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VwGH vom 20.05.2015, 2013/10/0159

VwGH vom 20.05.2015, 2013/10/0159

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der M L in E, vertreten durch Pallauf Meißnitzer Staindl Partner, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Petersbrunnstraße 13, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-108/12/9-2013, betreffend Mindestsicherung (weitere Partei: Salzburger Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufgehoben.

Das Land Salzburg hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom wurde der Beschwerdeführerin für den Monat Dezember 2011 eine Geldleistung für Lebensunterhalt in Höhe von EUR 288,82 und für den Zeitraum bis eine Geldleistung für Lebensunterhalt in Höhe von monatlich EUR 297,97 gemäß §§ 2, 4, 9, 10 und 21 Salzburger Mindestsicherungsgesetz (Sbg. MSG) zuerkannt.

Mit Bescheid der Salzburger Landesregierung vom wurde dieser Bescheid über Berufung der Beschwerdeführerin vom dahin abgeändert, dass dieser für den Monat Dezember 2011 eine Geldleistung von EUR 310, und für den Zeitraum bis eine Geldleistung von monatlich EUR 319,72 zuerkannt wurde.

Mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , B 717/12-6, wurde ausgesprochen, dass die Beschwerdeführerin durch den Bescheid der Salzburger Landesregierung vom im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetz verletzt wurde und der Bescheid aufgehoben wird. Dieses Erkenntnis wurde der Salzburger Landesregierung nach Ausweis der vorgelegten Verwaltungsakten im Jänner 2013 zugestellt.

Mit dem nunmehr vor dem Verwaltungsgerichtshof angefochtenen Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom wurde der Berufung der Beschwerdeführerin vom gemäß § 66 Abs. 4 AVG iVm § 21 Abs. 2 Sbg. MSG insoweit Folge gegeben, als dieser für den Monat Dezember 2011 eine Geldleistung für Lebensunterhalt in Höhe von EUR 321,-- und für den Zeitraum bis eine Geldleistung für Lebensunterhalt in Höhe von monatlich EUR 319,72 zuerkannt wurde; im Übrigen wurde die Berufung abgewiesen.

Zur Begründung ihrer Zuständigkeit führte die belangte Behörde aus, aufgrund der Aufhebung des Berufungsbescheides durch den Verfassungsgerichtshof sei nun neuerlich über die Berufung vom gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung vom zu entscheiden, wobei aufgrund des § 21 Abs. 2 Sbg. MSG in der Fassung LGBl. Nr. 107/2012 nunmehr der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg zur Entscheidung über diese Berufung zuständig sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor und erstattete eine Gegenschrift, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragte.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.

Das Salzburger Mindestsicherungsgesetz, LGBl. Nr. 63/2010 in der Fassung LGBl. Nr. 107/2012 (Sbg. MSG), lautet auszugsweise:

" Sachliche Zuständigkeit

§ 21

(1) Für die Entscheidung über Leistungen nach diesem Gesetz, auf die ein Rechtsanspruch besteht, sowie die Entscheidung in allen anderen Leistungsangelegenheiten ist die Bezirksverwaltungsbehörde zuständig.

(2) Für die Entscheidung über Berufungen gegen Bescheide gemäß Abs 1 ist der Unabhängige Verwaltungssenat zuständig.

...

Inkrafttreten novellierter Bestimmungen und

Übergangsbestimmungen dazu

§ 46

...

(5) …

(5) § 21 Abs 1 und 2 in der Fassung des Gesetzes LGBl Nr 107/2012 tritt mit in Kraft. In diesem Zeitpunkt bei der Landesregierung anhängige Berufungsverfahren sind von dieser fortzuführen."

Die Beschwerde macht (unter anderem) geltend, der angefochtene Bescheid werde wegen Unzuständigkeit der belangten Behörde angefochten. Damit ist die Beschwerde im Recht:

Gemäß § 46 Abs. 5 (der Absatznummerierung nach richtig: Abs. 6) Sbg. MSG tritt § 21 Abs. 2 leg. cit. in der Fassung LGBl. Nr. 107/2012 mit in Kraft. In diesem Zeitpunkt bei der Landesregierung anhängige Berufungsverfahren sind von dieser fortzuführen.

Die Aufhebung eines Bescheides durch den Verfassungsgerichtshof wirkt auf den Zeitpunkt der Erlassung des aufgehobenen Bescheides zurück (ex-tunc-Wirkung). Damit tritt die Rechtssache in die Lage zurück, in der sie sich vor Erlassung des aufgehobenen Bescheides befunden hat (vgl. z.B. den Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 7.692). Extunc-Wirkung bedeutet, dass der Rechtszustand zwischen Erlassung des Bescheides und seiner Aufhebung im Nachhinein so zu betrachten ist, als ob der aufgehobene Bescheid von Anfang an nicht erlassen worden wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 96/17/0053; siehe weiters etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 87/08/0266, und vom , Zl. 88/17/0005; vgl. auch das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2004/01/0107, sowie das dort genannte Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom , VfSlg. 15.945).

Für das gegenständliche Verfahren bedeutet dies, dass die Rechtssache durch die Aufhebung des Berufungsbescheides der Salzburger Landesregierung vom mit Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofes vom rechtlich in jene Lage zurücktrat, in der sie sich vor Erlassung dieses Bescheides (am ) befand. Das Berufungsverfahren war somit rückwirkend ab diesem Zeitpunkt - und somit auch am - wieder bei der Salzburger Landesregierung anhängig, sodass diese gemäß § 46 Abs. 5 zweiter Satz Sbg. MSG - und nicht die belangte Behörde - das Berufungsverfahren fortzuführen hatte (vgl. zur Frage der Anhängigkeit eines Berufungsverfahrens infolge rückwirkender Aufhebung des Berufungsbescheides durch den Verwaltungsgerichtshof etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2011/06/0079, und vom , Zl. 2005/04/0104).

Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 2 VwGG wegen Rechtswidrigkeit infolge Unzuständigkeit der belangten Behörde aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG sowie § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014, BGBl. II Nr. 518/2013 idF BGBl. II Nr. 8/2014, auf den §§ 47 ff VwGG iVm § 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
OAAAE-83281