagen - sohin auch der gegenständlichen Hütte - unterliegt daher jedenfalls dem Anwendungsbereich des § 10 Abs. 2 OÖ NSchG 2001.
5. Der mit dem angefochtenen Bescheid erteilte Entfernungsauftrag begegnet aus den genannten Gründen keinen Bedenken, sodass die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen war.
6. Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG (idF BGBl. I Nr. 122/2013) und § 3 Z 1 VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 auf die §§ 47 ff VwGG (in der bis zum Ablauf des geltenden Fassung) iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2013, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am