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VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0372

VwGH vom 23.03.2012, 2011/02/0372

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des N. H. in W., vertreten durch Dr. Klaus Plätzer, Rechtsanwalt in 5020 Salzburg, Hellbrunner Straße 5, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Salzburg vom , Zl. UVS-3/20245/11-2011, betreffend Übertretung der StVO 1960, zu Recht erkannt:

Spruch

Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

Die beschwerdeführende Partei hat dem Land Salzburg Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erachtet, er habe am um 03.30 Uhr an einem näher genannten Ort ein dem Kennzeichen nach näher bestimmtes Kraftfahrzeug in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand gelenkt (Alkoholgehalt der Atemluft: 0,91 mg/l). Er habe dadurch eine Übertretung nach § 5 Abs. 1 i.V.m. § 99 Abs. 1 lit. a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.900.-(Ersatzfreiheitsstrafe: 336 Stunden) verhängt wurde.

In der Begründung des angefochtenen Bescheides wird u.a. ausgeführt, es stütze sich die Feststellung, dass der Beschwerdeführer selbst zur Tatzeit das spruchgegenständliche Kraftfahrzeug am Tatort gelenkt habe, auf die Anzeige der PI W. mit der dieser angeschlossenen Niederschrift der Zeugin S. H., der Aussage des Zeugen D. D. vor der Behörde erster Instanz und der Zeugenaussage der S. H., des R. H. und des GI P. vor der belangten Behörde.

Die Zeugin S. H. habe am um 03.30 Uhr ein lautes Geräusch wahrgenommen, als sie sich vom im ersten Stock gelegenen Schlafzimmer auf dem Weg zur Toilette befunden habe. Sie habe sich sofort zum Fenster eines straßenseitig gelegenen Zimmers begeben, das Fenster geöffnet und hinausgesehen. Sie habe sehen können, dass ein Fahrzeug mit der rechten Seite an die Hausmauer gestoßen und gerade im Begriff gewesen sei, etwas zurückzufahren. Das Fahrzeug habe sich dann zwar noch einige Meter nach rückwärts bewegt, jedoch sei es dem Fahrer aufgrund der Beschädigung am Fahrzeug nicht gelungen, eine Fahrt in Fahrtrichtung Sch. wieder aufzunehmen. Sie habe vom Fenster im ersten Stock aus sehen können, dass aus dem Fahrzeug auf Fahrerseite eine Person ausgestiegen und in der Folge rund um das Fahrzeug gegangen sei. Die Zeugin sei aufgrund der guten Ausleuchtung des Unfallortes durch die Straßenbeleuchtung in der Lage gewesen, den Beschwerdeführer zu erkennen. Da das Verhalten des Fahrzeuglenkers auf sie den Eindruck erweckt habe, dass dieser Lenker den Unfallsort verlassen wolle, habe die Zeugin ihren Mann gerufen, der ebenfalls durch das laute Geräusch wach geworden sei. Sie habe gemeint, er solle rasch hinuntergehen. Nachdem sie die Polizei telefonisch vom Verkehrsunfall verständigt habe, habe sie sich ebenfalls auf die Straße begeben, wo bereits ihr Mann mit dem Beschwerdeführer gesprochen habe. Durch den Aufprall sei das Beschuldigtenfahrzeug schwer beschädigt gewesen, weiters sei eine Mauer umgestoßen worden und hätten herabfallende Mauerteile auch weitere Gegenstände sowie ein Fahrzeug beschädigt.

Der Zeuge GI P. habe nach dem Eintreffen an der Unfallstelle den Beschwerdeführer, den er als einzige Person als mit dem Fahrzeug in Zusammenhang stehend angetroffen habe, dazu befragt, ob er das Fahrzeug gelenkt habe. Dieser habe verneint und angegeben, dass er den Lenker nicht benennen wolle. Er habe dies damit begründet, dass er seine Freunde nicht verrate. Aufgrund der beim Beschwerdeführer wahrgenommenen Alkoholisierungssymptome habe ihn GI P. zur Durchführung eines Alkomattests aufgefordert, wobei der Beschwerdeführer unter Hinweis, dass er ja gar nicht Lenker gewesen sei, den Test zunächst nicht habe durchführen wollen. Die um 04.11 Uhr und 04.14 Uhr durchgeführten verwertbaren Messungen hätten einen Atemluftalkoholgehalt von 0,91 und 0,99 mg/l ergeben. Aufgrund dieser Messergebnisse habe GI P. den Führerschein des Beschwerdeführers um 04.30 Uhr abgenommen und darüber eine Bescheinigung nach § 39 Abs. 1 FSG ausgestellt.

Der Beschwerdeführer habe am , also fünf Tage nach dem Tatzeitpunkt, D. D. als Lenker seines Kraftfahrzeuges gegenüber der Behörde erster Instanz namhaft gemacht. Dieser Zeuge habe u.a. ausgesagt, dass er der Lenker des Fahrzeuges und der Beschwerdeführer der Beifahrer gewesen sei. Nach dem Unfall habe er die Panik bekommen und sei davongelaufen. Er sei mit einem schwarzen Polo-Shirt und einer dunkelblauen Jeanshose angezogen gewesen.

Die belangte Behörde sei in freier Beweiswürdigung den lebensnahen und schlüssigen Angaben der Zeugin S. H. gefolgt, deren Angaben gegenüber GI P. von der PI W., vor der Behörde erster Instanz und auch vor der belangten Behörde jeweils übereinstimmend gewesen seien. Es habe sich kein Anhaltspunkt dafür ergeben, dass die Zeugin den ihr völlig unbekannten Beschwerdeführer wahrheitswidrig belastet habe. Sie sei in der Berufungsverhandlung in der Lage gewesen, den ihr noch gut in Erinnerung gebliebenen Ablauf der Geschehnisse detailgetreu wiederzugeben. Die belangte Behörde habe keine Zweifel an ihrer Glaubwürdigkeit und an der Richtigkeit ihrer Wahrnehmungen. Unter den gegebenen Umständen, insbesondere der guten Ausleuchtung der Tatörtlichkeit durch die Straßenbeleuchtung, und dem Umstand, dass sie sich zunächst vom Fenster im ersten Stock aus einen Überblick über den Vorfall verschafft habe und zu schildern in der Lage gewesen sei, welche Fahrbewegungen der Fahrzeuglenker zu unternehmen versucht habe, sei keinerlei Anhaltspunkt dafür zu erkennen, dass sich am Tatort eine zweite Person (insbesondere nicht der als Entlastungszeuge aufgetretene D. D.) aufgehalten habe. Sie sei in der Lage gewesen, den Beschwerdeführer als Lenker einwandfrei zu identifizieren und habe auch, als ihr ein Foto von dem vom Beschwerdeführer namhaft gemachten D. D. gezeigt worden sei, ausschließen können, dass es sich dabei um den Lenker des Fahrzeugs gehandelt habe, welcher am den Verkehrsunfall mit Sachschaden verursacht habe.

Auch aufgrund des von der Zeugin S. H. geschilderten zeitliche Ablaufs der Geschehnisse sei zugrunde zu legen gewesen, dass keine weitere Person außer dem Beschwerdeführer mit dem Verkehrsunfall mit Sachschaden in Zusammenhang gestanden sei, weil nach dem Aufprallgeräusch, welches von der Zeugin S. H. wahrgenommen worden sei, und dem Aussteigen lediglich einer Person aus dem Fahrzeug auf der Lenkerseite (weil sich unstrittig die Beifahrertüre nach dem Aufprall nicht habe öffnen lassen) noch ein kurzes Fahrmanöver nach rückwärts erfolgt sei, sodass ein "Übersehen" einer zweiten Person, welche sich vom Unfallort hätte entfernt haben sollen, durch die Zeugin S. H. als unmöglich bezeichnet werden könne.

Die Verantwortung des Beschwerdeführers, zur Tatzeit zwar im ermittelten Ausmaß alkoholisiert gewesen zu sein, jedoch das Kraftfahrzeug nicht selbst gelenkt zu haben, sei als lebensfremde und unglaubwürdige Schutzbehauptung zu verwerfen. Es sei an ihm gelegen, bei erster sich bietender Gelegenheit Name und Anschrift jener Person gegenüber dem den Verkehrsunfall aufnehmenden GI P. zu benennen, welche seiner Behauptung nach sein Fahrzeug gelenkt haben solle. Der Beschwerdeführer sei ausschließlich bestrebt gewesen, den wahren Sachverhalt zu verschleiern, indem er fünf Tage nach dem Vorfall eine Person als Lenker benannt habe, welche dauerhaft im Ausland (Thailand) lebe und bezüglich derer somit eine Einvernahme vor der belangten Behörde nicht möglich sei. Es sei daher, ohne dass es weiterer Erhebungen bedurft hätte, davon auszugehen, dass der Beschwerdeführer selbst zur Tatzeit das auf ihn zugelassene Kraftfahrzeug im alkoholisierten Zustand gelenkt habe.

Insbesondere habe es nicht der Einvernahme des Zeugen Da. bedurft, weil dieser Zeuge nach dem bekanntgegebenen Beweisthema lediglich Ausführungen dazu hätte machen können, wer das Fahrzeug vom Wohnort des Beschwerdeführers in der S.-Straße in W. weggelenkt habe. Da das Beweisthema weder in zeitlicher, noch in örtlicher Hinsicht mit dem Unfallzeitpunkt und dem Unfallort in Zusammenhang stehe, habe die beantragte Beweisaufnahme entfallen können.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand; sie beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Beschwerdeführer wendet sich im Wesentlichen gegen die von der belangten Behörde vorgenommene Beweiswürdigung und insbesondere gegen die Annahme der belangten Behörde, er selbst und nicht der von ihm namhaft gemachte Entlastungszeuge D. D. habe zum Tatzeitpunkt das in Rede stehende Kraftfahrzeug gelenkt.

Es ist in diesem Zusammenhang darauf zu verweisen, dass der Grundsatz der freien Beweiswürdigung (§ 45 Abs. 2 AVG) nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nicht bedeutet, dass der in der Begründung des Bescheides niederzulegende Denkvorgang der verwaltungsgerichtlichen Kontrolle nicht unterliegt. Die Bestimmung des § 45 Abs. 2 AVG hat nur zur Folge, dass die Würdigung der Beweise zwar keinen gesetzlichen Regeln unterworfen ist. Es schließt aber eine verwaltungsgerichtliche Kontrolle in der Richtung nicht aus, ob der Sachverhalt genügend erhoben ist und ob die bei der Beweiswürdigung vorgenommenen Erwägungen schlüssig sind, also nicht den Denkgesetzen und dem allgemeinen menschlichen Erfahrungsgut widersprechen. Unter Beachtung dieser Grundsätze hat der Verwaltungsgerichtshof auch zu prüfen, ob die Behörde im Rahmen ihrer Beweiswürdigung alle in Betracht kommenden Umstände vollständig berücksichtigt hat. Hingegen ist der Verwaltungsgerichtshof nicht berechtigt, eine Beweiswürdigung der belangten Behörde, die einer Überprüfung unter den genannten Gesichtspunkten stand hält, mit der Begründung zu verwerfen, dass auch ein anderer Ablauf der Ereignisse bzw. ein anderer Sachverhalt schlüssig begründbar wäre (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/02/0395, m.w.N.).

Vor dem Hintergrund, dass der Beschwerdeführer in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde u.a. wörtlich aussagte "Ich bin ja an die Mauer des Objektes Haus Nr. 51 gefahren" (siehe S. 11 des Protokolls der mündlichen Verhandlung vom ) und dass die Zeugin S. H. lediglich den Beschwerdeführer als Lenker des in Rede stehenden Kraftfahrzeuges zum Tatzeitpunkt beobachten konnte, begegnet die Beweiswürdigung der belangten Behörde, wonach nicht der Entlastungszeuge D. D., sondern der Beschwerdeführer selbst das gegenständliche Kraftfahrzeug zum Tatzeitpunkt gelenkt habe, keinen Bedenken und vermag daher der Beschwerdeführer mit seinen weitwendigen Ausführungen gegen diese Beweiswürdigung keine Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides aufzuzeigen.

Die belangte Behörde begründete auch schlüssig, dass die Einvernahme des Zeugen Da. unterbleiben konnte, zumal dieser Zeuge lediglich Beobachtungen betreffend den Beginn der gegenständlichen Fahrt, nicht jedoch zur konkreten Situation, wer das Fahrzeug am Tatort zum Tatzeitpunkt tatsächlich gelenkt hat, nach den Ausführungen des Beschwerdeführers hätte machen können. Der Beschwerdeführer machte somit in Bezug auf diesen Zeugen kein taugliches Beweisthema hinsichtlich des Lenkers des Fahrzeugs des Beschwerdeführers zum Tatzeitpunkt geltend, weshalb der gerügte Verfahrensmangel nicht vorliegt.

Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-83149