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VwGH vom 17.03.2011, 2011/03/0012

VwGH vom 17.03.2011, 2011/03/0012

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Präsident Dr. Jabloner und die Hofräte Dr. Handstanger, Dr. Lehofer, Mag. Nedwed und Mag. Samm als Richter, im Beisein des Schriftführers Dr. Zeleny, über die Beschwerde der G A in S, vertreten durch Dr. Alfons Adam und Mag. Gernot Steier, Rechtsanwälte in 3040 Neulengbach, Rathausplatz 108, gegen den Bescheid des Bundeskommunikationssenates vom , Zl 611.945/0003-BKS/2006, betreffend Feststellung einer Verletzung des ORF-G (mitbeteiligte Partei: Österreichischer Rundfunk, 1136 Wien, Würzburggasse 30 weitere Partei: Bundeskanzler), zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die Beschwerdeführerin hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem (nur in seinem Spruchpunkt 1.) angefochtenen Bescheid wies die belangte Behörde die in einer Beschwerde gemäß § 36 Abs 1 Z 1 lit b ORG-G gestellten "Anträge a) festzustellen, dass durch den am im Fernsehen gesendeten und bis dato auf der Website der Religionsabteilung des ORF abzurufenden Film von I

L 'Schneeweiß und Rosenrot' das ORF-Gesetz insbesondere in der Bestimmung des § 10 verletzt worden ist, b) dem Österreichischen Rundfunk die Veröffentlichung dieser Entscheidung aufzutragen,

c) gemäß § 38 Abs. 1 Z 1 ORF-G über den Österreichischen Rundfunk eine Geldstrafe zu verhängen" als unbegründet ab.

Dieser Entscheidung legte die belangte Behörde folgenden - unstrittigen - Sachverhalt zugrunde:

"Am strahlte der Beschwerdegegner in der Fernsehsendung 'Kreuz und Quer' kurz vor Mitternacht den Film 'Schneeweiß und Rosenrot' von I L aus.

Der Film wurde wie folgt angekündigt:

'Konsumenten werden Produzenten', das ist der Gedanke, der unsere erste Webcast-Aktion begleitet. Nun schon seit einigen Wochen sind Seherinnen und Seher dazu eingeladen, Videos zu produzieren, Videos zum Thema: WAS-MIR-HEILIG IST. Heute zeigen wir Ihnen - wie versprochen - einen dieser Kurzfilme. Und zwar einen durchaus Ungewöhnlichen.

Die Künstlerin I L hat sich an die filmische Gestaltung eines sehr intimen Themas gewagt: Frau und Blut. Sie möchte, wie sie sagt, die monatliche Blutung der Frau aus der Tabuzone herausholen - und dabei Rollenklischees - gerade auch in der Kirche - hinterfragen. Heiliges und unheiliges Blut. Ein provokantes und sicher Aufsehen erregendes Unterfangen.

I L kommt aus K. Sie hat in S Grafik studiert und lebt heute in W. Schon während ihres Studiums begann sie, Videos herzustellen. Vor allem der spielerische Umgang mit Filmtricks ist ihr bevorzugtes Stilmittel…'

Der fünfminütige Film befasst sich mit Blut und Religion. Er wirft ausdrücklich die Frage auf, ob das Menstruationsblut nicht heilig sei, während das Blut Christi als erlösend verehrt werde.

Dazu werden Frauenakte der Maler Courbet, Schiele und Modigliani, ein Mosaik darstellend einen Kopf der heiligen Maria, eine Marienstatue aber auch eine Gliederpuppe und dergleichen sowie Vaginasymbole gezeigt, an denen mit Hilfe von Filmtricks die Menstruationsblutung simuliert wird; es wird auch ein Messkelch gezeigt, in dem eine Darstellung des gekreuzigten Jesus und ein blutrotes Kreuz versinkt. Der von der Beschwerdeführerin detailliert inkriminierte unbekleidete weibliche Unterleib mit gespreizten Beinen zeigt das Gemälde 'Ursprung der Welt' des französischen Malers Gustave Courbet (1819-1877). Der Film enthält keinen gesprochenen Text. Er ist teilweise mit leicht verzerrter Kirchenmusik unterlegt.'

Diesen Sachverhalt beurteilte die belangte Behörde rechtlich wie folgt:

'Gemäß § 10 Abs. 1 ORF-G müssen alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten. Nach § 10 Abs. 2 ORF-G dürfen die Sendungen nicht zu Hass aufgrund von Rasse, Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion und Nationalität aufreizen.

… Schutzzweck des § 10 Abs. 1 ORF-G ist zunächst die Menschenwürde und Intimsphäre des Betroffenen … Diese Bestimmung soll daher zunächst sichern, dass insbesondere die Intimsphäre des Einzelnen als Subjekt der Sendung gewahrt wird. Eine strikte Gegenüberstellung von Personen, die Gegenstand einer Berichterstattung sind einerseits und bloßen Medienkonsumenten andererseits, die durch § 10 Abs. 1 ORF-G nicht geschützt würden, ist dieser Bestimmung jedoch nicht zu entnehmen. Der weitere Wortlaut der Bestimmung ('Grundrechte Anderer') lässt eine Beschränkung der Schutzwirkung auf die erstgenannte Personengruppe nicht zu. Gegen § 10 Abs. 1 ORF-G wird daher u.a. auch dann verstoßen, wenn eine Sendung im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer, also auch der Medienkonsumenten, nicht achtet.

Die Beschwerdeführerin vermeint, dass der in dem Film gezeigte Spott über den religiösen Glauben eines Menschen ohne jeden Zweifel seine Menschenwürde verletze. Die Beschwerde lässt Ausführungen darüber vermissen, durch welche Darstellung der Film Entweihungen oder Bloßstellung des allgemein als 'heilig' Geltenden vornimmt. Wie bereits erwähnt, handelt es sich bei dem abgebildeten nackten weiblichen Unterleib um ein Gemälde des französischen Malers Gustave Courbet 'Ursprung der Welt' und sohin um kein christliches Symbol.

Die Darstellung eines Messkelches, in dem ein gekreuzigter Jesus und ein blutrotes Kreuz versinkt, kann ebenfalls nicht als Zeichen gedeutet werden, mit dem man sich über irgendjemandes Gefühle 'lustig macht, darüber frohlockt oder Schadenfreude empfindet'. Von einer Verspottung religiöser Inhalte kann daher nicht die Rede sein.

… Im Sinn des § 10 Abs. 1 ORF-G bleibt zu prüfen, ob durch die Sendung das Grundrecht der Religionsfreiheit von gläubigen Menschen missachtet wird. Voraussetzung im vorliegenden Fall dafür wäre, dass durch den Film die Religionsfreiheit von Christen berührt sein könnte. Die in Beschwerde gezogene Sendung enthält aber keine Verächtlichmachung der Gottesmutter Maria und gibt sie auch nicht der Lächerlichkeit preis, was jedoch nicht ausschließt, dass andere Personen in ihren religiösen Gefühlen berührt sein könnten.

Für die Frage, ob durch die vorliegende Sendung die Grundrechte Anderer geachtet wurden, ist darauf zu verweisen, dass bei verfassungskonformer Interpretation des § 10 Abs. 1 ORF-G in Ausübung der Freiheit der Meinungsäußerung auch Äußerungen zulässig sein müssen, die den Staat oder irgendeinen Teil der Bevölkerung kränken, schockieren oder beunruhigen (vgl. die Ständige Rechtssprechung des EGMR seit dem Urteil Handyside vom , Serie A 24 = EuGRz 1977, 38, Z 49; ihr folgen VfSlg. 12.086/1989, 13.694/1994 ua). Ferner ist auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte im Fall Otto Preminger Institut gegen Österreich vom zu verweisen, demzufolge religiöse Gefühle vom Schutzbereich des Grundrechts des Art. 9 EMRK erfasst sind und dem Staat eine Schutzpflicht zur Wahrung dieser religiösen Gefühle in einem bestimmten Ausmaß zukommt (Grabenwarter, Filmkunst im Spannungsfeld zwischen Freiheit der Meinungsäußerung und Religionsfreiheit, ZAÖRV 1995, 128 (145ff)). Damit steht fest, dass die Achtung religiöser Gefühle unter den Tatbestand der Achtung der Grundrechte anderer im Sinn des § 10 Abs. 1 ORF-G fällt. Im konkreten Fall muss daher zwischen der Meinungsäußerungs- und Rundfunkfreiheit einerseits und dem Grundrecht der Religionsfreiheit von Medienkonsumenten, die in ihren religiösen Gefühlen im Rahmen von Art. 9 EMRK verletzt sein könnten, andererseits abgewogen werden. Es mag sein, dass die Beschwerdeführerin und die sie unterstützenden Personen durch ein Missverstehen des Inhalts der Sendung in ihren religiösen Gefühlen verletzt wurden. Demgegenüber ist jedoch zu beachten, dass jene Personen vernünftigerweise nicht erwarten dürfen, von jeder Kritik ausgenommen zu sein und damit auch vor Äußerungen, die nicht ihren Überzeugungen und ihrem Geschmack entsprechen, zu schonen sind. Vielmehr müssen diese sogar die Ablehnung von anderen tolerieren und akzeptieren und zwar insbesondere die Ablehnung ihres religiösen Glaubens und selbst die Propagierung von feindlichen Lehrmeinungen gegenüber ihrem Glauben. Im Licht dieser Ausführungen vermag der gegenständliche Film vielleicht in einzelnen Sentenzen geschmacklos erscheinen bzw. Kunst enthalten, die nicht jedem gefallen muss. Eine Verletzung des Grundrechts der Religionsfreiheit ist durch den inkriminierten Beitrag aber jedenfalls nicht gegeben.

… Die Beschwerdeführerin macht auch eine Verletzung des § 10 Abs. 2 ORF-G geltend und meint hierzu, dass die aufeinander folgende Darstellung von Menstruationsblutung einerseits und Mutter Gottes Ikone und Madonnenbild andererseits mit der Sprechblase 'Warum soll nur mein Blut schmutzig sein, ist es nicht heilig?' eine Aufreizung zur Verachtung des Christlichen Glaubens und zum Hass gegen gläubige Katholiken bilde. Der Bundeskommunikationssenat vermag sich dieser Auffassung nicht anzuschließen. Es ist nicht erkennbar, inwiefern die beschriebene Bildfolge zum Hass gegen gläubige Katholiken aufreizen soll.

… Soweit die Beschwerdeführerin eine Verletzung von § 10 Abs. 6 ORF-G geltend macht, weil ihre Menschenwürde und die der einzelnen Unterstützer dieser Beschwerde verletzt werde, beschränkt sie sich auf die unsubstantiierte Behauptung, dass zentrale Glaubensinhalte ihrer Religion in den Schmutz gezogen würden. Eine nähere Begründung bleibt die Beschwerdeführerin schuldig. Eine solche ist auch dem Bundeskommunikationssenat nicht erkennbar.

... Zutreffend verweist die Beschwerdegegnerin - und das verkennt die Beschwerdeführerin regelmäßig - darauf, dass zum zentralen Thema Heiligkeit der inkriminierte Beitrag heiliges Blut unheiligem gegenüberstellt. Blut ist als Sitz des Lebens im Judentum und im Christentum grundsätzlich heilig, das Blut Christi ist ein zentrales Geheimnis des katholischen Glaubens. Demgegenüber soll auch nach biblischer Auffassung Menstruationsblut unrein und damit unheilig sein. Die Grundaussage des Videos macht (in mehr oder weniger überzeugender künstlerischer Weise) eine tiefe intime soziale und religiöse Verletzung einer Frau (der Autorin) sichtbar (so auch das vom Beschwerdegegner beigebrachte Gutachten von ao. Univ.-Prof. Dr. P T vom ). Eine Verspottung religiöser Inhalte ist dem Bundeskommunikationssenat aber nicht erkennbar."

Gegen diese Entscheidung erhob die Beschwerdeführerin zunächst Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof, der ihre Behandlung mit Beschluss vom , B 1451/06-7 ablehnte und sie dem Verwaltungsgerichtshof zur Entscheidung abtrat.

Begründend führte der Verfassungsgerichtshof aus, die Beschwerde rüge die Verletzung im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf Religionsfreiheit nach Art 9 EMRK. Die gerügte Rechtsverletzung sei im vorliegenden Fall aber nur die Folge einer - allenfalls grob - unrichtigen Anwendung des einfachen Gesetzes. Insoweit die Beschwerde verfassungsrechtliche Fragen mit Bezug zur Verletzung der Menschenwürde und von Grundrechten aufwerfe, erscheine die Einschätzung der belangten Behörde, dass die in dem künstlerischen Filmbeitrag enthaltenen Aussagen und Darstellungen nicht das Ausmaß einer Verspottung religiöser Inhalte und einer Verletzung religiöser Gefühle erreichten, welcher die Behörde in Erfüllung einer grundrechtlichen Schutzpflicht entgegentreten hätte müssen, nach Auffassung des Verfassungsgerichtshofes vertretbar.

Bereits in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof hatte die Beschwerdeführerin "im Hinblick auf den Antrag nach Art. 144 Abs. 3 B-VG" ergänzend beantragt, der Verwaltungsgerichtshof möge den angefochtenen Bescheid wegen Rechtswidrigkeit des Inhalts und wegen Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften aufheben.

Dazu brachte sie im Einzelnen vor, gemäß § 10 Abs 1 ORF-G müssten alle Sendungen des ORF im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten. Es sei in der Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof bereits dargestellt worden, warum die Beschwerdeführerin in ihrem Grundrecht nach "§ 9 EMRK" verletzt sei und wie sehr der gegenständliche Film die Menschenwürde gläubiger Christen, insbesondere gläubiger Katholiken, verletze, weil ihre religiösen Gefühle dadurch in den Schmutz gezogen würden, dass die Heilige Messe und die Marienverehrung in Zusammenhang mit pornografischen Darstellungen und körperlichen Ausscheidungen gebracht würden.

Nach § 10 Abs 2 ORF-G dürften die Sendungen nicht zu Hass (ua) aufgrund von Religion aufreizen. Es könne sein, dass dieser Punkt nicht so klar hervorkomme wie die Herabwürdigung und Verspottung des katholischen Glaubens. Wenn es aber in der Ankündigung des Films heiße, die monatliche Blutung der Frau solle aus der Tabuzone herausgeholt und Rollenklischees in der Kirche hinterfragt werden, sowie von heiligem und unheiligem Blut und von einem provokanten Unterfangen die Rede sei, dann müsse dies sehr wohl als Aufreizung zum Hass gegen die katholische Kirche angesehen werden, weil zwei Dinge (Heilige Messe und körperliche Ausscheidungen) miteinander in Verbindung gebracht würden, die überhaupt nichts miteinander zu tun hätten. Der trotzdem hergestellte Zusammenhang habe einzig den Zweck, gläubige Katholiken zu provozieren und sie in den Augen ihrer Mitmenschen herunterzumachen. Es werde ein künstlicher Gegensatz zwischen heiligem und unheiligem Blut erzeugt und dieser Gegensatz als Mittel der Provokation eingesetzt.

§ 45 Abs 3 AVG sei von der belangten Behörde in zweifacher Weise verletzt worden. Die Grundlage des angefochtenen Bescheides sei nämlich das Gutachten des katholischen Theologen Univ Prof Dr T, von dessen Existenz die Beschwerdeführerin erst durch den angefochtenen Bescheid erfahren habe. Entgegen der zitierten Gesetzesbestimmung sei keine Möglichkeit eingeräumt worden, zu diesem Verfahrensergebnis Stellung zu nehmen. Eine weitere Verletzung der genannten Gesetzesbestimmung liege darin, dass die schriftliche Stellungnahme der Beschwerdeführerin vom mit Stillschweigen übergangen worden sei.

Darüber hat der Verwaltungsgerichtshof erwogen:

1. Gemäß § 10 Abs 1 des Bundesgesetzes über den Österreichischen Rundfunk (ORF-G) müssen alle Sendungen des Österreichischen Rundfunks im Hinblick auf ihre Aufmachung und ihren Inhalt die Menschenwürde und die Grundrechte anderer achten.

Nach § 10 Abs 2 leg cit dürfen die Sendungen nicht zu Hass auf Grund von Rasse, Geschlecht, Alter, Behinderung, Religion und Nationalität aufreizen.

Gemäß § 10 Abs 6 leg cit ist die Vielfalt der im öffentlichen Leben vertretenen Meinungen angemessen zu berücksichtigen, die Menschenwürde, Persönlichkeitsrechte und Privatsphäre des Einzelnen sind zu achten.

2. Die belangte Behörde ging zunächst davon aus, dass § 10 Abs 1 ORF-G nicht nur die Grundrechte jener Personen schützt, die "Subjekt der Sendung" sind, sondern auch jene der Medienkonsumenten. Dieser Gesetzesauslegung ist schon im Hinblick auf den - keine Einschränkung auf bestimmte Personengruppen enthaltenden - Wortlaut der zitierten Norm ("Grundrechte anderer") einerseits und ihrer historischen Entwicklung andererseits zuzustimmen. § 10 Abs 1 ORF-G entspricht der Vorgängerbestimmung des § 2a Abs 1 Rundfunkgesetz idF der Rundfunkgesetznovelle 1993, BGBl Nr 505, die wiederum auf Art 7 des Europäischen Übereinkommens über das grenzüberschreitende Fernsehen, BGBl III Nr 164/1998, zurückzuführen war (vgl RV 1082 BlgNR 18. GP). Art 7 dieses Europäischen Übereinkommens enthält eine gleichlautende Regelung, die im Folgenden durch demonstrative Beispiele ergänzt wird ("insbesondere dürfen Sendungen a) nicht unsittlich sein und namentlich keine Pornographie enthalten;

b) Gewalt nicht unangemessen herausstellen und nicht geeignet sein, zum Rassenhaß aufzustacheln"). Diese Beispiele machen deutlich, dass vom Schutzumfang der Bestimmung offenkundig (auch) Medienkonsumenten umfasst sein sollten.

3. Soweit die Beschwerdeführerin durch die gegenständliche Sendung die Menschenwürde gläubiger Christen, insbesondere gläubiger Katholiken, und das verfassungsgesetzlich gewährleistete Recht auf Religionsfreiheit nach Art 9 EMRK verletzt sieht, ist ihr Folgendes zu erwidern:

3.1. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hat erkannt, dass die Gedanken-, Gewissens und Religionsfreiheit, die durch Art 9 EMRK gewährleistet wird, wie auch das Recht auf Freiheit der Meinungsäußerung nach Art 10 EMRK zu den Grundlagen einer "demokratischen Gesellschaft" im Sinne der Konvention gehört. In ihrer religiösen Dimension sei es eines der bedeutendsten Elemente, die mit die Identität der Gläubigen und ihrer Lebensauffassung ausmachten. Gleichzeitig hat der EGMR jedoch auch zum Ausdruck gebracht, dass Mitglieder einer religiösen Gemeinschaft vernünftigerweise nicht erwarten können, von jeglicher Kritik ausgenommen zu werden. Sie müssten selbst die Leugnung ihrer religiösen Anschauungen durch andere dulden und akzeptieren, dass andere Lehren vertreten, die ihrem Glauben feindlich gegenüberstünden. In extremen Situationen könnten die Auswirkungen bestimmter Methoden zur Bekämpfung oder Leugnung religiöser Anschauungen aber geeignet sein, die Vertreter solcher Anschauungen an der Ausübung ihrer Freiheit, diesen Anschauungen anzuhängen und sie zum Ausdruck zu bringen, zu hindern. In diesem Sinne könne die durch Art 9 EMRK gewährleistete Achtung für die religiösen Gefühle von Gläubigen durch eine provokante Darstellung von Gegenständen religiöser Verehrung als verletzt angesehen werden. Solche Darstellungen könnten als böswillige Verletzung jenes Klimas der Toleranz angesehen werden, das - ebenso wie die Meinungsfreiheit - eine demokratische Gesellschaft kennzeichne. Dementsprechend seien - im Kontext religiöser Meinungen und Anschauungen - Äußerungen zu vermeiden, die gegenüber anderen grundlos angreifend wirkten und daher eine Verletzung ihrer Rechte darstellten und als solche in keiner Form zu einer öffentlichen Diskussion beitrügen, die in der Lage wäre, dem Fortschritt in den Angelegenheiten der Menschen zu dienen (vgl die Urteile des EGMR vom im Fall Otto-Preminger-Institut gegen Österreich, Nr 13470/87, JBl 1995, 304ff, und vom im Fall I.A. gegen Türkei, Nr 42571/98, Rz 23 bis 28). Im Fall Wingrove gegen Vereinigtes Königreich betonte der EGMR, dass das dort in Prüfung gezogene englische Gesetz gegen Blasphemie nur "signifikante" Eingriffe in die religiösen Gefühle mit einem hohen Grad der Anstößigkeit verbiete. Diese hohe Schranke schütze vor Willkür und rechtfertige den Eingriff in das Recht auf freie Meinungsäußerung (Urteil vom , RJD 1996-V, Rz 60f).

3.2. Nach dieser Rechtsprechung soll durch Art 9 EMRK ein Klima von gesellschaftlicher Toleranz und Frieden in Glaubensfragen gesichert werden, das die ungestörte Ausübung der Religionsfreiheit gewährleistet. Eine Auseinandersetzung mit religiösen Themen und Kritik an den Positionen einer Religionsgemeinschaft werden dadurch nicht ausgeschlossen. Sie dürfen jedoch im Einzelfall nicht soweit gehen, dass dadurch ein gesellschaftliches Klima entsteht, das die Ausübung der Religion nur unter Inkaufnahme von gravierenden Nachteilen oder Anfeindungen zulässt bzw unmöglich macht (vgl dazu auch Grabenwarter, Filmkunst im Spannungsfeld zwischen Freiheit der Meinungsäußerung und Religionsfreiheit, ZaöRV 1995, 161; derselbe in Korinek/Holoubek, Österreichisches Bundesverfassungsrecht III Grundrechte (2003), Art 9 EMRK, Rz 48; derselbe, Europäische Menschrechtskonvention4 (2009), Rz 106, insbesondere Fn 607 mit weiteren Literaturnachweisen; ebenso Holoubek, Meinungsfreiheit und Toleranz - von den Schwierigkeiten einer Verantwortungsteilung zwischen Staat und Gesellschaft für einen vernünftigen Umgang miteinander, JRP 2006, 84 ff).

Im Lichte dieser Rechtsprechung des EGMR ist die im Ablehnungsbeschluss des Verfassungsgerichtshofes für den vorliegenden Fall getroffene Beurteilung zu sehen, wonach es vertretbar erscheint, dass "die in dem künstlerischen Filmbeitrag enthaltenen Aussagen und Darstellungen nicht das Ausmaß einer Verspottung religiöser Inhalte und einer Verletzung religiöser Gefühle" erreichen, welcher die belangte Behörde in Erfüllung einer grundrechtlichen Schutzpflicht hätte entgegentreten müssen.

Diesen Erwägungen schließt sich der Verwaltungsgerichtshof an. Der gegenständliche Filmbeitrag setzt sich in einer künstlerisch gestalteten Bildsprache mit dem Thema "Blut" (speziell auch dem weiblichen Blut) in religiösem Kontext auseinander und nimmt dabei erkennbar auch eine kritische Position zu - aus Sicht der Filmemacherin - vorhandenen Tabus in der katholischen Kirche ein. Dass diese Meinungsäußerungen nach Gestaltung und Inhalt die Grenze des Zulässigen im Sinn der oben dargestellten Rechtsprechung überschritten hätten, vermag der Verwaltungsgerichtshof auch unter Berücksichtigung des Beschwerdevorbringens nicht zu erkennen. Durch die Ausstrahlung dieses Filmbeitrags wurde daher nicht gegen § 10 Abs 1 ORF-G verstoßen.

4. Die Beschwerde vermag auch nicht überzeugend darzutun, weshalb sie davon ausgeht, dass der Beitrag entgegen § 10 Abs 2 ORF-G geeignet gewesen wäre, zu Hass aufgrund der Religion aufzureizen. Dass sich die Beschwerdeführerin (und sie unterstützende andere Angehörige der katholischen Kirche) dadurch persönlich provoziert und in den Augen ihrer Mitmenschen heruntergemacht fühlen, reicht zur Annahme dieses gesetzlichen Tatbestandes nicht aus.

5. In Bezug auf die gerügte Verletzung des Parteiengehörs (§ 45 Abs 3 AVG) und die nach Auffassung der Beschwerdeführerin unterbliebene Auseinandersetzung mit ihrer Stellungnahme vom zeigt die Beschwerde nicht auf, welches andere Verfahrensergebnis bei Unterbleiben der behaupteten Verfahrensmängel zu erzielen gewesen wäre. Deshalb braucht auf die behaupteten Verfahrensverstöße auch nicht näher eingegangen zu werden.

Die Beschwerde war daher gemäß § 42 Abs 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Der Kostenausspruch gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl II Nr 455.

Wien, am