VwGH vom 18.03.2015, 2013/10/0193
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie den Hofrat Dr. Rigler als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der O GmbH in Innsbruck, vertreten durch Dr. Ewald Jenewein, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Brixner Straße 2, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. U- 14.636/2, betreffend naturschutzbehördlicher Entfernungsauftrag, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom erteilte die Tiroler Landesregierung der beschwerdeführenden Partei gemäß § 15 Abs. 5 Tiroler Naturschutzgesetz 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26, den Auftrag, die im Gemeindegebiet von A. neben der Landesstraße "L.S." auf einem näher bezeichneten Grundstück, KG A., gegenüber dem Gasthof "H." in A. und nordöstlich neben der dort gelegenen Bushaltestelle, die außerhalb der geschlossenen Ortschaft aufgestellte Werbeeinrichtung mit der Aufschrift "O.I. RESIDIEREN AM LAND ANSITZ A." (Anonymisierung durch den VwGH) bis zu einem näher bezeichneten Datum zu entfernen.
Zur Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass die gegenständliche Reklametafel aufgrund einer Anzeige der Tiroler Bergwacht und der als Beilage hierzu übermittelten Lichtbilder als Werbeeinrichtung im Sinne des § 3 Abs. 3 TNSchG 2005 eingeordnet werden könne, deren Einrichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung außerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfe, soweit nicht ein Ausnahmetatbestand erfüllt sei, was aufgrund der verfügbaren Lichtbilder verneint werden könne. Da eine bewilligungspflichtige Werbetafel ohne Bewilligung errichtet worden sei, sei ein Auftrag zu deren Entfernung gemäß § 15 Abs. 5 TNSchG 2005 zu erteilen gewesen.
Dagegen richtet sich die gegenständliche Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhalts sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde begehrt wird.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.
Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Tiroler Naturschutzgesetzes 2005 - TNSchG 2005, LGBl. Nr. 26 idF LGBl. Nr. 150/2012, lauten wie folgt:
"§ 3
Begriffsbestimmungen
...
(2) Geschlossene Ortschaft ist ein Gebiet, das mit mindestens fünf Wohn- oder Betriebsgebäuden zusammenhängend bebaut ist, wobei der Zusammenhang bei einem Abstand von höchstens 50 Metern zwischen zwei Gebäuden noch nicht als unterbrochen gilt. Zur geschlossenen Ortschaft gehören auch Parkanlagen, Sportanlagen und vergleichbare andere weitgehend unbebaute Grundstücke, die überwiegend von einem solchen Gebiet umgeben sind. Land- und forstwirtschaftliche Gebäude, die nach den raumordnungsrechtlichen Vorschriften im Freiland errichtet werden dürfen, gelten nicht als Betriebsgebäude.
(3) Werbeeinrichtung ist eine im Landschaftsbild in Erscheinung tretende Einrichtung, die der Anpreisung oder der Ankündigung dient oder die sonst auf etwas hinweisen oder die Aufmerksamkeit erregen soll.
...
§ 15
Sonderbestimmungen für Werbeeinrichtungen
(1) Die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von Werbeeinrichtungen außerhalb geschlossener Ortschaften bedarf einer naturschutzrechtlichen Bewilligung, soweit im Abs. 2 nichts anderes bestimmt ist. Die Bewilligung ist zu erteilen, wenn die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 weder durch die Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe, Lichtwirkung und dergleichen der Werbeeinrichtung noch durch deren Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung am vorgesehenen Ort beeinträchtigt werden.
(2) Keiner naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfen die Errichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung von
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a) | Werbeeinrichtungen an Gebäuden mit Aufenthaltsräumen; |
b) | gesetzlich vorgeschriebenen Geschäfts- und Betriebsstättenbezeichnungen und damit im unmittelbaren Zusammenhang stehenden Werbeeinrichtungen, soweit sich die Werbeeinrichtungen an Gebäuden oder auf dem selben Grundstück wie das Geschäfts- oder Betriebsgebäude befinden; |
c) | Werbeeinrichtungen, die den in der Verordnung nach Abs. 3 festgelegten Anforderungen entsprechen; |
d) | Hinweisen auf vorübergehende Veranstaltungen, sofern sie innerhalb von sechs Wochen vor dem Beginn der Veranstaltung errichtet, aufgestellt oder angebracht werden; sie sind spätestens zwei Wochen nach dem Ende der Veranstaltung zu entfernen; |
e) | Anlagen zum Anschlagen von Plakaten durch Gruppen, die sich an der Wahlwerbung für die Wahl zum Europäischen Parlament, des Bundespräsidenten, zu einem allgemeinen Vertretungskörper oder zu den satzungsgebenden Organen einer gesetzlichen beruflichen Vertretung oder an der Werbung für eine Volksabstimmung, eine Volksbefragung oder ein Volksbegehren auf Grund landes- oder bundesrechtlicher Vorschriften beteiligen, sofern sie innerhalb von sechs Wochen vor dem Wahltag, dem Tag der Volksabstimmung oder der Volksbefragung bzw. dem Beginn der Eintragungszeit und während dieser erfolgt. Solche Anlagen sind spätestens zwei Wochen nach dem Wahltag, dem Tag der Volksabstimmung oder Volksbefragung bzw. dem Ende der Eintragungszeit von der betreffenden Gruppe zu entfernen. |
(3) Die Landesregierung hat durch Verordnung Kriterien für die Errichtung, Aufstellung oder Anbringung, Materialbeschaffenheit, Größe, Form, Farbe, Lichtwirkung, Schriftart und dergleichen von Werbeeinrichtungen festzulegen, bei deren Erfüllung anzunehmen ist, dass die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 nicht beeinträchtigt werden.
(4) Für die Erteilung naturschutzrechtlicher Bewilligungen für Werbeeinrichtungen gilt § 29 Abs. 5 bis 11 sinngemäß.
(5) Wurde eine bewilligungspflichtige Werbeeinrichtung ohne Bewilligung errichtet, aufgestellt, angebracht oder geändert oder eine Werbeeinrichtung entgegen dem Abs. 2 lit. d oder e nicht rechtzeitig entfernt, so hat die Bezirksverwaltungsbehörde demjenigen, der dies veranlasst bzw. unterlassen hat, oder, wenn dieser nur mit einem unverhältnismäßigen Aufwand festgestellt oder überhaupt nicht herangezogen werden kann, dem Grundeigentümer oder dem sonst über das Grundstück Verfügungsberechtigten mit Bescheid aufzutragen, die Werbeeinrichtung unverzüglich, längstens jedoch innerhalb eines Monats zu entfernen.
(6) Die Bezirksverwaltungsbehörde darf Werbeeinrichtungen, die ohne Bewilligung errichtet, aufgestellt, angebracht, geändert oder entgegen dem Abs. 2 lit. d oder e nicht rechtzeitig entfernt worden sind, sofort entfernen, wenn sie die Interessen des Naturschutzes nach § 1 Abs. 1 beeinträchtigen. Die Bezirksverwaltungsbehörde hat dem Eigentümer des entfernten Gegenstandes oder dem sonst hierüber Verfügungsberechtigten unverzüglich aufzutragen, den Gegenstand zu übernehmen. Die Zustellung eines solchen Auftrages nach § 25 des Zustellgesetzes gilt 24 Stunden nach dem Anschlag als bewirkt.
(7) Wenn die Feststellung des Eigentümers des entfernten Gegenstandes oder des sonst hierüber Verfügungsberechtigten einen unverhältnismäßig hohen Aufwand erfordern würde, hat die Bezirksverwaltungsbehörde den Verfall des Gegenstandes zugunsten des Landes auszusprechen. Ein solcher Bescheid ist durch öffentliche Bekanntmachung zuzustellen.
(8) Die Kosten der Entfernung und Aufbewahrung eines Gegenstandes sind von dessen Eigentümer oder vom sonst hierüber Verfügungsberechtigten dem Rechtsträger der Bezirksverwaltungsbehörde zu ersetzen. Wird ein entfernter Gegenstand nicht innerhalb eines Monats von dessen Eigentümer oder vom sonst hierüber Verfügungsberechtigten übernommen, so verfällt der Gegenstand zugunsten des Landes. Für Schäden, die bei der Entfernung von Gegenständen unvermeidbar eintreten, besteht gegenüber dem Rechtsträger kein Anspruch auf Entschädigung."
Der angefochtene Bescheid ist von der Auffassung getragen, dass eine gemäß § 15 Abs. 1 TNSchG 2005 bewilligungspflichtige Werbeeinrichtung ohne Bewilligung aufgestellt worden und daher gemäß § 15 Abs. 5 TNSchG 2005 ein Entfernungsauftrag zu erteilen gewesen sei. Zur näheren Begründung führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, dass das Vorhandensein der Werbetafel mit Datum vom von der Tiroler Bergwacht angezeigt worden sei. Aufgrund der als Beilage zu dieser Anzeige übermittelten Lichtbilder könne die gegenständliche Reklametafel als Werbeeinrichtung im Sinne des § 3 Abs. 3 TNSchG 2005 eingeordnet werden, deren Einrichtung, Aufstellung, Anbringung oder Änderung außerhalb geschlossener Ortschaften grundsätzlich einer naturschutzrechtlichen Bewilligung bedürfe, soweit nicht ein Ausnahmetatbestand erfüllt sei, was aufgrund der verfügbaren Lichtbilder verneint werden könne.
Die Werbeeinrichtung befinde sich außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, weil sie in einem Bereich liege, wo die beiden nächstgelegenen Gebäude zueinander einen größeren Abstand als 50 m aufwiesen. Damit ende die geschlossene Ortschaft jedenfalls bereits bei diesen Gebäuden, was aus dem einen Bestandteil des angefochtenen Bescheides bildenden Orthofoto hervorgehe. Zur geschlossenen Ortschaft gehörten nämlich nur jene Flächen, welche zwischen Gebäuden mit einem Abstand von max. 50 m zueinander lägen. Dies zeige sich insbesondere bei Gebäuden, die - wie im gegenständlichen Fall - entlang einer Straße linienförmig mit einem Abstand von max. 50 m zum jeweils links und rechts befindlichen Gebäude angeordnet seien. Zur geschlossenen Ortschaft zählten diesfalls aber nur jene Flächen, die zwischen den linienförmig angeordneten Gebäuden lägen. Ein im Umkreis von 50 m liegendes Gebäude sei dabei - soweit sich in diesem Bereich kein weiteres Gebäude befände - jedenfalls nicht zu berücksichtigen.
Das dagegen vorgebrachte Argument, wonach die Werbetafel, selbst wenn sie im Sinne des ersten Satzes des § 3 Abs. 2 TNSchG 2005 nicht innerhalb einer geschlossenen Ortschaft läge, doch überwiegend von einer geschlossenen Ortschaft umgeben wäre und damit in diesem Bereich jedenfalls zumindest von einer geschlossenen Ortschaft im Sinne des § 3 Abs. 2 zweiter Satz TNSchG 2005 auszugehen wäre, sei daher unzutreffend. Selbst wenn die Werbeeinrichtung teilweise an bebautes Gebiet, welches die Voraussetzungen einer geschlossenen Ortschaft erfüllen dürfte, angrenze, sei es - wie dem genannten Orthofoto entnommen werden könne - jedenfalls nicht überwiegend von diesem umgeben. Vielmehr befände sich rund um die Werbetafel großteils eine vollkommen unbebaute landwirtschaftliche Nutzfläche und keine geschlossene Ortschaft im Sinne des § 3 Abs. 2 erster Satz TNSchG 2005.
In der dagegen erhobenen Beschwerde stellt die beschwerdeführende Partei zunächst weder die Feststsellungen betreffend den Standort der Werbetafel in Abrede, noch, dass sie die Errichtung der gegenständlichen Werbetafel veranlasst habe und über keine naturschutzbehördliche Bewilligung verfüge. Sie behauptet auch nicht, dass die Tafel einem Ausnahmetatbestand gemäß § 15 Abs. 2 TNSchG 2005 oder einer dazu ergangenen Verordnung unterfiele, bringt jedoch im Ergebnis vor, dass sich die Werbetafel innerhalb einer geschlossenen Ortschaft befinde bzw. von einem überwiegend zusammenhängend bebauten Gebiet umgeben sei, weil aufgrund der Definition einer "geschlossenen Ortschaft" gemäß § 3 Abs. 2 TNSchG 2005 auch eine Reklametafel, welche sich innerhalb eines Abstandes von 50 Metern vom letzten Gebäude der geschlossenen Ortschaft befinde, noch als zu dieser geschlossenen Ortschaft gehörig zu qualifizieren sei.
Dem ist zu entgegnen, dass nach der hg. Judikatur zu § 3 Abs. 2 TNSchG 2005 eine "geschlossene Ortschaft" durch eine Ansammlung von weniger als 50 m voneinander entfernt gelegenen Gebäuden konstituiert und begrenzt wird; das Gebiet zwischen zwei solchen Gebäudeansammlungen bzw. einer solchen Ansammlung und einem mehr als 50 m davon entfernt gelegenen Gebäude zählt nicht zur geschlossenen Ortschaft (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/10/0217, mwN). Die gegenständliche Tafel, die sich ausweislich des im Bescheid integrierten Orthofotos und nach den Feststellungen der belangten Behörde jedenfalls außerhalb des durch Gebäude verbauten Gebietes befindet und großteils von unbebauten landwirtschaftlichen Nutzflächen umgeben ist, liegt daher unabhängig von ihrer Entfernung zu diesen Gebäuden außerhalb einer geschlossenen Ortschaft, weshalb sie einer naturschutzbehördlichen Bewilligung bedurfte.
Da eine solche Bewilligung unstrittig nicht erteilt worden ist, hat die belangte Behörde gemäß § 15 Abs. 5 TNSchG 2005 zu Recht den gegenständlichen Entfernungsauftrag erteilt.
Da sich die Beschwerde somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf §§ 47 ff VwGG iVm der (auf "Altfälle" gemäß § 3 Z 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. I Nr. 8/2014, weiter anzuwendenden) VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am