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VwGH vom 22.12.2006, 2006/12/0089

VwGH vom 22.12.2006, 2006/12/0089

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Höß und die Hofräte Dr. Zens, Dr. Thoma, Dr. Pfiel und Dr. N. Bachler als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Lamprecht, über die Beschwerde des Mag. G in K, vertreten durch Dr. Hans Kaska und Dr. Christian Hirtzberger, Rechtsanwälte in 3100 St. Pölten, Kremser Gasse 35, gegen den Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom , Zl. LAD2-P-154.0841/49, betreffend Zurückweisung eines Antrages auf Ersatz eines Unfallschadens nach § 147 DPL 1972, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Niederösterreich hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer steht in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis zum Land Niederösterreich. Er ist in der Bezirkshauptmannschaft G mit der Funktion des Stellvertreters des Bezirkshauptmannes betraut.

Am stellte der Beschwerdeführer an die belangte Behörde einen Antrag auf Ersatz des Schadens für einen am erlittenen Verkehrsunfall, bei dem er mit seinem Fahrzeug auf der Heimfahrt von einer dienstlichen Veranstaltung im Volksheim G (weniger als zwei Kilometer von der Dienststelle entfernt) um ca. 19.50 Uhr auf der Landstraße im Gemeindegebiet W, Bezirk Z, mit einem Wildschwein kollidiert sei, wodurch an seinem Fahrzeug ein Totalschaden entstanden sei.

Mit Schreiben der belangten Behörde vom wurde dem Beschwerdeführer mitgeteilt, dass es sich bei dem am erlittenen Verkehrsunfall um einen Wegunfall gehandelt habe und hierfür kein Schadenersatz vorgesehen sei.

Am ersuchte der Beschwerdeführer um bescheidmäßige Erledigung seines Antrages.

Mit Bescheid vom stellte die belangte Behörde fest, dem Beschwerdeführer gebühre kein Ersatz für den am erlittenen Schaden. Begründend wurde dazu ausgeführt, gemäß § 147 der Dienstpragmatik der (niederösterreichischen) Landesbeamten 1972, LGBl. 2200-0 (im Folgenden: DPL 1972), bestünde ein Anspruch auf Ersatz des Unfallschadens nur dann, wenn er anlässlich einer Dienstreise, für die Kilometergeld gebühre, entstanden sei. Eine Dienstreise sei gemäß § 4 Abs. 9 DPL 1972 die Reise eines Beamten an einen von seiner Dienststelle über zwei Kilometer entfernten Ort. Da sich der Verkehrsunfall auf der Heimfahrt von einer dienstlichen Veranstaltung im Volksheim G ereignet habe, welches weniger als zwei Kilometer von der Dienststelle des Beschwerdeführers entfernt sei und somit kein Kilometergeld gebühre, gebühre dem Beschwerdeführer auch kein Ersatz des Unfallschadens.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof.

Nachdem die belangte Behörde den Bescheid vom mit Bescheid vom gemäß § 68 Abs. 2 AVG von Amts wegen aufgehoben hatte, wurde das Beschwerdeverfahren mit Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom eingestellt.

Im fortgesetzten Verfahren auf Zuerkennung eines Kostenersatzes gemäß § 147 DPL 1972 erging an den Beschwerdeführer mit Schreiben die Mitteilung, seinem Antrag vom sei kein Nachweis über die Anordnung der Dienstreise, insbesondere der Durchführung einer solchen mit dem PKW angeschlossen. Dementsprechend seien nicht alle Unterlagen beigebracht, die zur Beurteilung des Antrages erforderlich seien. Der Antrag sei daher mit einem Mangel behaftet. Gemäß § 13 Abs. 3 AVG ermächtigten Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde habe vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und könne dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen werde. Werde der Mangel rechtzeitig behoben, gelte das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht. Es werde dem Beschwerdeführer daher im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen, binnen zwei Wochen ab Erhalt dieser Aufforderung den nach den inhaltlichen Vorgaben des Normerlasses vom , Punkt 2 ausgestellten Originaldienstreiseauftrag vorzulegen, widrigenfalls die Behörde gezwungen sei, den Antrag zurückzuweisen. Punkt 2 des genannten Normerlasses lautet:

"2. Dienstreiseauftrag

2.1. innerhalb von Niederösterreich und Wien:

Für die Durchführung einer solchen Dienstreise muss vor Antritt der Reise (für Bedienstete, die nicht Dienststellenleiter im Sinne des § 4 Abs. 6 DPL 1972 sind) ein schriftlicher Antrag (= auch elektronisch) vorliegen.

...

Dieser Auftrag (gemäß Punkt 2.1, 2.2. und 2.3.) hat

jedenfalls zu beinhalten:

( Name der/des Beauftragten

( Ort(e) der auswärtigen Dienstverrichtung (möglichst genaue Ortsangabe/n)

( Zweck dieser Dienstreise

( Verkehrsmittel (dabei ist das zweckmäßigste zu verwenden

(Kosten, Zeitaufwand etc.)

( voraussichtliche Dauer (in der Zeit von .. Uhr bis .. Uhr)."

Nachdem der Beschwerdeführer einen Antrag auf Fristerstreckung gestellt hat, der ihm auch gewährt wurde, legte er der belangten Behörde am ein Schreiben der Bürodirektion der Bezirkshauptmannschaft G vom vor, in dem ausgeführt wird, dass die Einladungen zu Veranstaltungen im Jahre 2001, auf die der damalige Dienststellenleiter Dr. S handschriftlich die Teilnahme eines Vertreters und den damit verbundenen Auftrag zur Dienstreise angeordnet habe, Anfang Jänner 2005 skartiert und der Zentralregistratur zur Vernichtung übermittelt worden seien. In seinem Schreiben vom führte der Beschwerdeführer aus, er ersuche, da die Unmöglichkeit der Vorlage eines Original-Dienstreiseauftrages bzw. der einem Dienstreiseauftrag gleichkommenden Original-Einladung mit den entsprechenden (handschriftlichen) Vermerken des Dienststellenleiters nicht von ihm zu vertreten, sondern die Vernichtung gemäß den geltenden internen Dienstvorschriften erfolgt sei, vor Erlassung eines ablehnenden Bescheides um Bekanntgabe, welche weiteren Unterlagen als Beweismittel beizubringen seien.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde der Antrag des Beschwerdeführers als unzulässig zurückgewiesen.

Begründend wurde dazu ausgeführt, der Beschwerdeführer habe dem Antrag vom keinen Nachweis über die Anordnung der Dienstreise, insbesondere die Durchführung einer solchen mit seinem privaten Kraftfahrzeug angeschlossen. In der Mitteilung vom sei dem Beschwerdeführer im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG aufgetragen worden, binnen zwei Wochen ab Erhalt der Aufforderung den nach den inhaltlichen Vorgaben des Normerlasses vom ausgestellten Originaldienstreiseauftrag vorzulegen. Weiters sei er darauf hingewiesen worden, dass die Behörde andernfalls gezwungen sei, seinen Antrag zurückzuweisen. In den darauf folgenden Eingaben habe der Beschwerdeführer vorgebracht, die Unmöglichkeit der Vorlage des Originaldienstreiseauftrages bzw. der mit einem handschriftlichen Vermerk des Dienststellenleiters versehenen Veranstaltungseinladung sei nicht von ihm zu vertreten, da dieses Schriftstück entsprechend den internen Dienstvorschriften Anfang Jänner 2005 vernichtet worden sei. Es liege am Beschwerdeführer als Antragsteller, sämtliche den Antrag stützenden Beilagen vorzulegen. Der auf den Vorfall vom bezogene und 11 Tage vor dem Ablauf der dreijährigen Verjährungsfrist gestellte Antrag vom sei als "zeitgerecht eingebracht" anzusehen. Allerdings habe der Beschwerdeführer nicht alle Unterlagen beigebracht, die zur Beurteilung seines Antrages erforderlich seien. Der Antrag sei daher (trotz Aufforderung zur nachträglichen Beibringung) mit einem Mangel behaftet. Im Übrigen bleibe zu bemerken, dass für diese Fahrt nicht einmal Reisegebühren beantragt worden seien und zum Zeitpunkt der Antragstellung der Dienstreiseauftrag bzw. die mit dem handschriftlichen Vermerk des Dienststellenleiters versehene Veranstaltungseinladung nach der Bestätigung des Bürodirektors vom jedenfalls noch nicht skartiert gewesen sei und vom Beschwerdeführer als antragsstützende Beilage aufbewahrt hätte werden müssen.

Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof. Mit Beschluss vom , B 3289/05-3, wurde die Behandlung dieser Beschwerde vom Verfassungsgerichtshof abgelehnt und dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abgetreten.

In der Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof beantragt der Beschwerdeführer die Aufhebung des angefochtenen Bescheides wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde als unbegründet beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

§ 147 DPL 1972 in der Fassung des Landesgesetzes LGBl. 2200- 38 lautet:

"§ 147

Ersatz des Unfallschadens am Kraftfahrzeug

(1) Ein Beamter hat Anspruch auf Ersatz des Unfallschadens, der am privaten Kraftfahrzeug anlässlich einer Dienstreise, für die Kilometergeld gebührt, entstanden ist.

(2) Trifft den Beamten ein Verschulden an der Beschädigung seines Kraftfahrzeuges, so vermindert sich sein Ersatzanspruch. Hiebei sind die Grundsätze der Dienstnehmerhaftpflicht (Organhaftpflicht), die im Falle der Beistellung eines Dienstkraftwagens zur Anwendung gekommen wären, zu berücksichtigen."

§ 13 Abs. 3 des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991, BGBl. Nr. 51, in der Fassung dieses Absatzes nach dem Bundesgesetz BGBl. I Nr. 158/1998 lautet:

"§ 13.

...

(3) Mängel schriftlicher Anbringen ermächtigen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird. Wird der Mangel rechtzeitig behoben, so gilt das Anbringen als ursprünglich richtig eingebracht."

Im vorliegenden Fall hat die belangte Behörde den Antrag des Beschwerdeführers vom gestützt auf § 13 Abs. 3 AVG zurückgewiesen, weil der nach den inhaltlichen Vorgaben des Erlasses vom ausgestellte Originaldienstreiseauftrag nicht vorgelegt wurde.

Gemäß der von der belangten Behörde herangezogenen Bestimmung des § 13 Abs. 3 AVG ermächtigen Mängel schriftlicher Anbringen die Behörde nicht zur Zurückweisung. Die Behörde hat vielmehr von Amts wegen unverzüglich deren Behebung zu veranlassen und kann dem Einschreiter die Behebung des Mangels mit der Wirkung auftragen, dass das Anbringen nach fruchtlosem Ablauf einer gleichzeitig zu bestimmenden, angemessenen Frist zurückgewiesen wird.

Schon nach dem Wortlaut der eben dargestellten Norm ist klar, dass eine auf sie gestützte Zurückweisung nur bei solchen schriftlichen Anbringen in Frage kommt, die mit Mängeln behaftet sind. Ein Mangel kann, wie der Verwaltungsgerichtshof bereits zum Begriff des Formmangels im Verständnis des § 13 Abs. 3 AVG in der Fassung vor der Novelle BGBl. I Nr. 158/1998 ausgesprochen hat, auch im Fehlen von Unterlagen gelegen sein, deren Anschluss an eine Eingabe das Gesetz ausdrücklich vorschreibt (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2000/17/0135). Existiert eine derartige gesetzliche Anordnung nicht, dann kann die unterlassene Beibringung von Unterlagen, deren die Behörde bedarf und die sie sich nicht selbst beschaffen kann, allenfalls im Rahmen der freien Beweiswürdigung bei der Sachentscheidung Berücksichtigung finden. In einem solchen Fall liegt jedoch kein "Mangel" im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG vor, weshalb weder die Erteilung eines Verbesserungsauftrages noch - nach fruchtlosem Verstreichen der zu Unrecht gesetzten Frist - die Zurückweisung des Anbringens in Frage kommt (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2003/01/0032, mwN).

Im vorliegenden Fall wurde dem Beschwerdeführer gemäß § 13 Abs. 3 AVG die Vorlage des Originaldienstreiseauftrages aufgetragen. Der DPL 1972 ist jedoch nicht zu entnehmen, dass bei einem Antrag auf Ersatz des Unfallschadens am Kraftfahrzeug ein Originaldienstreiseauftrag angeschlossen sein müsste. Die Bestimmung des § 147 DPL 1972 verpflichtet den Beamten nicht zur Vorlage bestimmter Unterlagen. Weiters stellt der Erlass vom , auf den sich die belangte Behörde gestützt hat, jedenfalls insofern er sich an den Beschwerdeführer als Normunterworfenen richten sollte, mangels Kundmachung im Landesgesetzblatt für den Verwaltungsgerichtshof keine verbindliche Rechtsquelle dar (vgl. dazu die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2001/07/0172, und vom , Zl. 2005/12/0027). Schon deshalb konnte die belangte Behörde nicht davon ausgehen, dem Antrag des Beschwerdeführers vom hätte der Originaldienstreiseauftrag als Beilage angeschlossen werden müssen (wobei es dahinstehen kann, ob solches dem Erlass überhaupt zu entnehmen ist).

Die belangte Behörde unterlag daher insofern einem Rechtsirrtum, als sie eine Mangelhaftigkeit des Antrages im Sinne des § 13 Abs. 3 AVG annahm. Der gegenständlich bekämpfte Zurückweisungsbescheid ist im Hinblick darauf mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2003.

Wien, am