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VwGH vom 24.06.2010, 2008/21/0448

VwGH vom 24.06.2010, 2008/21/0448

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2008/21/0449

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Peck, über die Beschwerden 1. des I P, und 2. des B P, beide vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen die Bescheide des Bundesministers für Inneres jeweils vom , 1.) Zl. 318.227/3-III/4/08 (hg. Zl. 2008/21/0448) und 2.) Zl. 318.227/2-III/4/08 (hg. Zl. 2008/21/0449), betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Die angefochtenen Bescheide werden wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufgehoben.

Der Bund hat den Beschwerdeführern Aufwendungen in der Höhe von jeweils EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen und im Wesentlichen gleichlautenden Bescheiden wies die belangte Behörde die am gestellten Erstanträge der Beschwerdeführer (zweier Brüder), serbischer Staatsangehöriger, auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für Angehörige gemäß § 47 Abs. 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG) ab.

Begründend führte sie aus, der 1996 geborene Erstbeschwerdeführer sowie der 1992 geborene Zweitbeschwerdeführer hätten im Beisein ihrer (nach der Aktenlage von ihrem Vater geschiedenen, obsorgeberechtigten und vertretungsbefugten) Mutter Erstanträge auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" mit Bezug auf ihre im Bundesgebiet lebende Großmutter, eine österreichische Staatsbürgerin, gestellt. Diese habe am (jeweils) eine Haftungserklärung gemäß § 2 Abs. 1 Z. 15 NAG abgegeben. Allerdings sei nicht nachgewiesen worden, dass die Beschwerdeführer von ihr bereits im Herkunftsstaat Unterhalt bezogen hätten.

Zwar sei eine schriftliche Erklärung der Großmutter vom vorgelegt worden, wonach diese an die Beschwerdeführer seit zumindest 10 Jahren regelmäßig Unterhalt in Form von Natural- und auch Geldunterhalt (monatlich rund EUR 300,--) geleistet habe, jedoch "ohne diese Behauptung mit entsprechenden Beweisen zu unterlegen". Der Erklärung sei die Kopie eines Einzahlungsscheines und ein Ausdruck der Salzburger Sparkasse über regelmäßige (monatliche) Zahlungen in der Höhe von EUR 310,10 vom bis an die Mutter der Beschwerdeführer sowie eine Durchführungsbestätigung betreffend diese "Auslandsauftrag-Überweisung" beigelegt gewesen. Die Überweisungen seien jedoch offensichtlich nur aus dem Grund durchgeführt worden, "damit bei den späteren Antragstellungen ... die Leistungen von Unterhaltsmitteln nachweisbar sind". Die von der Großmutter angegebene Dauer der Zahlungen von über 10 Jahren sei damit jedoch nicht nachgewiesen. Unter Berücksichtigung des Alters der Beschwerdeführer und des Umstandes, dass sie bei den Eltern in Serbien gelebt haben, erschienen Unterhaltszahlungen seitens der Großmutter wenig plausibel. Diese Voraussetzung des § 47 Abs. 3 NAG sei somit nicht gegeben, weshalb die Erteilung einer Erstniederlassungsbewilligung ausgeschlossen sei.

Im Rahmen der Abwägung der öffentlichen gegenüber den privaten Interessen führte die belangte Behörde aus, dass durch den Aufenthalt der Großeltern im Bundesgebiet familiäre Bindungen der Beschwerdeführer in Österreich bestünden. Ihre Familie habe jedoch "bis dato ein offenbar intaktes Familienleben" im Heimatland Serbien geführt, sodass sie aus rein wirtschaftlichen Gründen eine Niederlassung in Österreich anstrebten. Hier sei bislang kein Privat- oder Familienleben geführt worden, sodass von der Aufrechterhaltung eines solchen nicht die Rede sein könne. Art. 8 EMRK begründe jedoch nicht das Recht, den geeignetsten Ort für die Entwicklung des Familienlebens zu wählen. Auch bestehe keine grundsätzliche Verpflichtung zur Herstellung des Familienlebens; jeder Vertragsstaat habe das Recht, die Einreise von Fremden einer Kontrolle zu unterwerfen.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die gegen diese Bescheide gerichteten - auf Grund des persönlichen und sachlichen Konnexes zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen - Beschwerden nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde erwogen:

Eingangs ist festzuhalten, dass unter Berücksichtigung des Zeitpunktes der Bescheiderlassung () die Rechtslage nach dem NAG idF des BGBl. I Nr. 99/2006 maßgeblich ist.

Die belangte Behörde und die vorliegenden Beschwerden gehen übereinstimmend davon aus, dass die österreichische Großmutter der beiden Beschwerdeführer als Zusammenführende iSd § 47 Abs. 1 und 3 Z. 3 NAG anzusehen ist (vgl. dazu das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0664). Strittig ist lediglich der Bezug von Unterhalt im Herkunftsstaat Serbien iSd § 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a NAG.

Hiebei weisen die Beschwerdeführer zu Recht darauf hin, dass die belangte Behörde das tatsächliche Erfolgen der geltend gemachten Unterhaltszahlungen durch die Großmutter - wofür das Gesetz im Übrigen keine Mindestdauer von 10 Jahren vorsieht - ohne Vornahme einer schlüssigen Beweiswürdigung verneint hat. Die Beschwerdeführer haben nämlich die erwähnte Erklärung der Großmutter vom (entsprechend § 9 Z. 5 lit. d NAG-DV) sowie verschiedene Belege über die zuletzt vorgenommenen Überweisungen als Beweismittel vorgelegt. Deren inhaltliche Richtigkeit wird durch entgegenstehende Beweisergebnisse nicht erschüttert. Weiters kommt der Nachweis tatsächlich vorgenommener Unterhaltsleistungen generell nicht ausschließlich durch Kontoauszüge in Betracht (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2007/21/0557). Vielmehr sind dafür auch alle sonst im Verwaltungsverfahren in Betracht kommenden Beweismittel verwertbar. Im Fall von Bedenken an der inhaltlichen Richtigkeit der vorliegenden Beweisergebnisse wäre die belangte Behörde somit zu näheren Ermittlungen gehalten gewesen (vgl. zuletzt etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0431).

Infolge der ohne schlüssige Beweiswürdigung verneinten laufenden Unterhaltszahlungen durch die österreichische Großmutter (im Sinne des in § 47 Abs. 3 Z. 3 lit. a NAG normierten Erfordernisses) hat die belangte Behörde die angefochtenen Bescheide mit Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften belastet. Diese waren daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 3 lit. b und c VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am