VwGH vom 18.05.2011, 2011/03/0033
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger und Mag. Nedwed als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der L GmbH Co. KG in L, vertreten durch Dr. Michael Krüger, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Seilergasse 4/15, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl 611.001/0009-BKS/2007, betreffend Feststellung der Verletzung des Privatradiogesetzes (weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Bescheid vom stellte die Kommunikationsbehörde Austria (KommAustria) gemäß §§ 24 und 25 Privatradiogesetz, BGBl I Nr 20/2001 idF BGBl I Nr 169/2004 (PrR-G) unter anderem fest, dass die beschwerdeführende Partei § 19 Abs 3 PrR-G verletzt habe, weil sie im Hörfunkprogramm "L-Radio" am zwischen ca 10:35 Uhr und ca 10:37 Uhr Werbung gesendet habe, welche nicht als solche erkennbar gewesen sei und weder am Anfang noch am Ende eindeutig durch akustische Mittel von den vorangehenden und nachfolgenden Programmteilen getrennt gewesen sei.
Gleichzeitig wurde die beschwerdeführende Partei gemäß § 26 Abs 2 PrR-G verpflichtet, diese Entscheidung in näher bezeichneter Weise zu veröffentlichen und der Behörde Aufzeichnungen dieser Veröffentlichung vorzulegen.
Begründend führte die KommAustria aus, die beschwerdeführende Partei sei Inhaberin einer Zulassung zur Veranstaltung eines Hörfunkprogramms für das Versorgungsgebiet "O" und sende unter der Bezeichnung "L Radio" ein 24-Stunden-Vollprogramm. In der Hörfunksendung "Spaß bei der Arbeit" vom in der Zeit von 09:00 bis 12:00 Uhr habe die beschwerdeführende Partei unter anderem Folgendes ausgestrahlt (Zitat; Schreibfehler im Original, Anonymisierung durch den Verwaltungsgerichtshof):
"Nach der Abmoderation eines Titels von Joan Baez und einer Zeitansage gegen 10:35 Uhr wird ein Beitrag mit dem Intro 'Fit for Future - die Industrielehre' eingeleitet. Anschließend sagt derselbe Moderator: 'Vom reinen Stromerzeuger zum umfassenden Dienstleister, so hat sich das Bild der Elektrizitätswerke W in den über 100-Jahren Firmengeschichte gehörig gewandelt. Die Elektrizitätswerke W, die EW-W, waren und sind stets am Pulsschlag der Zeit und das mit bestem Erfolg, wie EWW-Direktor Magister E R bestätigt.' Daraufhin sagt der Direktor: 'Der Name an sich ist schon irreführend, weil Elektrizität ist nur ein Teil davon, etwa 40 % vom Gesamtgeschäft. Wir sind für die gesamte Versorgung und Entsorgung zuständig, also auch Fernwärme, Gasversorgung, Wasserversorgung, Kanalisation. Aber darüber hinaus dann noch in Dienstleistungsbereichen wie Elektroanlagenbau, Kommunaltechnik, das ist öffentliche Beleuchtung in ganz Österreich, und Telekommunikation, das jüngste Kind, aber das auch sehr erfolgreich ist.' Dann wieder der Moderator: 'Entsprechend begehrt sind natürlich die Arbeitsplätze in den Elektrizitätswerken W. Auf höchste Qualität wird nicht nur bei den Dienstleistungen, sondern auch bei den Mitarbeitern Wert gelegt.' Darauf der Direktor: 'Wir wollen nur die besten haben, da sind wir schon in der Auslese sehr kritisch. Wir gehen schon bald in die Schulen und stellen uns vor, damit wir wirklich gute Interessenten bekommen. Und an eine sehr gute Ausbildung und viele Führungskräfte in unserem Unternehmen haben bei uns gelernt.' Anschließend stellt der Moderator einen Auszubildenden vor, der seine Tätigkeit und beruflichen Pläne beschreibt (dieser Teil des Beitrags hat eine Länge von ca. 32 Sekunden). Der gesamte Beitrag endet nach ca. 02:12 Minuten mit dem Outro 'Gestalte deine Zukunft mit der Industrielehre. Eine Aktion der Wirtschaftskammer Oberösterreich, Sparte Industrie, und Lradio.' Unmittelbar danach ist der nächste Song, 'Je t'adore' von Kate Ryan, zu hören."
Rechtlich folgerte die KommAustria, dass mit dem vorliegenden Beitrag kommerzielle Werbung gesendet worden sei. Die Elektrizitätswerke W seien ein Unternehmen, das seinen Kunden Strom, Fernwärme, Gas, Wasser und Kanalisation gegen Entgelt zur Verfügung stelle. Weiters würden entgeltliche Dienstleistungen angeboten, nämlich Elektroanlagenbau, Kommunaltechnik und Telekommunikationsleistungen. Die genaue Darstellung dieses Angebots durch den Direktor der Elektrizitätswerke W sei geeignet gewesen, den Absatz dieser Waren und die Erbringung dieser Dienstleistungen zu fördern. Dem gesendeten Beitrag sei klar zu entnehmen gewesen, dass die Äußerungen des Direktors auch auf diese Absatzförderung abzielten. Zudem hätten die gezielten einleitenden Statements des Moderators von "L-Radio" werbenden Charakter, etwa der Satz "Vom reinen Stromerzeuger zum umfassenden Dienstleister" oder die Überleitung "Auf höchste Qualität wird nicht nur bei den Dienstleistungen, sondern auch bei den Mitarbeitern Wert gelegt." Besonders die letztgenannte Aussage verdeutliche, dass nicht das Angebot der Elektrizitätswerke W an den Arbeitsmarkt im Vordergrund der Darstellung gestanden sei, sondern die Bedeutung der fachlichen Befähigung der Mitarbeiter für den Erfolg und die Güte der Leistungen des Unternehmens gegenüber potenziellen Kunden. Der werbende Effekt sei noch durch die unmittelbar folgende Replik des Direktors und die nachfolgenden Ausführungen zur Auswahl und Qualität der Mitarbeiter verstärkt worden. Da somit Werbung vorgelegen habe, hätte gemäß § 19 Abs 3 PrR-G dem Trennungsgebot entsprochen werden müssen, was im gegenständlichen Fall - aus näher dargestellten Gründen - nicht der Fall gewesen sei.
Die gegen diesen Teil des erstinstanzlichen Bescheids erhobene Berufung der beschwerdeführenden Partei wies die belangte Behörde mit dem angefochtenen Bescheid ab.
Unter dem Begriff "kommerzielle Werbung" sei - so die belangte Behörde - jede Äußerung bei der Ausübung eines Handels, Gewerbes, Handwerks oder freien Berufs zu verstehen, die gegen Entgelt oder ähnliche Gegenleistung oder als Eigenwerbung mit dem Ziel gesendet werde, den Absatz von Waren oder die Erbringung von Dienstleistungen einschließlich unbeweglicher Sachen, Rechte und Verpflichtungen gegen Entgelt zu fördern. Zu Recht habe die KommAustria festgestellt, dass die genaue Darstellung des Angebots der Elektrizitätswerke W durch den Direktor geeignet gewesen sei, den Absatz dieser Waren und die Erbringung dieser Dienstleistungen zu fördern. Die von der beschwerdeführenden Partei eingeräumte Zahlung eines (wenn auch nur symbolischen) Geldbetrags seitens der Wirtschaftskammer Österreich erfülle zudem das Kriterium der Entgeltlichkeit. Dass im konkreten Fall mit dem Beitrag nicht nur die Elektrizitätswerke W beworben werden sollten, sondern auch ein anderer Zweck ("Stellenanzeige") verfolgt worden sei, ändere an der grundsätzlichen Einordnung als Werbung nichts. Diese Werbung sei - entgegen § 19 Abs 3 PrR-G - weder am Beginn noch am Ende von den übrigen Programmteilen eindeutig getrennt worden.
Gegen diesen Bescheid wendet sich die vorliegende Beschwerde mit dem Antrag, ihn wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts aufzuheben.
Die belangte Behörde legte die Verwaltungsakten vor, erstattete eine Gegenschrift und beantragte, die Beschwerde kostenpflichtig abzuweisen.
Der Verwaltungsgerichtshof hat in einem gemäß § 12 Abs 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen:
Gemäß § 19 Abs 3 PrR-G muss Werbung klar als solche erkennbar und durch akustische Mittel eindeutig von anderen Programmteilen getrennt sein.
Die Beschwerde bestreitet nicht, dass die strittige Sendung in Bezug auf andere Programmteile keine derartige Trennung aufwies. Es wird auch nicht in Abrede gestellte, dass die beschwerdeführende Partei für die Ausstrahlung der Sendung ein Entgelt erhielt.
Die Beschwerde macht ausschließlich geltend, der angefochtene Bescheid leide deshalb unter einem schwerwiegenden Begründungsmangel, weil er zwar den Begriff der kommerziellen Werbung richtig wiedergebe, aber jegliche Begründung vermissen lasse, woraus die Werbeabsicht abgeleitet werde. Die beschwerdeführende Partei habe stets die Werbeabsicht der Wirtschaftskammer Oberösterreich und der Elektrizitätswerke W bestritten. Der Zweck der Sendung sei nach dem Vorbringen der beschwerdeführenden Partei auf die Minderung der Jugendarbeitslosigkeit und die Gewinnung junger Menschen für die Industrielehre, nicht aber auf die Förderung des Absatzes von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen der Elektrizitätswerke W gerichtet gewesen. Die von der belangten Behörde behauptete bloße Eignung der Sendung zur Förderung des Absatzes von Waren oder die Inanspruchnahme von Dienstleistungen sei allein nicht ausreichend, um den Begriff der kommerziellen Werbung zu erfüllen. Insoweit die belangte Behörde jede Begründung zur subjektiven Werbeabsicht unterlasse, diese Werbeabsicht aber durch den vorliegenden Sachverhalt nicht indiziert sei, sei der angefochtene Bescheid mit Rechtswidrigkeit seines Inhalts belastet.
Dem ist Folgendes zu erwidern:
Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist für das Vorliegen von "Werbung" entscheidend, ob die (gegen eine Gegenleistung bzw für ein eigenes Produkt gesendete) Äußerung bzw Darstellung insgesamt geeignet ist, das bislang uninformierte oder unentschlossene Publikum für den Erwerb dieses Produkts (Waren, Dienstleistungen) zu gewinnen, sodass auf das Ziel der Darstellung, nämlich dem Absatz dieser Produkte zu fördern, geschlossen werden kann (vgl dazu etwa das hg Erkenntnis vom , Zl 2011/03/0014, mwN).
Vor diesem Hintergrund ist die Auffassung der belangten Behörde, es handle sich bei der strittigen Sendung um "Werbung", nicht als rechtswidrig zu erkennen. Die KommAustria und ihr folgend die belangte Behörde haben ausführlich dargestellt, warum sie aufgrund der Gestaltung und des Inhalts der Sendung zu dem Schluss gelangten, dass damit auch Werbeabsichten zu Gunsten der Elektrizitätswerke W verfolgt wurden. Mit den diesbezüglichen Erwägungen der Behörden setzt sich die Beschwerde nicht auseinander und hält ihnen auch nichts Stichhältiges entgegen.
Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
TAAAE-83236