Suchen Hilfe
VwGH vom 14.04.2011, 2008/21/0514

VwGH vom 14.04.2011, 2008/21/0514

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher und Dr. Pfiel sowie die Hofrätin Dr. Julcher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Senft, über die Beschwerde des Z, vertreten durch Mag. Dr. Ingrid Weber, Rechtsanwältin in 1010 Wien, Rotenturmstraße 19, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 318.345/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, gemäß seinen Angaben ein serbischer Staatsangehöriger, reiste im Februar 2001 nach Österreich ein, wo er einen Asylantrag stellte. Dieser Antrag blieb erfolglos.

Am überreichte der Beschwerdeführer bei der Bezirkshauptmannschaft Baden einen Antrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - beschränkt". In den Verwaltungsakten findet sich im Anschluss an die Antragsunterlagen ein Arztbrief des Landesklinikums Thermenregion Baden vom , der über einen stationären Aufenthalt des Beschwerdeführers vom 21. bis zum berichtet und in dem unter der Überschrift "Epikrise und Therapie" abschließend Folgendes festgehalten ist:

"Aufgrund der neu entdeckten CMP sollte eine Kontrolle an einer CMP-Ambulanz (z.B.: AKH Wien) nach Zuweisung durch den Hausarzt erfolgen. (Beschwerdeführer) wird am in deutlich gebessertem AZ nach Hause entlassen. Ein Herpes labialis wird zur Zeit mit Zovirax Gel behandelt".

Dem folgenden Therapievorschlag ist keine weitere Medikamentation zu entnehmen, als "Sonstige Maßnahmen" wird eine Einschränkung des Nikotinkonsums angeführt. Unter "Empfohlene Kontrollen" heißt es:

"Regelmäßig beim Hausarzt bzw. Internisten mit allen notwendigen Untersuchungen, gegebenenfalls erneute Zuweisung der/des Patientin/Patienten erbeten."

Mit Bescheid vom wurde der Antrag des Beschwerdeführers gemäß § 21 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz (NAG) abgewiesen. In der dagegen erhobenen Berufung machte der Beschwerdeführer insbesondere geltend, dass er an einer in Österreich behandelbaren Herzerkrankung leide und diese Behandlung in Serbien keineswegs durchgeführt werden könne.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) dieser Berufung keine Folge. Die belangte Behörde begründete das - auf das Wesentliche zusammengefasst - damit, dass sich der Beschwerdeführer nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalte, sodass § 21 Abs. 1 NAG einer Bewilligung seines Erstantrages entgegenstehe. Er habe zwar humanitäre Gründe im Sinn des § 72 NAG geltend gemacht. Aus dem - oben dargestellten - Schreiben des Landesklinikums Thermenregion Baden vom sei (jedoch) nicht ersichtlich, dass die Herzerkrankung des Beschwerdeführers in Serbien nicht behandelbar sei. Er sei in einem deutlich gebesserten Zustand nach Hause entlassen worden und seiner Berufung sei nicht zu entnehmen, dass sich in seinem Krankheitsbild Veränderungen (Verschlechterungen) ergeben hätten; auch ein Nachweis, dass eine Behandlung im Heimatstaat unmöglich wäre, sei mit der Berufung nicht erbracht worden. Somit seien - so die belangte Behörde zusammenfassend - keine humanitären Gründe im Sinn des § 72 NAG zu erkennen.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage und Erstattung einer Gegenschrift seitens der belangten Behörde erwogen:

In der Beschwerde bleibt unbestritten, dass es sich beim gegenständlichen Antrag um einen Erstantrag handelt und dass dieser Antrag in Verletzung des § 21 Abs. 1 NAG im Inland gestellt wurde, wo sich der Beschwerdeführer jedenfalls bis zur Erlassung des bekämpften Bescheides weiter aufgehalten hat.

Die gegenständliche Antragsabweisung erwiese sich demzufolge nur dann als rechtswidrig, wenn ein Fall des § 74 NAG (in der hier anzuwendenden Stammfassung) vorläge. Liegen die Voraussetzungen des § 72 NAG (ebenfalls in der Stammfassung) vor, ist nämlich ungeachtet des Wortlautes des Gesetzes ("kann") die in § 74 NAG ausnahmsweise vorgesehene Antragstellung im Inland zuzulassen, wobei diese Zulassung im Rechtsweg erzwungen werden kann. § 72 Abs. 1 NAG stellt auf mit besonderen Gefährdungen bzw. Notlagen verbundene Lebensumstände eines Fremden ab, die dazu Anlass geben, diesem aus humanitären Gründen eine Aufenthaltsbewilligung zukommen zu lassen. Weiters liegen besonders berücksichtigungswürdige Fälle im Sinn dieser Bestimmung dann vor, wenn - ausnahmsweise - ein aus Art. 8 EMRK direkt abzuleitender Anspruch (auf einen Verbleib in Österreich) besteht. Humanitäre Gründe in diesem Sinn können insbesondere auch im Hinblick auf Erkrankungen des Fremden, die daraus entstandene familiäre Situation und die mangelnde Behandlungs- und Betreuungsmöglichkeit im Herkunftsland des Fremden vorliegen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zlen. 2009/22/0093 und 0097).

Vor diesem Hintergrund stellt sich im vorliegenden Fall die Frage nach der Relevanz der Herzerkrankung des Beschwerdeführers. Dem bekämpften Bescheid ist diesbezüglich jedenfalls die Auffassung zu entnehmen, es habe nicht nachgewiesen werden können, dass diese Erkrankung in Serbien nicht behandelbar sei.

Die Beschwerde macht dazu Ermittlungsmängel geltend und bringt vor, die belangte Behörde hätte sich von Amts wegen über den aktuellen Gesundheitszustand des Beschwerdeführers ein Bild machen müssen bzw. ihn auffordern müssen, aktuelle neue Befunde vorzulegen. Allerdings tut sie die Relevanz des behaupteten Verfahrensmangels nicht dar. Sie beschränkt sich nämlich in diesem Kontext auf die Ausführung, "dass der Bf gegenwärtig im Krankenhaus stationär aufgenommen wurde, weiters, dass die belangte Behörde bezüglich des gänzlich unsicheren Gesundheitsstatus und der latenten Lebensbedrohung bei der vorliegenden Herzerkrankung im gegenständlichen Bescheid unzulässigerweise medizinische Schlüsse zieht". Dazu ist zunächst anzumerken, dass von einer "latenten Lebensbedrohung" im Verwaltungsverfahren keine Rede war; insofern liegt daher eine im verwaltungsgerichtlichen Verfahren unzulässige Neuerung vor (§ 41 Abs. 1 VwGG). Vor allem unterbleibt aber jeglicher Hinweis auf eine zurzeit durchgeführte und erforderliche konkrete Behandlung, die in Serbien nicht erbracht werden könne. Das fällt hier umso mehr ins Gewicht, als dem in den Verwaltungsakten erliegenden Entlassungsbrief vom (siehe oben) keinerlei Behandlungsanordnung - sondern nur die Empfehlung zur Vornahme von Kontrollen - zu entnehmen ist.

Mangels ausreichender Relevanzdarstellung kann der geltend gemachte Verfahrensmangel nicht zur Aufhebung des bekämpften Bescheides führen. Welche Gesichtspunkte, von der Erkrankung des Beschwerdeführers abgesehen, im Übrigen sonst im Rahmen der Entscheidung nach § 74 NAG zu berücksichtigen gewesen wären, legt die Beschwerde ebenfalls nicht dar. Ihre insoweit unter dem Aspekt "unzureichende Ermessensübung" angestellten Erwägungen erweisen sich daher ebenso als nicht zielführend, weshalb die Beschwerde insgesamt gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
RAAAE-83335