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VwGH vom 25.01.2012, 2011/03/0061

VwGH vom 25.01.2012, 2011/03/0061

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der E GmbH in L, vertreten durch Dr. Wolfram Proksch, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Nibelungengasse 11/4, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl 611.171/0001-BKS/2009, betreffend Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms (mitbeteiligte Partei: A GmbH (früher: A Ö GmbH) in W; weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Am schrieb die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) die Übertragungskapazität "S 2 (Sberg) 96,3 MHz" aus, um die sich (unter anderem) die Beschwerdeführerin und die Mitbeteiligte bewarben.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid ordnete die belangte Behörde diese Übertragungskapazität der Mitbeteiligten gemäß § 10 Abs 1 Z 4 iVm § 12 Abs 1 Privatradiogesetz, BGBl I Nr 20/2001 idF BGBl I Nr 169/2004 (PrR-G), zur Erweiterung des ihr zugeteilten Versorgungsgebiets "W 102,5" zu. Gleichzeitig wies sie den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk im gegenständlichen Versorgungsgebiet und Zuordnung der ausgeschriebenen Übertragungskapazität ab.

Begründend führte sie - zusammengefasst - aus, die erstinstanzliche Behörde habe sich mit den Anträgen der Parteien ausführlich auseinandergesetzt und entsprechend den gesetzlichen Grundsätzen beurteilt, ob die gegenständliche Übertragungskapazität für die Erweiterung eines bestehenden Versorgungsgebietes oder für die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes zu verwenden sei. Sie habe das bereits bestehende Programmangebot berücksichtigt (neben einem privaten bundesweiten und einem auf das Mostviertel zugeschnittenen Programm sowie einem Fachhochschulradio sei schon ein Stadtradio für S vorhanden) und mit den geplanten Programmen der Parteien verglichen. Die Mitbeteiligte veranstalte (im bereits bestehenden Versorgungsgebiet "W 102,5") ein Vollprogramm, das sich an die Kernzielgruppe der 30- bis 45-Jährigen richte. Das Musikprogramm im AC-Format umfasse im Wesentlichen "aktuelle und ältere Pop- und Rocktitel mit Hitqualität"; das Wortprogramm beinhalte Nachrichten, Wetter- und Verkehrsmeldungen, Veranstaltungshinweise sowie Berichte zum öffentlichen kulturellen und wirtschaftlichen Leben. Das Verhältnis von Wort- zu Musikanteilen betrage 20:80. Im Falle der Erweiterung um die ausgeschriebene Übertragungskapazität beabsichtige die Mitbeteiligte, das Programm an die Präferenzen auch der Bewohner von S anzupassen. Dabei attestiere die KommAustria dem Programm der Mitbeteiligten auch einen besonderen Lokalbezug. Die Beschwerdeführerin sehe ein Programm vor, das seinen Lokalbezug mit rund 40 bis 50 % des Wortprogramms vor allem "im kulturellen und technikaffinen Bereich" habe. Der Wortanteil liege im Verhältnis zum Musikanteil bei 15 bis 20 %. Laut Antrag solle es im Wortprogramm pro Stunde (von 6-18 Uhr) bis zu zwei aktuelle Beiträge in einer Länge von 1,30 Min bis 2,30 Min geben, die schwerpunktmäßig im Bereich des kulturellen Lebens der Region und der Lebensart der Zielgruppe lägen. Das Musikformat setze auf entspannende, sanfte Musiktitel mit niedriger "Beats per Minute"- Rate.

In programmlicher Hinsicht liege somit nach Auffassung der belangten Behörde eine ausgewogene Situation vor. Dass die Beschwerdeführerin - wie sie behaupte - ungleich mehr Lokalbezug biete oder meinungsvielfältiger sei, stelle "im Gegenteil" im Hinblick auf den (gegenüber den Mitbewerbern teilweise geringeren) geplanten zeitlichen Umfang des Wortanteils und den eingeschränkten inhaltlichen Schwerpunkten eine nicht näher begründete Behauptung dar. Dies gelte auch für ihr Vorbringen, dass sie "zweifellos einen höheren Beitrag zur Meinungsvielfalt" leisten würde. Die Beschwerdeführerin begnüge sich insofern mit allgemeinen Floskeln. Soweit sie für sich ins Treffen führe, dass nur sie ein bestimmtes Musikformat anbiete, sei zwar zuzugeben, dass im Sinne einer Programmvielfalt auch das Musikformat zu berücksichtigen sei. Es komme aber bei der Beurteilung der Meinungsvielfalt nicht allein darauf an, dass ein anderes Musikformat ausgestrahlt werde. Die belangte Behörde könne daher unter dem Blickwinkel der Meinungsvielfalt keinen Vorzug zugunsten einer der Bewerberinnen erkennen. Auch politische, soziale und kulturelle Zusammenhänge gäben - aus näher dargestellten Gründen - keinen Ausschlag zugunsten einer der gesetzlich vorgesehenen Auswahlmöglichkeiten. Bei dieser Sachlage habe die erste Instanz ihre Auswahlentscheidung zu Recht anhand des Kriteriums der Wirtschaftlichkeit getroffen. Sie habe berücksichtigt, dass im Versorgungsgebiet neben mehreren ORF-Programmen bereits vier private kommerzielle Programme bestünden und der Wettbewerb um Werbeeinnahmen nicht unbeträchtlich sein werde. Es sei auch nicht unschlüssig, wenn die KommAustria gegen die wirtschaftliche Einträglichkeit eines neuen Versorgungsgebiets vorbringe, dass ein Teil des Stadtgebietes von S nicht in ausreichender Mindestfeldstärke versorgt werde, was sich in Bezug auf die lokale Werbezeitvermarktung als "Versorgungslücke" bedeutsam erweisen könne. Dies gelte auch für die Überlegungen der KommAustria über den höheren technischen, organisatorischen und somit finanziellen Aufwand bei der Etablierung eines (gänzlich) neuen Senders gegenüber einer Erweiterung. Die diesbezüglichen Zweifel an der dauerhaften Finanzierbarkeit und die angestellte Prognose zugunsten der Erweiterung seien daher nicht unschlüssig, wenn man zusätzlich berücksichtige, dass die geringe technische Reichweite und die daraus resultierende geringe lokale Wirkung von Werbung sich auch in den Werbetarifen niederschlagen werde müssen. Der bloß abstrakte Hinweis der Beschwerdeführerin, dass ihr finanzielles Konzept "im Vergleich zu den Mitbewerbern einzigartig" sei, könne in dieser Hinsicht jedenfalls nicht überzeugen. Im vorliegenden - in der Bewerbungssituation sehr ausgewogenen - Fall vertrete die belangte Behörde daher die Auffassung, dass der Zielsetzung des PrR-G, eine vielfältige, anderseits aber auch überlebensfähige Hörfunklandschaft zu schaffen, durch die Einräumung der Möglichkeit zur Vergrößerung des Versorgungsgebiets ("W 102,5") besser Rechnung getragen werde. Die Erweiterung entspreche in der gegebenen Situation (in der puncto Meinungsvielfalt keine Bewerberin der anderen "überlegen" sei) besser der gesetzgeberischen Absicht, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicherzustellen, weil die wirtschaftlichen Tragfähigkeit des schon bestehenden Programms begünstigt werde.

Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor. Die Mitbeteiligte erstattete keine Gegenschrift.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G sind verfügbare Übertragungskapazitäten - soweit nicht die im vorliegenden Fall nicht in Betracht kommenden Voraussetzungen nach § 10 Abs 1 Z 1 bis Z 3 leg cit vorliegen - auf Antrag entweder für die Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete heranzuziehen oder die Schaffung neuer Versorgungsgebiete zuzuordnen. Bei dieser Auswahl ist auf die Meinungsvielfalt in einem Verbreitungsgebiet, die Bevölkerungsdichte, die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung sowie auf politische, soziale, kulturelle Zusammenhänge Bedacht zu nehmen.

2. Die Beschwerde führt gegen die von der belangten Behörde unter Anwendung der obigen Kriterien getroffene Auswahl vor allem zwei Umstände ins Treffen:

Zum einen habe die belangte Behörde nach Auffassung der Beschwerdeführerin das Kriterium der Meinungsvielfalt rechtlich falsch beurteilt, weil die Beschwerdeführerin mit ihrem Musikprogramm einen gänzlich anderen Weg als vorhandene Radioprogramme beschreite. Auch biete ihr Programm mehr Lokalbezug als jenes der Mitbeteiligten, weil es nach Rechtsprechung der belangten Behörde selbst nicht von vornherein unschlüssig sei, dass bei einem für mehrere Versorgungsgebiete produzierten Programm der inhaltliche Bezug zum jeweiligen Versorgungsgebiet geringer sei als bei einem solchen, das eigens für ein bestimmtes Versorgungsgebiet produziert werde.

Zum anderen habe die belangte Behörde bei Einschätzung der Wirtschaftlichkeit nicht berücksichtigt, dass die Beschwerdeführerin erhebliche Synergien nutzen könne. Das von ihr vorgelegte Konzept mache eine auf eine längere Zeit ausgerichtete Hörfunkveranstaltung nicht nur wirtschaftlich darstellbar, sondern sei außergewöhnlich. Trotz eines äußerst geringen Investitionsvolumens gelinge es der Beschwerdeführerin in anderen Versorgungsgebieten (L, We, St) unter zeitgemäßer Nutzung digitaler Technologien hervorragend, ihre Hörfunkprogramme wirtschaftlich erfolgreich zu betreiben.

Beide Argumente vermögen keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheids aufzuzeigen:

Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin zwar zugestanden, ein für das betroffene Versorgungsgebiet neuartiges Musikformat anzubieten. Sie hat aber zu Recht darauf hingewiesen, dass ein solches nur einen Aspekt im variablen Beurteilungsschema darstellt, anhand dessen zu beurteilen ist, ob das Programm insgesamt einen größtmöglich Beitrag zur Meinungsvielfalt darstellt (vgl dazu aus der ständigen hg Rechtsprechung etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/03/0045, mwN). Gegen die Vorzüge des neuartigen Musikformats wog die belangte Behörde vor allem die inhaltlich beschränkten Themenschwerpunkte im Wortprogramm der Beschwerdeführerin auf, wodurch sich im Vergleich zu anderen Bewerberinnen insgesamt kein höherer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet ergäbe. Diesen Überlegungen hält die Beschwerde nichts Stichhaltiges entgegen. Insbesondere ist ihr Argument, ein für mehrere Versorgungsgebiete produziertes Programm weise im Vergleich zu einem nur für das ausgeschriebene Versorgungsgebiet veranstalteten Programm einen geringeren Lokalbezug auf, in dieser Allgemeinheit nicht zutreffend; entscheidend ist letztlich stets die konkrete Ausgestaltung der zu beurteilenden Programme. Aus welchem Grund das konkrete Programm der Beschwerdeführerin aber im Vergleich zu jenem der Mitbeteiligten einen relevant höheren Lokalbezug aufweisen soll, vermag die Beschwerde nicht darzulegen.

In Bezug auf die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung verweist die Beschwerdeführerin in sehr allgemeinen Worten auf mögliche Synergien, ohne damit aufzuzeigen, dass die Zweifel der belangten Behörde an einer wirtschaftlich tragfähigen Veranstaltung eines (weiteren) Hörfunkprogramms für ein neu zu schaffendes Versorgungsgebiet unberechtigt wären. Dass es der Beschwerdeführerin nach ihrem Vorbringen gelungen sei, in anderen österreichischen Versorgungsgebieten (wirtschaftlich) Fuß zu fassen, ist für sich betrachtet kein Argument gegen diese behördlichen Erwägungen, weil sich die Wirtschaftlichkeit letztlich nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls (Marktsituation im jeweiligen Gebiet) beurteilen lässt (vgl im Übrigen auch das denselben Bescheid der belangten Behörde betreffende hg Erkenntnis vom heutigen Tag, Zl 2011/03/0060).

3. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
QAAAE-83344