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VwGH vom 18.06.2013, 2013/10/0110

VwGH vom 18.06.2013, 2013/10/0110

Beachte

Miterledigung (miterledigt bzw zur gemeinsamen Entscheidung

verbunden):

2013/10/0111

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Zirm, über die Beschwerden 1. des Ing. AH und 2. der MH, beide in G, beide vertreten durch Mag. Dr. Robert Hirschmann, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Börseplatz 6, gegen die Bescheide des Landeshauptmannes von Niederösterreich jeweils vom , 1. Zl. LF1-FO-121/010-2012 und

2. Zl. LF1-FO-121/009-2012, betreffend forstrechtliche Bewilligungen, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerden werden als unbegründet abgewiesen.

Begründung

Mit den angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheiden des Landeshauptmannes von Niederösterreich vom wurden die Anträge der Beschwerdeführer auf Erteilung von Ausnahmebewilligungen gemäß § 81 Abs. 1 lit. c Forstgesetz 1975 (ForstG) für insgesamt vier Schlagflächen auf dem Grundstück Nr. 631/1, KG M., im Ausmaß von 0,3 ha (Bestände C und D) und 0,34 ha (Bestände A und B) abgewiesen.

Mit Spruchpunkt B des zweitangefochtenen Bescheides wurden die Beschwerdeführer darüber hinaus verpflichtet, (u.a.) die mit EUR 55,20 bestimmten Kommissionsgebühren des forstfachlichen Amtssachverständigen binnen 14 Tagen zu bezahlen.

Begründend führte die belangte Behörde - gestützt auf die forstfachlichen Gutachten vom - im Wesentlichen aus, bei den gegenständlichen Beständen handle es sich um landwirtschaftliche Flächen, die mit Fichten aufgeforstet worden seien. Da die gefällten Fichtenbestände ein Bestandsalter von 45 Jahren hätten, handle es sich um hiebsunreife Hochwaldbestände. Der Gesetzgeber verbiete die Nutzung junger - hiebsunreifer - Bäume, gestatte jedoch Ausnahmen von diesem Verbot. So könne es notwendig sein, Jungbäume zu räumen, wenn zwischen der Produktionskraft des Waldbodens und der Ertragsleistung des darauf stockenden Bestandes ein offenbares Missverhältnis bestehe oder die Bestände erheblich durch Rotfäule beschädigt seien.

Bei einem Lokalaugenschein am habe der forstfachliche Amtssachverständige den Befall der Bäume mit Rotfäule auf allen vier Bestandsflächen in einem Ausmaß festgestellt, welches erwarten lasse, dass die Bestände bis zum Erreichen des gesetzlich vorgeschriebenen Mindestalters von 60 Jahren weiter - nämlich bis zu einem Ausmaß von weit über 50 % der Stämme - mit Rotfäule infiziert sein würden. Durch die Infektion erfolge eine Entwertung der Blochholzsortimente aller vier Bestände. Dadurch entstünden materielle Verluste für die Beschwerdeführer durch Mindererlöse beim Holzverkauf. Gesunde Fichtenbestände gleicher Bonität und gleichen Alters würden unzweifelhaft höhere Erlöse erzielen. Gegenständlich sei daher ein offenbares Missverhältnis zwischen der Produktionskraft des Waldbodens und der Ertragsleistung der rotfaulen Bestände vorhanden.

Voraussetzung für die Erteilung einer Ausnahmebewilligung vom Verbot des Kahlhiebes in hiebsunreifen Beständen sei allerdings, dass bereits im Antrag die verbessernden forstlichen Maßnahmen angegeben seien. In den Anträgen hätten die Beschwerdeführer als bestandsverbessernde Maßnahme die Düngung des Folgebestandes aus Fichtenballenpflanzen angegeben. Bei dem Lokalaugenschein am seien die Bestände A und B bereits geräumt gewesen und die Schlagflächen im Frühjahr 2012 mit Fichten-Containerpflanzen aufgeforstet worden. Der Bestand C sei zur Gänze genutzt, wobei auch die Schlagflächen im Frühjahr 2012 mit Fichten-Containerpflanzen aufgeforstet worden seien. Der Bestand D sei zum Zeitpunkt der Begehung noch nicht genutzt gewesen. Nach dem forstfachlichen Gutachten könne die sofortige Wiederaufforstung mit derselben infektionsgefährdeten Baumart Fichte weder als sinnvoll noch als verbessernd gewertet werden. Wie der Sachverständige ausgeführt habe, werde die Rotfäule durch den sogenannten "Wurzelschwamm" hervorgerufen. Der Pilz entwickle sich besonders gut auf Standorten mit guter Nährstoffversorgung. Entgegen der von den Beschwerdeführern vertretenen Ansicht, die Düngung stelle eine bestandsverbessernde Maßnahme dar, sei eine Düngung von befallenen Beständen daher nicht zu empfehlen. Gerade in Böden, die erstmals mit Fichten bepflanzt würden, fehlten die natürlichen Gegenspieler des Pilzes; derartige Flächen seien besonders infektionsgefährdet. Auch Folgebestände auf diesen Standorten seien infektionsanfällig. Seien in einem Bestand schon mehr als 20 % der Bäume mit Rotfäule befallen, müssten andere waldbauliche Maßnahmen, wie beispielsweise eine Laubholzmischung gesetzt werden, um die Infektion gesunder Stämme über die Wurzeln zu vermeiden.

Gegen diese Bescheide richten sich die vorliegenden Beschwerden.

Der Verwaltungsgerichtshof hat über die - wegen ihres persönlichen und sachlichen Zusammenhangs zur gemeinsamen Beratung und Beschlussfassung verbundenen - Beschwerden erwogen:

1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007 (ForstG), lauten auszugsweise wie folgt:

"Schutz hiebsunreifer Bestände

§ 80 . (1) In hiebsunreifen Hochwaldbeständen sind Kahlhiebe sowie über das pflegliche Ausmaß hinausgehende Einzelstammentnahmen (Abs. 2) verboten.

(…)

(3) Hiebsunreif sind Hochwaldbestände von nicht raschwüchsigen Baumarten

a) in gleichaltrigen Beständen mit einem Alter von noch nicht 60 Jahren,

b) in ungleichaltrigen Beständen mit einem Durchschnittsalter von noch nicht 60 Jahren, wenn mehr als die Hälfte der Anzahl der Stämme des Bestandes ein Alter von 60 Jahren noch nicht erreicht hat.

(…)

(6) Das Verbot gemäß Abs. 1 gilt nicht für Fällungen

a) auf Waldboden, der für die Errichtung einer Bringungsanlage in Anspruch genommen wird, sowie für Fällungen gemäß § 86 Abs. 1 lit. c,

b) auf Waldboden, der ausdrücklich der Christbaumzucht gewidmet ist, nach Maßgabe des Abs. 7,

c) die für Aufhiebe, wie Los-, Frei- oder Grenzhiebe erforderlich sind, wenn ihre Breite nicht mehr als zehn Meter beträgt,

d) die als Vorbereitungsmaßnahmen für die Aufforstung von Räumden erforderlich sind.

(…)

Ausnahmebewilligung

§ 81 . (1) Die Behörde hat auf Antrag Ausnahmen vom

Verbot des § 80 Abs. 1 zu bewilligen, wenn

(…)

c) zwischen der Produktionskraft des Waldbodens und der Ertragsleistung des darauf stockenden Bestandes ein offenbares Mißverhältnis besteht, das nur durch Räumung des Bestandes und durch ertragsteigernde forstliche Maßnahmen beseitigt werden kann, oder

(…)

(3) Fälle der im Abs. 1 lit. c genannten Art liegen insbesondere vor bei geringer oder geringwertiger Bestockung, bei Bestockung mit standortsuntauglichen oder schlechtrassigen Baumarten, bei erheblicher Beschädigung der Bestände durch Wild, Weidevieh, Forstschädlinge oder Rotfäule.

(4) Als Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 lit. c gelten solche, durch die der stehende Holzvorrat des zur Fällung beantragten Bestandes den eines gleichartigen, durchschnittlich bestockten, hiebsreifen Bestandes überschreitet, in dem keine zuwachssteigernden Maßnahmen, wie Walddüngung oder intensive Bestandeserziehung, erfolgten.

(5) Die forstlichen Maßnahmen im Sinne des Abs. 1 lit. c sind im Antrag anzugeben. Ergeben die hiezu durchgeführten Erhebungen, daß diese Maßnahmen geeignet sind, die angegebenen Zwecke zu erreichen, so hat sie die Behörde im Bewilligungsbescheid als Auflagen vorzuschreiben, andernfalls ist der Antrag abzuweisen. Hinsichtlich der Vorschreibung einer Sicherheitsleistung ist in den Fällen des Abs. 1 lit. c und Abs. 2 § 89 sinngemäß anzuwenden."

2. Die Beschwerden bringen zunächst übereinstimmend vor, dass Bewilligungen von Fällungen auf den gegenständlichen Flächen von 0,3 ha bzw. 0,34 ha nicht erforderlich seien. In § 85 Abs. 1 lit. a ForstG sei u.a. festgehalten, dass Kahlhiebe und diesen gleichzuhaltende Einzelstammentnahmen auf einer zusammenhängenden Fläche erst ab einer Größe von 0,5 ha einer Bewilligung der Behörde bedürften. Bis zu dieser Größe seien Fällungen daher nicht bewilligungspflichtig und zwar unabhängig davon, ob es sich um hiebsreife oder nicht hiebsreife Bestände im Sinne des § 80 ForstG handle.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass - wie die belangte Behörde zutreffend erkannt hat - eine Bewilligung nach § 81 Abs. 1 ForstG für hiebsunreife Hochwaldbestände unabhängig von der Hiebsflächengröße erforderlich ist (vgl. Brawenz/Kind/Reindl , ForstG3, Anm. 1 zu § 81).

3. Nach den Feststellungen der belangten Behörde besteht im vorliegenden Fall tatsächlich ein offenbares Missverhältnis zwischen der Produktionskraft des Waldbodens und der Ertragsleistung der rotfaulen Bestände im Sinne des § 81 Abs. 1 lit. c ForstG. Die belangte Behörde ist jedoch - gestützt auf die forstfachlichen Gutachten - zur Auffassung gelangt, dass die von den Beschwerdeführern in ihren Anträgen als forstliche Maßnahme angegebene Düngung des Folgebestandes aus Fichtenballenpflanzen keine geeigneten Maßnahme im Sinne des § 81 Abs. 1 lit. c ForstG darstelle.

Dagegen wenden sich die Beschwerden und bringen dazu im Wesentlichen vor, als ertragssteigernde Maßnahme sei in den Anträgen die Einzelpflanzendüngungsabgabe in der Menge eines Fingerhütchens vorgeschlagen worden. Dass es unterschiedliche Auffassungen über die Eignung von Düngungsmaßnahmen von durch Rotfäule befallene Waldflächen geben könne, sei durchaus nachvollziehbar. Die Beschwerdeführer hätten jedenfalls darzulegen versucht, dass die Einzelstammdüngung des "Nachfolgebestandes" eine sinnvolle ertragssteigernde Maßnahme im Sinne des § 81 Abs. 1 lit. c iVm Abs. 4 ForstG darstellen könne, weil ein nachfolgender Bestand nicht automatisch für Rotfäule anfällig sein müsse, wenn die ertragssteigernden Maßnahmen in fachgerechter Weise umgesetzt würden. Diese Vorgehensweise habe sich in der Praxis der letzten Jahre bewährt.

Mit diesen Ausführungen treten allerdings die Beschwerden den oben wiedergegebenen, auf sachverständiger Grundlage gewonnenen Feststellungen der belangten Behörde nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen.

4. Unter dem Gesichtspunkt der Verletzung von Verfahrensvorschriften bringen die Beschwerden weiters vor, dass die Behörde erster Instanz die Verfahren unnötig in die Länge gezogen und die Beschwerdeführer durch diese überlange Verfahrensdauer in deren Rechten auf rasche Erledigung ihrer Anträge verletzt habe.

Diesem Vorbringen ist zu entgegnen, dass dies im gegenständlichen Verfahren ohne Bedeutung ist, weil Prüfungsgegenstand vor dem Verwaltungsgerichtshof nicht etwa der erstinstanzliche Bescheid oder das Verfahren vor der Behörde erster Instanz ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 92/07/0195, mwN). (Angemerkt sei, dass für den Fall der Untätigkeit der Behörde die Möglichkeit eines Devolutionsantrages nach § 73 Abs. 2 AVG besteht.)

5. Soweit sich die Beschwerde gegen den erstangefochtenen Bescheid gegen die auferlegten Kommissionsgebühren in der Höhe von (insgesamt) EUR 55,20 richtet, geht dieses Vorbringen bereits deshalb ins Leere, weil mit dem erstangefochtenen Bescheid keine derartigen Kommissionsgebühren festgesetzt wurden.

Kommissionsgebühren wurden den Beschwerdeführern - wie oben wiedergegeben - lediglich durch den zweitangefochtenen Bescheid auferlegt; in der gegen diesen Bescheid gerichteten Beschwerde findet sich diesbezüglich allerdings kein Vorbringen.

Ungeachtet dessen sei auf § 76 Abs. 1 erster Satz AVG hingewiesen, wonach - sofern nach den Verwaltungsvorschriften nicht die Barauslagen von Amts wegen zu tragen sind und vorbehaltlich des (im vorliegenden Fall nicht anwendbaren) Abs. 2 -

die Partei für Barauslagen ersatzpflichtig ist, die den verfahrenseinleitenden Antrag gestellt hat (vgl. dazu etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/01/0260).

6. Da somit bereits der Inhalt der Beschwerden erkennen lässt, dass die behauptete Rechtsverletzung nicht vorliegt, waren die Beschwerden gemäß § 35 Abs. 1 VwGG ohne weiteres Verfahren in nichtöffentlicher Sitzung als unbegründet abzuweisen.

Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-83160