VwGH vom 25.11.2015, 2013/10/0149

VwGH vom 25.11.2015, 2013/10/0149

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl, die Vizepräsidentin Dr.in Sporrer sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser und Dr. Hofbauer als Richterinnen und Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des Rektors der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz in Graz, vertreten durch Dr. Reinhard Tögl Rechtsanwaltsgesellschaft m.b.H. in 8010 Graz, Kaiserfeldgasse 22, gegen den Bescheid der Schiedskommission der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz vom , betreffend Diskriminierung aufgrund des Geschlechts und Verletzung des Benachteiligungsverbots, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Kostenbegehren der beschwerdeführenden Partei wird abgewiesen.

Begründung

1. Mit dem angefochtenen Bescheid gab die belangte Behörde mit dem ersten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides der Beschwerde des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen (in der Folge AKG) vom betreffend Doz.in Dr.in S.K. (in der Folge: Betroffene) statt und erkannte unter Berufung auf § 43 Abs. 1 Z 2 und Abs. 5 und Abs. 6 Universitätsgesetz 2002 (UG), BGBl. I Nr. 120 idF BGBl. I Nr. 81/2009, dass eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vorliegt.

Des Weiteren erkannte die belangte Behörde unter Berufung auf § 44 UG 2002 iVm §§ 20b und 4 B-GlBG im zweiten Spruchpunkt des angefochtenen Bescheides, dass der Tatbestand der Benachteiligung der Betroffenen infolge der Erhebung der Beschwerde durch den AKG wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts vom erfüllt sei und "die Entscheidungen der Universitätsleitung" eine Benachteiligung der Betroffenen darstellten.

Begründend führte die belangte Behörde zunächst aus, die Betroffene sei ab Februar 1998 an der Universität in verschiedenen Anstellungsverhältnissen beschäftigt gewesen. Eine Karenzierung vom bis sei einem Habilitationsstipendium sowie der Wahrnehmung von Gastprofessuren in New York und Paris gewidmet gewesen. Mit dem Stipendium sei die Absicht verfolgt worden, gezielt Hochschullehrerinnen zu fördern, wofür das Wissenschaftsministerium im Fonds zur Förderung der wissenschaftlichen Forschung (FWF) eine Sonderdotation zur Verfügung gestellt habe. Bei Einreichung des Projektantrages habe die damalige Universitätsleitung für den positiven Abschluss des Stipendiums eine wissenschaftliche Stelle in Aussicht gestellt.

Noch während der Laufzeit der Karenzierung sei die Betroffene ab Mai 2009 an der Universität als wissenschaftliche Mitarbeiterin verwendet worden, angepasst ab Oktober 2009 an den Kollektivvertrag für die Arbeitnehmer/innen der Universitäten als Senior Scientist, einem Beschäftigungstypus des wissenschaftlichen/künstlerischen Universitätspersonals, im halben bzw. im Ausmaß von 64 % einer Vollbeschäftigung, mit einer Zuweisung an das Zentrum für Genderforschung unter gleichzeitiger Mitverwendung am Institut für Musikästhetik. Diese Beschäftigungsvariante sei von der Betroffenen nur als Übergangslösung akzeptiert worden; nach den Vorstellungen der Universitätsleitung hätte dies aber in eine Dauerlösung überführt werden sollen, die Betroffene habe ihr unbefristetes Dienstverhältnis der Entlohnungsgruppe "v1" im vollen Beschäftigungsausmaß aber nicht gegen eine Teilzeitstelle auf Dauer eintauschen wollen. Die Universitätsleitung habe für diesen Fall jedoch darauf hingewiesen, dass die Betroffene an der Universität keine wissenschaftliche Tätigkeit mehr ausüben werde können, da im wissenschaftlichen Bereich keine "v1"-Stellen verfügbar seien.

Die Betroffene habe dieses Angebot als unannehmbar und näher bezeichnete Handlungsweisen und Aussagen des Rektors als herabwürdigend, respektlos und diskriminierend empfunden. Zudem seien zwei männliche Kollegen im Jahr 2010 in ihrem Fachbereich Musikästhetik als "post-doc" eingestuft worden, gleichzeitig sei diese Einstufung für die Betroffene trotz ihrer Qualifikation vom Dienstgeber ausgeschlossen worden, obwohl sie nachweislich postdoc Aufgaben erfüllt habe und deutlich höher qualifiziert gewesen sei als die beiden männlichen Kollegen. Der Dienstgeber habe auch ausgeschlossen, für die Betroffene im Entwicklungsplan der Universität eine Karrierestelle zu widmen, obwohl für einen hinsichtlich des Werdegangs vergleichbaren männlichen Kollegen aus dem wissenschaftlichen Bereich, der ebenfalls im Ausland gewesen sei und sich daraufhin habilitiert habe, ausdrücklich eine Laufbahnstelle vorgesehen worden sei. Eine Laufbahnstelle im Bereich der Genderforschung einzurichten, wie dies die Betroffene vorgeschlagen habe, sei kategorisch ausgeschlossen worden.

Dagegen habe der AKG am Beschwerde an die belangte Behörde erhoben, die mittels E-Mail der Vorsitzenden vom "präzisiert" worden sei, die sich gegen die Vorgangsweise des Rektors bei der Verwendung der Betroffenen an der Universität nach deren Rückkehr von ihrem mehrjährigen Auslandsaufenthalt gerichtet habe. Der AKG konstatiere ein "Abdrängen" der Wissenschafterin in die Verwaltung bzw. in eine nicht adäquat bezahlte Halbtagstätigkeit als Senior Scientist ohne Anrechnung von Vordienstzeiten und ohne Kündigungsschutz, eine Vorgehensweise, die typischerweise meistens weibliche Beschäftigte treffe, sowie eine Bagatellisierung der Qualifizierungsleistung, indem darauf keine Berücksichtigung beim Entgelt genommen werde (post doc-Einstufung). In Hinblick auf § 15 Abs. 1 des Frauenförderungsplanes der KUG sei der damit verbundene "erzwungene Abbruch" der wissenschaftlichen Tätigkeit der Betroffenen kurz vor Abschluss der Habilitation nicht akzeptabel, zumal Frauen in höheren Positionen im wissenschaftlichen Bereich der Universität deutlich unterrepräsentiert seien.

Mit habe die Betroffene die "v1"-Verwendung wieder aufgenommen, jedoch sei ihr mit Datum vom mittels Verfügung des damaligen Rektors mitgeteilt worden, dass ihr Dienstverhältnis wegen der Beschwerde des AKG auf den Status zurückgesetzt werde, dies gleichzeitig mit einer Abmeldung von der Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter. Nach Erhebung der Beschwerde durch den AKG habe der Rektor mit E-Mail vom den Institutsvorstand außerdem angewiesen, Arbeitsleistungen der Betroffenen nicht mehr anzunehmen.

Die belangte Behörde habe zunächst eine gütliche Einigung angestrebt und den Rektor u.a. auch um eine Aufstellung der eingerichteten Qualifizierungs- und Dauerstellen ersucht. Daraus sei ein deutlicher Überhang der Besetzung dieser Stellen mit Männern zu erkennen gewesen. Die Versuche der belangten Behörde, eine gütliche Einigung herbeizuführen sowie eine Intervention der Kammer für Arbeiter und Angestellte für Steiermark seien allerdings erfolglos geblieben.

Die belangte Behörde habe das Schiedsverfahren im Hinblick auf eine von der Betroffenen beabsichtigte Einbringung einer gerichtlichen Klage förmlich unterbrochen. Die Betroffene habe ihre "v1"-Verwendung sowie das bis dahin vorenthaltene Gehalt hinsichtlich des "v1"-Vertrages ab gerichtlich durchgesetzt. Der Entgeltanspruch aus dem zeitgleich bestehenden Senior Scientist-Vertrag sei allerdings abgewiesen worden. Der Dienstgeber habe gegen dieses Urteil Berufung erhoben, welcher aber vom Oberlandesgericht Graz mit Urteil vom nicht stattgegeben worden sei. Mit Wirkung vom sei die Senior Scientist-Stelle schließlich durch den Dienstgeber gekündigt worden.

Der AKG habe mit Schriftsatz vom , ergänzt am , zusätzlich eine Beschwerde an die belangte Behörde wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots erhoben. Gegenstand dieser Beschwerde sei die genannte Dienstanweisung des Rektors an den Vorgesetzten der Betroffenen und näher ausgeführte Verhaltensweisen des Rektors sowie des späteren geschäftsführenden Vizerektors gewesen.

Im Juni 2012 sei der Betroffenen die venia docendi für das Fach Musikwissenschaft verliehen worden.

Mit Schreiben vom habe der AKG seine Beschwerde wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts der Betroffenen und wegen Verletzung des Benachteiligungsverbots "präzisiert und aktualisiert": So habe der zuständige Vizerektor der Betroffenen im Jänner 2012 die Beschäftigung im Rahmen eines unter ihrer Mitwirkung akquirierten FWF-Projektes untersagt und ihr mitgeteilt, sie dürfe an dem Projekt nur "ehrenamtlich" mitarbeiten. Des Weiteren habe ein Konflikt hinsichtlich der Arbeitsplatzbeschreibung im Universitätsarchiv bestanden, wo die Betroffene seit ihrer Versetzung beschäftigt und seit mit der Leitung betraut gewesen sei. In der Arbeitsplatzbeschreibung seien - wie bei ihrer Vorgängerin - zunächst auch wissenschaftliche Aufgaben enthalten gewesen. Der Vizerektor habe jedoch im Jänner 2013 die Streichung aller wissenschaftlichen Aufgaben aus der Arbeitsplatzbeschreibung veranlasst. Die Betroffene habe sich durch diese Dienstanweisung diskriminiert gefühlt, dies auch vor dem Hintergrund, dass sich der Senat zuvor einstimmig für die wissenschaftliche Verwendung der Betroffenen ausgesprochen habe.

Zum Verfahrensgang führt die belangte Behörde aus, sie habe den Rektor, den geschäftsführenden Vizerektor und den Institutsvorstand zu einer Sitzung am eingeladen. Die Genannten hätten aber teils aus Termingründen, teils wegen einer Erkrankung an der Sitzung nicht teilgenommen. Der Rektor habe jedoch am eine mit dem geschäftsführenden Vizerektor akkordierte schriftliche Stellungnahme zu den von der belangten Behörde schriftlich gestellten Fragen übermittelt; darin seien unter anderem gegenüber der Betroffenen herabsetzende Äußerungen getätigt worden.

2. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.

3. Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

3.1. Vorauszuschicken ist, dass gemäß dem letzten Satz des § 79 Abs. 11 VwGG idF BGBl. I Nr. 122/2013 in den mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdeverfahren - soweit (wie für den vorliegenden "Altfall") durch das Verwaltungsgerichtsbarkeits-Übergangsgesetz, BGBl. I Nr. 33/2013, nicht anderes bestimmt ist - die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden sind.

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Universitätsgesetzes 2002 - UG 2002, BGBl. I Nr. 120/2002 idF BGBl. I Nr. 52/2013, lauten auszugsweise:

"Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen

§ 42. ...

(8) Hat der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen Grund zur Annahme, dass die Entscheidung eines Universitätsorgans eine Diskriminierung von Personen auf Grund ihres Geschlechts oder auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung darstellt, ist er berechtigt, innerhalb von drei Wochen die Schiedskommission anzurufen.

...

Schiedskommission

§ 43. (1) An jeder Universität ist eine Schiedskommission einzurichten. Zu ihren Aufgaben zählen:

...

2. die Entscheidung über Beschwerden des Arbeitskreises für Gleichbehandlungsfragen wegen einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts oder auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung durch die Entscheidung eines Universitätsorgans;

...

(5) Die Schiedskommission hat in den Angelegenheiten gemäß Abs. 1 Z 2 innerhalb von drei Monaten mit Bescheid darüber abzusprechen, ob durch die Entscheidung des Universitätsorgans eine Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung vorliegt. Betrifft die Beschwerde den Vorschlag der Findungskommission oder den Vorschlag des Senates zur Bestellung der Rektorin oder des Rektors, so hat die Schiedskommission binnen 14 Tagen zu entscheiden.

(6) Bejaht die Schiedskommission in den Fällen des Abs. 1 Z 2 das Vorliegen einer Diskriminierung auf Grund des Geschlechts, auf Grund der ethnischen Zugehörigkeit, der Religion oder Weltanschauung, des Alters oder der sexuellen Orientierung, hat das Universitätsorgan eine neue Personalentscheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung der Schiedskommission zu treffen. Betrifft die Diskriminierung den Vorschlag der Findungskommission oder des Senates zur Bestellung der Rektorin oder des Rektors, ist der Vorschlag an die Findungskommission oder den Senat zurückzustellen. Die Findungskommission und der Senat sind in diesem Fall verpflichtet, den der Rechtsanschauung der Schiedskommission entsprechenden Rechtszustand unverzüglich herzustellen.

...

Anwendung des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes

§ 44. Auf alle Angehörigen der Universität sowie auf die Bewerberinnen und Bewerber um Aufnahme in ein Arbeitsverhältnis zur Universität oder um Aufnahme als Studierende ist das Bundes-Gleichbehandlungsgesetz, BGBl. Nr. 100/1993, mit Ausnahme des vierten und fünften Abschnitts des dritten Teils und des § 50 mit der Maßgabe anzuwenden, dass die Universität als Dienststelle und als Zentralstelle (§ 2 Abs. 1 und 2 B-GBG) gilt und sie die Pflicht zur Leistung von Schadenersatz gemäß § 10 Abs. 1 B-GBG trifft. Das Recht zur Erstellung eines Vorschlags für den Frauenförderungsplan (§ 41 Abs. 1 B-GBG) steht dem Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen zu."

Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Bundes-Gleichbehandlungsgesetzes - B-GlBG, BGBl. Nr. 100/1993 idF BGBl. I Nr. 120/2012, lauten auszugsweise:

"1. Hauptstück

1. Abschnitt

Gleichbehandlungsgebot

Gleichbehandlungsgebote im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis

§ 4. Auf Grund des Geschlechtes - insbesondere unter Bedachtnahme auf den Familienstand oder den Umstand, ob jemand Kinder hat - darf im Zusammenhang mit einem Dienst- oder Ausbildungsverhältnis gemäß § 1 Abs. 1 niemand unmittelbar oder mittelbar diskriminiert werden, insbesondere nicht


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1.
bei der Begründung des Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses,
2.
bei der Festsetzung des Entgelts,
3.
bei der Gewährung freiwilliger Sozialleistungen, die kein Entgelt darstellen,
4.
bei Maßnahmen der ressortinternen Aus- und Weiterbildung,
5.
beim beruflichen Aufstieg, insbesondere bei Beförderungen und der Zuweisung höher entlohnter Verwendungen (Funktionen),
6.
bei den sonstigen Arbeitsbedingungen und
7.
bei der Beendigung des Dienst- oder Ausbildungsverhältnisses.
...
3. Hauptstück
2. Abschnitt
Geltendmachung von Ansprüchen
Benachteiligungsverbot

§ 20b. Die Dienstnehmerinnen oder die Dienstnehmer dürfen durch die Vertreterin oder den Vertreter des Dienstgebers als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. Auch eine andere Dienstnehmerin oder ein anderer Dienstnehmer, die als Zeugin oder Zeuge oder Auskunftsperson in einem Verfahren auftritt oder eine Beschwerde einer Dienstnehmerin oder eines Dienstnehmers unterstützt, darf als Reaktion auf eine Beschwerde oder auf die Einleitung eines Verfahrens zur Durchsetzung des Gleichbehandlungsgebotes nicht entlassen, gekündigt oder anders benachteiligt werden. § 20a ist anzuwenden."

3.2. Der angefochtene Bescheid beruht - zusammengefasst - auf der Auffassung der belangten Behörde, die Leitung der Universität habe versucht, der Betroffenen den beruflichen Aufstieg, insbesondere die Zuweisung höher entlohnter Verwendungen, zu verunmöglichen. Die Universität als Dienstgeberin habe personelle Maßnahmen gesetzt, die die Betroffene aufgrund ihres Geschlechts diskriminierten, zumal sie darauf gerichtet gewesen seien, der Betroffenen jede wissenschaftliche Tätigkeit in der Dienstzeit zu untersagen und in das der Beschäftigung zugrunde liegende Dienstverhältnis einzugreifen. Die Verweigerung der wissenschaftlichen Verwendung der Betroffenen sei im engen Zusammenhang mit den von ihr wahrgenommenen frauenfördernden Maßnahmen - insbesondere der Inanspruchnahme des Habilitationsstipendiums - zu sehen. Die Förderung durch dieses Habilitationsstipendium habe darauf abgezielt, qualifizierte Wissenschaftlerinnen in ihrer Karriereentwicklung in Hinblick auf eine Universitätslaufbahn zu unterstützen und sie nach Abschluss der Förderung auf eine Qualifikationsstufe zu bringen, die sie zur Bewerbung auf eine in- oder ausländische Professur befähigen. Die Betroffene habe dieses Ziel durch ihre erfolgreiche Habilitation und die Verleihung der venia docendi formalisiert, weshalb ihre Qualifikation in einer wissenschaftlichen Verwendung zum Tragen hätte kommen müssen. Die Verweigerung jeglicher wissenschaftlicher Tätigkeit in der Funktion als Leiterin des Universitätsarchivs sei daher als Diskriminierung aufgrund des weiblichen Geschlechts der Betroffenen zu verstehen.

Die Verletzung des Benachteiligungsverbots beruht nach Ansicht der belangten Behörde in der Absage eines Symposiums, das die Betroffene konzipiert habe, in der Nichtbearbeitung von Anträgen auf Reisekostenzuschüsse für Vorträge der Betroffenen mit Genderthematik und in der Dienstanweisung, die Betroffene dürfe bei einem näher genannten FWF-Projekt nur ehrenamtlich mitarbeiten. Diese Handlungen hätten die Universitätsleitung und ihr gegenüber weisungsgebundene Organe als unmittelbare Reaktion auf das Einbringen der Beschwerde des AKG wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts gesetzt.

Die dem Gleichbehandlungsgebot und dem Benachteiligungsverbot widersprechenden Entscheidungen seien unter Beachtung der Rechtsauffassung der belangten Behörde von den Universitätsorganen neu zu treffen. Es sei ein rechtskonformer, die Betroffene nicht diskriminierender und nicht benachteiligender Zustand herzustellen und es seien unverzüglich bzw. binnen eines Monats näher bestimmte Maßnahmen zu treffen.

3.3. In der dagegen erhobenen Beschwerde wird

u. a. vorgebracht, der der Entscheidung zugrunde gelegte Sachverhalt sei nicht ausreichend ermittelt worden, es fehle an notwendigen Feststellungen, sowie, der beschwerdeführenden Partei sei kein ausreichendes Parteiengehör eingeräumt worden.

Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde im Ergebnis zum Erfolg:

Zunächst ist vorauszuschicken, dass sich die belangte Behörde im vorliegenden Fall mit dem Gegenstand der unter Berufung auf § 42 Abs. 8 UG 2002 mit Datum vom vom AKG eingebrachten Beschwerde zu befassen hatte. Diese hatte folgenden Wortlaut (Anonymisierung durch Verwaltungsgerichtshof, Schreibweise im Original):

"Sehr geehrte Mitglieder der Schiedskommission!

Der Arbeitskreis für Gleichbehandlungsfragen hat in seiner Sitzung vom einstimmig beschlossen im Konfliktfall S.K. die Schiedskommission anzurufen, da der dringende Verdacht der Diskriminierung auf Grund des Geschlechts UG § 42 (8) besteht. Nach einem dreijährigen Auslandsaufenthalt (April 2006 bis Mai 2009) mit dem Ziel der wissenschaftlichen Weiterqualifizierung konnte bislang keine Einigung mit dem Rektorat über die dienstrechtlichen Modalitäten der Weiterbeschäftigung erzielt werden.

Sämtliche Verhandlungen mit dem Rektorat sind ergebnislos geblieben und auch eine Kompromissfindung war nicht möglich, um deren Zustandekommen sich die Vorsitzende des Arbeitskreises in Gesprächen mit dem Rektor und in einem Gespräch mit der Universitätsdirektorin ebenfalls bemüht hat.

Insbesondere folgende Punkte legen den Verdacht auf unmittelbare und mittelbare Diskriminierung nahe:

Aus rein rechtlicher Sicht ist die Option von einem v1 Vertrag in einen Senior Scientist Vertrag zu wechseln kein adäquates Angebot. Die Umsetzung des Kollektivvertrags und das betriebsinterne Regelwerk wirken sich diskriminierend hinsichtlich Einstufung, Entgelt und Karriereweg aus.

Im Frauenförderplan § 15 (1) ist explizit festgehalten, dass die Kunstuniversität die wissenschaftliche Karriere von Frauen fördert. Deshalb vertritt der Arbeitskreis die Position, dass der erzwungene Abbruch der wissenschaftlichen Tätigkeit kurz vor Abschluss der Habilitation inakzeptabel ist, zumal Frauen in höheren Positionen (ab post doc) im wissenschaftlichen Bereich an der KUG deutlich unterrepräsentiert sind. Details über die bisherigen Verhandlungen entnehmen Sie bitte den beiliegenden Unterlagen.

Mit der Bitte um Prüfung und möglichst rasche Entscheidung verbleibe ich mit den besten Grüßen ..."

Dieser Beschwerde war eine Korrespondenz bestehend aus drei Schreiben zwischen der Betroffenen und dem damaligen Rektor der Universität beigelegt. Gegenstand dieses Briefwechsels war ausschließlich die Frage der dienstlichen Verwendung der Betroffenen nach Ablauf der Karenzierung von ihrer "v1"-Stelle mit .

Die belangte Behörde hatte sich aufgrund dieser Beschwerde daher mit der vom Rektor angeordneten Verwendung der Betroffenen ab dem zu befassen, und zwar damit, ob in dieser Maßnahme eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts zu erblicken ist. Die mit Schreiben des AKG vom an die belangte Behörde übermittelte Sachverhaltsdarstellung der Betroffenen ist soweit nicht als verfahrensgegenständlich anzusehen, als damit ein darüber hinausgehendes Vorbringen erstattet wurde, dem kein Beschluss des AKG gemäß § 42 Abs. 8 UG 2002 zugrunde liegt; auf die in dieser Regelung vorgesehene Frist sei gleichfalls hingewiesen.

In seiner Beschwerde vom macht der AKG im Wesentlichen geltend, dass sich die Umsetzung des Kollektivvertrages und des "betriebsinternen Regelwerks" diskriminierend hinsichtlich Einstufung, Entgelt und Karriereweg der Betroffenen auswirke.

Im angefochtenen Bescheid wird zur Frage der geschlechtsspezifischen Diskriminierung u.a. zwar angeführt, dass männliche Kollegen der Betroffenen mit vergleichbaren oder sogar geringeren Qualifikationen in wissenschaftlicher Verwendung gestanden bzw. ihnen wissenschaftliche Laufbahnstellen gewidmet gewesen seien, jedoch nahm die belangte Behörde in weiterer Folge an, dass nach dem UG 2002 kein Anspruch auf Begründung des Beschäftigungsverhältnisses an der Universität und auf Aufnahme in eine bestimmte Verwendung bestehe, sowie, dass eine allfällige Diskriminierung erst im Rahmen eines Ausschreibungsverfahrens auftreten könne, welches im gegenständlichen Fall aber nicht stattgefunden habe.

Nun liegt aufgrund des - gemäß § 44 UG 2002 anzuwendenden - § 4a Abs. 1 leg. cit. eine - hier angesprochene - mittelbare Diskriminierung vor, wenn dem Anschein nach neutrale Vorschriften, Kriterien oder Verfahren Personen, die einem Geschlecht angehören, in besonderer Weise gegenüber Personen des anderen Geschlechts benachteiligen können, es sei denn, die betreffenden Vorschriften, Kriterien oder Verfahren sind durch ein rechtmäßiges Ziel sachlich gerechtfertigt und die Mittel sind zur Erreichung dieses Ziels angemessen und erforderlich.

Zu klären, ob diese Voraussetzungen gegeben waren oder nicht, war Aufgabe des von der belangten Behörde durchzuführenden Verwaltungsverfahrens.

Die belangte Behörde hat sich jedoch in Verkennung der Rechtslage weder mit der entscheidenden Frage befasst, ob sich die Umsetzung des Kollektivvertrages und des universitätsinternen Organisationsstatutes diskriminierend hinsichtlich Einstufung, Entgelt und Karriereweg der Betroffenen auswirkt, noch, ob eine Ungleichbehandlung gegenüber männlichen Kollegen der Betroffenen anzunehmen ist, noch ob für diese Ungleichbehandlung eine sachliche Rechtfertigung vorliegt. Notwendige Ermittlungen und Feststellungen zur Frage der Diskriminierung der Betroffenen durch die Anwendung geschlechtsneutraler Regelungen und bzw. oder der Ungleichbehandlung im Vergleich zu männlichen Kollegen wurden daher unterlassen.

3.4. Des Weiteren erkennt die belangte Behörde, dass der "Tatbestand der Verletzung des Benachteiligungsverbots" infolge der Erhebung der Beschwerde durch den AKG wegen Diskriminierung aufgrund des Geschlechts der Betroffenen an die belangte Behörde erfüllt sei und beruft sich hierbei auf "§ 44 UG 2002 iVm §§ 20b und 4 B-GlBG".

Hierzu war die belangte Behörde aber nicht befugt: Gemäß § 42 Abs. 8 UG 2002 ist der AKG (lediglich) dazu berechtigt, die Schiedskommission anzurufen, wenn er Grund zur Annahme hat, dass die Entscheidung eines Universitätsorganes eine Diskriminierung von Personen u.a. aufgrund ihres Geschlechts darstellt. Gemäß § 44 UG 2002 ist das B-GlBG zwar u.a. auf die Angehörigen der Universität grundsätzlich anwendbar, der Tatbestand geschlechtsspezifischer Diskriminierung wird allerdings im

1. Hauptstück 1. Abschnitt im Kapitel "Gleichbehandlungsgebot" des B-GlBG definiert, das Benachteiligungsverbot findet sich dagegen im 3. Hauptstück im 2. Abschnitt im Kapitel "Geltendmachung von Ansprüchen". Das Benachteiligungsverbot stellt somit einen eigenen Tatbestand dar, der unabhängig davon besteht, ob eine Diskriminierung als gegeben erkannt wird oder nicht. Die Benachteiligung muss auch nicht in einer Diskriminierung aufgrund eines verpönten Merkmales bestehen, sondern kann in jeglichem dienstlichen Nachteil liegen, der mit der Erhebung der Beschwerde kausal in Verbindung zu bringen ist. Eine Auslegung des Wortlautes und der Systematik der genannten Regelungen des UG 2002 und des B-GlBG ergibt sohin, dass der AKG zur Erhebung einer auf § 20b B-GlBG gestützten Beschwerde an die belangte Behörde nicht berechtigt war; die belangte Behörde war daher auch nicht berechtigt, über die diesbezüglich an sie gerichtete Beschwerde (inhaltlich) abzusprechen.

4.1. Der angefochtene Bescheid war daher wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1VwGG aufzuheben. Auf das übrige Beschwerdevorbringen war angesichts dieses Ergebnisses nicht mehr einzugehen.

4.2. Für das fortgesetzte Verfahren sei auf Folgendes hingewiesen:

Zweck des Ermittlungsverfahrens nach § 37 AVG ist es, den für die Erledigung einer Verwaltungssache maßgeblichen Sachverhalt festzustellen und den Parteien Gelegenheit zur Geltendmachung ihrer Rechte und rechtlichen Interessen zu geben. Im Rahmen der so gegebenen Ermittlungspflicht der Behörde und der Mitwirkungspflicht der Partei ist auf die Schwierigkeiten bei der Darlegung der Gründe für die vorliegende Entscheidungsfindung, die sich im Allgemeinen nicht in einer nach außen in Erscheinung tretenden Weise dokumentieren, Bedacht zu nehmen. In diesem Sinne trifft beide Parteien des Verfahrens die Verpflichtung, die jeweils ihnen zugänglichen, für die Entscheidung wesentlichen Überlegungen nachvollziehbar darzulegen. Der AKG hat hierbei die für seine Annahme sprechenden Überlegungen einer geschlechtsspezifisch bedingten Benachteiligung offen zu legen, die für die Personalentscheidungen verantwortlichen Organwalter trifft dann die Verpflichtung, die Gründe der von ihnen inhaltlich bestimmten Maßnahmen darzustellen. Die Entscheidung der belangten Behörde hat - unter besonderer Beachtung einer möglichen Befangenheit von Organwaltern und der gegebenen Verpflichtung zur amtswegigen Wahrheitsforschung - nach ausreichenden Erörterungen zu ergehen (vgl. idS z.B. die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2004/12/0199, und vom , Zl. 2004/12/0026, mwN).

4.3. Da die beschwerdeführende Partei ebenso wie die belangte Behörde als Organ der Universität für Musik und darstellende Kunst Graz ohne eigene Rechtspersönlichkeit anzusehen ist, liegt die Identität des Rechtsträgers vor, dem Kosten zuzusprechen bzw. der zum Kostenersatz verpflichtet wäre. Ein Kostenzuspruch an die beschwerdeführende Partei findet daher nicht statt (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. Ro 2014/10/0038).

Wien, am