VwGH vom 27.01.2011, 2008/21/0422
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant und Dr. Sulzbacher als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der R, vertreten durch Mag. Dr. Helmut Blum, Rechtsanwalt in 4020 Linz, Mozartstraße 11/6, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 318.188/2-III/4/08, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.106,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Die am geborene, aus dem Kosovo stammende Beschwerdeführerin stellte am bei der österreichischen Botschaft in Skopje einen - auf ihren die österreichische Staatsbürgerschaft besitzenden Vater als "Zusammenführenden" bezogenen - Erstantrag auf Erteilung einer "Niederlassungsbewilligung - Angehöriger" gemäß § 47 Abs. 3 Z 3 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes (NAG).
Dieser Antrag wurde mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Bundesministers für Inneres vom gemäß § 47 Abs. 3 NAG abgewiesen, weil - angesichts des zur Deckung auch des Unterhalts seiner Tochter nicht ausreichenden Einkommens des Vaters der Beschwerdeführerin - "keine tragfähige Haftungserklärung" vorliege. Es fehle somit eine besondere Erteilungsvoraussetzung.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Vorlage der Verwaltungsakten durch die belangte Behörde in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z 2 VwGG gebildeten Senat erwogen hat:
Die belangte Behörde hat bei der Begründung der Abweisung des gegenständlichen Antrages die von ihr anzuwendende Rechtslage mehrfach verkannt:
Zunächst hätte sie in der vorliegenden Konstellation bei der Prüfung der Tragfähigkeit der Haftungserklärung des Zusammenführenden gemäß § 11 Abs. 5 NAG (in der hier maßgeblichen Stammfassung) nicht auf das pfändungsfreie Existenzminimum gemäß § 291a EO abstellen dürfen, sondern hinsichtlich der Deckung des Bedarfs des Vaters der Beschwerdeführerin und seiner (im gemeinsamen Haushalt lebenden) Ehefrau den Ausgleichszulagenrichtsatz nach § 293 Abs. 1 lit. a sublit. aa ASVG heranziehen und diesen dem Gesamteinkommen gegenüber stellen müssen (siehe dazu etwa die Rechtsprechungsnachweise im Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0518).
Die Auffassung, das Einkommen des Vaters der Beschwerdeführerin reiche auch unter Berücksichtigung der Zahlung von monatlich EUR 800,-- aufgrund von Unterhaltsverträgen mit seinen Söhnen nicht zur Deckung des Unterhaltsbedarfs, begründete die belangte Behörde vor allem damit, dass dieser nur eine monatliche (Invaliditäts )Pension in der Höhe von EUR 313,72 beziehe und die Ausgleichszulage von monatlich etwa EUR 675,-- nicht als Nachweis der Mittel zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu berücksichtigen sei. Mit dieser Auffassung hat die belangte Behörde aber die Bedeutung und das Wesen der Ausgleichszulage im Kontext des § 11 Abs. 5 NAG verkannt, wozu des Näheren gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf Punkt II.2. der Entscheidungsgründe des Erkenntnisses vom , Zl. 2008/22/0659, verwiesen werden kann (vgl. idS auch das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0383, das auch noch auf das Erkenntnis vom , Zl. 2009/21/0351, und die dort angeführten Judikate Bezug nimmt).
Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kommt überdies - anders als die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid weiters meint - der Nachweis ausreichender Unterhaltsmittel auch durch Spareinlagen in Betracht (vgl. auch dazu etwa das schon genannte Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0659, Punkt II.1. der Entscheidungsgründe, und daran anknüpfend beispielsweise das ebenfalls schon erwähnte Erkenntnis vom , Zl. 2008/21/0518). Demzufolge hätte die belangte Behörde auch das Sparbuch mit einem Guthabensstand von EUR 6.235,-- berücksichtigen müssen.
Schließlich ist der belangten Behörde noch vorzuwerfen, dass sie keine Beurteilung nach § 11 Abs. 3 NAG vorgenommen hat. Dazu wäre sie aber im Hinblick darauf verpflichtet gewesen, dass sie die Abweisung des Antrages der Beschwerdeführerin ungeachtet der Bezugnahme allein auf das in § 47 Abs. 3 letzter Satz NAG normierte Erfordernis des Vorliegens einer Haftungserklärung der Sache nach auf § 11 Abs. 2 Z 4 iVm Abs. 5 NAG - danach bestimmt sich nämlich die Tragfähigkeit der Haftungserklärung - gestützt hat (siehe auch dazu das Erkenntnis Zl. 2008/21/0518, mit weiteren Nachweisen).
Aus den angeführten Gründen war der angefochtene Bescheid wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.
Der Kostenzuspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.
Wien, am
Fundstelle(n):
OAAAE-83187