VwGH vom 27.04.2012, 2011/02/0356
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde der I K in V, vertreten durch Dr. Patrick Ruth, Rechtsanwalt in 6020 Innsbruck, Kapuzinergasse 8/4, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für Kärnten vom , Zl. KUVS-K3-1316/2/2011, betreffend Übertretung des Kärntner Veranstaltungsgesetzes, zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.
Des Land Kärnten hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Zur Vorgeschichte in diesem Verfahren wird auf das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/02/0231, verwiesen, mit dem der dort angefochtene Bescheid der belangten Behörde wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben wurde, weil hinsichtlich der der Beschwerdeführerin angelasteten Tathandlung ein Widerspruch zwischen dem Spruch und der Begründung jenes Bescheides vorgelegen ist.
Mit dem nunmehr ergangenen angefochtenen (Ersatz)Bescheid hat die belangte Behörde die Beschwerdeführerin schuldig erachtet, sie habe es als Pächterin und Betreiberin der Spielhalle A in V zu verantworten, geduldet zu haben, dass am um
19.30 Uhr in einem vom Thekenbereich frei zugänglichen Nebenraum dieser Spielhalle zwei Geldspielapparate der Marke "Webak Bell Scatter" ohne gültige Bewilligung und ohne gültige Bewilligungsplakette des Amtes der Kärntner Landesregierung aufgestellt gewesen seien, obwohl bewilligungspflichtige Geldspielapparate ohne unbeschädigte Vignette und ohne unbeschädigte Versiegelung nach § 6 Abs. 3a lit. d Kärntner Veranstaltungsgesetz 1997 (K-VAG 1997) nicht aufgestellt und betrieben hätten werden dürfen und es jedermann verboten sei, die Aufstellung und den Betrieb von unter dieses Verbot fallenden Apparaten zu dulden. Die Beschwerdeführerin habe dadurch § 37 Abs. 1 lit. k iVm § 8 Abs. 7 K-VAG 1997 verletzt, weshalb gemäß § 37 Abs. 2 K-VAG 1997 eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 3.630,--
verhängt wurde.
In der Begründung gab die belangte Behörde das Verwaltungsgeschehen wieder und traf folgende Feststellungen:
"Am führte ein Aufsichtsorgan für Spiel- und Geldspielapparate des Amtes der Kärntner Landesregierung mit der Kripo und im Beisein des technischen Sachverständigen Ing. M L in der Betriebsstätte A in ... V ... eine Kontrolle durch, bei welcher sie feststellten, dass darin zwei Geldspielapparate der Marke 'Webak Bell Scatter' ohne gültige Bewilligungsplakette und ohne gültige Vignette aufgestellt und für jedermann frei zugänglich waren. Die Geräte waren ausgeschaltet und nicht am Stromnetz angeschlossen. Weiters befanden sich im Lokal drei Geldspielapparate mit Bewilligung, ein Kartentisch und ein Rouletttisch.
Die (Beschwerdeführerin) ist seit Jänner 2009 Pächterin des Lokals in ... V Am Tag der Kontrolle war das Lokal den ersten Tag wieder geöffnet. Die beiden Geräte ohne Bewilligung und ohne Vignette wurden ca. eine Woche vor der Kontrolle aufgestellt. Die (Beschwerdeführerin) erlaubte Herrn W, dass er die beiden Geräte im Nebenraum der Spielhalle abstellt. Der Abstellort war von der Spielhalle aus frei zugänglich."
Diese Feststellungen - so die belangte Behörde weiter - stützten sich insbesondere auf die schriftlichen und mündlichen Aussagen des Aufsichtsorgans und des Sachverständigen, die an Ort und Stelle die Kontrolle durchgeführt hätten sowie auf die Angaben der Beschwerdeführerin in der Verhandlung. Das Dulden des Aufstellens der verfahrensgegenständlichen Geräte sei nicht bestritten worden. Wenn die Beschwerdeführerin angegeben habe, dass sie den Nebenraum, in dem die Geräte aufgestellt gewesen seien, nicht mitgepachtet hätte, so sei dazu festzuhalten, dass der Zugang von den von ihr gepachteten Räumlichkeiten zu diesem Nebenraum für jedermann möglich gewesen sei und sie selbst ausgeführt habe, sie habe das Aufstellen der Geräte in diesem Raum erlaubt. Weiters habe die Beschwerdeführerin angegeben, dass sie einen Techniker ersucht habe, an den beiden Geldspielapparaten eine technische Überprüfung durchzuführen. Auch daraus sei erkennbar, dass die Beschwerdeführerin ein gewisses Interesse an den Geräten gehabt habe. Insgesamt habe das Beweisverfahren klar ergeben, dass zwei Geldspielapparate ohne Bewilligung und ohne Vignette in einem Nebenraum, der vom Spielcasino aus frei zugänglich sei, aufgestellt gewesen seien. Auch wenn die Apparate nicht bespielt hätten werden können, sei zweifelsfrei davon auszugehen, dass es sich um Geldspielapparate gehandelt habe, die zum Zeitpunkt der Kontrolle ausgeschaltet (nicht am Stromnetz angeschlossen) gewesen seien. Erst in der Berufung habe die Beschwerdeführerin bestritten, dass es sich bei den Geräten um Geldspielapparate handle. Die Einholung eines Sachverständigengutachtens, dass die Geräte zum Tatzeitpunkt nicht betriebsbereit gewesen seien, sei schon deshalb nicht denkbar, weil eine derartige Tatsachenfeststellung im Nachhinein nicht mehr getroffen werden könne.
Nach Wiedergabe der einschlägigen Rechtslage führte die belangte Behörde aus, das Beweisverfahren habe ergeben, dass die beiden Geräte als Geldspielapparate im Sinne des § 5 Abs. 3 K-VAG 1997 zu qualifizieren seien. Es sei unerheblich, ob die Geldspielapparate am Stromnetz angeschlossen und somit betriebsbereit gewesen seien. Es genüge vielmehr, dass aus den allgemeinen Umständen hervorgehe, dass jedem potenziellen Interessenten die Inbetriebnahme des Gerätes möglich sei. Die Beschwerdeführerin habe entgegen § 8 Abs. 7 K-VAG 1997 die Aufstellung der unter das Verbot des K-VAG 1997 fallenden Apparate geduldet. Sie wäre verpflichtet gewesen, sich vor dem Aufstellen der Apparate davon zu überzeugen, dass das Verbot des § 8 Abs. 7 K-VAG nicht übertreten werde.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.
Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Von dem hier noch anzuwendenden - im Wesentlichen am außer Kraft getretenen - Kärntner Veranstaltungsgesetz 1997, LGBl. Nr. 95, in der Fassung LGBl. Nr. 22/2008 (K-VAG), sind im Beschwerdefall folgende Bestimmungen maßgebend:
"§ 5 Bewilligungspflichtige Veranstaltungen
(1) Einer Bewilligung der Landesregierung bedürfen:
…
e) die Aufstellung und der Betrieb von Geldspielapparaten (Abs. 3);
(3) Geldspielapparate (Abs. 1 lit. e) im Sinne dieses Gesetzes sind Apparate
(Glückspielapparate, Geldspielautomaten), mit denen um Gewinn oder Verlust gespielt wird und bei denen die Entscheidung über Gewinn und Verlust ausschließlich oder überwiegend vom Zufall abhängt und durch eine mechanische oder elektronische Vorrichtung selbsttätig herbeigeführt wird, oder Apparate, die sich auf Grund ihrer Beschaffenheit dazu eignen. Die Eignung als Geldspielapparat ist bei Apparaten gegeben, bei denen auf Grund ihrer Art und Beschaffenheit eine Auszahlung oder Ausfolgung von Gewinnen möglich ist, auch wenn sie das Spielergebnis nur in Form von Punkten, Zahlen, Symbolen oder Kombinationen von Symbolen oder in Form von Freispielen anzeigen; für eine Beurteilung eines Apparates als Geldspielapparat ist es unerheblich, ob
a) der Gewinn vom Apparat selbst oder auf andere Weise ausgefolgt wird oder
b) Hinweise und Ankündigungen die Erzielung eines vermögenswerten Gewinnes ausschließen.
§ 8 Plakette und Vignette für Apparate
(1) Mit der Rechtskraft der Bewilligung für die Aufstellung und den Betrieb von Spielapparaten oder von Geldspielapparaten (§ 5 Abs. 1 lit. d oder e) hat die Landesregierung dem Bewilligungsinhaber für jeden von der Bewilligung erfaßten Spielapparat oder Geldspielapparat eine Plakette aus dauerhaftem Material zu übermitteln. Die Plakette muß fälschungssicher und so hergestellt sein, daß sie nur einmal aufgeklebt oder sonst befestigt werden kann.
…
(2) Der Bewilligungsinhaber hat die Plakette spätestens zum Zeitpunkt des Aufstellens des Spielapparates oder des Geldspielapparates an leicht sichtbarer Stelle am Apparat anzubringen, wobei Zahl und Datum des Bewilligungsbescheides, die Farbe der Plakette und die auf der Plakette enthaltene Marken- (Typen )Bezeichnung mit der Art des Apparates (der in ihm enthaltenen Plantine) übereinstimmen muß. Während der Dauer des Aufstellens des Apparates muß dieser mit der entsprechenden Plakette versehen sein.
…
(7) Bewilligungspflichtige Spielapparate und Geldspielapparate (§ 5 Abs. 1 lit. d und e) dürfen ohne eine unbeschädigte entsprechende Plakette, Geldspielapparate überdies auch nicht ohne unbeschädigte Vignette und ohne unbeschädigte Versiegelung nach § 6 Abs. 3a lit. d nicht aufgestellt und betrieben werden. Es ist jedermann verboten, die Aufstellung und den Betrieb von unter dieses Verbot fallenden Apparaten zu dulden.
§ 28 Verbotene Veranstaltungen
…
(2) Es ist jedermann verboten, das Aufstellen oder den Betrieb verbotener Spielapparate oder die Durchführung einer sonst verbotenen Veranstaltung in seinen Räumen zu dulden.
…
§ 37 Strafbestimmungen
(1) Sofern die Tat nicht den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet, begeht eine Verwaltungsübertretung, wer
…
e) die Bestimmungen der §§ 3, 5 Abs. 5a, 9 Abs. 2, 12, 13 Abs. 1 und 3, 23 Abs. 2 und 3, 25 bis 28, 29 Abs. 1, 30, 31 Abs. 3 und 32 Abs. 4 und 5 übertritt;
…
k) Spielapparate oder Geldspielapparate aufstellt oder betreibt, die den Bestimmungen dieses Gesetzes oder eines auf Grund dieses Gesetzes erlassenen Bescheides nicht entsprechen, entgegen den Bestimmungen dieses Gesetzes mehr als drei Spielapparate oder mehr als drei Geldspielapparate oder gemeinsam mehr als drei Spielapparate und Geldspielapparate außerhalb von Spielhallen aufstellt oder betreibt oder wer sonst gegen § 8 Abs. 7 verstößt;
…
(2) Verwaltungsübertretungen sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe bis zu 7260 Euro zu bestrafen. Im Falle einer Übertretung der §§ 25 Abs. 2 und 26 Abs. 2 oder 28 oder im Falle einer Bestrafung nach Abs. 1 lit. j oder k beträgt die Mindeststrafe 3630 Euro und die Höchststrafe 21.800 Euro Ersatzfreiheitsstrafen werden nicht verhängt."
In ihrer Beschwerde führt die Beschwerdeführerin in rechtlicher Hinsicht aus, es könne nach den Feststellungen im angefochtenen Bescheid nicht beurteilt werden, ob die zwei beanstandeten Geräte Spielapparate oder Geldspielapparate im Sinne des K-VAG 1997 seien. Für eine Bestrafung wegen des Duldens des Aufstellens von Geldspielapparaten ohne gültige Bewilligung müsse jedoch feststehen, dass es sich überhaupt um solche Apparate gehandelt habe. Dies sei im Beschwerdefall nicht gegeben, weshalb die Bestrafung der Beschwerdeführerin rechtswidrig erfolgt sei.
Dieser Einwand der Beschwerdeführerin ist begründet. Die belangte Behörde hat hinsichtlich der im § 5 Abs. 3 K-VAG 1997 angeführten Merkmale zu den in Rede stehenden Geräten keinerlei Feststellungen getroffen, die die Annahme zuließen, es lägen Geldspielapparate im Sinne des § 5 Abs. 3 K-VAG 1997 vor. Anhand des festgestellten Sachverhaltes ist demnach eine Zuordnung als Geldspielapparate im Sinne des § 5 Abs. 3 K-VAG nicht möglich (vgl. auch das Erkenntnis vom heutigen Tage, Zl. 2011/02/0224). Selbst der Zeuge B, Kontrollorgan der Kärntner Landesregierung, spricht in der mündlichen Verhandlung bei der belangten Behörde nur davon, dass für das Vorliegen von Geldspielapparaten nach dem K-VAG 1997 "aus technischer Sicht ein diesbezüglicher Verdacht gegeben" gewesen sei.
Steht aber nicht fest, dass es sich bei den gegenständlichen Geräten um Geldspielapparate nach dem K-VAG handelt, ist auch eine Bestrafung nach diesem Gesetz wegen des Duldens des Aufstellens solcher Apparate ohne gültige Bewilligung unzulässig. Die Bestrafung der Beschwerdeführerin erweist sich daher als rechtswidrig, weshalb der angefochtene Bescheid gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufzuheben war.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den § 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am
Fundstelle(n):
LAAAE-83136