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VwGH vom 16.12.2015, 2013/10/0117

VwGH vom 16.12.2015, 2013/10/0117

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl sowie die Hofräte Dr. Rigler und Dr. Lukasser als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des M P in K, vertreten durch die Radel Stampf Supper Rechtsanwälte OG in 7210 Mattersburg, Brunnenplatz 5b, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Burgenland vom , Zl. E 123/15/2012.008/005, betreffend Kostenersatz nach § 45 Bgld. Sozialhilfegesetz 2000 (weitere Partei: Burgenländische Landesregierung), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Der Beschwerdeführer hat dem Land Burgenland Aufwendungen in der Höhe von EUR 610,60 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

I.

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Eisenstadt-Umgebung vom wurde L.P., dem Sohn des Beschwerdeführers, für die Dauer seiner Hilfsbedürftigkeit Hilfe zur Schulbildung und Erziehung durch Übernahme der Kosten für die halbinterne Unterbringung in der "Waldschule Wiener Neustadt" ab von täglich EUR 89,-- und der Kosten der täglichen Schulfahrt mittels näher bezeichneten Taxidienstes ab von täglich EUR 120,-- für die Dauer der gesamten Schulzeit ab September 2012 gewährt.

2. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer als gesetzlich zum Unterhalt verpflichteter Angehöriger des Hilfeempfängers gemäß § 45 Burgenländisches Sozialhilfegesetz 2000 - Bgld. SHG 2000 verpflichtet, betreffend die L.P. gewährten Leistungen einen monatlichen Kostenersatz in der Höhe von EUR 412,-- zu leisten.

Begründend führte die belangte Behörde im Wesentlichen aus, das monatliche Einkommen des Beschwerdeführers betrage netto EUR 2.399,92. Das Einkommen seiner Ehefrau A.P. habe im Jahr 2010 laut Einkommensteuerbescheid EUR 12.423,69 betragen.

Ausgehend vom monatlichen Nettoeinkommen des Beschwerdeführers errechne sich unter Berücksichtigung des 13. und 14. Monatsbezuges ein monatliches Nettodurchschnittseinkommen von EUR 2.799,91. Sonderausgaben seien in der Höhe von EUR 700,-- zu berücksichtigen, weil Ausgaben in dieser Höhe im Interesse des Hilfeempfängers getätigt worden seien. Von diesen anerkannten Sonderausgaben würden zugunsten des Beschwerdeführers 73 % - entsprechend der geforderten Berücksichtigung des Einkommens von A.P. - somit EUR 511,-- als absetzbare Sonderbelastung vom Nettodurchschnittseinkommen abgezogen. Weitere abzugsfähige Sonderbelastungen seien nicht zu erkennen. Insbesondere seien nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes weder Kreditrückzahlungen noch der Wohnbedarf der Familie abzugsfähig.

Von dem errechneten anrechenbaren Nettoeinkommen des Beschwerdeführers von EUR 2,288,91 sei der tatsächliche Kostenersatz anhand der Prozentmethode zu ermitteln. Dabei würden je nach Alter des Kindes und der konkurrierenden Unterhaltspflichten gestaffelte Prozentsätze vom elterlichen Nettoeinkommen herangezogen. Dem im Zeitpunkt des Beginns der Hilfeleistung fast 7-jährigen Hilfeempfänger stünden 18 % des anrechenbaren Nettoeinkommens als Unterhalt zu. Da der Beschwerdeführer für keine weiteren Personen unterhaltspflichtig sei, seien davon keine weiteren Prozentpunkte abzuziehen, sodass sich eine Unterhaltspflicht in der Höhe von monatlich EUR 412,-- ergebe.

Eine Rechtsgrundlage für den - von der Erstbehörde angenommenen - Rückersatz von nur 25 % der Unterhaltspflicht sei nicht vorhanden. Die burgenländische Landesregierung habe lediglich entsprechend der in § 43 Bgld. SHG 2000 enthaltenen Verordnungsermächtigung, somit für den Kostenbeitrag durch den Hilfeempfänger selbst, mit Verordnung vom , LGBl. Nr. 59/2012, den Rückersatz von pflegegeldbezogenen Geldleistungen bei teilstationärer Unterbringung mit 25 % festgelegt. Bezüglich des Kostenersatzes durch unterhaltsverpflichtete Personen gebe es hingegen weder eine entsprechende Verordnung noch eine Verordnungsermächtigung. Dem Beschwerdeführer sei daher die volle Unterhaltspflicht als Kostenersatz vorzuschreiben gewesen. Eine soziale Härte könne in der Verpflichtung zum Kostenersatz im vorliegenden Fall nicht erblickt werden.

3. Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

II.

Der Verwaltungsgerichtshof hat - in einem gemäß § 12 Abs. 1 Z. 2 VwGG gebildeten Senat - erwogen:

1. Auf den vorliegenden, mit Ablauf des beim Verwaltungsgerichtshof anhängigen Beschwerdefall sind nach § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG weiter anzuwenden.

2. Die hier relevanten Bestimmungen des Burgenländischen Sozialhilfegesetzes 2000 - Bgld. SHG 2000, LGBl. Nr. 5/2000 idF LGBl. Nr. 44/2012, lauten wie folgt:

" § 43

Kostenbeitrag durch den Hilfeempfangenden

(1) In den Fällen der §§ 6 Abs. 1 Z 2 und 4 und 19 Z 3, 7 und 8 ist das Ausmaß der Hilfe durch Berücksichtigung eines zumutbaren Einsatzes der eigenen Mittel der oder des Hilfeempfangenden zu bestimmen.

(2) Von pflegebezogenen Geldleistungen ist ein Kostenbeitrag an den Träger der Sozialhilfe in dem Ausmaß zu leisten als durch die gewährte Maßnahme die Pflege und Betreuung der oder des Hilfeempfangenden erfolgt. Das konkrete Ausmaß des Kostenbeitrags ist durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen.

(...)

§ 45

Ersatz durch Dritte

(1) Personen, die gesetzlich oder vertraglich zum Unterhalt der oder des Hilfeempfangenden verpflichtet sind, haben im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht Kostenersatz zu leisten, sofern nicht eine Anrechnung ihres Einkommens gemäß § 8 Abs. 5 erfolgt ist. Ausgenommen von dieser Kostenersatzpflicht sind Kinder für ihre Eltern im ambulanten, teilstationären und stationären Bereich.

(...)

(3) Eine Verpflichtung zum Kostenersatz besteht nicht, wenn dieser wegen des Verhaltens der oder des Hilfeempfangenden gegenüber der ersatzpflichtigen Person sittlich nicht gerechtfertigt (§ 143 ABGB) wäre oder wenn er eine soziale Härte bedeuten würde.

(...)"

3.1. Der Beschwerdeführer bestreitet nicht, im Rahmen seiner Unterhaltspflicht für den Hilfeempfänger kostenersatzpflichtig im Sinne des § 45 Abs. 1 Bgld. SHG 2000 zu sein, wendet sich jedoch gegen die Höhe des auferlegten Kostenersatzes und bringt dazu vor, dass entgegen der Auffassung der belangten Behörde, wonach weder Kreditrückzahlungen noch der Wohnbedarf der Familie bei der Berechnung der Unterhaltspflicht zu berücksichtigen seien, bei Wohnungs- und Eigenheimkrediten zu differenzieren sei. Wenn der Unterhaltsschuldner Kreditraten für die Wohnung des Unterhaltsberechtigten zahle, leiste er Naturalunterhalt, der nicht von der Bemessungsgrundlage, sondern von den Unterhaltsleistungen abzuziehen sei. Der Beschwerdeführer habe monatliche Kreditzahlungen von insgesamt EUR 1.100,42 für zwei Bauspardarlehen (EUR 522,92 bzw. EUR 527,50) sowie ein Wohnbauförderungsdarlehen (EUR 50,--). Diese Kredite habe der Beschwerdeführer gemeinsam mit A.P. zur Wohnraumbeschaffung aufgenommen. Sie dienten daher auch zur Sicherung des Wohnbedarfs des Unterhaltberechtigten. Ein Betrag von EUR 366,81 (EUR 1.100,42 dividiert durch drei Personen) wäre daher von den Geldunterhaltsleistungen abzuziehen gewesen.

3.2. Mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Wie der Verwaltungsgerichtshof - mit Hinweis auf die Rechtsprechung des OGH - bereits mehrfach ausgesprochen hat, sind von der Bemessungsgrundlage Ausgaben des täglichen Lebens, wie insbesondere Wohnungskosten (wie z.B. Mietzinse und Stromkosten) oder Kreditrückzahlungen, nicht abzugsfähig, es sei denn, sie wären zur Bestreitung unabwendbarer außergewöhnlicher Belastungen aufgenommen worden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/10/0010, mH auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 93/08/0276, sowie etwa den ).

Mit dem wiedergegebenen Beschwerdevorbringen werden allerdings unabwendbare außergewöhnliche Belastungen nicht dargelegt.

Im Übrigen hat der Beschwerdeführer erstmals in der vorliegenden Beschwerde ein konkretes Vorbringen zur Art seiner Kreditverbindlichkeiten erstattet, welches daher schon in Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) keine Beachtung finden kann.

4.1. Darüber hinaus bringt die Beschwerde vor, § 3 Z. 1 der Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 59/2012, lege das Ausmaß des Kostenbeitrags von pflegebezogenen Geldleistungen bei teilstationärer Unterbringung sowie bei Hilfen zur Erziehung und Schulbildung bei ganztägiger teilstationärer Unterbringung in beschäftigungstherapeutischen Einrichtungen oder Einrichtungen für Anlehre von Montag bis Freitag mit 25 % fest. Entgegen der Rechtsansicht der belangten Behörde, dass sich diese Bestimmung ausschließlich auf den durch den Hilfeempfänger selbst zu leistenden Kostenbeitrag beziehe, sei eine solche Restriktion dem Wortlaut der Verordnung nicht zu entnehmen. Daraus lasse sich der Schluss ziehen, dass der Gesetzgeber jedenfalls eine analoge Anwendung der Verordnung auch auf Personen, welche dem Hilfeempfänger gegenüber unterhaltspflichtig seien, intendiere.

4.2. Auch mit diesem Vorbringen gelingt es der Beschwerde nicht, eine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides darzutun.

Das Bgld. SHG 2000 kennt verschiedene Gruppen von Ersatzpflichtigen, welche auch - u.a. hinsichtlich des Ausmaßes des Kostenbeitrages - unterschiedlich behandelt werden. Gemäß § 45 Abs. 1 Bgld. SHG 2000 haben Personen, die gesetzlich zum Unterhalt des Empfängers der Sozialhilfe verpflichtet sind, "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" Kostenersatz zu leisten. Mit der Wendung "im Rahmen ihrer Unterhaltspflicht" verweist das Gesetz auf die Vorschriften des bürgerlichen Rechts über die gesetzliche Unterhaltspflicht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2003/10/0215, sowie vom , Zl. 2006/10/0013, jeweils mwN). Beim Kostenersatz durch den Unterhaltpflichtigen ist daher der monatliche Wert der Unterhaltsverpflichtung zu beurteilen und daraus die vorzuschreibende Leistung abzuleiten (vgl. etwa die Gesetzesmaterialien zum Bgld. SHG 2000, 768 Blg. XVII. GP, RV Zl. 17-551, S. 21).

Demgegenüber ist das "konkrete Ausmaß" der Kostenersatzpflicht durch den Hilfeempfänger selbst nach § 43 Abs. 2 Bgld. SHG 2000 durch Verordnung der Landesregierung festzusetzen. Ausschließlich gestützt auf diese Verordnungsermächtigung wurde die Verordnung der Burgenländischen Landesregierung vom , LGBl. Nr. 59/2012, mit der das Ausmaß des Kostenbeitrags von pflegebezogenen Geldleistungen auf den Sozialhilfeträger festgesetzt wird, erlassen. Dass diese Verordnung, und insbesondere deren § 3, auf Fälle der Kostenersatzpflicht des Unterhaltspflichtigen nach § 45 Bgld. SHG 2000 Anwendung fände, lässt sich weder aus dem Gesetz erkennen noch aus der Verordnung selbst ableiten.

Die Auffassung der belangten Behörde, dass die angeführte Verordnung nicht auf den gegenständlichen Fall Anwendung findet, trifft daher zu.

5. Darüber hinaus bringt die Beschwerde vor, dass der Pauschalbetrag für Sonderausgaben von EUR 700,-- zu niedrig angesetzt worden sei. Der Beschwerdeführer habe ein behindertengerechtes Auto anschaffen und einen Garagenzubau für die Unterbringung diverser notwendiger Gerätschaften für den Hilfeempfänger errichten lassen, für den monatlich EUR 1.500,-- zurückzuzahlen seien. Darüber hinaus hätten im Kalenderjahr 2012 Wegstrecken zu Rehabilitationseinrichtungen, diversen Ärzten bzw. Krankenhäuser im Ausmaß von 4.368 km zurückgelegt werden müssen. Da der Hilfeempfänger blind sei, seien weiters akustische Geräte, wie etwa eine Orgel, in der Höhe von EUR 497,-- für den täglichen Gebrauch notwendig. Dazu kämen Kosten für Medikamente, Heilbehelfe sowie Selbstbehalte aufgrund von Krankenhausaufenthalten bzw. Rehabilitationsmaßnahmen. Da der Hilfeempfänger zweimal täglich frische Wäsche benötige, fielen erhebliche Mehrkosten für zusätzliche Kleidung sowie Wäschereinigung an.

Darüber hinaus leide der Beschwerdeführer selbst seit geraumer Zeit an erheblichen Beschwerden des Bewegungsapparates, insbesondere im Bereich des Lendenwirbels; die durchschnittlichen, krankheitsbedingten Mehrausgaben dafür betrügen etwa EUR 60,-- monatlich.

Dieses erstmals in der Beschwerde erstattete Vorbringen kann allerdings schon in Hinblick auf das im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltende Neuerungsverbot (§ 41 Abs. 1 erster Satz VwGG) keine Beachtung finden.

6. Wenn die Beschwerde schließlich vorbringt, dem Beschwerdeführer sei mit Schreiben vom mitgeteilt worden, dass er mit gekündigt werde, ist dieses Vorbringen schon deshalb unbeachtlich, weil es sich dabei um einen Umstand handelt, der erst nach Erlassung des angefochtenen Bescheides am eingetreten ist, und im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides maßgeblich ist.

7. Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm § 3 Z. 1 der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014 und der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am