VwGH vom 24.05.2012, 2011/03/0062
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde des R E in W, vertreten durch Schneider Rechtsanwalts KG in 1080 Wien, Laudongasse 11/3, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Wien vom , Zl M63/010548/2010, betreffend Entziehung der Gewerbeberechtigung für das Taxigewerbe, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid entzog die belangte Behörde dem Beschwerdeführer die Gewerbeberechtigung für ein näher bezeichnetes Taxigewerbe, beschränkt auf die Verwendung von drei Personenkraftwagen, gemäß § 5 Abs 1 und Abs 3 Z 3 Gelegenheitsverkehrs-Gesetz 1996 (GelVerkG).
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, gegen den Beschwerdeführer lägen im Zeitraum 2005 bis 2010 insgesamt 63 rechtskräftige Bestrafungen wegen Übertretungen näher bezeichneter Vorschriften über die Personenbeförderung, die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge vor. Diese Vormerkungen seien als schwerwiegende und wiederholte Verstöße im Sinne des § 5 Abs 3 Z 3 GelverkG zu qualifizieren. Nach der Rechtsprechung erfüllten nämlich auch eine Vielzahl geringfügiger Verstöße im Zusammenhang mit den im Rahmen der Gewerbeausübung zu beachtenden Rechtsvorschriften das Tatbestandselement der schwerwiegenden Verstöße im Sinne der zitierten Norm.
Wenn der Beschwerdeführer ausführe, dass eine Vielzahl der Verwaltungsübertretungen nicht von ihm selbst, sondern von seinen Arbeitnehmern begangen worden sei, und es daher unzulässig sei, ohne weitere Beweisaufnahme anzunehmen, dass er die Taten begangen habe, sei ihm entgegen zu halten, dass die belangte Behörde rechtskräftig festgestellte Verwaltungsstraftaten nicht mehr in Frage zu stellen habe; die rechtskräftigen Bestrafungen entfalteten für das gegenständliche Verfahren vielmehr bindende Wirkung.
Dem Vorbringen des Beschwerdeführers, Bestrafungen aus den Jahren 2008 bis 2010 lägen zeitlich erst nach dem erstinstanzlichen Bescheid und dürften im Berufungsverfahren nicht berücksichtigt werden, sei zu erwidern, dass die Entziehung der Gewerbeberechtigung ein konstitutiver Verwaltungsakt sei und es dabei auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Entscheidung der Berufungsbehörde ankomme. Somit seien sämtliche rechtskräftig festgestellten Verwaltungsübertretungen bis zum Tag der Berufungsentscheidung zu beachten.
Auf Grund der - trotz eines laufenden Entziehungsverfahrens - regelmäßigen rechtskräftigen Bestrafungen wegen schwerwiegender und wiederholter Verstöße des Beschwerdeführers gegen Vorschriften über die Personenbeförderung, die Sicherheit im Straßenverkehr sowie die sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten sei davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer die für die Ausübung des Gewerbes erforderliche Zuverlässigkeit nicht mehr besitze. Die Gewerbeberechtigung sei daher zu entziehen. Auf die persönlichen Verhältnisse des Beschwerdeführers könne dabei nicht Bedacht genommen werden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde als unbegründet abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
1. Gemäß § 1 Abs 1 GelVerkG in der maßgeblichen Fassung BGBl I Nr 24/2006 gilt dieses Bundesgesetz für die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen, ausgenommen die gewerbsmäßige Beförderung von Personen im Kraftfahrlinienverkehr auf Grund des Kraftfahrliniengesetzes.
Nach § 2 Abs 1 GelVerkG darf die gewerbsmäßige Beförderung von Personen mit Kraftfahrzeugen im Umfang des § 1 Abs 1 leg cit nur auf Grund einer Konzession ausgeübt werden.
Voraussetzung für die Erteilung der Konzession ist unter anderem nach § 5 Abs 1 Z 1 GelVerkG, dass neben den allgemeinen Voraussetzungen für die Ausübung eines reglementierten Gewerbes die Zuverlässigkeit vorliegt. Sämtliche Voraussetzungen müssen während der gesamten Dauer der Gewerbeausübung vorliegen. Werden diese Voraussetzungen vom Gewerbetreibenden nicht mehr erfüllt, so ist die Konzession zu entziehen.
Gemäß § 5 Abs 3 Z 3 GelVerkG ist die Zuverlässigkeit insbesondere dann nicht gegeben, wenn der Gewerbeberechtigte wegen schwerer Verstöße gegen die Vorschriften über a) die für den Berufszweig geltenden Entlohnungs- und Arbeitszeitbedingungen oder
b) die Personenbeförderung, insbesondere die Lenk- und Ruhezeiten der Fahrer, die Gewichte und Abmessungen der Kraftfahrzeuge und die Sicherheit im Straßenverkehr und der Kraftfahrzeuge, den Umweltschutz sowie die sonstigen Vorschriften in Bezug auf die Berufspflichten, rechtskräftig bestraft wurde.
2. Die Begründung des angefochtenen Bescheides erweist sich zwar insofern als mangelhaft, als die dem Beschwerdeführer zur Last gelegten rechtskräftigen Verwaltungsübertretungen lediglich durch Anführung der Aktenzahlen, der übertretenen Normen und der Höhe der verhängten Strafen präzisiert wurden; nähere Feststellungen insbesondere über die Tatzeitpunkte und die Daten der dazu ergangenen Straferkenntnisse sind den Feststellungen nicht zu entnehmen.
Die Beschwerde bestreitet aber nicht, dass die von der belangten Behörde angeführten Verwaltungsübertretungen aus dem festgestellten Zeitraum datieren, der Beschwerdeführer dafür rechtskräftig bestraft wurde und die Verwaltungsstrafen nicht getilgt (vgl § 55 VStG) waren. Der Beschwerdeführer rechtfertigt sich vielmehr damit, die Verwaltungsübertretungen zum Teil nicht selbst begangen zu haben, sondern Übertretungen der für ihn tätigen Lenker in Unkenntnis der Rechtsfolgen auf sich genommen zu haben.
Damit zeigt er keine relevante Fehlerhaftigkeit des angefochtenen Bescheides auf, weil aufgrund der rechtskräftigen Straferkenntnisse bindend feststeht, dass er die ihm zur Last gelegten Handlungen rechtswidrig und schuldhaft begangen hat (vgl etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2009/03/0146). Die belangte Behörde hatte daher nicht mehr in Zweifel zu ziehen, dass der Beschwerdeführer die rechtskräftig festgestellten Verwaltungsdelikte begangen hat, sondern war an die diesbezüglichen Straferkenntnisse gebunden.
3. Entgegen dem weiteren Beschwerdevorbringen war die belangte Behörde auch nicht daran gehindert, Verwaltungsübertretungen, die der Beschwerdeführer erst nach der in erster Instanz ausgesprochenen Entziehung seiner Gewerbeberechtigung, aber noch vor Erlassung des angefochtenen Bescheides begangen hat, in ihre Überlegungen einzubeziehen, weil sie als Berufungsbehörde in der Sache zu entscheiden hatte (§ 66 Abs 4 AVG) und dabei auch auf neue, erst nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides eingetretene Umstände Bedacht zu nehmen hatte (vgl Walter/Thienel , Verwaltungsverfahrensgesetze I2 (1998), E 281ff zu § 66 AVG).
4. Ausgehend davon kann der belangten Behörde nicht entgegen getreten werden, wenn sie die Zuverlässigkeit des Beschwerdeführers für die Ausübung des gegenständlichen Gewerbes aufgrund der festgestellten, innerhalb eines Zeitraumes von etwa fünf Jahren begangenen 63 (!) Verstöße gegen einschlägige, mit dem Berufszweig in Zusammenhang stehende Verwaltungsvorschriften verneint hat. Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits erkannt, dass die Zuverlässigkeit iSd § 5 Abs 1 Z 1 leg cit auch dann als nicht mehr gegeben angesehen werden kann, wenn mehrere durch rechtskräftige Bestrafung geahndete Verstöße zwar jeweils für sich genommen noch nicht, aber insgesamt gesehen als schwere Verstöße iSd § 5 Abs 3 Z 3 GelVerkG zu werten sind (vgl das hg Erkenntnis vom , Zl 2007/03/0131). Die im vorliegenden Fall besonders hohe Anzahl an Verstößen, die auch wiederholt gesetzt wurden und trotz ansteigender Geldstrafen zu keiner Verhaltensänderung führten (vgl etwa die insgesamt 20 Verstöße gegen § 103 Abs 2 KFG) zeigt, dass der Beschwerdeführer die erforderliche Zuverlässigkeit in Bezug auf die notwendige Einhaltung der insbesondere mit der Sicherheit des Straßenverkehrs, aber auch mit anderen für den gegenständlichen Berufszweig erlassenen Normen nicht (mehr) besitzt.
5. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am