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VwGH vom 26.04.2011, 2011/03/0091

VwGH vom 26.04.2011, 2011/03/0091

Beachte

Serie (erledigt im gleichen Sinn):

2011/03/0092 E

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des W S in W, vertreten durch MMag. Dr. Harald Ringelhann, Rechtsanwalt in 3400 Klosterneuburg, Agnesstraße 80, gegen den Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Wien vom , Zl E1/458.764/2010, betreffend Entziehung eines Waffenpasses, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Begründung

1.1. Mit dem angefochtenen Bescheid wurde dem Beschwerdeführer im Instanzenzug gemäß § 25 Abs 3 iVm § 8 Abs 1 des Waffengesetzes 1996 (WaffG) der ihm am ausgestellte Waffenpass mit der Nummer 04 entzogen.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus: Der Beschwerdeführer sei seit 1972 im Besitz eines Waffenpasses und seit 1980 im Besitz einer Waffenbesitzkarte. Im Erbweg habe er zweimal weitere Waffen erworben, von denen eine zunächst nicht auffindbar gewesen sei, weshalb die Waffenbesitzkarte erweitert worden sei. Am sei der Beschwerdeführer von der Erstbehörde niederschriftlich einvernommen und zur Klärung seines tatsächlichen Waffenbesitzstandes befragt worden. Er habe angegeben, dass er alle im Waffenregister aufscheinenden und registrierten Waffen tatsächlich besitze. An diesem Tag seien auf ihn nicht nur vier Langwaffen, sondern auch vier Faustfeuerwaffen (eine SIG 9 mm, eine S W 44 Magnum und zwei Faustfeuerwaffen Navy sowie Navy 1851 mit den Nummern 41741 und 40777) registriert gewesen.

Bei einer waffenrechtlichen Überprüfung am habe sich herausgestellt, dass eine Navy nicht mehr im Besitz des Beschwerdeführers gewesen sei, diese sei vor 10 bis 20 Jahren verkauft worden. Die zweite Faustfeuerwaffe Navy habe eine andere Nummer aufgewiesen (42802).

Am sei mit dem Beschwerdeführer telefonisch Rücksprache gehalten worden, um den Verbleib der Waffen zu klären. Er habe den erhebenden Beamten gegenüber angegeben, dass er vermutlich die nicht aufgefundene Waffe noch hätte, diese aber erst suchen müsse, er würde jedenfalls schriftlich Stellung nehmen. In seiner Stellungnahme vom sei vorgebracht worden, dass er die Navy Nr 41741 im Zeitraum 1995 bis 1996 an einen kurz darauf verstorbenen, namentlich genannten Schützenfreund veräußert hätte. Eine Anzeige dieser Veräußerung sei jedoch versehentlich unterblieben. Er sei irrtümlich der Annahme gewesen, dass diese Waffe infolge ihrer minderen Gefährlichkeit frei erworben werden könne. Dazu habe auch beigetragen, dass die Behörde bei der Verlässlichkeitsprüfung im Jahr 1995 nur die "richtigen" Faustfeuerwaffen überprüft und die beiden Replikas völlig unberücksichtigt gelassen habe. Bei den behördlichen Überprüfungen im Jahr 2000 und 2005 sei diesen Replikas ebenfalls keine Beachtung geschenkt worden. Im Zuge der Neuausstellung der Waffenbesitzkarte am sei ihm eine Erweiterung auf fünf Stück zugestanden worden, wobei sich diese Gesamtzahl auf vier Langwaffen und einen im Zug der Erbschaft eingeantworteten Revolver bezogen habe. Die Behörde habe aber offenbar die beiden Replikas ebenfalls nicht in die Anzahl der genehmigten Waffen eingerechnet. Den Besitz der zweiten Replika Nr 42802 könne er nur so erklären, dass er Anfang der 1980er Jahre auf einem Schießstand versehentlich die gleichartige Nachbarwaffe Nr 42802 anstelle seiner eigenen in seiner Waffentasche versorgt habe, was ihm jedoch bis zur Überprüfung im Jahr 2010 verborgen geblieben sei.

Wenig später, am , habe der Beschwerdeführer angezeigt, dass er die im Zug der Erbschaft nicht vorgefundene Faustfeuerwaffe aus der Verlassenschaft seiner Mutter vorgefunden habe.

Bei der Beurteilung der Verlässlichkeit eines Menschen iSd § 25 WaffG sei ein besonders strenger Maßstab anzusetzen. Wenn der Beschwerdeführer (wenn auch bereits 1995 oder 1996) eine Faustfeuerwaffe veräußert habe, ohne diese Veräußerung zu melden, und dazu noch im Besitz einer Waffe sei, die auf ihn nicht registriert sei, und dies mit einer Verwechslung, die 20 oder 30 Jahre zurück liege, zu erklären versuche, weise er die erforderliche Verlässlichkeit eines Waffenbesitzers nicht auf. Die strenge Regelung über die Registrierung von Waffen solle die Behörde in die Lage versetzen, den Besitzstand von genehmigungspflichtigen Waffen, deren Verbleib und ihre Zurechenbarkeit zum jeweiligen Besitzer jederzeit nachvollziehen zu können. Dem werde mit den strengen Regelungen hinsichtlich der Veräußerung und des Wechsels des Besitzstandes im WaffG Rechnung getragen. Wenn der Beschwerdeführer diese Meldung unterlasse, obwohl er noch im genannten Telefonat mit den erhebenden Beamten angegeben habe, die Waffe vermutlich zu besitzen, sie aber erst suchen zu müsse, und darüber hinaus die behauptete Veräußerung nicht nur auf Grund des Todes des Erwerbers, sondern auch des lange zurückliegenden Zeitraums in keiner Weise mehr nachvollziehbar oder verifizierbar sei, werde der Beschwerdeführer den an ihn gestellten Anforderungen des WaffG nicht gerecht. Dass der Beschwerdeführer darüber hinaus eine Waffe behauptetermaßen am Schießstand verwechselt habe, stelle nur eine Mutmaßung dar und sei ebenfalls in keiner Weise mehr verifizierbar. Weiters habe der Beschwerdeführer noch in seiner niederschriftlichen Einvernahme am ausdrücklich und unmissverständlich bestätigt, im Besitz der beiden genannten Faustfeuerwaffen zu sein. Dies widerspreche nicht nur seiner nunmehr behaupteten Veräußerung der einen Faustfeuerwaffe, sondern lasse auch eine ausgesprochene Oberflächlichkeit in Bezug auf die anderen Faustfeuerwaffen erkennen, die er angeblich vertauscht haben wolle. So müsse von einem sorgfältigen, mit den Bestimmungen des WaffG vertrauten Waffenbesitzers erwartet werden können, dass er seine eigene Faustfeuerwaffe derart kenne und überprüfe, dass ihm eine Verwechslung am Schießstand entweder gar nicht passiere, oder dass eine derartige Verwechslung innerhalb kürzester Zeit aufgeklärt und der wahre Besitzstand wieder hergestellt werde. Wenn der Beschwerdeführer aber noch im Jahr 2000 den Besitz zweier, durch ihre Nummer individualisierbarer Waffen ausdrücklich bestätige, obwohl er (folge man seinen nunmehrigen Ausführungen) zu diesem Zeitpunkt eine Waffe gar nicht mehr besessen habe und statt der zweiten Waffe eine gleichartige mit einer anderen Nummer, so erfülle der Beschwerdeführer nicht den strengen Sorgfaltsmaßstab, der bei der Verwahrung von Waffen an einen Waffenbesitzer anzulegen sei.

Der Beschwerdeführer könne sich daher auch nicht erfolgreich auf einen Irrtum bezüglich der Niederschrift vom berufen. Wenn er weiters geltend mache, die veräußerte Waffe hätte bei der Überprüfung im Jahr 2000 und 2005 auffallen müssen, so sei aktenkundig, dass der Waffenbesitzschein des Beschwerdeführers noch am kontrolliert worden und er laut vorliegendem Überprüfungsbericht damals noch im Besitz sämtlicher auf ihn registrierter Waffen gewesen sei. Dass im Jahr 2000 und im Jahr 2005 eine waffenrechtliche Überprüfung stattgefunden hätte, sei hingegen nicht aktenkundig. Der Überprüfungsbericht von 1999 stehe den nunmehrigen Behauptungen des Beschwerdeführers über den Verbleib seiner Faustfeuerwaffen entgegen.

Dem könne der Beschwerdeführer nicht mit der Behauptung entgegen treten, die veräußerte Waffe rangiere unter einer besonders unattraktiven Praxisferne, weshalb die mangelnde Übereinstimmung der Waffennummern nicht früher bemerkt worden sei. Wie der Beschwerdeführer zu Meinung gelange, selbst die Behörde hätte die beiden Faustfeuerwaffen Navy nicht in die zu genehmigende Anzahl eingerechnet, sei der belangten Behörde nicht nachvollziehbar; der Beschwerdeführer scheine zu übersehen, dass er sowohl im Besitz einer Waffenbesitzkarte als auch eines Waffenpasses gewesen sei und die insgesamt zu genehmigenden Schusswaffen dem offiziellen, der Behörde bekannten Besitzstand entsprochen haben. Im Übrigen könne der Beschwerdeführer seine eigene, wiederholte grobe Nachlässigkeit nicht dadurch relativieren, dass er der Behörde gleichsam Oberflächlichkeit vorwerfe. Vielmehr lasse er selbst eine äußerst sorglose, mit den Bestimmungen des WaffG nicht vereinbare Umgangsweise mit seinen Faustfeuerwaffen erkennen, weshalb ihm die waffenrechtliche Verlässlichkeit abzusprechen gewesen sei. Der Beschwerdeführer könne sich auch nicht darauf berufen, dass diese Vorfälle bereits derart lang zurücklägen, sei es ihm doch selbst zuzurechnen, dass diese Umstände erst nunmehr offenbar geworden seien.

1.2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Begehren, ihn wegen Rechtswidrigkeit seines Inhalts aufzuheben.

2. Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem nach § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

2.1. Gemäß § 25 Abs 3 WaffG hat die Behörde waffenrechtliche Urkunden zu entziehen, wenn sich ergibt, dass der Berechtigte nicht mehr verlässlich ist.

Gemäß § 8 Abs 1 Z 2 WaffG ist ein Mensch verlässlich, wenn er voraussichtlich mit Waffen sachgemäß umgehen wird und keine Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass er mit Waffen unvorsichtig umgehen oder diese nicht sorgfältig verwahren wird.

Gemäß § 3 Abs 1 der 2. Waffengesetz-Durchführungsverordnung, BGBl II Nr 313/1998 (2. WaffV), ist eine Schusswaffe sicher verwahrt, wenn ihr Besitzer sie "in zumutbarer Weise vor unberechtigtem - auf Aneignung oder unbefugte Verwendung gerichteten - Zugriff schützt".

Nach § 3 Abs 2 Z 2 bis 4 der 2. WaffV gehört zu den maßgeblichen Umständen für die Beurteilung der Sicherheit der Verwahrung unter anderem der Schutz vor fremdem Zugriff durch Gewalt gegen Sachen, insbesondere eine der Anzahl und der Gefährlichkeit von Waffen und Munition entsprechende Ein- oder Aufbruchsicherheit des Behältnisses oder der Räumlichkeit (Z 2), der Schutz von Waffen und Munition vor dem Zugriff von Mitbewohnern, die zu deren Verwendung nicht befugt sind (Z 3), und der Schutz vor Zufallsangriffen rechtmäßig Anwesender (Z 4).

2.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2010/03/0060) ist angesichts des mit dem Waffenbesitz von Privatpersonen verbundene Sicherheitsbedürfnisses nach Sinn und Zweck der Regelung des Waffengesetzes bei der Prüfung der Verlässlichkeit ein strenger Maßstab anzulegen. Mit Entziehung der waffenrechtlichen Urkunde ist auch dann vorzugehen, wenn im Einzelfall ein nur einmal gesetztes Verhalten den Umständen nach die Folgerung rechtfertigt, der Urkundeninhaber gewährleiste nicht mehr das Zutreffen der in § 8 Abs 1 WaffG genannten Voraussetzungen.

Mit der Entziehung der waffenrechtlichen Urkunden ist insbesondere dann vorzugehen, wenn festgestellt wird, dass der Berechtigte Waffen nicht sorgfältig verwahrt hat. Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes gehört zur ordnungsgemäßen Verwahrung von Faustfeuerwaffen auch das Wissen um den aktuellen Besitzstand und den Aufbewahrungsort der Waffen. In welchem sicheren Behältnis oder an welchem sicheren Ort im Sinn des § 3 Abs 2 WaffV sich die Waffe befindet, ist die grundlegende Voraussetzung dafür, dass überhaupt davon gesprochen werden kann, dass eine Person eine Waffe verwahrt (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2005/03/0006). Gerät eine Waffe in Verlust, so ist es Sache des Berechtigten, einen konkreten Sachverhalt über seine Art und Weise des Umgangs bzw der Verwahrung der Waffe und über den Vorgang, der zum Verlust der Waffe geführt hat, zu behaupten und glaubhaft zu machen. Ergibt sich aus dem Vorbringen des Berechtigten nicht, dass der Verlust der Waffe trotz eines sorgfältigen - das heißt insbesondere alle in der konkreten Situation zumutbaren Vorkehrungen gegen einen Verlust umfassenden -

Umganges bzw trotz sorgfältiger Verwahrung eingetreten ist, ist die Behörde schon auf Grund der Tatsache des Verlustes zur Annahme berechtigt, dass der Berechtigte die beim Umgang mit bzw der Verwahrung von Waffen gebotene Sorgfalt nicht eingehalten habe (vgl nochmals das Erkenntnis Zl 2010/03/0060, mwH).

2.3. Auf dem Boden dieser Rechtslage erweist sich die von der belangten Behörde getroffene Beurteilung, der Beschwerdeführer weise die nach dem Gesetz geforderte Verlässlichkeit für eine waffenrechtliche Urkunde nicht auf, nicht als rechtswidrig, stützt sie sich doch auf die Umstände, dass der Beschwerdeführer bei der in Rede stehenden waffenrechtlichen Überprüfung nicht mehr im Besitz einer auf ihn registrierten Waffe und zudem im Besitz einer auf ihn nicht registrierten Waffe gewesen sei.

Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, bei der niederschriftlichen Einvernahme vor der Erstbehörde am zur Klärung seines tatsächlichen Waffenbesitzstandes angegeben zu haben, dass er alle im Waffenregister aufscheinenden und registrierten Waffen tatsächlich besitze. Er stellt ferner nicht in Abrede, dass bei der besagten waffenrechtlichen Überprüfung im Mai 2010 eine auf ihn registrierte Faustfeuerwaffe nicht mehr in seinem Besitz gestanden und weiters eine andere Faustfeuerwaffe eine andere Nummer als die auf ihn registrierte aufgewiesen habe. Aus den insofern unstrittigen Feststellungen im angefochtenen Bescheid ergibt sich weiter, dass er dabei der Meinung gewesen sei, dass er die nicht aufgefundene Waffe zwar noch besitze, diese aber erst noch suchen müsse.

Damit war dem Beschwerdeführer aber anlässlich der waffenrechtlichen Überprüfung nicht klar, in welchem Behältnis oder an welchem Ort iSd § 3 Abs 2 WaffV sich die vermisste Waffe befinde. Das fehlende Wissen um den Aufbewahrungsort dieser Waffe bedeutet auf dem Boden der genannten Rechtslage, dass der Beschwerdeführer diese Waffe nicht sorgfältig verwahrte. Ebenso wenig konnte der Beschwerdeführer bei der waffenrechtlichen Überprüfung erklären, wie die Faustfeuerwaffe mit der nicht auf ihn registrierten Nummer in seinen Besitz gekommen war.

Anders als die Beschwerde meint, hat sich die belangte Behörde bei ihrer Beurteilung nicht auf diese schon länger zurückliegenden Ereignisse, sondern auf die Geschehnisse gestützt, die sich im Jahr 2010 anlässlich bzw im Gefolge der besagten waffenrechtlichen Überprüfung ergaben.

2.4. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerde erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, war die Beschwerde gemäß § 35 Abs 1 VwGG ohne weiteres Verfahren als unbegründet abzuweisen.

Wien, am