VwGH vom 08.09.2011, 2011/03/0102

VwGH vom 08.09.2011, 2011/03/0102

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2011/03/0103

2011/03/0104

2011/03/0105

2011/03/0109

2011/03/0107

2011/03/0108

2011/03/0106

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerden der Ö GmbH in W, vertreten durch Dr. Norbert Wess, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Himmelpfortgasse 20/2, gegen die Bescheide des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark 1.) vom , Zl. UVS 413.19-1/2010-14, 2.) vom , Zl. UVS 413.19- 4/2009-14, 3.) vom , Zl. UVS 413.4-1/2010-14, 4.) vom , Zl. UVS 413.19-2/2010-14, 5.) vom , Zl. UVS 413.19-6/2010-14, 6.) vom , Zl. UVS 413.19- 7/2010-14, 7.) vom , Zl. UVS 413.19-5/2010-14, und

8.) vom , Zl. UVS 413.19-3/2010-14, jeweils betreffend Konzession nach dem Kraftfahrliniengesetz, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 10.611,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen Bescheiden wurde der beschwerdeführenden Partei jeweils eine Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie für einen die Höchstdauer von acht Jahren gemäß § 15 Abs 1 KflG nicht erreichenden Zeitraum erteilt.

Mit dem erstangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Gr - Ki (A) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem zweitangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Fü - Ba - Fü (B) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem drittangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Br - Ka - Tr (C) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem viertangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Fe - Ki - St (D) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem fünftangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Fe - Gn - Di (E) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem sechstangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Gn - Ot - Mu (F) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem siebentangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Fe - Br (G) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Mit dem achtangefochtenen Bescheid wurde die Konzession zum Betrieb der Kraftfahrlinie Gr - Fa - Gs - We (H) zeitlich befristet bis zum erteilt.

Im erstangefochtenen Bescheid stellte die belangte Behörde nach Darlegung des Verfahrensganges - insbesondere der wörtlichen Wiedergabe der Aussagen eines Mitarbeiters der Fachabteilung 18A des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde - fest, dass das Land Steiermark in Bezug auf den öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr bereits im Jahr 2003 mit den ersten Planungsschritten begonnen habe. Dies sei im Zusammenhang mit dem Ausbau des Korridorverkehrs und unter teilweise Einbeziehung der Kraftfahrlinienbetreiber geschehen. Das von der Steiermärkischen Landesregierung am beschlossene "Gesamtverkehrskonzept 2008+" stelle die Grundlage der Landesplanung dar. Das Gesamtverkehrskonzept sei als Handlungsanleitung, erarbeitet auf Grund des Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung vom , zu verstehen. Die Planungsziele und die Umsetzungsmaßnahmen seien darin festgelegt.

Ziel der Landesplanung sei ein effizienter Budgetmitteleinsatz zur Gewährleistung des öffentlichen Verkehrs durch die Verknüpfung von Konzessionserteilung und Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren.

Zu diesem Zweck seien die einzelnen Kraftfahrlinien in der Steiermark entsprechend der räumlich funktionalen Bedeutung zu insgesamt 23 Linienbündeln zusammengefasst worden. Die Konzessionslaufzeiten sämtlicher in einem Bündel zusammengefasster Kraftfahrlinien sollten harmonisiert werden, um die Linien später rechtzeitig (vor Ablauf des Harmonisierungszeitpunktes der Linien) auch in geänderter Streckenführung in Losen gemeinsam im Rahmen einer öffentlichen Ausschreibung an den jeweiligen Bestbieter vergeben zu können. Als Harmonisierungszeitpunkte seien aus fahrplantechnischen Gründen der nächste Fahrplanwechsel nach der längst laufenden Konzession im jeweiligen Bündel festgelegt worden. Diese so definierten Harmonisierungszeitpunkte würden sich aus einer Überarbeitung des Gesamtverkehrskonzeptes 2008+, bezogen auf den Kraftfahrlinienteil, ergeben, die insbesondere auch aus Anlass einer Entscheidung der belangten Behörde vom vorgenommen worden sei. Diese Modifikation des Gesamtverkehrskonzepts sei am in der Wirtschaftskammer den Kraftfahrlinienbetreibern präsentiert worden, nachdem diese eingeladen worden seien, an der Modifikation mitzuwirken. Die beschwerdeführende Partei habe im Rahmen dieses Prozesses Änderungsvorschläge eingebracht, die jedoch keine Berücksichtigung gefunden hätten; diese Änderungen hätten sich allerdings nur darauf bezogen, das gesamte Bündelkonzept als solches in Frage zu stellen.

Es sei vorgesehen, ca zwei Jahre vor dem so fixierten Harmonisierungszeitpunkt mit einer Fahrplanerstellung für das jeweilige Bündel zu beginnen, im darauffolgenden Jahr solle das Vergabeverfahren begonnen und dann so rechtzeitig vor dem Harmonisierungszeitpunkt abgeschlossen werden, dass zum Harmonisierungszeitpunkt bereits der jeweilige Bestbieter die Strecken befahren könne. Für den Fall, dass das Verfahren länger dauern sollte, würden die dazu gesondert vorgesehenen Regelungen der Verordnung (EG) Nr 1370/2007 direkt zur Anwendung kommen.

Die Kraftfahrlinie A sei dem Linienbündel St zugeordnet. Die längst laufende Konzession in diesem Bündel sei jene der Kraftfahrlinie I des Unternehmens W mit . Als Harmonisierungsdatum sei der (Samstag vor Fahrplanwechsel im Dezember) definiert worden.

Die beschwerdeführende Partei sei in der Steiermark das größte Verkehrsunternehmen, hier würden etwa 200 Busse eingesetzt. Vom Linienbündel St sei der Standort G mit sieben Bussen und 14 Mitarbeitern, von denen 13 in einem unkündbaren Dienstverhältnis stünden, betroffen.

In den zweit- bis achtangefochtenen Bescheiden traf die belangte Behörde sinngemäß gleichartige Feststellungen über die Zuordnung der jeweils betroffenen Kraftfahrlinie zu den einzelnen Linienbündel, die in diesem Bündel längst laufende Konzession und das jeweils definierte Harmonisierungsdatum.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde in den angefochtenen Bescheiden im Wesentlichen übereinstimmend aus, dass gemäß § 15 Abs 1 Kraftfahrliniengesetz (KflG) die Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie auf höchstens acht Jahre erteilt werde. Bei Vorliegen eines zeitlich begrenzten oder nur vorübergehenden Verkehrsbedürfnisses sowie zur Erreichung der in § 37 Abs 3 KflG angeführten Ziele könne sie auch für einen kürzeren Zeitraum erteilt werden. Gemäß § 37 Abs 3 KflG hätten die Aufsichtsbehörden bei ihrer Maßnahme auch die Ziele der Bundes- und Landesplanung zu beachten.

Mit der Novelle zum Kraftfahrliniengesetz BGBl I Nr 12/2006 sei die maximale Konzessionsdauer von zehn auf acht Jahre verkürzt worden. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1170 BlgNR 22. GP) sollte zudem "entsprechend dem Wunsch der meisten Länder auch diesen ein verkehrspolitischer Gestaltungsspielraum durch Einschränkung der Konzessionsdauer" eingeräumt werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in dem auch von der beschwerdeführenden Partei zitierten Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0083, ausgeführt habe, sei § 15 Abs 1 zweiter Satz KflG in Verbindung mit § 37 Abs 3 KflG vor diesem Hintergrund so zu verstehen, dass der Konzessionsbehörde bei der Festlegung der konkreten Konzessionsdauer eine Ermessensausübung ermöglicht werde. Dieses Ermessen sei jedoch im Sinne des Gesetzes zu üben, was insbesondere bedeute, dass eine Verkürzung der Konzessionsdauer jedenfalls nur insoweit in Betracht komme, als diese zumindest geeignet sei, zur Erreichung konkret festzustellender Ziele der Bundes- und Landesplanung beizutragen. Werde daher die Konzession nicht für die beantragte Höchstdauer erteilt, so habe die Behörde nicht nur die zu beachtenden Ziele der Landesplanung festzustellen, sondern auch darzulegen, wie die konkret festgelegte Konzessionsdauer zur Erreichung dieser Ziele beitragen könne. Bei der konkreten Festlegung der Konzessionsdauer seien auch die auf eine möglichst lange Konzessionsdauer gerichteten Interessen des Konzessionswerbers angemessen zu berücksichtigen.

Zu beachtende Planungsziele könnten vordringlich in gesetzlich vorgesehenen Planungsinstrumenten der Länder festgelegt werden. Es sei jedoch nicht ausgeschlossen, dass Ziele der Landesplanung, die bei der Festlegung der Konzessionsdauer nach § 15 Abs 1 KflG zu beachten seien, auch aus von der Landesregierung beschlossenen allgemeinen Planungsdokumenten - wie im Fall des VwGH-Erkenntnisses vom dem Salzburger Landesmobilitätskonzept -, abgeleitet werden könnten.

Das von der Steiermärkischen Landesregierung am beschlossene Gesamtverkehrskonzept 2008+ sei ein Planungsdokument, aus dem die zu beachtenden Planungsziele des Landes Steiermark mit hinreichender Deutlichkeit abgeleitet werden könnten. Der Umstand, dass die Definition der Harmonisierungszeitpunkte je Bündel erst nach Modifikation des beschlossenen Gesamtverkehrskonzeptes 2008+ erfolgt sei, ändere nichts an den darin konkret festgelegten Zielen der Landesplanung. Dass sich die Harmonisierungszeiten je Bündel nicht mit der längst laufenden Konzession in diesem Bündel deckten, sondern auf den nächsten im selben Jahr stattfindenden Fahrplanwechsel abstellten, erkläre sich nachvollziehbar mit organisatorischen Überlegungen. Diese Vorgangsweise begünstige nicht nur die Kraftfahrlinienbetreiber (Verlängerung der Konzession über den Zeitpunkt der längst laufenden Konzession hinaus), sondern es bleibe auch die Vorhersehbarkeit und Nachvollziehbarkeit aufrecht.

Die Harmonisierung der Konzessionslaufzeiten innerhalb eines Linienbündels durch Verkürzung der Laufzeit sei ein geeigneter Weg, um Konzessionserteilungen und Bestellungen von gemeinwirtschaftlichen Leistungen in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren zu verknüpfen und so zu gewährleisten, dass das Land die Budgetmittel bei bestmöglichem Angebot im öffentlichen Personennah- und Regionalverkehr effizienter einsetzen könne. Durch die bündelweise Ausschreibung werde ein Wettbewerb unter Kraftfahrlinienbetreibern geschaffen, von dem die öffentliche Hand als Leistungsbesteller profitiere. Daher leiste eine Verkürzung der konkret in Rede stehenden Konzession einen Beitrag zur Erreichung der definierten Ziele der Landesplanung.

Wenn die beschwerdeführende Partei einwende, dass bei der verkürzt erteilten Konzession eine wirtschaftliche Betriebsführung nicht möglich sei, sei zum einen darauf zu verweisen, dass die beschwerdeführende Partei auch ohne Verkürzung der Konzessionslaufzeit nicht damit rechnen könne, die Linien auch nach Ablauf der Konzessionsdauer weiterführen zu können, sie daher auch im bestehenden System ein unternehmerisches Risiko zu tragen habe. Zum anderen sei davon auszugehen, dass bei einer verbleibenden Konzessionsdauer von noch ca fünf Jahren eine erhebliche Einschränkung der Betriebsführung nicht zu erwarten sei. Allfällige Änderungen in der Planung, Organisation und Struktur würden alle Kraftfahrlinienbetreiber in den Linienbündeln gleichermaßen und gleich vorbereitet treffen. So gesehen sei die vorgenommene Verkürzung der höchstmöglichen Laufzeit von acht Jahren um ca drei Jahre der beschwerdeführenden Partei auch zumutbar.

Gegen diese Bescheide erhob die beschwerdeführende Partei zunächst Beschwerden an den Verfassungsgerichtshof, der deren Behandlung mit Beschluss vom , B 1313 bis B 1320/10, ablehnte und sie über nachträglichen Antrag der beschwerdeführenden Partei mit Beschluss vom , B 1313 bis B 1320/10-12, dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Mit auftragsgemäß ergänzten Beschwerden vor dem Verwaltungsgerichtshof beantragt die beschwerdeführende Partei nun die Aufhebung der angefochtenen Bescheide wegen Rechtswidrigkeit ihres Inhaltes, in eventu wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine gemeinsame Gegenschrift mit dem Antrag auf Abweisung der Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhanges zur gemeinsamen Beratung und Entscheidung verbundenen Beschwerden erwogen:

1. Die in den Beschwerdefällen maßgebenden Bestimmungen des Kraftfahrliniengesetzes (KflG), BGBl I Nr 203/1999 in der Fassung BGBl I Nr 153/2006, lauten:

"§ 15. (1) Die Konzession zum Betrieb einer Kraftfahrlinie wird auf höchstens acht Jahre erteilt. Bei Vorliegen eines zeitlich begrenzten oder nur vorübergehenden Verkehrsbedürfnisses sowie zur Erreichung der in § 37 Abs. 3 angeführten Ziele kann sie auch für einen kürzeren Zeitraum erteilt werden.

(…)

Bestellung von Kursen, gemeinwirtschaftlicher Betrieb von

Kraftfahrlinien

§ 23. (1) Werden über das vorgesehene Fahrplanangebot einer Kraftfahrlinie hinaus Kurse bestellt, so hat der Besteller oder für diesen die Verkehrsverbundorganisationsgesellschaft die anwendbaren Bestimmungen des Vergaberechtes zu berücksichtigen. Wird ein anderer Personenkraftverkehrsunternehmer als der Konzessionsinhaber mit der Durchführung der bestellten Kurse betraut, so ist er vom Konzessionsinhaber mit der Durchführung dieser Kurse zu beauftragen (§ 22 Abs. 3).

(2) Wird die Bedienung von Strecken bestellt, die bisher mangels Eigenwirtschaftlichkeit (§ 3 Abs. 2 ÖPNRV-G 1999) von einer Kraftfahrlinie nicht bedient wurden oder zum Zeitpunkt der Bestellung nicht mehr eigenwirtschaftlich bedient werden können, so hat der Besteller selbst oder für diesen die Verkehrsverbundorganisationsgesellschaft unter Berücksichtigung der anwendbaren Bestimmungen des Vergaberechtes einen geeigneten Personenkraftverkehrsunternehmer zu ermitteln. Von dieser Verpflichtung ausgenommen sind Strecken, die weiterhin eigenwirtschaftlich bedient werden können.

(3) Dem nach Abs. 2 ermittelten Personenkraftverkehrsunternehmer ist vor Betriebsaufnahme über Antrag eine Kraftfahrlinienkonzession zum gemeinwirtschaftlichen Betrieb (§ 3 Abs. 3 ÖPNRV-G 1999) zu erteilen, sofern die Voraussetzungen des § 7 Abs. 1 Z 1 und 2 gegeben sind, und der Ausschließungsgrund des § 7 Abs. 1 Z 4 lit. a nicht vorliegt.

(4) Im Verfahren über diesen Antrag findet § 5 keine Anwendung. Die Konzessionsdauer sowie das Betriebsprogramm haben dem Pflichtenheft der Ausschreibung oder dem zwischen Besteller und Personenkraftverkehrsunternehmer geschlossenen Vertrag zu entsprechen, wobei die höchstzulässige Konzessionsdauer (§ 15) nicht überschritten werden darf.

(…)

Wiedererteilung der Konzession, Ersatz- und Nachfolgeverkehr

§ 29. (1) Soll die Konzession für eine Kraftfahrlinie wiedererteilt werden, so ist in Konkurrenz mit einem anderen Konzessionswerber bei sonst gleichem Angebot der bisherige Konzessionsinhaber vor allem zu berücksichtigen.

(5) Auf den Konzessionsinhaber finden diesfalls die Bestimmungen der §§ 16 Abs. 2 Z 2 bis 4, 22, 24, 28 Abs. 4 und 5 und 29 Abs. 1 keine Anwendung.

§ 37. (…)

(3) Die Aufsichtsbehörden haben bei ihren Maßnahmen auch die Ziele der Bundes- und Landesplanung zu beachten."

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Bundesgesetzes über die Ordnung des öffentlichen Personennah- und Regionalverkehrs (Öffentlicher Personennah- und Regionalverkehrsgesetz 1999 - ÖPNRV-G 1999), BGBl I Nr 204/1999 idF BGBl I Nr 32/2002, lauten:

"§ 3. (1) Verkehrsdienste sind eigenwirtschaftlich oder gemeinwirtschaftlich erbrachte Dienstleistungen im öffentlichen Schienenpersonenverkehr oder im Straßenpersonenverkehr (Kraftfahrlinienverkehr).

(2) Eigenwirtschaftliche Verkehrsdienste sind solche, deren Kosten ausschließlich aus Tariferlösen gedeckt werden. Unter Tariferlösen sind auch verbundbedingte Fahrpreisersätze und Fahrpreisersätze zur Gewährung von Sondertarifen für bestimmte Fahrgastgruppen sowie zum Ersatz von Fahrpreisen auf Basis sonstiger Verträge zu verstehen.

(3) Gemeinwirtschaftliche Verkehrsdienste sind solche, deren Kosten nicht allein aus Tariferlösen gedeckt werden können und zur Aufrechterhaltung dieses Verkehrsdienstes eines Finanzierungsbeitrages durch Bund, Länder, Gemeinden oder durch Dritte bedürfen.

(…)

Nah- und Regionalverkehrsplanung

§ 11. Aufgabe der Länder und Gemeinden ist die auf Basis des Angebotes gemäß §§ 7 und 10 vorzunehmende Planung einer nachfrageorientierten Verkehrsdienstleistung (Reduzierung, Ausweitung oder Umschichtung von Verkehrsleistungen) unter Einbeziehung der in den §§ 20 und 31 angeführten Kriterien. Die in § 16 angeführten Planungen der Verkehrsunternehmen sind nach Möglichkeit zu berücksichtigen.

(…)

§ 13. Der Abschluß von Verträgen über Verkehrsdienstleistungen im Personenregionalverkehr, die über das Angebot gemäß § 7 hinausgehen oder Angebotsverbesserungen im Kraftfahrlinienverkehr darstellen, fällt unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 26 Abs. 3 in den Aufgabenbereich der Länder und Gemeinden, wobei die budgetäre Bedeckung zu berücksichtigen ist."

2. Mit der Novelle zum Kraftfahrliniengesetz, BGBl I Nr 12/2006, wurde die maximale Konzessionsdauer von zehn auf acht Jahre verkürzt. Nach den Erläuterungen zur Regierungsvorlage (1170 BlgNR 22. GP) sollte "entsprechend dem Wunsch der meisten Länder auch diesen ein verkehrspolitischer Gestaltungsspielraum durch Einschränkung der Konzessionsdauer eingeräumt" werden.

Wie der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0083, ausgeführt hat, ist vor diesem Hintergrund § 15 Abs 1 zweiter Satz iVm § 37 Abs 3 KflG dahin zu verstehen, dass der Konzessionsbehörde bei der Festlegung der konkreten Konzessionsdauer eine Ermessensausübung ermöglicht wird. Dieses Ermessen ist jedoch im Sinne des Gesetzes zu üben, was insbesondere bedeutet, dass eine Verkürzung der Konzessionsdauer jedenfalls nur insoweit in Betracht kommt, als diese zumindest geeignet ist, zur Erreichung konkret festzustellender Ziele der Bundes- und Landesplanung beizutragen. Wird die Konzession daher nicht für die beantragte Höchstdauer erteilt, so hat die Behörde nicht nur die zu beachtenden Ziele der Landesplanung festzustellen, sondern auch darzulegen, wie die konkret festgelegte Konzessionsdauer zur Erreichung dieser Ziele beitragen kann. Bei der konkreten Festlegung der Konzessionsdauer sind dabei auch die auf eine möglichst lange Konzessionsdauer gerichteten Interessen des Konzessionswerbers angemessen zu berücksichtigen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem genannten Erkenntnis auch festgehalten, dass es nicht ausgeschlossen ist, dass Ziele der Landesplanung, die bei der Festlegung der Konzessionsdauer nach § 15 Abs 1 KflG zu beachten sind, auch aus von der Landesregierung im Sinne einer Selbstbindungserklärung beschlossenen allgemeinen Planungsdokumenten (im dort entschiedenen Fall dem Salzburger Landesmobilitätskonzept) abgeleitet werden können. Der Gesetzgeber des KflG habe damit jedoch nicht der Landesregierung die Möglichkeit eröffnet, die Konzessionsdauer aus Gründen der Landesplanung im Einzelfall zu bestimmen, sondern der Konzessionsbehörde lediglich aufgetragen, die Planungsziele zu beachten.

3. Die belangte Behörde stützte sich bei der im Rahmen der Festlegung der Konzessionsdauer nach § 15 Abs 1 KflG möglichen - und gebotenen - Berücksichtigung der Ziele der Landesplanung im Sinne des § 37 Abs 3 KflG auf ein von der Steiermärkischen Landesregierung am beschlossenes "Gesamtverkehrskonzept 2008+", welches auf Grund eines Beschlusses der Steiermärkischen Landesregierung vom erarbeitet worden sei. Darin sei als Ziel ein effizienterer Budgetmitteleinsatz zur Gewährleistung des öffentlichen Verkehrs durch die Verknüpfung von Konzessionserteilung und Bestellung gemeinwirtschaftlicher Leistungen in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren festgelegt.

Entgegen der Ansicht der beschwerdeführenden Partei kann aus dem Gebot der Berücksichtigung der Ziele der Landesplanung - einschließlich der Ziele der nach § 11 ÖPNRV-G vorzunehmenden Planung einer nachfrageorientierten Verkehrsdienstleistung - gemäß § 15 Abs 1 KflG keine Verpflichtung der Konzessionsbehörde abgeleitet werden, Ermittlungen dahingehend zu führen, ob die der Planung zugrundeliegenden Annahmen - in den Beschwerdefällen insbesondere, dass eine gemeinsame Ausschreibung von Linienbündeln zu einem effizienteren Budgetmitteleinsatz führt - tatsächlich zutreffend sind. Vor diesem Hintergrund gehen die umfassenden Ausführungen der beschwerdeführenden Partei zu Erfahrungen und Studien in Schweden und Deutschland ins Leere.

4. Die Beschwerden machen geltend, dass dem Regierungsbeschluss vom - wie auch dem "Gesamtverkehrskonzept 2008+" - laut Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , B 1313/10 ua, keine normative Wirkung zukomme, so dass sich die belangte Behörde im Rahmen der Interessenabwägung nicht darauf hätte stützen können.

Dem ist zu entgegnen, dass die von der beschwerdeführenden Partei zitierten Ausführungen des Verfassungsgerichtshofes klarstellen, dass es sich weder beim Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom noch beim "Gesamtverkehrskonzept 2008+" um generelle Normen handelt, die einer Normenprüfung durch den Verfassungsgerichtshof unterliegen würden. Daraus kann jedoch nicht abgeleitet werden, dass die belangte Behörde nicht berechtigt gewesen sei, diese Beschlüsse als Ausdruck der Ziele der Landesplanung zu berücksichtigen (siehe in diesem Sinne bereits das hg Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0083).

Insbesondere ist zu berücksichtigen, dass es im Sinne des § 11 ÖPNRV-G Aufgabe (unter anderem) der Länder ist, eine nachfrageorientierte Planung der Verkehrsdienstleistungen vorzunehmen, und dass die Länder, soweit sie als Besteller von Verkehrsdienstleistungen auftreten, auch Verpflichtungen aufgrund der Verordnung (EG) Nr 1370/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom über öffentliche Personenverkehrsdienste auf Schiene und Straße und zur Aufhebung der Verordnungen (EWG) Nr 1191/69 und (EWG) Nr 1107/70 des Rates, ABl L 315 vom , S 1 (im Folgenden: VO 1370/2007), unterliegen. Dabei kommen Instrumente der Privatwirtschaftsverwaltung beim Einsatz öffentlicher Mittel zur Bestellung von Verkehrsdienstleistungen und bei den in diesem Zusammenhang erforderlichen Vergabeverfahren zum Einsatz. Es kann dem Gesetzgeber, der in § 15 Abs 1 iVm § 37 Abs 3 KflG ausdrücklich die Bestimmung der Konzessionsdauer mit einer Berücksichtigung von Interessen (auch) der Landesplanung verknüpft hat, nicht zugesonnen werden, dass die Ziele der Landesplanung nur aus Hoheitsakten oder generellen Normen herzuleiten wären, zumal er insbesondere auch in § 11 ÖPNRV-G von - nach § 15 Abs 1 KflG zu berücksichtigenden - Planungsaufgaben unter anderem der Länder im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung ausgeht.

Der belangten Behörde kann daher nicht entgegengetreten werden, wenn sie ein durch Beschlüsse der Landesregierung festgelegtes Ziel der Landesplanung berücksichtigt, wonach die Vergabe von Verkehrsdienstleistungen durch "Ausschreibung von Linienbündeln" in einer bestimmten zeitlichen Abfolge erfolgen soll.

5. Wie der Verwaltungsgerichtshof jedoch schon in seinem Erkenntnis vom , Zl 2008/03/0081, ausgesprochen hat, ist eine Verkürzung der Konzessionsdauer weiters nur dann zulässig, wenn sie geeignet ist, das gesetzte Ziel zu erreichen.

Dies lässt sich aus den angefochtenen Bescheiden nicht ableiten:

Die angefochtenen Bescheide gehen davon aus, dass die Harmonisierung der Konzessionslaufzeiten innerhalb eines Linienbündels durch Verkürzung der Laufzeiten ein geeigneter Weg sei, "um Konzessionserteilungen und Bestellungen von gemeinwirtschaftlichen Leistungen in einem wettbewerblichen Vergabeverfahren zu verknüpfen".

Das KflG - das ebenso wie das ÖPNRV-G bislang noch nicht im Hinblick auf das Inkrafttreten der VO 1370/2007 geändert wurde (vgl aber die Ministerialentwürfe 200/ME 24. GP und 202/ME 24. GP) - sieht jedoch keine generelle "Verknüpfung" der Konzessionsvergabe mit der Bestellung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen bzw mit der Erbringung von Ausgleichsleistungen im Sinne des Art 6 der VO 1370/2007 vor. Eine derartige Verknüpfung ist nach derzeitiger Rechtslage lediglich im Rahmen des § 23 Abs 2 und 3 KflG denkbar, insbesondere wenn eine eigenwirtschaftliche Bedienung einer Strecke nicht mehr möglich ist und der Besteller oder für diesen die Verkehrsverbundorganisation unter Berücksichtigung der Bestimmungen des Vergaberechts einen geeigneten Personenkraftverkehrsunternehmer zu ermitteln hat, dem - nach der erfolgten Auswahl - eine Konzession zum gemeinwirtschaftlichen Betrieb zu erteilen ist.

Ist der Konzessionsinhaber jedoch bereit, eine Linie eigenwirtschaftlich zu führen, ohne Ausgleichsleistungen für die Erfüllung einer gemeinwirtschaftlichen Verpflichtung in Anspruch zu nehmen, kann nach der in den Beschwerdefällen maßgeblichen Rechtslage eine Neuerteilung der Konzession ausschließlich in dem nach § 5 (iVm § 29) KflG zu führenden Verfahren erfolgen, ohne dass es dabei auf eine Verknüpfung mit einem Vergabeverfahren ankäme bzw ohne dass die Konzessionserteilung vom Ausgang eines Vergabeverfahrens abhängig gemacht werden könnte.

Auch wenn in den Beschwerdefällen die Vermutung naheliegt, dass es sich bei den gegenständlichen Kraftfahrlinien nicht um eigenwirtschaftliche Verkehre handelt, fehlt es doch an entsprechenden Feststellungen. Nur wenn die jeweiligen Kraftfahrlinien nicht eigenwirtschaftlich geführt werden oder mit Grund erwartet werden kann, dass sie nach Ablauf der unter Berücksichtigung der Ziele der Landesplanung verkürzten Konzessionslaufzeit nicht mehr eigenwirtschaftlich bedient werden können, kann die Verkürzung und "Harmonisierung" der Konzessionslaufzeit als geeignetes Mittel angesehen werden, welches in der Folge zum Ziel der einheitlichen und wettbewerblichen Vergabe von "Linienbündeln" beitragen kann.

6. Die beschwerdeführende Partei weist überdies zutreffend darauf hin, dass die Feststellungen zu den zu berücksichtigenden Zielen der Landesplanung nicht mängelfrei getroffen wurden.

Dazu ist zunächst festzuhalten, dass sich weder das "Gesamtverkehrskonzept 2008+" noch der Beschluss der Steiermärkischen Landesregierung vom in den Verwaltungsakten finden und die diesbezüglichen Feststellungen ausschließlich auf den Aussagen eines Mitarbeiters der zuständigen Fachabteilung des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, nicht aber auf den auch in diesen Aussagen angesprochenen Planungsdokumenten beruhen. Der Mitarbeiter des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung hat - im angefochtenen Bescheid wörtlich zitiert - ausgeführt, dass das "Gesamtverkehrskonzept 2008+" in der (von der Landesregierung) beschlossenen Form nicht zur Umsetzung gelangt sei. Das Gesamtverkehrskonzept sei vielmehr in der Folge unter Einbeziehung der betroffenen Kraftfahrlinienbetreiber überarbeitet worden; ein (gemeint offenbar: von der zuständigen Fachabteilung) geändertes Konzept sei in der Wirtschaftskammer präsentiert, jedoch von der Regierung nicht beschlossen worden.

Die belangte Behörde hat dazu in den angefochtenen Bescheiden lediglich ausgeführt, dass der Umstand, dass die Definition der Harmonisierungszeitpunkte je Bündel erst nach Modifikation des beschlossenen Gesamtverkehrskonzepts 2008+ erfolgt sei, nichts an den konkret festgelegten Zielen der Landesplanung ändere.

Diese Beurteilung lässt sich anhand der getroffenen Feststellungen nicht schlüssig nachvollziehen, zumal aus den - im Bescheid wörtlich wiedergegebenen - Aussagen des Mitarbeiters des Amtes der Steiermärkischen Landesregierung, die den Feststellungen der angefochtenen Bescheide zugrunde gelegt wurden, nicht deutlich wird, welche konkreten Veränderungen im Gesamtverkehrskonzept vorgenommen wurden und wie sich diese auf die zu berücksichtigenden Ziele der Landesplanung gegebenenfalls auswirken könnten. Zudem ist davon auszugehen, dass eine "Modifikation" des von der Landesregierung beschlossenen Gesamtverkehrskonzeptes wiederum eines Beschlusses der Landesregierung bedarf, sofern diese nicht mit bestimmten Änderungen oder Weiterentwicklungen die Fachabteilung betraut hat; auch dazu fehlen die zur Beurteilung erforderlichen Feststellungen.

7. Die angefochtenen Bescheide waren daher gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen vorrangig aufzugreifender Rechtswidrigkeit ihres Inhalts aufzuheben.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am