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VwGH vom 28.10.2015, 2013/10/0215

VwGH vom 28.10.2015, 2013/10/0215

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des E C in Linz, vertreten durch die Haslinger/Nagele Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Mölker Bastei 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom , Zl. VwSen-320196/3/Kü/Ba, betreffend Übertretung des Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (weitere Partei: Oberösterreichische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Das Land Oberösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis des Bürgermeistes der Landeshauptstadt Linz vom wurde der Beschwerdeführer einer Verwaltungsübertretung gemäß § 56 Abs. 3 Z. 2 Oö. Natur- und Landschaftsschutzgesetzes 2001 (Oö. NSchG 2001) für schuldig erkannt, weil er in der Zeit vom 1. bis zum auf den im Grünland gelegenen Grundstücken Nr. 501/1, 500 und 457, alle KG P, durch die Errichtung eines ca. 150 m langen und ca. 3 m breiten - hinsichtlich der Situierung näher umschriebenen - Weges einen Eingriff in das Landschaftsbild und den Naturhaushalt vorgenommen habe, der im Schutzbereich des Dießenleitenbaches ohne bescheidmäßige Feststellung im Sinne des § 10 Abs. 2 Oö. NSchG 2001 verboten sei. Über den Beschwerdeführer wurde keine Strafe verhängt.

Mit dem angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich vom wurde einer dagegen erhobenen Berufung - ohne Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung - keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis "dem Grunde nach" bestätigt.

Den Entfall der öffentlichen mündlichen Verhandlung begründete die belangte Behörde damit, dass diese gemäß § 51e Abs. 3 VStG entfallen habe können, weil im angefochtenen Bescheid keine Geldstrafe verhängt, in der Berufung die rechtliche Beurteilung der Erstinstanz bekämpft und keine mündliche Verhandlung beantragt worden sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der (unter anderem) gerügt wird, die belangte Behörde habe es in rechtswidriger Weise unterlassen, eine mündliche Verhandlung durchzuführen.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

§ 51e VStG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 33/2013 lautet auszugsweise:

"(1) Der unabhängige Verwaltungssenat hat eine öffentliche mündliche Verhandlung durchzuführen.

...

(3) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn

1. in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird oder


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2.
sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet oder
3.
im angefochtenen Bescheid eine 500 EUR nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde oder
4.
sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet
und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat. Der Berufungswerber hat die Durchführung einer Verhandlung in der Berufung zu beantragen. Etwaigen Berufungsgegnern ist Gelegenheit zu geben, einen Antrag auf Durchführung einer Verhandlung zu stellen. Ein Antrag auf Durchführung einer Verhandlung kann nur mit Zustimmung der anderen Parteien zurückgezogen werden.
...

(5) Der unabhängige Verwaltungssenat kann von der Durchführung (Fortsetzung) einer Verhandlung absehen, wenn die Parteien ausdrücklich darauf verzichten. Ein solcher Verzicht kann bis zum Beginn der (fortgesetzten) Verhandlung erklärt werden.

..."

Im vorliegenden Beschwerdefall ist nicht alleine entscheidend, ob eine der alternativen Voraussetzungen des § 51e Abs. 3 Z. 1 bis 4 VStG für das Absehen von einer Berufungsverhandlung erfüllt ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes muss nämlich auch das - kumulativ zu erfüllende - Tatbestandsmerkmal gemäß § 51e Abs. 3 VStG, dass "keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat", erfüllt sein, um von einer Verhandlung nach diesem Tatbestand absehen zu können. Die Unterlassung eines Antrages auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung wird vom Gesetzgeber zwar als (schlüssiger) Verzicht auf eine solche gewertet, vom Vorliegen eines schlüssigen Verzichts kann aber insbesondere dann nicht ausgegangen werden, wenn eine unvertretene Partei weder über die Möglichkeit einer Antragstellung belehrt wurde, noch Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie von dieser Möglichkeit hätte wissen müssen (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/10/0177, vom , Zl. 2010/10/0242, vom , Zl. 2010/10/0168, und vom , Zl. 2004/10/0024). Dass diese Voraussetzungen für die Annahme eines schlüssigen Verzichts im Beschwerdefall vorgelegen hätten, wird von der belangten Behörde, die lediglich darauf hinweist, dass keine mündliche Verhandlung beantragt wurde, aber nicht behauptet.

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am