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VwGH vom 09.12.2013, 2013/10/0106

VwGH vom 09.12.2013, 2013/10/0106

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner sowie die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt in Graz, vertreten durch Dr. Peter Schaden und Mag. Werner Thurner, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Sporgasse 2, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS- 2266/5/2012, betreffend Kostenersatz für geleistete Mindestsicherung, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Kärnten hat der beschwerdeführenden Partei Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Antrag der beschwerdeführenden Partei auf Ersatz der Kosten für die im Zeitraum vom bis geleistete Krankenbehandlung von G.K. durch den Träger der Mindestsicherung gemäß § 50 des Kärntner Mindestsicherungsgesetzes - Krnt. MSG abgewiesen.

Begründend führte die belangte Behörde aus, im Dezember 2002 sei G.K. von einer männlichen Person niedergerissen und dabei verletzt worden, weshalb er Krankenhilfe in Anspruch genommen habe. G.K. sei vom 11. Dezember bis in stationärer Behandlung gewesen; die Kosten für diese Behandlung hätten EUR 1.074,-- betragen. Weiters sei G.K. am 8., 17. und , am 2. und und am in ambulanter Behandlung gewesen; dafür seien Kosten in der Höhe von EUR 759,25 aufgelaufen. Es seien somit insgesamt Kosten in der Höhe von EUR 1.833,25 entstanden.

Bei der Anmeldung im Krankenhaus habe G.K. angegeben, dass er selbständiger Unternehmer sei. Er habe aber seine Sozialversicherungsbeiträge nicht bezahlt gehabt und sei daher nicht versichert gewesen. Eine Mitversicherung bei seiner Lebensgefährtin bestehe erst seit .

G.K. habe im Zeitraum von Dezember 2002 bis Dezember 2003 mit seiner Lebensgefährtin und dem gemeinsamen Kind in der Wohnung der Lebensgefährtin gelebt. Seine Lebensgefährtin sei damals als Lehrerin beschäftigt gewesen und sei für ihn aufgekommen. Sie habe Nahrung, Kleidung und alles für den Lebensbedarf Nötige besorgt. Die Lebensgefährtin habe ihr damaliges Einkommen nicht beziffern können, aber bestätigt, dass die Familie mit ihrem Einkommen das Auslangen gefunden habe.

G.K. seien die Kosten für seine Krankenbehandlung am vorgeschrieben worden. Trotz mehrmaliger Mahnungen und Einschaltung eines Inkassobüros sei es der beschwerdeführenden Partei nicht möglich gewesen, den ausstehenden Betrag von G.K. zu erlangen.

In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde aus, aus den gesetzlichen Bestimmungen des Kärntner Sozialhilfegesetzes (Krnt. SHG) gehe hervor, dass demjenigen, der die Hilfe geleistet habe, die Kosten zu ersetzen seien, wenn einem Hilfsbedürftigen so dringend eine Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes gewährt werden müsse, dass die Behörde nicht vorher benachrichtigt werden könne.

Ein Kostenersatz komme demnach nur für Hilfeleistungen an eine hilfsbedürftige Person in Frage. Hilfsbedürftig sei gemäß § 4 Abs. 1 Krnt. SHG, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigen Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen könne und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhalte. Freiwillige Leistungen seien dann nicht zu berücksichtigen, wenn diese anderenfalls eingestellt würden.

G.K. habe zwar "zum damaligen Zeitpunkt" kein eigenes Einkommen gehabt, jedoch sei seine Lebensgefährtin "für seinen Lebensbedarf aufgekommen". Bedarfsmindernde Zuwendungen des Lebensgefährten seien bei der Beurteilung der Hilfsbedürftigkeit zu beachten. Wenn auch die Leistungen der Lebensgefährtin an G.K. als freiwillige Leistungen anzusehen seien, so sei doch zu berücksichtigen, dass diese Leistungen tatsächlich gewährt worden seien. Aufgrund dieser Gegebenheiten sei nicht erkennbar, dass G.K. als Krankenhilfeempfänger zum Zeitpunkt der Gewährung der Krankenhilfe hilfsbedürftig gewesen sei. Dazu komme, dass er niemals Sozialhilfe oder Mindestsicherung begehrt habe.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde hat die Akten des Verwaltungsverfahrens vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die Abweisung der Beschwerde beantragt.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

1. Grundvoraussetzung für einen Ersatzanspruch des Dritten ist, dass derjenige, dem Hilfe gewährt wurde, auch tatsächlich einen Anspruch auf Sozialhilfeleistungen hat bzw. damals hatte. Es kommt somit auf die Sach- und Rechtslage in dem Zeitraum an, auf den sich die jeweilige Hilfeleistung bezieht (vgl. Pfeil , Österreichisches Sozialhilferecht 541, sowie aus der ständigen hg. Rechtsprechung zur zeitraumbezogenen Beurteilung der Rechtslage im Sozialhilferecht etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/10/0201, mwN).

2. Die aufgrund des verfahrensrelevanten Zeitraumes vom bis maßgeblichen Bestimmungen des Kärntner Sozialhilfegesetzes 1996 - K-SHG 1996, LGBl. 30/1996 in der Fassung LGBl. Nr. 140/2001 (Krnt. SHG), lauten wie folgt:

" § 4

Rechtsanspruch

(1) Anspruch auf Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes hat nach Maßgabe der Bestimmungen dieses Abschnittes, wer den Lebensbedarf für sich und die mit ihm im gemeinsamen Haushalt lebenden unterhaltsberechtigten Angehörigen nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln beschaffen kann und ihn auch nicht oder nicht ausreichend von anderen Personen oder Einrichtungen erhält. Freiwillige Leistungen sind dann nicht zu berücksichtigen, wenn diese andernfalls eingestellt würden.

(…)

(3) Zum Lebensbedarf gehören:


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a)
der Lebensunterhalt (§ 7),
b)
die Pflege (§ 9),
c)
die Krankenhilfe (§ 10),
d)
die Hilfe für werdende Mütter und Wöchnerinnen (§ 11),
e)
die Hilfe zur Erziehung und Erwerbsbefähigung (§ 12).
(…)
§ 7
Lebensunterhalt

(1) Der Lebensunterhalt umfaßt den Aufwand für die regelmäßig gegebenen Bedürfnisse zur Führung eines menschenwürdigen Lebens, insbesondere für Nahrung, Unterkunft, Hausrat, Beheizung, Bekleidung, für eine angemessene Pflege der Beziehungen zur Umwelt und für eine angemessene Teilnahme am kulturellen Leben.

(…)

§ 10

Krankenhilfe

Die Krankenhilfe umfaßt:

a) Maßnahmen der vorbeugenden Gesundheitshilfe, soweit hiefür nicht die Bestimmungen des 3. Abschnittes zur Anwendung kommen;


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b)
Heilbehandlung einschließlich Zahnbehandlung;
c)
Versorgung mit Heilmitteln, Heilbehelfen und Hilfsmitteln einschließlich Zahnersatz;
d)
Untersuchung, Behandlung, Unterbringung und Pflege in Krankenanstalten, Kuranstalten und Genesungsheimen;
e)
Krankentransport.
(…)
§ 45
Ersatzansprüche Dritter

(1) Mußte einem Hilfsbedürftigen so dringend eine der Hilfe zur Sicherung des Lebensbedarfes entsprechende Hilfe gewährt werden, daß die Behörde nicht vorher benachrichtigt werden konnte, so sind demjenigen, der die Hilfe geleistet hat, die Kosten zu ersetzen.

(2) Ersetzbar sind nur die Kosten, die innerhalb von drei Monaten, wenn jedoch die Hilfe in einer Krankenanstalt oder im Zusammenhang mit der Durchführung eines Krankentransportes geleistet wurde, innerhalb von fünf Monaten, vor ihrer Geltendmachung entstanden sind. Nach diesem Zeitpunkt entstandene Kosten sind nur insoweit ersetzbar, als sie noch vor der Entscheidung über die Gewährung der Sozialhilfe aufgewendet wurden.

(3) Kosten nach Abs 2 sind nur bis zur Höhe jenes Betrages zu ersetzen, der aufgelaufen wäre, wenn der Sozialhilfeträger die Hilfe selbst geleistet hätte.

(4) Über den Kostenersatz ist im Verwaltungswege zu entscheiden."

3. Die Beschwerde bringt (u.a.) vor, es sei irrelevant, dass G.K. im Haushalt seiner Lebensgefährtin mitversorgt werde. Diese freiwillige "Mitversorgung" des G.K. sei nur und ausschließlich zur Abdeckung des sogenannten "Lebensunterhaltes" im Sinne des § 7 Krnt. SHG, also nur bezüglich Nahrung, Unterkunft usw. erfolgt; die freiwillige Hilfeleistung der Lebensgefährtin von G.K. habe gerade nicht die Krankenhilfe umfasst.

4. Dieses Vorbringen zeigt eine zur Aufhebung des angefochtenen Bescheides führende Rechtswidrigkeit auf:

Nach der hg. Rechtsprechung zu dem § 45 Krnt. SHG entsprechenden Vorschriften ist für die Berechtigung eines Anspruches auf Ersatz von Krankenbehandlungskosten maßgebend, ob es sich bei dem Patienten im Zeitpunkt der Hilfeleistung um einen Hilfsbedürftigen im Sinne des Gesetzes gehandelt hat, das heißt, ob er zur Zeit der Behandlung deren Kosten nicht oder nicht ausreichend aus eigenen Kräften und Mitteln bestreiten konnte und sie auch nicht von anderen Personen oder Einrichtungen gedeckt wurden (vgl. u.a. die Erkenntnisse vom , Zl. 2011/10/0060, vom , Zl. 2007/10/0085, und vom , Zl. 2004/10/0192, jeweils mwN). Dass der im Sinne des Gesagten Hilfebedürftige es unterlassen hat, einen Antrag auf Gewährung der Sozialhilfe zu stellen, kann dem Ersatzanspruch desjenigen, der Krankenhilfe geleistet hat, nicht mit Erfolg entgegengesetzt werden (vgl. die Erkenntnisse vom , Zl. 2008/10/0012 und Zl. 2008/10/0023, jeweils mwN).

Die belangte Behörde geht im Ergebnis selbst davon aus, dass G.K. die Behandlungskosten nicht aus eigenen Mitteln bestreiten konnte. Die Hilfebedürftigkeit des G.K. hat sie jedoch unter dem Gesichtspunkt verneint, dass dessen Lebensgefährtin "Nahrung, Kleidung und alles für den Lebensbedarf Nötige besorgt" habe; dass sie ihm auch die für die Krankenbehandlung erforderlichen Mittel - und nur auf diese kommt es im vorliegenden Zusammenhang an - tatsächlich zugewendet hätte, kann dem angefochtenen Bescheid indes nicht entnommen werden. Für die Annahme, G.K. sei mit Beziehung auf die Kosten der Krankenbehandlung nicht hilfebedürftig im Sinne des Gesetzes gewesen, fehlt somit eine Grundlage.

5. Der angefochtene Bescheid war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben.

6. Der Ausspruch über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 455/2008. Wien, am

Fundstelle(n):
EAAAE-83147