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VwGH vom 18.03.2015, 2013/10/0178

VwGH vom 18.03.2015, 2013/10/0178

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des Sozialhilfeverbandes Weiz in Weiz, vertreten durch Dr. Johannes Dörner und Dr. Alexander Singer, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Brockmanngasse 91/I, gegen den Bescheid der Tiroler Landesregierung vom , Zl. JUWO-4/330, betreffend Kostenersatz für Jugendwohlfahrtsmaßnahmen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Das Land Steiermark hat dem Land Tirol Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Schreiben vom zeigte die Bezirkshauptmannschaft Weiz (für den Sozialhilfeverband Weiz) der belangten Behörde gemäß Art. 6 der Vereinbarung über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe (Ländervereinbarung) die Gewährung der Erziehungshilfe (Unterstützung der Erziehung) nach dem Stmk. Jugendwohlfahrtsgesetz (StJWG) für die mj. S.M.F. (in der Folge: Hilfesuchende) an und beantragte die Anerkennung der Kostentragung.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde wurde der Antrag des Sozialhilfeverbandes Weiz auf Anerkennung der endgültigen Kostentragung für die Maßnahme der Unterstützung der Erziehung, welche für die Hilfesuchende mit Vereinbarung vom mit Wirksamkeit vom gewährt worden war, gemäß Art. 3 und 4 der Ländervereinbarung nach Maßgabe des Tiroler Landesgesetzes über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Ländern, LGBl. Nr. 30/1974 idgF., abgewiesen.

Die belangte Behörde legte dieser Entscheidung im Wesentlichen folgende Feststellungen zu Grunde:

Für die am geborene Hilfesuchende sei seitens der Bezirkshauptmannschaft Imst mit eine Unterstützung der Erziehung gemäß §§ 13 Abs. 1 und 15 Abs. 1 lit. a Tiroler Jugendwohlfahrtsgesetz 2002 (TJWG) eingerichtet worden.

Die Hilfesuchende sei zu diesem Zeitpunkt mit ihrer Mutter und ihren Geschwistern in Längenfeld (Tirol) wohnhaft gewesen.

Am hätten die Hilfesuchende sowie ihre Mutter und Geschwister den Hauptwohnsitz in Gleisdorf (Steiermark) gemeldet. Die bis dahin durch die Bezirkshauptmannschaft Imst eingerichtete Unterstützung der Erziehung sei mit beendet und der Gegenstandsakt der Bezirkshauptmannschaft Weiz übermittelt worden.

Im Bezirk Weiz sei laut Vereinbarung vom zwischen dem Jugendwohlfahrtsträger Land Steiermark, vertreten durch die Bezirkshauptmannschaft Weiz, als Auftraggeber und dem "Institut für Kind, Jugend und Familie, Dr. P.S. e.U.", als Auftragnehmer mit Wirksamkeit vom für die Hilfesuchende eine Unterstützung der Erziehung gemäß § 36 StJWG in der Form einer psychologischen Behandlung gewährt worden.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, dass sich die Hilfesuchende - in Folge ihres Aufenthalts in der Steiermark ab dem und der Gewährung der Unterstützung der Erziehung mit Wirksamkeit vom -

nicht während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate in Tirol aufgehalten habe, weshalb das Land Tirol im gegenständlichen Fall nach Art. 3 der Ländervereinbarung nicht zum Kostenersatz verpflichtet sei.

Gemäß Art. 4 der Ländervereinbarung bestehe die Verpflichtung zum Kostenersatz solange der Hilfesuchende Anspruch auf Hilfe habe oder Hilfe empfange, und zwar ohne Rücksicht auf einen nach dem Ersatz der Hilfe erfolgten Aufenthaltswechsel. Die Verpflichtung zum Kostenersatz ende, wenn mindestens drei Monat keine Hilfe erbracht worden sei.

Art. 4 der Ländervereinbarung regle demnach die Dauer einer dem Grunde nach bestehenden Kostenersatzpflicht im Hinblick auf eine Fortsetzung oder Unterbrechung der Hilfeleistung. Voraussetzung für die Anwendbarkeit dieser Bestimmung sei somit, dass eine grundsätzliche Kostenersatzpflicht bestehe, was aber im gegenständlichen Fall gemäß Art. 3 der Ländervereinbarung nicht der Fall sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

Gemäß § 1 des Tiroler Gesetzes vom über den Kostenersatz in den Angelegenheiten der Sozialhilfe zwischen den Ländern, LGBl. Nr. 30/1974 idF. LGBl. Nr. 58/2008, gilt die als Anlage des Gesetzes wiedergegebene Vereinbarung zwischen den Ländern Oberösterreich, Tirol und Vorarlberg über den Kostenersatz in Angelegenheiten der Sozialhilfe, der u.a. das Land Steiermark beigetreten ist, soweit sie sich auf das Land Tirol bezieht, als Gesetz.

Im Beschwerdefall sind folgende Bestimmungen der Ländervereinbarung relevant:

" Artikel 2

Kosten der Sozialhilfe

Zu den Kosten der Sozialhilfe gehören die Kosten, die einem Träger für einen Hilfesuchenden

...

nach den landesrechtlichen Vorschriften über die Jugendwohlfahrtspflege und nach dem Geschlechtskrankheitengesetz, StGBl. Nr. 152/1945 in der Fassung BGBl. Nr. 54/1946 erwachsen.

Artikel 3

Zuständigkeit

(1) Soweit in den folgenden Absätzen nichts anderes bestimmt ist, ist jener Träger zum Kostenersatz verpflichtet, in dessen Bereich sich der Hilfesuchende während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe mindestens durch fünf Monate aufgehalten hat und der nach den für ihn geltenden landesrechtlichen Vorschriften die Kosten für Leistungen, wie sie dem Kostenanspruch zugrunde liegen, zu tragen hat.

...

Artikel 4

Dauer der Kostenersatzpflicht

Die Verpflichtung zum Kostenersatz dauert, solange der Hilfesuchende Anspruch auf Hilfe hat oder Hilfe empfängt, ohne Rücksicht auf einen nach dem Einsatz der Hilfe erfolgten Aufenthaltswechsel. Die Verpflichtung zum Kostenersatz endet, wenn mindestens drei Monate keine Hilfeleistung erbracht wurde.

...

Artikel 7

Streitfälle, Verfahren

Über die Verpflichtung zum Kostenersatz hat im Streitfalle die Landesregierung, in deren Bereich der zum Kostenersatz angesprochene Träger liegt, im Verwaltungsweg zu entscheiden.

..."

Die Beschwerde tritt den dem angefochtenen Bescheid zu Grunde liegenden Feststellungen nicht entgegen. Sie bringt zusammengefasst vor:

Der angefochtene Bescheid sei gesetzwidrig, weil die Ländervereinbarung in ihrer Grundintention darauf abstelle, jenen Träger der Sozialhilfe die Kosten tragen zu lassen, in dessen Sphäre das "Problem" entstanden sei.

Da die Bezirkshauptmannschaft Imst auf Grund ihrer Hilfeleistung vor Umzug der Hilfesuchenden in die Steiermark die Kosten zu tragen gehabt habe, wäre bei einer Prüfung der Kostenersatzpflicht zum damaligen Zeitpunkt das Land Tirol zur Kostentragung verpflichtet gewesen. Somit könne von einer ursprünglichen Kostentragungspflicht des Landes Tirol ausgegangen werden, welche auf Grund der innerhalb von drei Monaten neuerlich eingesetzten Hilfeleistung durch die Bezirkshauptmannschaft Weiz nie geendet habe. Art. 4 der Ländervereinbarung finde nicht nur auf jene Fälle Anwendung, in denen bereits eine Kostenersatzpflicht festgestellt worden sei, sondern auch auf Fälle, in denen bereits von Anfang an eine Kostentragungspflicht bestanden habe.

Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits mehrmals ausgesprochen hat, wird mit der Wortfolge "während der letzten sechs Monate vor Gewährung der Hilfe" gemäß Art. 3 der Ländervereinbarung bei Zuerkennung einer zeitraumbezogenen Leistung jener Zeitraum umschrieben, der sechs Monate vor dem ersten Tag liegt, für den die Hilfe zuerkannt wurde (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/10/0081, mwN).

Die Beschwerde behauptet nicht, dass im vorliegenden Fall eine Kostenersatzpflicht des Landes Tirol im Grunde des Art. 3 der Ländervereinbarung besteht. Die Auffassung der belangten Behörde ist in diesem Punkt vor dem Hintergrund der erwähnten Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes auch nicht zu beanstanden.

Art. 3 der Ländervereinbarung kommt als Grundlage für die Kostenersatzpflicht des Landes Tirol im gegenständlichen Fall daher nicht in Betracht.

Entgegen der Beschwerdeauffassung kann die Kostenersatzpflicht des Landes Tirol aber auch nicht aus Art. 4 leg. cit. abgeleitet werden.

Diese Bestimmung knüpft nämlich - worauf die belangte Behörde zutreffend hinweist - an die Bestimmung des Art. 3 leg. cit. an (argum: Dauer der "Kostenersatzpflicht"); sie normiert keine gesonderte Anspruchsgrundlage, sondern regelt lediglich die Dauer der nach Maßgabe des Art. 3 entstandenen Kostenersatzpflicht. Diese besteht solange der Hilfesuchende Anspruch auf Hilfe hat oder Hilfe empfängt, und zwar unabhängig davon, ob der Hilfesuchende nach Beginn der Hilfe (durch den Sozialhilfeträger, der gemäß Art. 3 Anspruch auf Kostenersatz hat) seinen Aufenthalt (neuerlich) wechselt. Der letzte Satz des Art. 4 normiert, dass die Kostenersatzpflicht endet, wenn durch drei Monate keine Hilfeleistung erbracht wurde; die Unterbrechung der Hilfeleistung für einen Zeitraum von weniger als drei Monaten steht der Kostenersatzpflicht sohin ebenfalls nicht entgegen.

Die Beschwerdeauffassung, wonach Art. 4 der Ländervereinbarung eine Kostenersatzpflicht für jene Fällen vorsehe, in welchen der Sozialhilfeträger eines anderes Bundeslandes zunächst zur Kosten tragung für eine gewährte Hilfeleistung verpflichtet war, findet im Wortlaut des Art. 4 bzw. im Regelungskontext dieser Bestimmung mit Art. 3 leg. cit. keine Grundlage.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455/2008.

Wien, am