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VwGH 18.03.2015, 2013/10/0177

VwGH 18.03.2015, 2013/10/0177

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
AVG §58 Abs2;
AVG §60;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
RS 1
Ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse liegt jedenfalls dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollen. Dieser Umstand vermag aber noch nicht das Überwiegen dieses öffentlichen Interesses gegenüber jenem an der Walderhaltung zu begründen. Selbst wenn nämlich die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauplatz ausgewiesen ist, bedeutet dies noch nicht, dass eine Verwirklichung dieser anderen Widmung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre; es hat vielmehr die Forstbehörde festzustellen, ob die erforderliche Rodungsbewilligung auf Grund der forstrechtlichen Vorschriften als im öffentlichen Interesse gelegen zu erteilen ist. Die Verwirklichung der von der Gemeinde vorgesehenen anderen Verwendung einer Waldfläche ist in jedem Fall von der Entscheidung der Forstbehörde abhängig, die auf einer dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung beruhen muss (vgl. E ; E , 97/10/0234 und 97/10/0147).
Hinweis auf Stammrechtssatz
GRS wie 2006/10/0223 E RS 1
Normen
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
RS 2
Ein mit dem öffentlichen Interesse im Einklang stehendes privates Siedlungsinteresse fehlt, wenn die in Rede stehenden Grundflächen an Dritte verkauft werden sollen, oder private Siedlungszwecke in ungewisser Zukunft liegen. Die Interessenabwägung kann nicht zu Gunsten der Rodung ausfallen, wenn kein den Rodungszweck verkörperndes konkretes Vorhaben bezeichnet wurde, das im öffentlichen Interesse des Siedlungswesens gelegen wäre (vgl. E , 2006/10/0223; E , 2013/10/0267).

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der beschwerdeführenden Parteien 1. J P, 2. E P, beide in S, beide vertreten durch Dr. Michael E. Sallinger, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Sillgasse 21/III, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. ForstR- 100842/51-2013-Le/Km, betreffend Rodungsbewilligung, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführenden Parteien haben dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wurde der Antrag der beschwerdeführenden Parteien vom auf Erteilung der Bewilligung der Rodung von Teilflächen der Grundstücke Nr. 688/1 und 688/2, KG V, Marktgemeinde S, im Ausmaß von insgesamt 1.195 m2 (1.150 m2 Bauplatz und 45 m2 Zufahrt) zum Zweck der Baulandschaffung abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde - nach Darstellung des Verfahrensganges (und wörtlicher Wiedergabe der Gutachten des forstfachlichen Amtssachverständigen sowie des von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Privatgutachtens) sowie der angewendeten Rechtsvorschriften - im Wesentlichen aus, die gegenständlichen Grundstücke seien im Flächenwidmungsplan der Marktgemeinde S als Bauland-Wohngebiet gewidmet; die beantragte Rodungsfläche sei etwa 400 bis 500 m vom Ortszentrum der Marktgemeinde S entfernt. Die ebene und baumfreie Fläche schließe räumlich nach Süd und Südost an ein Wohngebiet an, während von Osten bis Nordwesten unterschiedliche Waldbestände anschließen würden. Der vorhandene Waldbestand auf dem zur Alm im Nordosten und Osten abfallenden steilen Terrassenabhang werde überwiegend aus einem etwa 60 bis 80 Jahre alten Laubholzmischbestand, mit Esche, Ahorn und Buche, Fichte und Tanne, gebildet und im Mittelhangbereich durch eine Zufahrtsstraße durchquert.

Die Waldausstattung der Marktgemeinde S liege entsprechend dem geltenden Waldentwicklungsplan bei 60,7%, die der KG V bei 62,7 %. Der aktuelle Waldentwicklungsplan weise für die gegenständliche Waldfläche die Wertziffer 121 aus. Die beantragten Rodungsflächen lägen in der Funktionsfläche 6, die überwiegend den nordöstlichen Teil des Talbodens der Alm umfasse und eine Waldausstattung von nur 17,9 % aufweise.

Die Wertziffer 121 bedeute - neben einer geringen Schutz- und Erholungswirkung, die für die gegenständlichen Grundstücke unstrittig seien - eine "mittlere Wohlfahrtswirkung". Die Wohlfahrtswirkung sei gemäß § 6 Abs. 2 lit c ForstG grundsätzlich durch den Einfluss auf die Umwelt definiert. Der Gesetzgeber bringe durch die Wortwahl "insbesondere" zum Ausdruck, dass nicht nur der Ausgleich des Klimas und des Wasserhaushaltes und die Reinigung und Erneuerung von Luft und Wasser, sondern auch andere Einflüsse auf die Umwelt möglich seien.

Der forstfachliche Amtssachverständige habe in seinem Gutachten vom schlüssig und nachvollziehbar dargelegt, dass die mittlere Wohlfahrtsfunktion der gegenständlichen Grundstücke darin bestehe, dass der Talboden der Alm einen Hauptsiedlungsbereich mit Nutzungskonflikten darstelle.

Dem von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Privatgutachten vom zufolge, könne - zusammengefasst - dem Waldbestand der konkreten Rodefläche keine erhöhte Wohlfahrtswirkung zugewiesen werden, weil ihr der funktionale Zusammenhang mit den Wäldern entlang der Alm weitgehend fehle. Allein die geringe Waldausstattung im Funktionsraum oder bestehende Nutzungskonflikte könnten per se eine solche erhöhte Wohlfahrtswirkung nicht definieren.

In seiner dazu ergänzend erstatteten Stellungnahme vom habe der forstfachliche Amtssachverständige ausgeführt, dass die gegenständlichen Rodungsflächen im Talbereich des Almtales im Nahbereich der Hauptsiedlungsbereiche V und S gelegen seien; der Talbereich weise nur eine kleine, inselartige, mit 17,9% jedenfalls stark unterdurchschnittliche, Waldausstattung auf, wobei sich die Waldflächen überwiegend auf die fluss- oder bachnahen Bereiche beschränkten. Demnach sei schon auf Grund der deutlich unterdurchschnittlichen Waldausstattung und der räumlichen Anordnung der gegenständlichen Waldflächen die im gültigen Waldentwicklungsplan ausgewiesene "mittlere Wohlfahrtsfunktion" zu rechtfertigen.

Soweit das von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegte Privatgutachten versuche, durch Prüfung der Wohlfahrtsfunktion in unterschiedlichen Richtungen hinsichtlich Klima, Wasserhaushalt, Reinigung von Luft und Wasser die Wertigkeit aufgrund dieser Parameter von "mittel" auf "gering" zu schmälern, sei dem zu entgegnen, dass der Waldentwicklungsplan darauf keinen Bezug nehme, sondern nur auf die Nutzungskonflikte abstelle.

Aufgrund der im Waldententwicklungsplan ausgewiesenen Wertziffer 121 komme der beantragten Rodungsfläche eine mittlere Wohlfahrtsfunktion zu und sei das öffentliche Interesse an der Walderhaltung gemäß § 17 Abs. 2 ForstG gegeben.

In weiterer Folge sei daher gemäß § 17 Abs. 3 ForstG eine Interessenabwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der Erhaltung des Waldes und dem öffentlichen Interesse am Siedlungswesen vorzunehmen. Im Zuge dieser Interessenabwägung sei auch zu prüfen, ob für das im öffentlichen Interesse liegende Vorhaben die Inanspruchnahme von Waldflächen überhaupt und bejahendenfalls im vollen Umfang notwendig sei.

In Ansehung des durch die beschwerdeführenden Parteien geltend gemachten öffentlichen Interesses "Siedlungswesen" sei für die Rodung nicht das private Interesse des Antragsstellers an der Erlangung eines Bauplatzes, sondern ausschließlich das Interesse der durch die Gemeinde repräsentierten Allgemeinheit an der Baulandbeschaffung maßgeblich. Zwar könne das Interesse eines Privaten an der Schaffung von Baugrund als öffentliches Interesse geltend gemacht werden, allerdings nur dann, wenn das Privatinteresse mit den öffentlichen Interessen im Einklang stehe.

Die Marktgemeinde S habe in ihrer Stellungnahme vom angegeben, dass in der Gemeinde 369.759 m2 Wohngebiet zur Verfügung stünden. Die dem Grundstücksmarkt tatsächlich zur Verfügung stehenden Flächen würden 41.689 m2 betragen.

Von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung einer Waldfläche für Bauzwecke könne daher angesichts der ausreichenden, für eine Bebauung zur Verfügung stehenden Baulandreserve (auf Nichtwaldflächen) nicht gesprochen werden; der tatsächlich am Markt befindliche Anteil an Bauflächen sei unerheblich.

Die beantragte Rodungsbewilligung sei daher zu versagen gewesen. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift mit dem Antrag, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

2. § 17 Forstgesetz 1975, BGBl. Nr. 440, in der Fassung BGBl. I Nr. 59/2002 (ForstG), lautet auszugsweise:

"Rodung

§ 17. (1) Die Verwendung von Waldboden zu anderen Zwecken als für solche der Waldkultur (Rodung) ist verboten.

(2) Unbeschadet der Bestimmungen des Abs. 1 kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung erteilen, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald nicht entgegensteht.

(3) Kann eine Bewilligung nach Abs. 2 nicht erteilt werden, kann die Behörde eine Bewilligung zur Rodung dann erteilen, wenn ein öffentliches Interesse an einer anderen Verwendung der zur Rodung beantragten Fläche das öffentliche Interesse an der Erhaltung dieser Fläche als Wald überwiegt.

(4) Öffentliche Interessen an einer anderen Verwendung im Sinne des Abs. 3 sind insbesondere begründet in der umfassenden Landesverteidigung, im Eisenbahn-, Luft- oder öffentlichen Straßenverkehr, im Post- oder öffentlichen Fernmeldewesen, im Bergbau, im Wasserbau, in der Energiewirtschaft, in der Agrarstrukturverbesserung, im Siedlungswesen oder im Naturschutz.

(5) Bei der Beurteilung des öffentlichen Interesses im Sinne des Abs. 2 oder bei der Abwägung der öffentlichen Interessen im Sinne des Abs. 3 hat die Behörde insbesondere auf eine die erforderlichen Wirkungen des Waldes gewährleistende Waldausstattung Bedacht zu nehmen. Unter dieser Voraussetzung sind die Zielsetzungen der Raumordnung zu berücksichtigen.

(6) ..."

3. Dem angefochtenen Bescheid liegt die Auffassung zu Grunde, dass der Erteilung einer Rodungsbewilligung gemäß § 17 Abs. 2 ForstG das - in der mittleren Wohlfahrtsfunktion der gegenständlichen Flächen begründete - öffentliche Interesse an der Walderhaltung entgegen stehe; nach § 17 Abs. 3 leg. cit. sei die Rodungsbewilligung nicht zu erteilen gewesen, weil - infolge der vorhandenen Baulandreserven in der Marktgemeinde S - das geltend gemachte öffentliche Interesse ("Siedlungswesen") das Interesse an der Walderhaltung nicht überwiege.

4. Die Beschwerde bringt dagegen im Wesentlichen vor, eine mittlere Wohlfahrtsfunktion sei jedenfalls dann nicht mehr ausschlaggebend, wenn die Waldfläche im Ganzen in einer Gemeinde derart über dem Durchschnitt liege, dass die entsprechende Funktion durch den verbleibenden Wald "suppliert" werde; dies sei gegenständlich der Fall. Mangels Vorliegens eines Interesses an der Walderhaltung sei die beantragte Rodungsbewilligung bereits gemäß § 17 Abs. 2 ForstG zu erteilen gewesen.

Im Übrigen hätte zumindest die Interessenabwägung nach § 17 Abs. 3 ForstG zugunsten der beschwerdeführenden Parteien ausschlagen müssen. Das im "Siedlungswesen" begründete öffentliche Interesse liege nämlich dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollten, zumal § 17 Abs. 5 ForstG eine Bedachtnahme auf die Zielsetzungen bzw. Interessen der öffentlichen Raumordnung postuliere. Das Gutachten des Amtssachverständigen nehme eine ausschließlich isolierte Betrachtung der in Frage kommenden Grundstücke vor, ohne dass das forstwirtschaftliche Gleichgewicht - bezogen auf den regionalen Standort und die Gemeinde S - untersucht worden wäre.

Aufgrund des überdurchschnittlichen Waldüberhanges und einer objektiven Geringwertigkeit der Waldflächen hätte bei einer Abwägung der in Frage kommenden öffentlichen Interessen die Rodungsbewilligung, allenfalls unter Auflagen, erteilt werden müssen, zumal die belangte Behörde bei der Interessenabwägung auch das im Verwaltungsverfahren vorgelegte Privatgutachten nicht berücksichtigt habe.

5. Mit diesem Vorbringen wird keine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit aufgezeigt.

5.1. § 17 Abs. 2 ForstG ermächtigt die Forstbehörde zur Erteilung einer Rodungsbewilligung, wenn ein besonderes öffentliches Interesse an der Erhaltung der zur Rodung beantragten Fläche als Wald nicht entgegensteht.

Ein besonderes, einer Rodungsbewilligung nach § 17 Abs. 2 ForstG entgegenstehendes, öffentliches Interesse an der Walderhaltung ist nach den Gesetzesmaterialien (RV 970 BlgNR 21. GP, 32) dann gegeben, wenn es sich um Waldflächen handelt, denen mittlere oder hohe Schutzwirkung, mittlere oder hohe Wohlfahrtsfunktion oder hohe Erholungswirkung gemäß Waldentwicklungsplan zukommt. Ob dies im konkreten Fall zutrifft, ist von der Forstbehörde anhand des Gutachtens eines forstlichen Sachverständigen zu beurteilen, wobei dem Waldentwicklungsplan eine wesentliche Indizwirkung zukommt (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0196, mwN).

Unstrittig ist, dass die gegenständliche, zur Rodung beantragte Waldfläche im maßgeblichen Waldentwicklungsplan (des Bezirks Gmunden) mit der Funktionskennziffer 121 ausgewiesen ist, womit eine "mittlere Wohlfahrtsfunktion" indiziert ist.

Die belangte Behörde hat zunächst das forsttechnische Amtssachverständigengutachten vom eingeholt, wonach der Erhaltung der in Rede stehenden Waldflächen entlang der Alm ein besonderes öffentliches Interesse zukomme.

Die belangte Behörde hat in weiterer Folge - den Grundsätzen der hg. Judikatur entsprechend (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/05/0184) - den Amtssachverständigen mit dem von den beschwerdeführenden Parteien vorgelegten Privatgutachten vom befasst; der forstfachliche Amtssachverständige hat sich in seinem ergänzenden Gutachten vom  mit den Ausführungen des Privatgutachtens auseinandergesetzt.

Darauf gestützt hat die belangte Behörde zusammengefasst festgestellt, dass den in Rede stehenden Flächen bereits auf Grund der deutlich unterdurchschnittlichen Waldausstattung (im konkreten Bereich) bzw. der räumlichen Anordnung der gegenständlichen Waldflächen eine "mittlere Wohlfahrtsfunktion" zukomme.

Soweit die Beschwerde dazu vorbringt, die mittlere Wohlfahrtsfunktion sei nicht gegeben, weil die Waldfläche der Gemeinde in der Gesamtheit über dem Durchschnitt liege, wird damit die - auf sachverständiger Grundlage gewonnene - genannte Feststellung nicht entkräftet, zumal die Beschwerde dieser Feststellung damit nicht konkret entgegen tritt.

Die Annahme der belangten Behörde, dass hinsichtlich der beantragten Rodungsfläche ein öffentliches Interesse an der Walderhaltung infolge Vorliegens einer mittleren Wohlfahrtsfunktion bestehe, ist daher im Ergebnis nicht zu beanstanden.

5.2. Soweit sich die Beschwerde im Weiteren darauf stützt, dass die beantragte Rodung im überwiegenden öffentlichen Interesse am Siedlungswesen gelegen und die Bewilligung daher gemäß § 17 Abs. 3 ForstG zu erteilen gewesen sei, führt auch dieses Vorbringen die Beschwerde nicht zum Erfolg.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes liegt ein im Siedlungswesen begründetes öffentliches Interesse jedenfalls dann vor, wenn Grundflächen der Verwirklichung eines nach dem Flächenwidmungsplan zulässigen Bauvorhabens dienen sollen. Dieser Umstand vermag aber noch nicht das Überwiegen dieses öffentlichen Interesses gegenüber jenem an der Walderhaltung zu begründen. Selbst wenn nämlich die Rodungsfläche in einem bereits bestehenden Flächenwidmungsplan der Gemeinde als Bauplatz ausgewiesen ist, bedeutet dies noch nicht, dass eine Verwirklichung dieser anderen Widmung entgegen dem Grundsatz der Walderhaltung auf jeden Fall zulässig wäre; es hat vielmehr die Forstbehörde festzustellen, ob die erforderliche Rodungsbewilligung auf Grund der forstrechtlichen Vorschriften als im öffentlichen Interesse gelegen zu erteilen ist. Die Verwirklichung der von der Gemeinde vorgesehenen anderen Verwendung einer Waldfläche ist in jedem Fall von der Entscheidung der Forstbehörde abhängig, die auf einer dem Gesetz entsprechenden Interessenabwägung beruhen muss.

Zutreffend ist die belangte Behörde übrigens auch im Weiteren davon ausgegangen, dass von einem Überwiegen des öffentlichen Interesses an der Rodung einer Waldfläche dann nicht die Rede sein kann, wenn in der Gemeinde eine ausreichende Baulandreserve auf Nichtwaldflächen vorhanden ist, die für eine Bebauung zur Verfügung steht (vgl. abermals das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0223, mwN).

Wie die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid festgestellt hat, verfügt die Marktgemeinde S über eine Baulandreserve auf Nichtwaldflächen von ca. 369.000 m2. Diesen Feststellungen tritt die Beschwerde nicht entgegen.

Im Übrigen hat der Verwaltungsgerichtshof wiederholt dargelegt, dass ein mit dem öffentlichen Interesse im Einklang stehendes privates Siedlungsinteresse fehle, wenn die in Rede stehenden Grundflächen an Dritte verkauft werden sollen, oder private Siedlungszwecke in ungewisser Zukunft liegen. Die Interessenabwägung kann nicht zu Gunsten der Rodung ausfallen, wenn kein den Rodungszweck verkörperndes konkretes Vorhaben bezeichnet wurde, das im öffentlichen Interesse des Siedlungswesens gelegen wäre (vgl. zu all dem etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2006/10/0223, sowie vom , Zl. 2013/10/0267, jeweils mwN).

Die beschwerdeführenden Parteien haben weder im Verwaltungsverfahren noch in der Beschwerde ein konkretes Bauvorhaben genannt. Auch aus diesem Grund wurde der Rodungsantrag der Beschwerdeführenden Parteien zu Recht abgewiesen.

6. Da sich die Beschwerde nach dem Gesagten somit als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

7. Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwanderatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

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AVG §58 Abs2;
AVG §60;
ForstG 1975 §17 Abs2;
ForstG 1975 §17 Abs3;
ForstG 1975 §17;
Schlagworte
Begründung von Ermessensentscheidungen
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2015:2013100177.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
OAAAE-83323