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VwGH vom 09.11.2010, 2008/21/0380

VwGH vom 09.11.2010, 2008/21/0380

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde der K, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Biberstraße 26, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 317.789/2-III/4/08, betreffend

1.) Wiedereinsetzung in den vorigen Stand in einer Angelegenheit des NAG und 2.) Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er den Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels zurückweist, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat der Beschwerdeführerin Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen. Das Mehrbegehren wird abgewiesen.

Begründung

Der Beschwerdeführerin, einer Staatsangehörigen Mazedoniens, waren wiederholt Aufenthaltstitel, zuletzt am eine bis zum gültige Niederlassungsbewilligung "Familiengemeinschaft, § 20 Abs. 1 FrG", erteilt worden.

Am stellte sie, vertreten durch ihren hiezu bevollmächtigten Ehegatten, einen entsprechenden Verlängerungsantrag. Dieses Vorgehen begründete sie im fortgesetzten Verfahren damit, sie habe ihre schwer erkrankte Mutter im Heimatstaat pflegen müssen bzw. sich selbst im Krankenhaus aufgehalten.

Mit Schreiben vom teilte ihr der Bürgermeister der Landeshauptstadt St. Pölten namens des Landeshauptmannes von Niederösterreich dazu mit, gemäß § 19 Abs. 1 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes - NAG seien Anträge auf Erteilung eines Aufenthaltstitels persönlich bei der Behörde zu stellen. Der vorliegende Antrag sei durch den Ehemann der Beschwerdeführerin, also nicht persönlich, eingebracht worden, sodass dessen bescheidmäßige Zurückweisung beabsichtigt sei.

Mit Eingabe vom beantragte die - nunmehr anwaltlich vertretene - Beschwerdeführerin daraufhin die Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand "gegen die Versäumung der persönlichen Einbringung des Verlängerungsantrages (ihres) Niederlassungstitels". Sie berief sich dabei auf die Erkrankung ihrer Mutter sowie eigene "Unpässlichkeit", weshalb sie an einem persönlichen Erscheinen vor der Behörde verhindert gewesen sei. Erst am habe sie (infolge eines ihr im Zug einer anderen Angelegenheit kurzfristig erteilten "C-Visums") wieder nach Österreich einreisen können.

Am sprach die Beschwerdeführerin bei der Niederlassungsbehörde persönlich vor und bekräftigte sinngemäß, an der eingangs dargestellten Antragstellung festzuhalten.

Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies die belangte Behörde den eben dargestellten Antrag auf Bewilligung der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 71 Abs. 1 AVG ab. Den Antrag auf Verlängerung ihres Aufenthaltstitels wies sie gemäß § 19 Abs. 1 NAG zurück.

Begründend führte sie - auf das im vorliegenden Zusammenhang Wesentliche zusammengefasst - aus, das zum Wiedereinsetzungsantrag erstattete Vorbringen sei mangels Vorlage entsprechender Urkunden nicht bescheinigt, sodass eine stattgebende Entscheidung nicht in Betracht komme.

Der Antrag vom sei entgegen § 19 Abs. 1 NAG nicht persönlich von der Beschwerdeführerin, sondern von ihrem Ehegatten eingebracht worden. Selbst wenn man davon ausgehe, dass eine Sanierung dieses Mangels möglich sei, könnte eine solche frühestens mit dem Erscheinen der Beschwerdeführer vor der erstinstanzlichen Behörde am stattgefunden haben. Eine solche Sanierung wäre, wenn überhaupt, nur mit Wirkung ex nunc zulässig, sodass der Antrag als Erstantrag zu werten und in weiterer Folge aus dem Ausland einzubringen gewesen wäre. Auch bei Zulässigkeit der Sanierung des Antrages hätte dieser daher wegen unzulässiger Inlandsantragstellung gemäß § 21 NAG abgewiesen werden müssen, seine positive Erledigung wäre auch dann nicht möglich gewesen. Dazu komme, dass eine Sanierung des Mangels der persönlichen Antragstellung ex tunc nicht als zulässig angesehen werde, weil dies zu einer Aushöhlung der Bestimmung des § 19 NAG betreffend die persönliche Antragstellung führen würde. Auch habe die Behörde den Ehegatten der Antragstellerin am informiert, dass diese "bei der nächsten Möglichkeit persönlich vor der Behörde erscheinen soll und die persönliche Antragstellung verbessern". Da eine Vorsprache erst am erfolgt sei, werde davon ausgegangen, dass eine Sanierung auf Grund des Zeitablaufes nach mehr als sieben Monaten nicht mehr möglich sei.

Schließlich liege kein Eingriff in das Privat- und Familienleben vor, weil die Beschwerdeführerin freiwillig aus Österreich ausgereist sei und sich freiwillig im Ausland aufgehalten habe. Es wäre ihr möglich gewesen, persönlich rechtzeitig einen Antrag zu stellen. Gründe für ein Vorgehen nach § 72 und § 74 NAG seien nicht ersichtlich.

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass zur Überprüfung des angefochtenen Bescheides im Blick auf den Zeitpunkt seiner Erlassung (am ) die Rechtslage des NAG vor der Novelle BGBl. I Nr. 29/2009 maßgeblich ist.

Die Beschwerdeführerin verfügte bis zum Zeitpunkt des In-Kraft-Tretens des NAG (am ) über eine Niederlassungsbewilligung "Familiengemeinschaft, § 20 Abs. 1 FrG". Gemäß § 81 Abs. 2 NAG gelten vor dem In-Kraft-Treten dieses Bundesgesetzes erteilte Aufenthalts- und Niederlassungsberechtigungen innerhalb ihrer Gültigkeitsdauer und ihres Gültigkeitszwecks insoweit weiter, als sie nach dem Zweck des Aufenthalts den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes entsprechen. Die Beschwerdeführerin verfügte daher ab dem gemäß § 11 Abs. 1 Abschnitt A.5. der Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz-Durchführungsverordnung - NAG-DV, BGBl. II Nr. 451/2005, über einen Aufenthaltstitel "Niederlassungsbewilligung - beschränkt".

Dem Hauptargument der belangten Behörde für die Zurückweisung des Antrages auf Verlängerung dieses Aufenthaltstitels ist mit der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu entgegnen, dass § 19 Abs. 1 erster Satz NAG ein Formalerfordernis begründet. Dessen Missachtung darf nicht zur sofortigen Zurückweisung führen, sondern ist einer Verbesserung nach § 13 Abs. 3 AVG zugänglich, die in einer persönlichen Bestätigung der Antragstellung besteht (vgl. etwa die hg. Erkenntnisse vom , Zl. 2008/22/0834, und vom , Zl. 2008/21/0561, jeweils mwN). Den vorgelegten Verwaltungsakten kann weder die Durchführung eines dieser Bestimmung entsprechenden Verbesserungsverfahrens noch die Nichteinhaltung einer der Beschwerdeführerin zur Verbesserung konkret gesetzten Frist entnommen werden. Hingegen hat die Beschwerdeführerin letztlich aus eigenem, am , die gebotene Verbesserung vorgenommen. Diese wirkte, anders als die belangte Behörde meint, ex tunc, weil sie die gebotene behördliche Vorgangsweise nach § 13 Abs. 3 AVG vorwegnahm. Im Hinblick darauf sind aber auch die Überlegungen in Richtung Vorliegens eines Erstantrages - offensichtlich unter Bezugnahme auf die sechsmonatige Frist nach § 24 Abs. 2 NAG - und die sich daraus ergebende Verpflichtung zur Stellung des Antrages im Ausland verfehlt.

Der angefochtene Bescheid war daher, soweit er den Antrag auf Verlängerung eines Aufenthaltstitels zurückweist, gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben.

Mit ihrem Wiedereinsetzungsantrag ist die Beschwerdeführerin hingegen darauf zu verweisen, dass mangels Einleitung des gebotenen Verbesserungsverfahrens unter Einräumung einer Frist iSd § 13 Abs. 3 AVG eine Fristversäumung betreffend den am (also rechtzeitig) gestellten Verlängerungsantrag nicht eintreten konnte. Es liegt daher schon deshalb kein taugliches Substrat für einen Wiedereinsetzungsantrag gemäß § 71 Abs. 1 Z. 1 AVG vor (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0140). Durch die Abweisung ihres Wiedereinsetzungsantrages (statt richtig: Zurückweisung - vgl. etwa die hg. Beschlüsse vom , Zl. 2009/21/0320, und vom , Zl. 2009/21/0364) wird die Beschwerdeführerin nicht in ihren Rechten verletzt.

Die Beschwerde war daher insoweit gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz stützt sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
YAAAE-83123