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VwGH vom 22.10.2012, 2011/03/0082

VwGH vom 22.10.2012, 2011/03/0082

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des Dr. H A in M, vertreten durch Mag. Christoph Arnold, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Stafflerstraße 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenats in Tirol vom , Zl uvs- 2009/19/1856-14, betreffend Auskunftspflicht, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird insoweit wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben, als mit ihm die Auskunft zu folgenden Fragen verweigert wurde:

"4. Wie lautet der Name jenes oder jener Bediensteten, der oder die auf der Erledigung 'Für die Richtigkeit der Ausfertigung' gefertigt hat?

5. Wodurch hat dieser oder diese Bedienstete die Befugnis zu einer solchen Fertigung erlangt?

6. Wann wurde diese Fertigung vorgenommen?"

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Hinsichtlich der Vorgeschichte des Beschwerdefalls wird auf das hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zlen 2010/03/0024, 0053, verwiesen. Im Zusammenhang mit dem diesem Erkenntnis zu Grunde liegenden Verfahren nach dem Tiroler Jagdgesetz, in dem u.a. die Genehmigung von dem Beschwerdeführer zugestellten Ausfertigungen eines Berufungserkenntnisses der belangten Behörde strittig war, begehrte der Beschwerdeführer unter Bezugnahme auf das Tiroler Auskunftspflichtgesetz, LGBl Nr 4/1989, Auskunft zu folgenden Fragen:

"1. Hat die Sachbearbeiterin, deren Namen nach der Klausel 'Der Unabhängige Verwaltungssenat in Tirol' angeführt ist, den der Erledigung vom zugrundeliegenden Bescheidentwurf tatsächlich genehmigt?

2. Wodurch hat diese Sachbearbeiterin die Befugnis zur Genehmigung von Bescheiden erlangt?

3. Wann hat diese Sachbearbeiterin den der Erledigung zugrundeliegenden Bescheidentwurf genehmigt?

4. Wie lautet der Name jenes oder jener Bediensteten, der oder die auf der Erledigung 'Für die Richtigkeit der Ausfertigung' gefertigt hat?

5. Wodurch hat dieser oder diese Bedienstete die Befugnis zu einer solchen Fertigung erlangt?

6. Wann wurde diese Fertigung vorgenommen?"

Er brachte dazu im Wesentlichen vor, die Auskünfte seien durch Akteneinsicht nicht zu erlangen; um sicher sein zu können, dass die ihm am zugestellte Erledigung nicht die gleichen Mängel aufweise wie die früher zugestellte, sei ihre Beantwortung erforderlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde das Auskunftsbegehren gemäß § 4 Abs 4 des Tiroler Auskunftspflichtgesetzes ab.

Nach einer Wiedergabe des Verfahrensgangs und einer Darstellung der maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Auskunftspflichtgesetzes führte die belangte Behörde im Wesentlichen Folgendes aus:

Hinsichtlich der Fragen 2, 4, 5 und 6 sei auf § 9 Abs 1 des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat (UVS) in Tirol sowie auf § 82a AVG zu verweisen. Demnach entscheide der UVS nach Maßgabe des AVG durch Kammern oder durch einzelne seiner Mitglieder, wobei sich die konkrete Zuständigkeit aus der jeweiligen Geschäftsverteilung ergebe. Die Erteilung einer gesonderten Approbationsbefugnis für die Mitglieder des UVS sei somit nicht erforderlich, die Fertigungsbefugnis ergebe sich unmittelbar aus dem Gesetz. Dem Beschwerdeführer als langjährigem Verwaltungsjuristen müsse dies bestens bekannt sein; die gesetzliche Regelung finde sich im Landesgesetzblatt. Nach § 82a AVG bedürften schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen zudem bis zum Ablauf des keiner Beglaubigung; auch verfahrensrechtliche Bestimmungen seinen jederzeit über das RIS abrufbar. Insgesamt ergebe sich somit, wolle man das Auskunftsbegehren zu diesen Punkten nicht als offenbar mutwillig werten, dass der Beschwerdeführer die zur Durchsetzung seiner Rechte erforderlichen Auskünfte durch einfach Recherche im Landesgesetzblatt bzw im RIS unmittelbar erhalten hätte können. Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs sei die Auskunftspflicht nach dem Auskunftspflichtgesetz nicht geeignet, eine Akteneinsicht durchzusetzen. Daraus ergebe sich nach Auffassung der belangten Behörde "im Umkehrschluss", dass Auskünfte, die im Wege der Akteneinsicht erhalten werden könnten, nicht Gegenstand einer Auskunft nach dem Tiroler Auskunftspflichtgesetz sein könnten. Wer den der Erledigung zu Grunde liegenden Bescheidentwurf wann genehmigt habe, wäre jederzeit durch Einsichtnahme in den Verwaltungsstrafakt festzustellen gewesen. Diesen zumutbaren Weg, die begehrten Auskünfte zu den Punkten 1 und 3 unmittelbar zu erhalten, habe der Beschwerdeführer jedoch abgelehnt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diesen Bescheid gerichtete Beschwerde nach Vorlage der Akten des Verwaltungsverfahrens und Erstattung einer Gegenschrift durch die belangte Behörde in dem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Die maßgebenden Bestimmungen des Tiroler Auskunftspflichtgesetzes, LGBl Nr 4/1989 (Tir AuskunftspflichtG), lauten - auszugsweise - wie folgt:

"§ 1

Auskunftspflicht

(1) Die Organe des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der übrigen durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltungskörper sind verpflichtet, über Angelegenheiten ihres Wirkungsbereiches jedermann Auskunft zu erteilen, soweit im § 3 nichts anderes bestimmt ist.

(2) Auskunft ist die Mitteilung gesicherten Wissens über Angelegenheiten, die dem Organ zum Zeitpunkt der Erteilung der Auskunft bekannt sind.

§ 2

Auskunftsbegehren

(1) Jedermann hat das Recht, von Organen des Landes, der Gemeinden, der Gemeindeverbände und der übrigen durch Landesgesetz geregelten Selbstverwaltungskörper mündlich, telefonisch, schriftlich, fernschriftlich oder telegrafisch Auskunft zu verlangen.

(2) Dem Auskunftswerber kann aufgetragen werden, ein umfangreiches mündliches oder telefonisches Auskunftsbegehren schriftlich auszuführen. Soweit ein Auskunftsbegehren unklar ist, ist dem Auskunftswerber aufzutragen, dieses zu verbessern.

§ 3

Verweigerung der Auskunft

(1) Auskunft darf nicht erteilt werden, wenn der Erteilung der Auskunft eine gesetzliche Verschwiegenheitspflicht entgegensteht.

(2) Die Verpflichtung zur Erteilung von Auskunft besteht nicht, wenn

a) die Auskunft über eine Angelegenheit verlangt wird, die nicht in den Wirkungsbereich des Organs fällt,


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b)
die Auskunft offenbar mutwillig verlangt wird,
c)
die Erteilung der Auskunft Erhebungen, Berechnungen oder Ausarbeitungen erfordern würde, die die ordnungsgemäße Erfüllung der übrigen Aufgaben des Organs erheblich beeinträchtigen würden, oder
d)
der Auskunftswerber die Auskunft auf anderem zumutbaren Weg unmittelbar erhalten kann.
§ 4
Verfahren

(4) Wird eine Auskunft verweigert, so kann der Auskunftswerber den Antrag stellen, die Verweigerung der Auskunft mit schriftlichem Bescheid auszusprechen. Ein solcher Antrag ist schriftlich bei dem Organ einzubringen, von dem die Auskunft verlangt wurde. Für die Erlassung eines Bescheides, mit dem die Verweigerung einer Auskunft ausgesprochen wird, ist das Allgemeine Verwaltungsverfahrensgesetz 1950 anzuwenden. Gegen einen solchen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig.

…"

2.1. Die belangte Behörde hat die Erteilung der begehrten Auskunft verweigert, weil sie ihrer Auffassung nach der Beschwerdeführer auf anderem zumutbaren Wege erhalten könne, nämlich durch Akteneinsicht (Fragen 1 und 3) bzw durch Einsichtnahme in das Gesetz (Fragen 2, 4, 5 und 6), nämlich in § 9 Abs 1 des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat bzw in § 82a AVG.

2.2. Dem gegenüber steht der Beschwerdeführer auf dem Standpunkt, weder ein Studium der maßgebenden gesetzlichen Vorschriften noch die Vornahme von Akteneinsicht könne als ein anderer zumutbarer Weg im Sinne des § 3 Abs 2 lit d Tir AuskunftspflichtG angesehen werden. Hinzu trete, dass das Gesetz die zu beantwortenden Fragen gar nicht ausdrücklich regle bzw dass im Wege der Akteneinsicht ein Teil der verlangten Auskünfte nicht erlangt werden könne, nämlich hinsichtlich der Fragen 2, 4, 5 und 6. Überdies gebiete nach Auffassung des Beschwerdeführers schon der Grundsatz der Sparsamkeit und Zweckmäßigkeit der Verwaltung die Erteilung aller verlangten Auskünfte in einer Erledigung auch dann, wenn zwar ein Teil durch Akteneinsicht beantwortet werden könne, ein weiterer Teil jedoch nur durch behördliche Auskunftserteilung.

3. Die Beschwerde ist teilweise begründet.

3.1. Die Beschwerde stellt nicht in Frage, dass der Beschwerdeführer die erwünschte Auskunft hinsichtlich der Fragen 1 und 3 durch Akteneinsicht erlangen hätte können.

Entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers kann aber im Beschwerdefall die Akteneinsicht als ein dem Auskunftswerber zumutbarer Weg im Sinne des § 3 Abs 2 lit d Tir AuskunftspflichtG, die Auskunft unmittelbar erhalten zu können, angesehen werden (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 99/11/0186). Dies ergibt sich nicht zuletzt auch daraus, dass der ständigen Rechtsprechung, wonach die Auskunftspflicht nicht geeignet ist, eine Akteneinsicht durchzusetzen, die Überlegung zu Grunde liegt, dass dann, wenn die Auskunft in der Weitergabe von Informationen über einen Akteninhalt besteht, die Auskunft in aller Regel nicht jene Detailliertheit an Informationen aufzuweisen hat, die bei der Einsicht in die Akten zu gewinnen wäre (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2001/11/0270, mwN). Ist aber durch Akteneinsicht ohnehin die gewünschte Information zu erlangen, noch dazu in einem höheren Detailliertheitsgrad, ist die Akteneinsicht als zumutbarer direkter Weg im Sinne des § 3 Abs 2 lit d leg. cit anzusehen. Dass etwa im Beschwerdefall besondere Sachumstände vorlägen, die dazu führen könnten, die Akteneinsicht als für den Beschwerdeführer unzumutbar zu qualifizieren, wird von der Beschwerde nicht einmal ansatzweise dargelegt.

Damit erweist sich die Beschwerde hinsichtlich der Abweisung des Antrags auf Beantwortung der Fragen 1 und 3 als unbegründet.

3.2. Hinsichtlich der weiteren Fragen hat die belangte Behörde die Auffassung vertreten, die gewünschte Information ergebe sich direkt aus dem Gesetz und müsse dem Beschwerdeführer ohnehin bekannt sein.

3.2.1. Diese Begründung ist nur insofern zutreffend, als gemäß § 9 Abs 1 des Gesetzes über den Unabhängigen Verwaltungssenat in Tirol (UVS-G) der UVS nach Maßgabe des AVG und des VStG durch einzelne seiner Mitglieder oder durch Kammern entscheidet, wobei sich die konkrete Zuständigkeit aus der jeweiligen Geschäftsverteilung ergibt (§ 9 Abs 3 UVS-G), sodass die Erteilung einer gesonderten Approbationsbefugnis nicht erforderlich ist. Es ist im Beschwerdefall nicht strittig, dass das entscheidende Organ Mitglied des UVS ist; auch die geschäftsordnungsgemäße Zuständigkeit wird von der Beschwerde nicht in Frage gestellt. Vor diesem Hintergrund durfte die belangte Behörde die Beantwortung der Frage 2 mit Hinweis auf das genannte Gesetz verweigern, ohne Rechte des Beschwerdeführers zu verletzen.

3.2.2. Anderes gilt hinsichtlich der Fragen 4 bis 6:

Diesbezüglich ist weder durch Akteneinsicht etwas zu gewinnen, noch durch Einsichtnahme in das UVS-G. Auch der Hinweis der belangten Behörde auf § 82a AVG, wonach bis zum Ablauf des schriftliche Ausfertigungen von elektronisch erstellten Erledigungen bzw in Form von elektronischen Dokumenten keiner Unterschrift, Beglaubigung oder Amtssignatur bedurften, rechtfertigt nicht die Verweigerung der diesbezüglichen, die tatsächlich gesetzte Fertigungsklausel betreffenden Auskunft.

Mit Blick auf das dem Auskunftsbegehren vorangegangene Verwaltungsgeschehen ist schließlich auch nicht zu sehen, dass das Auskunftsbegehren etwa mutwillig gestellt worden wäre.

Für die vom Beschwerdeführer vertretene Auffassung, bei Bestehen eines zumutbaren unmittelbaren Wegs iSd § 3 Abs 2 lit d Tir AuskunftspflichtG nur hinsichtlich eines Teils der gestellten Fragen müsse eine einheitliche, alle Fragen umfassende Auskunft erteilt werden, bietet das Gesetz keine Grundlage (vgl auch diesbezüglich das schon zitierte Erkenntnis Zl 99/11/0186).

4. Aus dem Gesagten ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid im aus dem Spruch ersichtlichen Umfang (hinsichtlich der Fragen 4 bis 6) gemäß § 42 Abs 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben ist; hingegen ist im Übrigen (hinsichtlich der Fragen 1 bis 3) die Beschwerde gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
NAAAE-83397