VwGH vom 23.10.2013, 2011/03/0099

VwGH vom 23.10.2013, 2011/03/0099

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des M B in N, Deutschland, vertreten durch Dr. Michael Schneditz-Bolfras, Dr. Fritz Vierthaler und Dr. Christoph Mizelli, Rechtsanwälte in 4810 Gmunden, Marktplatz 16, gegen den Bescheid der Oberösterreichischen Landesregierung vom , Zl Agrar- 480416/2-2011-Le, betreffend Ausstellung einer Jagdkarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem in Rechtskraft erwachsenen Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom waren dem Beschwerdeführer näher konkretisierte Verwaltungsübertretungen nach dem Oberösterreichischen Jagdgesetz angelastet worden.

Über ihn wurden deshalb jeweils Geldstrafen in Höhe von S 2.000,--, insgesamt S 12.000,-- (bzw Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt sowie gemäß § 93 Abs 4 des Oberösterreichischen Jagdgesetzes "auf den dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt."

Mit dem nun angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers vom auf Ausstellung einer oberösterreichischen Jagdkarte gemäß §§ 38, 39 und 93 Abs 4 des Oberösterreichischen Jagdgesetzes, LGBl Nr 32/1964 idF LGBl Nr 67/2009 (JG), abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Gemäß § 38 JG sei Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte, dass kein Verweigerungsgrund iSd § 39 JG vorliege.

Gemäß § 39 Abs 1 lit f JG sei die Ausstellung der Jagdkarte Personen zu verweigern, die wegen einer tierschutzrechtlichen Verwaltungsübertretung oder auf Grund des § 93 JG bestraft wurden, für die Dauer von höchstens zwei Jahren nach Rechtskraft des zuletzt gefällten Straferkenntnisses bzw im Falle des § 93 Abs 4 JG für die Dauer, für die auf Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt wurde.

Nach § 93 Abs 4 JG könne im Straferkenntnis auch die Jagdkarte entzogen und auf den zeitlichen oder dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt werden.

Mit dem Straferkenntnis der BH Gmunden vom sei gegenüber dem Beschwerdeführer der dauernde Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, ausgesprochen worden. Durch den seinerzeit ausgesprochenen unbegrenzten Ausschluss von der Möglichkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, hätte eine Abschreckungswirkung erzielt werden sollen, um die Wilderei wirksam zu bekämpfen. Dieser Ausspruch sei im Übrigen damit begründet worden, dass unter Berücksichtigung der Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse in Anbetracht der Schwere der Übertretungen nur eine äußerst geringe Geldstrafe verhängt worden sei, sodass zusätzlich der dauernde Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, auszusprechen gewesen sei.

Beim Verfahren um Ausstellung einer Jagdkarte handle es sich um ein Verwaltungsverfahren nach dem AVG; die Tilgungsbestimmungen des VStG seien daher nicht anwendbar.

Der Antrag auf Ausstellung einer Jagdkarte sei daher abzuweisen gewesen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde erwogen:

1. Im Beschwerdefall ist einzig die Frage zu beantworten, ob der mit dem Straferkenntnis vom ausgesprochene dauernde Verlust der Fähigkeit zur Erlangung einer oberösterreichischen Jagdkarte die vom Beschwerdeführer begehrte Ausstellung der Jagdkarte hindert.

2. Vor diesem Hintergrund sind folgende Bestimmungen von Bedeutung:

2.1. Oberösterreichisches Jagdgesetz, LGBl Nr 32/1964 in der im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids geltenden Fassung der Novelle LGBl Nr 67/2009 (JG):

"§ 35

Jagdkarte; Jagdgastkarte; Jagderlaubnisschein

(1) Niemand darf, ohne im Besitz einer gültigen Jagdkarte bzw. Jagdgastkarte zu sein, die Jagd ausüben.

§ 37

Die Jagdkarte

(2) Zur Ausstellung von Jagdkarten ist jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Sprengel der Bewerber seinen ordentlichen Wohnsitz hat. Hat der Bewerber in Oberösterreich keinen ordentlichen Wohnsitz, so ist jene Bezirksverwaltungsbehörde zuständig, in deren Bereich er die Jagd zunächst ausüben will.

§ 38

Voraussetzungen für die Erlangung einer Jagdkarte

(1) Voraussetzung für die Erlangung einer Jagdkarte ist der Nachweis

a) der im Zusammenhang mit der Jagdausübung erforderlichen Verläßlichkeit;


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b)
der jagdlichen Eignung;
c)
einer ausreichenden Jagdhaftpflichtversicherung;
d)
daß kein Verweigerungsgrund im Sinne des § 39 vorliegt.
§ 39
Verweigerung der Jagdkarte

(1) Die Ausstellung der Jagdkarte ist zu verweigern:

a) Personen, die wegen geistiger oder körperlicher Mängel unfähig sind, ein Jagdgewehr sicher zu führen oder deren bisheriges Verhalten besorgen läßt, daß sie die öffentliche Sicherheit gefährden werden;

b) Personen, für die nach § 273 ABGB ein Sachwalter bestellt ist;


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c)
Personen vor Vollendung des 18. Lebensjahres (Jugendlichen);
d)
Personen, die wegen einer oder mehrerer mit Vorsatz begangener gerichtlich strafbarer Handlungen gegen die Sicherheit der Person oder des Eigentums zu einer mehr als einjährigen Freiheitsstrafe verurteilt wurden, für die Dauer von höchstens sieben Jahren;
e)
Personen, die wegen einer sonstigen gerichtlich strafbaren Handlung verurteilt wurden, für die Dauer von höchstens drei Jahren;
f)
Personen, die wegen einer tierschutzrechtlichen Verwaltungsübertretung oder auf Grund des § 93 bestraft wurden, für die Dauer von höchstens zwei Jahren nach Rechtskraft des zuletzt gefällten Straferkenntnisses bzw. im Falle des § 93 Abs. 4 für die Dauer, für die auf Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt wurde.

(2) Der Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. c gilt nicht, wenn für Schüler einer Forstschule die Schulleitung, für jugendliche Forstzöglinge der Leiter des Ausbildungsbetriebes oder für Berufsjägerlehrlinge der Lehrherr um die Ausstellung der Jagdkarte ansuchen.

(3) Ein Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. e oder f hat nur zu gelten, wenn nach der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers dessen Verläßlichkeit (§ 38 Abs. 1 lit. a) nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Dies gilt jedoch nicht für den Fall des § 93 Abs. 4.

(4) Die Fristen gemäß Abs. 1 lit. d und e sind vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteiles an zu berechnen.

§ 40

Entziehung der Jagdkarte

Wenn bei einem Inhaber einer Jagdkarte, der ursprüngliche und noch fortdauernde Mangel einer der Voraussetzungen des § 38 nachträglich zum Vorschein kommt oder eine dieser Voraussetzungen nachträglich wegfällt, so ist die Jagdkarte zu entziehen.

§ 93

Strafbestimmungen

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer


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a)
die Jagd dort ausübt, wo die Jagd ruht (§ 4);
b)
ein Wildgehege oder einen Tiergarten ohne Bewilligung errichtet oder ändert oder in Bescheiden verfügte Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht erfüllt oder unbefugt Abschüsse durchführt (§§ 6a und 6b);
c)
die Jagd ausübt, ohne nach diesem Gesetz hiezu befugt zu sein oder ohne die für die Ausübung der Jagd geforderten Voraussetzungen, Auflagen oder Bedingungen erfüllt zu haben;
d)
bei Ausübung der Jagd den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, den Jagdschutzorganen oder den Jagdausübungsberechtigten auf deren Verlangen die jeweils erforderlichen gültigen jagdlichen Legitimationen nicht vorweist (§ 35 Abs. 4);
e)
Jagdgastkarten entgegen den Bestimmungen des § 36 Abs. 1 ausfolgt;
f)
als Jagdausübungsberechtigter der Verpflichtung, einen Jagdhüter oder einen Berufsjäger zu bestellen, nicht nachkommt (§ 43 Abs. 1);
g)
einen Fachkurs für die Berufsjägerprüfung ohne Bewilligung durchführt (§ 45a Abs. 1);
h)
während der Schonzeit Tiere der geschonten Wildgattung jagt, fängt oder tötet (§ 48 Abs. 2);
i)
als Jagdausübungsberechtigter die Abschußsperre verletzt oder den angeordneten Zwangsabschuß nicht durchführt (§ 49);
j)
den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 bzw. 7 über den Abschußplan zuwiderhandelt;
k)
der Verpflichtung zur angemessenen Wildfütterung nicht nachkommt (§ 53);
l)
bei der Benützung des Jägernotweges Schußwaffen geladen oder Hunde nicht an der Leine mitführt (§ 55 Abs. 1);
m)
der Kennzeichnungs- oder der Entfernungspflicht des § 56a Abs. 5 nicht nachkommt;
n)
ein Wildwintergatter ohne Bewilligung errichtet oder in Bescheiden enthaltene Bedingungen, Befristungen oder Auflagen nicht einhält (§ 56b);
o)
den Bestimmungen über die Nachsuche nach krankgeschossenem oder vermutlich getroffenem Wild nicht nach der im § 57 geforderten Weise nachkommt;
p)
als Jagdausübungsberechtigter der Verpflichtung zur Jagdhundehaltung nicht in der im § 58 geforderten Weise entspricht;
q)
den Bestimmungen des § 59 über das Fangen und Vergiften von Wild zuwiderhandelt;
r)
einem in diesem Gesetz (§ 30, § 48 Abs. 7, § 53 Abs. 4, § 54 Abs. 2, § 56, § 56a Abs. 4, § 60 Abs. 1, § 61 Abs. 1, § 62 und § 63) oder einem in einer auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Verordnung (§ 50) verfügten Ge- oder Verbot zuwiderhandelt;
s)
einer in diesem Gesetz verfügten Anzeigepflicht nicht nachkommt (§ 6a Abs. 6 bis 10, § 6b Abs. 5, § 13 Abs. 4, § 21 Abs. 5 und 6 sowie § 56 Abs. 2);
t)
verpflichtet ist, bestimmte Listen oder sonstige Unterlagen aller Art zu führen oder der Behörde vorzulegen, und diese Unterlagen nicht oder nicht ordnungsgemäß führt oder der Behörde nicht oder nicht ordnungsgemäß oder nicht zeitgerecht vorlegt (§ 19 Abs. 6, § 25, § 34 Abs. 4, § 50 Abs. 2, 6 und 8, § 51 und § 52 Abs. 1 und 3).

(2) Verwaltungsübertretungen (Abs. 1) sind mit Geldstrafe bis zu 2200 Euro zu ahnden. Sachen, die Gegenstand der strafbaren Handlung sind oder zur Begehung der strafbaren Handlung gedient haben, können für verfallen erklärt werden. Können die dem Verfall unterliegenden Sachen (z. B. Wild oder Teile von Wild) nicht erfaßt werden, weil sie veräußert, verbraucht oder sonstwie beiseitegeschafft wurden, so ist auf eine Verfallsersatzstrafe in der Höhe des Wertes des Verfallsgegenstandes zu erkennen.

(3) Der Versuch ist strafbar.

(4) Im Straferkenntnis kann auch die Jagdkarte entzogen und auf den zeitlichen oder dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt werden. Dem Oö. Landesjagdverband ist eine Ausfertigung eines jeden solchen Straferkenntnisses zuzustellen, sobald dieses rechtskräftig ist."

2. 2. Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl Nr 52/1991 idF vor der Novelle BGBl I Nr 33/2013 (VStG):

"IV. Teil: Straftilgung, besondere Verfahrensvorschriften, Verfahrenskosten

Tilgung der Strafe

§ 55. (1) Ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis zieht, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von fünf Jahren nach Fällung des Straferkenntnisses als getilgt.

(2) Getilgte Verwaltungsstrafen dürfen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden."

3. Das Oberösterreichische Jagdgesetz 1948, LGBl Nr 10/1948, hatte in § 43 Tatbestände für die Verweigerung der Jagdkarte normiert. Diese Bestimmung lautete auszugsweise:

"§ 43.

Verweigerung der Jagdkarte.

Die Ausstellung der Jagdkarte ist zu verweigern:

...

5. Personen, die eines Verbrechens gegen die Sicherheit der Person oder des Eigentums schuldig erkannt wurden, für die Dauer von fünf Jahren, gerechnet von dem Tage, an dem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist, oder als verbüßt oder erlassen gilt.

6. Personen, die eines Vergehens oder einer Übertretung gegen die Sicherheit des Lebens durch unvorsichtige Handhabung von Schusswaffen, Munition oder Explosivstoffen oder der Übertretung des Diebstahls oder der Diebstahlsteilnehmung schuldig erkannt wurden, für die Dauer von drei Jahren, gerechnet von dem Tage, an dem die Strafe verbüßt oder nachgesehen worden ist, oder als verbüßt oder nachgesehen gilt.

7. Personen, die wegen Tierquälerei oder wiederholt wegen Übertretung der Vorschriften dieses Gesetzes bestraft wurden, für die Dauer von zwei Jahren nach Rechtskraft des zuletzt gefällten Verwaltungsstraferkenntnisses,

...

10. Personen, denen die Jagdkarte entzogen worden ist, auf die Dauer der Entziehung."

§ 87 JG 1948 traf Regelungen über die bei Übertretung dieses Gesetzes zu verhängenden Geld- und Freiheitsstrafen, enthielt aber keine dem nunmehrigen § 93 Abs 4 JG vergleichbare Bestimmung, wonach im Straferkenntnis auch die Jagdkarte entzogen und auf den zeitlichen oder dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt werden könne.

4. Diese Regelung wurde erst durch das Oberösterreichische Jagdgesetz 1964, LGBl Nr 32/1964, geschaffen.

Die §§ 39 und 93 des JG in der Stammfassung, LGBl Nr 32/1964, lauteten - auszugsweise - wie folgt:

"§ 39.

Verweigerung der Jahresjagdkarte.

(1) Die Ausstellung der Jahresjagdkarte ist zu verweigern:

...

d) Personen, die eines Verbrechens gegen die Sicherheit der Person oder des Eigentums schuldig erkannt wurden, für die Dauer von fünf Jahren

e) Personen, die eines sonstigen Verbrechens, eines Vergehens oder einer Übertretung schuldig erkannt wurden, für die Dauer von drei Jahren;

f) Personen, die wegen Tierquälerei oder auf Grund des § 93 oder auf Grund einer der im § 95 Abs. 1 angeführten Rechtsvorschriften bestraft wurden, für die Dauer von zwei Jahren nach Rechtskraft des zuletzt gefällten Straferkenntnisses bzw. im Falle des § 93 Abs. 4 für die Dauer, für die auf Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt wurde.

(2) Der Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. c gilt nicht, wenn für Schüler einer Forstschule die Schulleitung, für jugendliche Forstzöglinge der Leiter des Ausbildungsbetriebes oder für Berufsjägerlehrlinge der Lehrherr um die Ausstellung der Jahresjagdkarte ansuchen.

(3) Ein Verweigerungsgrund gemäß Abs. 1 lit. e oder f hat nur zu gelten, wenn nach der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers dessen Verläßlichkeit (§ 38 Abs. 1 lit. a) nicht zweifelsfrei erwiesen ist. Dies gilt jedoch nicht für den Fall des § 93 Abs. 4.

(4) Die Fristen gemäß Abs. 1 lit. d und e sind vom Zeitpunkt der Rechtskraft des Urteiles an zu berechnen.

§ 93.

Strafbestimmungen.

(1) Eine Verwaltungsübertretung begeht, wer


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a)
die Jagd dort ausübt, wo die Jagd ruht (§ 4);
b)
die Jagd ausübt, ohne nach diesem Gesetz hiezu befugt zu sein oder ohne die für die Ausübung der Jagd geforderten Voraussetzungen, Auflagen oder Bedingungen erfüllt zu haben;
c)
bei Ausübung der Jagd den Organen des öffentlichen Sicherheitsdienstes, den Jagdschutzorganen oder dem Jagdausübungsberechtigten auf deren Verlangen die Jagdkarte nicht vorweist (§ 35 Abs. 4);
d)
Jagdgastkarten entgegen den Bestimmungen des § 36 Abs. 1 ausfolgt;
e)
als Jagdausübungsberechtigter der Verpflichtung, einen Jagdhüter oder einen Berufsjäger zu bestellen, nicht nachkommt (§ 43 Abs. 1);
f)
während der Schonzeit Tiere der geschonten Wildgattung jagt, fängt oder tötet (§ 48 Abs. 2);
g)
als Jagdausübungsberechtigter die Abschußsperre verletzt oder den angeordneten Zwangsabschuß nicht durchführt (§ 49);
h)
den Bestimmungen des § 50 Abs. 1 bzw. 7 über den Abschußplan zuwiderhandelt;
i)
der Verpflichtung zur angemessenen Wildfütterung nicht nachkommt (§ 53);
j)
bei Benützung des Jägernotweges Schußwaffen geladen oder Hunde nicht an der Leine mitführt (§ 55 Abs. 1);
k)
den Bestimmungen über die Nachsuche nach krankgeschossenem oder vermutlich getroffenem Wild nicht in der im § 57 geforderten Weise nachkommt;
l)
als Jagdausübungsberechtigter der Verpflichtung zur Jagdhundehaltung nicht in der im § 58 geforderten Weise entspricht;
m)
den Bestimmungen des § 59 über das fangen und Vergiften von Wild zuwiderhandelt;
n)
einem in diesem Gesetz verfügten Verbot zuwiderhandelt;
o)
einer in diesem Gesetz verfügten Anzeigepflicht nicht nachkommt;
p)
verpflichtet ist, bestimmte Listen oder sonstige Unterlagen aller Art zu führen oder der Behörde vorzulegen, und diese Unterlagen nicht oder nicht ordnungsgemäß führt oder der Behörde nicht oder nicht ordnungsgemäß oder nicht zeitgerecht vorlegt.

(2) Verwaltungsübertretungen (Abs.1) sind mit Geldstrafe bis zu dreißigtausend Schilling oder mit Arrest bis zu sechs Wochen zu bestrafen. Bei erschwerenden Umständen können Geld- und Arreststrafen nebeneinander verhängt werden. Sachen, die Gegenstand der strafbaren Handlung sind oder zur Begehung der strafbaren Handlung gedient haben, können für verfallen erklärt werden. Können die dem Verfall unterliegenden Sachen (z.B. Wild oder Teile von Wild) nicht erfaßt werden, weil sie veräußert, verbraucht oder sonstwie beiseitegeschafft wurden, so ist auf eine Verfallsersatzstrafe in der Höhe des Wertes des Verfallsgegenstandes zu erkennen.

(a) Der Versuch ist strafbar.

(4) Im Straferkenntnis kann auch die Jagdkarte entzogen und auf den zeitlichen oder dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt werden. Dem 0. ö. Landesjagdverband ist eine Ausfertigung eines jeden solchen Straferkenntnisses zuzustellen, sobald dieses rechtskräftig ist."

5. In den Materialien (RV, Verf, Präs-68/7-1963) wird dazu - unter anderem - Folgendes ausgeführt:

"Die §§ 36 bis 42 enthalten die Bestimmungen über die Jagdkarte. Die Jagd darf nur ausgeübt werden auf Grund einer auf eine einzelne Person lautenden Jahresjagdkarte.

Gemäß § 42 Z. 6 des bisher geltenden Gesetzes musste die Bezirksverwaltungsbehörde auch bei geringfügigen Übertretungen die Jagdkarte verweigern oder entziehen. Jetzt sollen gemäß § 40 Abs. 1 lit. e bei Vergehen und Übertretungen die Bezirksverwaltungsbehörden ermächtigt sein, aus der Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers zu prüfen, ob ein Entzug der Jagdkarte oder eine Verweigerung der Jagdkarte gerechtfertigt ist. Die bisherige Regelung war zu starr. Es ist vorgekommen, dass Jägern wegen an sich geringfügiger Verfehlungen, die mit der Jagdausübung nicht in den entferntesten Zusammenhang zu bringen waren, auf Grund gerichtlichen Urteiles die Jagdkarte auf die Dauer von drei Jahren entzogen werden musste."

"§ 95 enthält die Strafbestimmungen. An Strafmittel ist vorgesehen die Geldstrafe, die Arreststrafe, der Verfall und der Entzug der Jagdkarte.

Die Strafbestimmungen mussten in einzelne Straftatbestände aufgegliedert werden, weil nach dem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes Slg. 3207/1957 die strafbaren Tatbestände von jedermann als solche erkennbar sein müssen."

6. Die im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheids geltende, oben unter Punkt 2.1. wiedergegebene Fassung erhielt § 39 JG durch die Oberösterreichische Jagdgesetznovelle 1984, LGBl Nr 64/1984.

In den Erläuterungen zur Regierungsvorlage zu dieser Novelle

wird - ua - Folgendes ausgeführt:

"Zu Art. 1 Z. 4

Nach der bisherigen Regelung haben die Behörden bei Vorliegen bestimmter gerichtlicher Verurteilungen und Bestrafungen wegen Verwaltungsübertretungen die Jahresjagdkarte für eine bestimmte Dauer zu entziehen. Bei Verbrechen gegen die Sicherheit der Person oder des Eigentums beträgt diese Dauer fünf Jahre, bei sonstigen Verbrechen, Vergehen oder Übertretungen drei Jahre und bei Bestrafung wegen bestimmter Verwaltungsübertretungen zwei Jahre. Diese Regelung hat sich als zu starr erwiesen, weil sie keine Bedachtnahme auf die besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zulässt und für nicht vergleichbare Handlungen, die zu Bestrafungen führen, die gleiche Dauer für die die Jahresjagdkarte zu verweigern ist, festlegt.

Dem gegenüber erweist sich die neue Regelung als gerechter, weil sie den Behörden die Möglichkeit bietet, auf die besonderen Umstände eines jeden Falles einzugehen und eine jeweils angemessene Verweigerungsdauer bis zu einem bestimmten Höchstausmaß auszusprechen.

Gleichzeitig werden die bisher verwendeten Formulierungen jenen des Strafgesetzbuches angepasst."

7. Aus der dargestellten Rechtslage ist Folgendes hervorzuheben:

7.1. Nach § 39 Abs 1 lit f JG (in der hier anzuwendenden Fassung vor der Novelle 2012) ist im Fall des § 93 Abs 4 JG - wenn also im Straferkenntnis auf den zeitlichen oder dauernden Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt wurde - die Ausstellung der Jagdkarte für die Dauer, für die auf Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, erkannt wurde, zu verweigern.

Aus der Gegenüberstellung von "zeitlich" und "dauernd" in § 93 Abs 4 JG ist zunächst der Schluss zu ziehen, dass diese Bestimmung einerseits einen zeitlich begrenzten (befristeten) Entzug (Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen) vorsieht, andererseits einen zeitlich unbegrenzten ("dauernd"), also auf unbestimmte Zeit, ohne zeitliche Begrenzung.

Daraus ist aber noch nicht zwingend abzuleiten, dass ein derartiger Entzug (Ausspruch des Verlusts der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen) auf "ewig" bzw auf Lebenszeit des Betroffenen wirken muss. Wie die Beschwerde insofern zutreffend aufzeigt, handelt es sich beim - gemäß § 93 Abs 4 JG im Straferkenntnis ausgesprochenen - Verlust der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, um eine Nebenstrafe (vgl ).

7.2. Gemäß § 55 Abs 1 VStG zieht ein wegen einer Verwaltungsübertretung verhängtes Straferkenntnis, sofern gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, keinerlei Straffolgen nach sich und gilt nach Ablauf von fünf Jahren als getilgt.

Getilgte Verwaltungsstrafen dürfen in amtlichen Leumundszeugnissen oder Auskünften für Zwecke eines Strafverfahrens nicht erwähnt und bei der Strafbemessung im Verwaltungsstrafverfahren nicht berücksichtigt werden (Abs 2).

Wenn die belangte Behörde argumentiert, bei der (Verweigerung der) Ausstellung einer Jagdkarte handle es sich um ein Administrativ- und nicht ein Verwaltungsstrafverfahren bzw eine in dessen Zuge vorzunehmende Strafbemessung, greift dies zu kurz, sind doch die Tilgungswirkungen des § 55 VStG nicht etwa eingeschränkt auf Verwaltungsstrafverfahren, vielmehr gilt gemäß Abs 1, dass - mangels abweichender gesetzlicher Vorschriften - ein Straferkenntnis nach Ablauf von fünf Jahren getilgt ist.

7.3. Zu prüfen ist daher, ob im JG insofern "anderes bestimmt" ist.

Eine solche - ausdrückliche - Regelung fehlt; § 39 JG nimmt auf eine allfällige Tilgung von gerichtlichen Verurteilungen und wegen Verwaltungsübertretungen verhängter Straferkenntnisse nicht Bezug. Dies schließt allerdings noch nicht aus, dass dem Gesetz - unter Bedachtnahme auf den Gesamtzusammenhang und den Normzweck - implizit eine solche Regelung innewohnt.

Nach Auffassung des Verwaltungsgerichtshofs kann allerdings dem JG auch keine implizite Regelung entnommen werden, die - abweichend von § 55 VStG - die Tilgung der in Rede stehenden Nebenstrafe ausschließen würde:

Nimmt man dazu den Katalog des § 39 Abs 1 JG in den Blick, so ergibt sich, dass bei jenen Verweigerungstatbeständen, denen (gerichtliche) Straftaten oder Verwaltungsübertretungen zu Grunde liegen (lit d bis lit f), zeitlich gestaffelte Grenzen normiert werden. Diese reichen von "höchstens sieben Jahre(n)" (lit d) bis "höchstens zwei Jahre(n)" (lit f); nur im Fall des § 93 Abs 4 JG wird unmittelbar an die im Straferkenntnis ausgesprochene Dauer angeknüpft. Selbst bei Begehung schwerster Verbrechen ist also die mögliche Verweigerung der Ausstellung einer Jagdkarte zeitlich begrenzt mit sieben Jahren, nämlich ab Rechtskraft des Urteils (vgl § 39 Abs 4 JG), nicht etwa erst ab Vollzug oder Tilgung.

Zu betonen ist in diesem Zusammenhang, dass es der Gesetzgeber bei Erlassung des JG 1963 für notwendig erachtet hat, die vormals starre Regelung nach § 43 Z 6 JG 1948 (oben wiedergegeben unter Punkt 3.), nach der wegen bestimmter Verurteilungen die Ausstellung einer Jagdkarte jedenfalls für eine Dauer von (genau) drei Jahren zu verweigern war, zu lockern: Seit der Neufassung ermöglicht und verlangt die Bestimmung des § 39 Abs 3 JG bei Vorliegen der Verweigerungsgründe nach lit e und f (nicht aber im Fall des § 93 Abs 4 JG) eine Prüfung der "Eigentümlichkeit der strafbaren Handlung im Zusammenhang mit der Persönlichkeit des Bewerbers", sodass diese Verweigerungsgründe nicht absolut gelten, sondern nur dann, wenn die Verlässlichkeit des Bewerbers "nicht zweifelsfrei erwiesen" ist.

Eine weitere Flexibilisierung brachte die Novelle 1984, die anstelle der bisher geltenden fixen Zeiträume, für die die Ausstellung einer Jagdkarte zu verweigern war, Maximalgrenzen (von höchstens sieben Jahren bis höchstens 2 Jahren) festlegte, womit der Behörde die Möglichkeit geboten werden sollte, auf die besonderen Umstände eines jeden Falles einzugehen und eine "jeweils angemessene Verweigerungsdauer … auszusprechen" (vgl die wiedergegebenen Erläuterungen).

Wollte man nun, wie die belangte Behörde, die Auffassung vertreten, die seinerzeit im Straferkenntnis verhängte Nebenstrafe des "dauernden" Verlustes der Fähigkeit, eine Jagdkarte zu erlangen, sei einer Tilgung nicht zugänglich, hätte dies zur Konsequenz, dass auch ein vor Jahrzehnten verhängtes Straferkenntnis jedenfalls und unbedingt, ohne Möglichkeit der Berücksichtigung weiterer Umstände, insbesondere eines mittlerweiligen Wohlverhaltens und einer "Bewährung" des Betroffenen, die Ausstellung einer Jagdkarte weiterhin - zwingend -

verhindert.

Ein solcher Bedeutungsinhalt kann aber dem JG, das - wie dargestellt - in Abhängigkeit von der zu Grunde liegenden Straftat bzw Verwaltungsübertretung jeweils eine zeitlich gestaffelte "Verweigerungsdauer" normiert und grundsätzlich Höchstgrenzen dafür vorsieht sowie die Wichtigkeit einer Einzelfallprüfung erkennen lässt, nicht unterstellt werden.

7.4. Vielmehr ist davon auszugehen, dass das JG einer Tilgung der gemäß § 93 Abs 4 JG verhängten Nebenstrafe nach Ablauf von fünf Jahren nicht entgegensteht. Das eingangs erwähnte Straferkenntnis hindert die vom Beschwerdeführer begehrte Ausstellung einer Jagdkarte daher nicht.

8. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben war.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am