VwGH vom 25.01.2012, 2011/03/0058
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der KR Radio Betriebsges.m.b.H. in W, vertreten durch Höhne, In der Maur Partner Rechtsanwälte GmbH in 1070 Wien, Mariahilfer Straße 20, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl 611.036/0003- BKS/2008, betreffend Zuordnung von Übertragungskapazitäten nach dem Privatradiogesetz (mitbeteiligte Partei: Radio M in W, vertreten durch Siemer-Siegl-Füreder Partner, Rechtsanwälte in 1010 Wien, Dominikanerbastei 10; weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen von EUR 57,40 und der mitbeteiligten Partei Aufwendungen von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) schrieb am das Versorgungsgebiet "S", dem die Übertragungskapazitäten "S 5 (Hberg) 99,3 MHz", "L (L) 102,3 MHz" und "S 4 102,5 MHz" zugeordnet seien, gemäß § 13 Abs 1 Z 1 iVm § 13 Abs 2 Privatradiogesetz (PrR-G) aus, um das sich (unter anderem) die Beschwerdeführerin und die Mitbeteiligte bewarben.
Mit Bescheid vom erteilte die KommAustria der Mitbeteiligten gemäß § 3 Abs 1 und 2 sowie den §§ 5, 6 und 13 Abs 1 Z 1 PrR-G die Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "S" für die Dauer von zehn Jahren ab .
Diesem Versorgungsgebiet wurden jedoch (vorerst) nur die Übertragungskapazitäten "L (L) 102,3 MHz" und "S 4 102,5 MHz" zugeordnet. Die Entscheidung über die Zuordnung der Übertragungskapazität "S 5 (Hberg) 99,3 MHz" behielt die KommAustria - mit näherer Begründung - gemäß § 59 Abs 1 AVG einer gesonderte Entscheidung vor.
Über die Anträge der Beschwerdeführerin entschied sie
wörtlich wie folgt:
"…
3. Der Antrag der (Beschwerdeführerin) auf Zuordnung der das Versorgungsgebiet 'S' bildenden Übertragungskapazitäten 'S 4, 102,5 MHz', 'L (L) 102,3 MHz' und 'S 5 (Hberg) 99,3 MHz' zur Erweiterung der bundesweiten Zulassung wird nach § 10 Abs. 4 PrR-G als unzulässig zurückgewiesen.
4. Der Eventualantrag der (Beschwerdeführerin) auf Zuordnung der Übertragungskapazitäten 'S 4, 102,5 MHz', 'L (L) 102,3 MHz' und 'S 5 (Hberg) 99,3 MHz' für den Ausbau der Versorgung durch den Inhaber der bundesweiten Zulassung wird gemäß § 10 Abs. 1 Z 3 iVm § 10 Abs. 4 PrR-G als unzulässig zurückgewiesen.
5. Der Eventualantrag der (Beschwerdeführerin) auf Erteilung einer Zulassung zur Veranstaltung von Hörfunk im Versorgungsgebiet 'S' wird gemäß § 6 Abs. 1 PrR-G abgewiesen.
6. Der Eventualantrag der (Beschwerdeführerin) … auf Zuordnung der das Versorgungsgebiet 'S' bildenden Übertragungskapazitäten unter Ausschluss der Übertragungskapazität
'L (L) 102,3 MHz' wird gemäß § 10 Abs. 4 iVm § 13 Abs. 1 Z 1 PrR-G zurückgewiesen.
…"
Die gegen diesen Bescheid erhobene Berufung der Beschwerdeführerin wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab.
Begründend führte sie im Wesentlichen aus, die erstinstanzliche Behörde habe gestützt auf die Regelungen des § 10 Abs 1 Z 3 und 4 iVm § 10 Abs 4 PrR-G die Anträge der Beschwerdeführerin auf Erweiterung und auf Ausbau der bundesweiten Zulassung zurückgewiesen. Dem halte die Beschwerdeführerin entgegen, dass die Auslegung der KommAustria dem Wortlaut der Bestimmung widerspräche und nicht zwingend sei. Eine systematische Interpretation ergäbe vielmehr, dass der Inhaber einer bundesweiten Zulassung auch im vorliegenden Fall des Zeitablaufs einer erteilten Zulassung (einem Fall nach § 13 Abs 1 Z 1 PrR-G) eine Zuordnung der zu dieser Zulassung gehörigen Übertragungskapazitäten zum Ausbau (§ 10 Abs 1 Z 3 PrR-G) oder zur Erweiterung (§ 10 Abs 1 Z 4 PrR-G) der bundesweiten Zulassung beantragen könne. Diese Auffassung vermöge aber aus folgenden Gründen nicht zu überzeugen:
§ 10 Abs 4 PrR-G verfüge für den hier relevanten Fall der Ausschreibung gemäß § 13 Abs 1 Z 1 PrR-G aufgrund des Ablaufs einer erteilten Zulassung, dass dieser Ausschreibung zugrundeliegende Übertragungskapazitäten zum einen nur in ihrer Gesamtheit und zum anderen nur gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G beantragt und zugeordnet werden könnten. Die Bestimmung des § 10 Abs 4 PrR-G verhindere daher einerseits das Auswählen einzelner (günstiger) Übertragungskapazitäten und andererseits die Zuordnung für andere Zwecke als zur Erweiterung oder zur erneuten Vergabe als "eigenständige" Zulassung. Aus der Bestimmung des § 10 Abs 4 PrR-G ergebe sich daher für den vorliegenden Fall schon aus dem ausdrücklichen Wortlaut, dass nur Anträge auf Zuordnung von Übertragungskapazitäten zur Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete oder zur Schaffung neuer Versorgungsgebiete nach § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G zulässig seien. Die in § 10 Abs 1 Z 1, 2 oder 3 leg cit geregelten Zuordnungsvarianten würden hingegen nicht angeführt. Diese Sichtweise werde auch durch die - näher dargestellten - Gesetzesmaterialien bestätigt. Dem in dieser Hinsicht völlig eindeutigen Wortlaut der Regelung des § 10 Abs 4 PrR-G habe die KommAustria daher zu Recht entnommen, dass eine Zuordnung nach § 10 Abs 1 Z 3 PrR-G nicht in Frage komme, und sie habe den diesbezüglichen Antrag der Beschwerdeführerin zutreffender Weise zurückgewiesen.
Somit verbleibe die Frage, ob die verfahrensgegenständlich ausgeschriebene Übertragungskapazität einer bundesweiten Zulassung zur Erweiterung gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G zugeordnet werden könne. Der Beschwerdeführerin sei zwar zuzugestehen, dass eine isolierte Betrachtung des Wortlauts von § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G auch die Auslegung zuließe, dass unter "Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete" auch das Versorgungsgebiet einer bundesweiten Zulassung subsumiert werden könnte. Dennoch sehe die belangte Behörde keine Veranlassung, von der gegenteiligen Rechtsansicht der KommAustria abzuweichen: Wie die KommAustria nämlich zutreffend ausführe, ziele die hier relevante Bestimmung des § 10 Abs 4 PrR-G darauf ab, bei Ausschreibungen "auslaufender" Zulassungen zu verhindern, dass Zuordnungen solcher Übertragungskapazitäten aufgrund der schon durch die Reihenfolge des § 10 Abs 1 PrR-G bevorzugten Behandlung nur mehr für den Ausbau einer bundesweiten Zulassung verwendet werden könnten. Gäbe es nämlich die Vorschrift des § 10 Abs 4 leg cit nicht, so hätte ein bisheriger Zulassungsinhaber (vorausgesetzt er sei auch weiterhin im Lichte der Kriterien des PrR-G der beste Bewerber) aufgrund des in § 10 Abs 1 Z 3 PrR-G normierten Vorrangs des Ausbaus der bundesweiten Zulassung keine Möglichkeit, die von ihm in einem bestimmten Versorgungsgebiet bereits ausgeübte Zulassung überhaupt wiederzuerlangen. Durch § 10 Abs 4 PrR-G sollte daher ein gewisser Bestand an nicht bundesweiten Zulassungen garantiert werden, anstatt sämtliche Übertragungskapazitäten im Wege von Erweiterungen in letzter Konsequenz einer bundesweiten Zulassung zuzusprechen. Die Bevorzugung der bundesweiten Zulassung durch die Rangfolge in § 10 Abs 1 Z 3 leg cit sollte durch die Beschränkung der Möglichkeit der Erweiterung auf nicht-bundesweite Zulassungen ausgeglichen werden, um dem Ziel der Etablierung einer lebensfähigen Hörfunklandschaft Rechnung zu tragen. Schon aus systematischen Überlegungen bestehe daher kein Zweifel, dass die Möglichkeit zu einer Erweiterung (iSd § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G) nur für andere Hörfunkveranstalter als den/die Inhaber einer bundesweiten Zulassung vorgesehen werden sollte. Zutreffender Weise habe die KommAustria noch als ergänzendes Argument für diese an der Gesetzessystematik orientierte und (wie sogleich noch darzulegen sein werde) dem Willen des Gesetzgebers entsprechende Auslegung festgehalten, dass es sich erübrigt hätte, zwischen einer Erweiterung gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G und dem (gegenüber der Erweiterung in zeitlicher wie inhaltlicher Hinsicht privilegierten) Ausbau der bundesweiten Zulassung gemäß § 10 Abs 1 Z 3 PrR-G zu differenzieren, wenn nicht die Regelung des § 10 Abs 1 Z 3 PrR-G für den bundesweiten Zulassungsinhaber das Äquivalent zur Erweiterung gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G für den Inhaber einer nicht-bundesweiten Zulassung darstelle. Hinzu komme aber vor allem auch, dass das von der KommAustria erzielte und von der belangten Behörde nicht zu beanstandende Auslegungsergebnis durch die bereits angesprochenen Materialien in unmissverständlicher Weise bestätigt werde: So würden diese zunächst (zu § 10 Abs 4 PrR-G) für vor Zeitablauf einer erteilten Zulassung ausgeschriebene Übertragungskapazitäten hervorheben , dass "derartige Übertragungskapazitäten nicht für bundesweite Zulassungen zugeordnet werden können". Diese Sichtweise werde an anderer Stelle wiederholt, wenn die Materialien ausdrücklich auch bei den Möglichkeiten nach § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G davon sprächen, dass "alternativ zur Erweiterung eines Versorgungsgebietes eines Zulassungsinhabers einer 'nicht-bundesweiten' Zulassung" auch die Schaffung eines neuen Versorgungsgebiets in Frage komme. Die von der KommAustria zugrunde gelegte Auffassung entspreche daher der eindeutigen Absicht des Gesetzgebers, die Möglichkeit der Erweiterung eben im Sinne des oben angesprochenen Interessensausgleichs nur den nicht-bundesweiten Zulassungen einzuräumen. Dass im Gegensatz dazu der bundesweiten Zulassung - so wie die Beschwerdeführerin dies dartue - bei allen Übertragungskapazitäten (also auch bei nach § 13 Abs 1 Z 1 PrR-G ausgeschriebenen) immer und solange ein (zu Lasten der anderen Hörfunkveranstalter gehender) uneingeschränkter Vorrang zukomme, bis sämtliche Lücken im Versorgungsnetz geschlossen seien, lasse sich hingegen weder mit dem Wortlaut der Regelung des § 10 PrR-G noch aus den Gesetzesmaterialien belegen. Die KommAustria habe daher den Antrag der Beschwerdeführerin auf Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Übertragungskapazitäten zur Erweiterung ihres bestehenden Versorgungsgebiets "bundesweite Zulassung" ebenso wie den Eventualantrag auf Zuordnung der verfahrensgegenständlichen Übertragungskapazitäten für den Ausbau der Versorgung durch den Inhaber einer bundesweiten Zulassung zu Recht als unzulässig zurückgewiesen.
Zum (weiteren) Eventualantrag der Beschwerdeführerin auf Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms im ausgeschriebenen Versorgungsgebiet führte die belangte Behörde aus, die KommAustria habe als entscheidendes Argument ihrer Auswahlentscheidung (zugunsten der Mitbeteiligten) angeführt, dass zwischen dem Programm für die bundesweite Zulassung der Beschwerdeführerin und dem für das verfahrensgegenständliche Versorgungsgebiet geplanten Programm - mit Ausnahme gewisser lokaler Serviceelemente - inhaltlich kein markanter Unterschied bestehe, weil das Programm zeitversetzt ausgestrahlt werden solle. Dieser Umstand könne im Hinblick auf den hier interessierenden Beitrag zur Programm- und Meinungsvielfalt nicht unberücksichtigt bleiben. In einem weiteren Schritt habe die KommAustria auch die Vorzüge des Programms des Mitbeteiligten im Hinblick auf die Bedachtnahme auf die Interessen im Verbreitungsgebiet hervorgehoben. Die Beschwerdeführerin trete der Wertung der KommAustria zwar entgegen, verabsäume es aber, konkret darzutun, warum bei Anwendung der Kriterien des § 6 Abs 1 PrR-G ihr der Vorzug zu geben gewesen wäre. Soweit die Beschwerdeführerin vorbringe, dass die Mitbeteiligte keinen wirklichen Beitrag zur Meinungsvielfalt leiste, weil ihr Programm auf eine enge Zielgruppe ausgerichtet sei, sei darauf hinzuweisen, dass die Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für eine besonders breite Zielgruppe gerade kein eigenes zu berücksichtigendes Kriterium des PrR-G darstelle. Vielmehr bestehe die Zielsetzung des PrR-G ua darin, durch Zulassung verschiedener Veranstalter - insbesondere auch von Spartenprogrammen, die sich typischerweise an einen eingeschränkten Hörerkreis richteten - eine möglichst große Meinungsvielfalt herzustellen. Dies habe die KommAustria auch mit ihren Ausführungen zum Programm der Mitbeteiligten gemeint, wonach in den von der Sparte gezogenen Grenzen "vielfältige Gegenwarts- und Orientierungsthemen behandelt werden, die unabhängig von Alter und Beruf ein Anliegen sein können". Im Übrigen habe die erstinstanzliche Behörde insbesondere auch festgehalten, dass die Beschwerdeführerin im Verfahren offen gelassen habe, in welchem konkreten Umfang auf das Versorgungsgebiet Bedacht nehmende Programmelemente außer Wetter- und Verkehrsnachrichten und gewisse Servicemeldungen ausgestrahlt werden sollen, weshalb sich in ihrem Programm in Bezug auf das Kriterium des Lokalbezugs kein Mehrwert für die Programmvielfalt erschließen lasse. Die Beschwerdeführerin führe auch keine Beispiele an, aus denen sich ein stärkerer Lokalbezug ihres Programms erschließen lasse. Ihr Hinweis, dass "Lokalität insbesondere durch Wetter- und Verkehrsinformationen sowie Veranstaltungsmeldungen hergestellt" werde, überzeuge nicht davon, dass der Lokalbezug ihres Programms weit über jenem der Mitbeteiligten läge. Demgegenüber lasse sich der Begründung der KommAustria entnehmen, dass das Programm der Mitbeteiligten einen engen - wenn auch thematisch eingegrenzten - Bezug zum Versorgungsgebiet herstellen werde. Ferner biete dieses Programm mit seinen unterschiedlichsten sozialen und gesellschaftlichen Fragestellungen eine vielfältige Themenpalette. Es treffe daher nicht zu, dass das Spartenprogramm der Mitbeteiligten keinen besonderen Beitrag zur Meinungsvielfalt bieten würde.
Zur Zurückweisung des (weiteren) Eventualantrags der Beschwerdeführerin auf Zuordnung eines Teils der ausgeschriebenen Übertragungskapazitäten (Spruchpunkt 6. des erstinstanzlichen Bescheids) verwies die belangte Behörde (noch einmal) darauf, dass gemäß § 10 Abs 4 PrR-G die Übertragungskapazitäten nur in ihrer Gesamtheit beantragt und für nicht-bundesweites Radio zugeordnet werden könnten. Der KommAustria sei folglich auch darin zuzustimmen, dass ein Auswählen einzelner (günstiger) Übertragungskapazitäten im Wege der Teilnahme an Ausschreibungen nach § 13 Abs 1 Z 1, 2 oder 4 PrR-G nicht möglich sei. Die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten Argumente seien daher nicht geeignet, die Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung in Frage zu stellen.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1424/08-8, ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.
Über hg Auftrag vom ergänzte die Beschwerdeführerin die Beschwerde mit Schriftsatz vom und beantragte, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, hilfsweise wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten unter Verzicht auf eine Gegenschrift vor. Die Mitbeteiligte erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig zurück- bzw abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
I. Zu den Anträgen der Beschwerdeführerin auf (gänzliche bzw teilweise) Zuordnung der ausgeschriebenen Übertragungskapazitäten zum Ausbau bzw zur Erweiterung ihrer bundesweiten Zulassung:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Privatradiogesetzes, BGBl I Nr 20/2001 idF BGBl I Nr 97/2004 (PrR-G), lauten (auszugsweise):
"Frequenzzuordnung
§ 10. (1) Die Regulierungsbehörde hat die drahtlosen terrestrischen Übertragungskapazitäten nach Frequenz und Standort dem Österreichischen Rundfunk und den privaten Hörfunkveranstaltern unter Berücksichtigung der topographischen Verhältnisse, der technischen Gegebenheiten und der internationalen fernmelderechtlichen Verpflichtungen Österreichs nach Maßgabe und in der Reihenfolge folgender Kriterien zuzuordnen:
1. Für den Österreichischen Rundfunk ist eine Versorgung im Sinne des § 3 ORF-G, BGBl. Nr. 379/1984 , mit höchstens drei österreichweit sowie neun bundeslandweit empfangbaren Programmen des Hörfunks zu gewährleisten, wobei für das dritte österreichweite Programm der Versorgungsgrad der zum Betrieb eines Rundfunkempfangsgerätes (Hörfunk) berechtigten Bewohner des Bundesgebietes ausreicht, wie er am in jedem Bundesland bestand;
2. darüber hinaus verfügbare Übertragungskapazitäten sind Hörfunkveranstaltern auf Antrag zur Verbesserung der Versorgung im bestehenden Versorgungsgebiet zuzuordnen, sofern sie dafür geeignet sind und eine effiziente Nutzung des Frequenzspektrums gewährleistet ist;
3. darüber hinaus verfügbare Übertragungskapazitäten sind auf Antrag für den Ausbau der Versorgung durch den Inhaber einer bundesweiten Zulassung zuzuordnen. Bei der Auswahl zugunsten eines Inhabers einer bundesweiten Zulassung ist jenem der Vorzug einzuräumen, dessen Versorgungsgebiet in Bevölkerungsanteilen berechnet kleiner ist;
4. darüber hinaus verfügbare Übertragungskapazitäten sind auf Antrag entweder für die Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete heranzuziehen oder die Schaffung neuer Versorgungsgebiete zuzuordnen. Bei dieser Auswahl ist auf die Meinungsvielfalt in einem Verbreitungsgebiet, die Bevölkerungsdichte, die Wirtschaftlichkeit der Hörfunkveranstaltung sowie auf politische, soziale, kulturelle Zusammenhänge Bedacht zu nehmen. Für die Erweiterung ist Voraussetzung, dass durch die Zuordnung ein unmittelbarer Zusammenhang mit dem bestehenden Versorgungsgebiet gewährleistet ist. Für die Schaffung eines neuen Versorgungsgebietes muss gewährleistet sein, dass den Kriterien des § 12 Abs. 6 entsprochen wird.
(2) …
(3) …
(4) Übertragungskapazitäten, die gemäß § 13 Abs. 1 Z 1, 2 oder 4 ausgeschrieben wurden, können nur in ihrer Gesamtheit gemäß Abs. 1 Z 4 beantragt und zugeordnet werden. …
…
Ausschreibung von Übertragungskapazitäten
§ 13. (1) Eine Ausschreibung von Übertragungskapazitäten gemäß Abs. 2 hat neben den in § 11 Abs. 3 genannten Fällen stattzufinden:
1. frühestens zwölf Monate, spätestens jedoch sechs Monate vor Ablauf einer erteilten Zulassung nach § 3 Abs. 1;
2. …
3…
4…
(2) Die Regulierungsbehörde hat dabei die verfügbaren Übertragungskapazitäten im 'Amtsblatt zur Wiener Zeitung' und durch Bekanntmachung in weiteren österreichischen Tageszeitungen und in sonstiger geeigneter Weise auszuschreiben …"
2. Die Beschwerdeführerin (sie ist unstrittig Inhaberin einer bundesweiten Zulassung zur Veranstaltung von privatem terrestrischem Hörfunk) macht zunächst im Wesentlichen geltend, die belangte Behörde habe zu Unrecht die auf den Ausbau bzw die Erweiterung der bundesweiten Zulassung gerichteten Anträge der Beschwerdeführerin zurückgewiesen. Aus § 10 Abs 4 PrR-G folge zwar, dass das Auswählen einzelner Übertragungskapazitäten bei einer Zuordnung gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G unzulässig sei. Nicht notwendigerweise sei daraus aber abzuleiten, dass eine Zuordnung von Übertragungskapazitäten, die gemäß § 13 Abs 1 Z 1 PrR-G ausgeschrieben wurden, nur gemäß § 10 Abs 1 Z 4 PrR-G möglich sein solle. Wenn die belangte Behörde die Gesetzesmaterialien ins Treffen führe, so vermögen diese nicht den Gesetzeswortlaut zu ersetzen, zu erweitern oder diesem zu derogieren.
3. Dem ist zu erwidern, dass das mit § 10 Abs 4 PrR-G angestrebte Ziel des Gesetzgebers der Novelle BGBl I Nr 97/2004, eine "Klarstellung" dahingehend zu erreichen, "dass die (unter diese Norm fallenden) ausgeschriebenen Übertragungskapazitäten nur gemeinsam entweder für eine Erweiterung oder für die neuerliche Erteilung einer Zulassung zugeordnet werden können", "derartige Übertragungskapazitäten aber nicht für bundesweite Zulassungen" zuzuordnen sind (vgl Initiativantrag 430/A 22. GP, S 22), im Wortlaut der Gesetzesbestimmung Deckung findet. Danach können Übertragungskapazitäten, die - wie im vorliegenden Fall - gemäß § 13 Abs 1 Z 1 PrR-G ausgeschrieben wurden, nur in ihrer Gesamtheit gemäß § 10 Abs 1 Z 4 leg cit beantragt und zugeordnet werden. Eine teilweise Zuordnung oder eine solche nach anderen Ziffern des § 10 Abs 1 PrR-G (fallbezogen insbesondere eine solche nach § 10 Abs 1 Z 3 PrR-G zum Ausbau der Versorgung durch den Inhaber einer bundesweiten Zulassung) kommen demnach nicht in Betracht. Aber auch eine Zuordnung zur Erweiterung einer bundesweiten Zulassung ist aus den von der belangten Behörde zutreffend angeführten Gründen abzulehnen. Bei diesem (eindeutigen) Auslegungsergebnis zur anwendbaren Rechtslage erübrigt es sich, auf das weitere Beschwerdevorbringen, mit dem ein gegenteilige Interpretation begründet werden soll, im Einzelnen einzugehen.
4. Soweit die Beschwerde geltend macht, dass dieses Ergebnis nicht sachgerecht ist und damit implizit (erneut) verfassungsrechtliche Bedenken anmeldet, ist auf die Begründung des Ablehnungsbeschlusses des Verfassungsgerichtshofes hinzuweisen, wonach es im Sinne der Gewährleistung der Programmvielfalt verfassungsrechtlich nicht bedenklich ist, wenn gemäß § 10 Abs 1 Z 4 und Abs 4 PrR-G die Zuordnung verfügbarer Übertragungskapazitäten (in den dort genannten Fällen) für die Erweiterung bestehender Versorgungsgebiete oder die Schaffung neuer Versorgungsgebiete des Inhabers einer nicht-bundesweiten Zulassung vorgesehen ist.
5. Der Hinweis der Beschwerde auf das Urteil des Gerichtshofes der Europäischen Gemeinschaften (nunmehr: Union) vom , Rs C-380/05, und die daraus abgeleitete angebliche Unionsrechtswidrigkeit des zuvor dargestellten Auslegungsergebnisses erweist sich schon deshalb als nicht zielführend, weil die in diesem Urteil getroffenen Aussagen für den gegenständlichen Fall nicht einschlägig sind und daher keine Relevanz haben.
II. Zur Auswahlentscheidung zwischen den Zulassungsanträgen der Beschwerdeführerin und der Mitbeteiligten:
1. Gemäß § 6 Abs 1 PrR-G hat die Regulierungsbehörde bei mehreren Antragstellern um eine Zulassung, die die gesetzlichen Voraussetzungen (§ 5 Abs 2 und 3 leg cit) erfüllen, dem Antragsteller den Vorrang einzuräumen, bei dem die Zielsetzungen dieses Gesetzes am besten gewährleistet erscheinen, insbesondere indem insgesamt eine bessere Gewähr für eine größere Meinungsvielfalt geboten wird sowie ein eigenständiges, auf die Interessen im Verbreitungsgebiet Bedacht nehmendes Programmangebot zu erwarten ist oder im Fall von Spartenprogrammen im Hinblick auf das bereits bestehende Gesamtangebot an nach diesem Bundesgesetz verbreiteten Programmen von dem geplanten Programm ein besonderer Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet zu erwarten ist (Z 1) und von dem zu erwarten ist, dass das Programm den größeren Umfang an eigengestalteten Beiträgen aufweist (Z 2).
Gemäß § 6 Abs 2 PrR-G ist auch zu berücksichtigen, ob einer der Antragsteller bereits bisher die zu vergebende Zulassung entsprechend dem Gesetz ausgeübt hat und bei dieser Beurteilung insbesondere darauf Bedacht zu nehmen, inwieweit sich daraus verlässlichere Prognosen für die Dauerhaftigkeit der Hörfunkveranstaltung ableiten lassen.
Zu dieser Bestimmung erkennt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Rechtsprechung, dass damit für die Auswahlentscheidung der Behörde Auswahlkriterien festgelegt werden, die ihr Ermessen determinieren. Vorgegeben ist ein variables Beurteilungsschema, das eine Quantifizierung und einen Vergleich der einzelnen Bewerber im Hinblick auf die Zielsetzung zulässt, einen leistungsfähigen und in seinem Bestand kontinuierlichen Privatradiobetrieb sicherzustellen, der Gewähr für größtmögliche Meinungsvielfalt, eines der wesentlichsten Ziele des Privatrundfunkrechtes, bietet.
In Bezug auf Spartenprogramme, die in § 16 Abs 6 PrR-G als Programme umschrieben werden, "die auf im Wesentlichen gleichartige Inhalte … beschränkt sind", wurde in der hg Rechtsprechung bereits erkannt, dass allein der Umstand, dass sich das von einem Bewerber geplante Programm von anderen im Versorgungsgebiet unterscheidet, noch nichts über die Bedeutung dieses Programms für die Vielfalt der im Versorgungsgebiet verbreiteten Meinungen aussagt. Entscheidend ist hingegen, inwieweit das geplante neue Programm vor dem Hintergrund der im Versorgungsgebiet durch Privatradios bereits verbreiteten Programme einen Beitrag zur Meinungsvielfalt im Versorgungsgebiet erwarten lässt, der über das im Allgemeinen zu erwartende Ausmaß erheblich hinausgeht (vgl zum Ganzen etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/03/0049, mwN).
2. Die Beschwerde rügt, dass die angefochtene Entscheidung darauf hinauslaufe, dem Inhaber einer bundesweiten Zulassung zu verwehren, sich erfolgreich um eine lokale Hörfunkzulassung zu bewerben, wenn er das auch bundesweit ausgestrahlte Programm im ausgeschriebenen Versorgungsgebiet zeitversetzt senden wolle.
Diese Sichtweise wird der Begründung des angefochtenen Bescheids nicht gerecht. Die belangte Behörde hat der Beschwerdeführerin als Inhaberin einer bundesweiten Zulassung nicht generell abgesprochen, sich zusätzlich auch um eine (lokale) Zulassung für das ausgeschriebene Versorgungsgebiet zu bewerben. Sie hat vielmehr anhand der zuvor dargestellten Auswahlkriterien zu Recht abgewogen, dass bei Übernahme des bundesweiten Programms (unter Berücksichtigung der ungenau gebliebenen Angaben der Beschwerdeführerin über eine Ergänzung des Programms zur Wahrung der lokalen Interessen) ein (größtmöglicher) Beitrag zur Meinungsvielfalt nicht erwartet werden kann.
Dass die belangte Behörde umgekehrt die Vorzüge des (Sparten )Programms der Mitbeteiligten unrichtig beurteilt hätte, lässt sich - nach dem hinsichtlich der Tatsachenfeststellungen auf die Schlüssigkeitsprüfung beschränkten Prüfmaßstab des Verwaltungsgerichtshofes - nicht erkennen und wird von der Beschwerde auch nicht hinreichend dargelegt.
III. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
NAAAE-83332