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VwGH vom 08.04.2022, Ra 2019/13/0105

VwGH vom 08.04.2022, Ra 2019/13/0105

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch die Vorsitzende Senatspräsidentin Dr. Büsser und den Hofrat MMag. Maislinger sowie die Hofrätinnen Dr. Reinbacher und Dr.in Lachmayer und den Hofrat Dr. Bodis als Richter, unter Mitwirkung der Schriftführerin Mag. Schramel, über die Revision 1. der F GmbH und 2. der P GmbH, beide in W, beide vertreten durch Mag. Gerhard Walzl, Rechtsanwalt in 1010 Wien, Wollzeile 25, gegen den Beschluss des Landesverwaltungsgerichts Salzburg vom , Zl. 405-13/421/1/3-2019, betreffend Beitrag zum Tourismusförderungsfonds samt Säumnis- und Verspätungszuschlag für den Zeitraum Dezember 2017 bis Dezember 2018 (belangte Behörde vor dem Verwaltungsgericht: Bürgermeister der Stadt S), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Beschluss wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Salzburg hat den revisionswerbenden Parteien Aufwendungen in der Höhe von € 1.346,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

1Mit Bescheid vom setzte der Bürgermeister der Stadt S gegenüber der (rechtsfreundlich vertretenen) F & P GnbR, einer - aus den beiden revisionswerbenden Gesellschaften mit beschränkter Haftung bestehenden - Gesellschaft bürgerlichen Rechts, die einen Reisemobilstellplatz in S betreibt, die allgemeine Ortstaxe und den Beitrag zum Tourismusförderungsfonds jeweils samt Säumnis- und Verspätungszuschlag für den Zeitraum Dezember 2017 bis Dezember 2018 in näher bezeichneter Höhe im Schätzungsweg fest.

2In der gegen diesen (durch Geschäftszahl und Datum bezeichneten) Bescheid erhobenen Beschwerde, die als Einschreiter die beiden Revisionswerberinnen anführte, wurde unter Punkt 2 vorgebracht: „Die Einschreiter betreiben den verfahrensgegenständlichen Reisemobil-Stellplatz in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nämlich als [F & P GnbR]. Wir treten im rechtsgeschäftlichen Verkehr stets unter dieser Bezeichnung auf. Bei der Kurzbezeichnung [F] handelt es sich um die [F GmbH], bei der Kurzbezeichnung [P] um die [P GmbH]. Diese sind alleinige Gesellschafter.“ Nach einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem erstinstanzlichen Bescheid wurde u.a. dessen ersatzlose Behebung begehrt, in eventu dessen Abänderung dahingehend, „dass uns keine allgemeine Ortstaxe und kein Beitrag zum Tourismusförderungsfonds vorgeschrieben sowie kein Säumnis- und kein Verspätungszuschlag festgesetzt werden“.

3Mit Vorlagebericht vom wurde die Beschwerde dem Landesverwaltungsgericht Salzburg vorgelegt.

4Mit Verständigung vom setzte das Landesverwaltungsgericht Salzburg die Verfahrensparteien gemäß § 281a BAO formlos darüber in Kenntnis, dass hinsichtlich der Beschwerde gegen die Festsetzung der allgemeinen Ortstaxe samt Säumnis- und Verspätungszuschlag eine Beschwerdevorentscheidung durch die belangte Behörde zu erlassen sei.

5Mit dem angefochtenen Beschluss wies das Landesverwaltungsgericht Salzburg in weiterer Folge die Beschwerde der beiden Revisionswerberinnen gegen die Festsetzung des Beitrags zum Tourismusförderungsfonds samt Säumnis- und Verspätungszuschlag als unzulässig zurück und sprach aus, dass eine Revision an den Verwaltungsgerichtshof nach Art. 133 Abs. 4 B-VG nicht zulässig sei.

6In der Begründung dieses Beschlusses führte das Verwaltungsgericht aus, beschwerdelegitimiert sei im gegenständlichen Verfahren nur die F & P GnbR, die im bekämpften Bescheid - im Wege ihres Vertreters - als Adressatin genannt sei. Die Beschwerde sei allerdings „zweifellos“ von den beiden Revisionswerberinnen, der F GmbH und der P GmbH, die beide rechtsfreundlich vertreten seien, erhoben worden. Den Gesellschafterinnen der F & P GnbR komme im gegenständlichen Verfahren jedoch keine Beschwerdelegitimation zu.

7Gegen diesen Beschluss richtet sich die vorliegende Revision, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Einleitung des Vorverfahrens und Erstattung einer Revisionsbeantwortung durch die belangte Behörde erwogen hat:

8Zur Zulässigkeit der Revision wird vorgebracht, sei eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts ein eigenes, von ihren Gesellschaftern unabhängiges Steuersubjekt, komme nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes nur dieser das Beschwerderecht zu. Im revisionsgegenständlichen Fall sei wesentlich, dass die beiden - rechtsfreundlich vertretenen - Gesellschafterinnen für die GnbR aufgetreten seien. So hätten sie bereits ursprünglich für die GnbR im Hinblick auf die strittige Ortstaxenpflicht die Erlassung eines „Feststellungsbescheids“ beantragt. Auch die belangte Behörde sei davon ausgegangen, dass die beiden Gesellschafterinnen für die GnbR agierten. Demgemäß sei der Bescheid an die GnbR erlassen und zu Handen des Vertreters zugestellt worden. Die Beschwerde sei in derselben Form erhoben worden. Es sei nicht erforderlich, dass ausdrücklich die Behauptung erhoben werde, dass das Rechtsmittel für das Steuersubjekt eingebracht werde. Es reiche aus, wenn - wie im revisionsgegenständlichen Fall - die Beschwerde erkennbar für das Steuersubjekt erhoben werde.

9Die Revision ist zulässig und begründet.

10Im Revisionsfall ist strittig, ob die Revisionswerberinnen durch ihren Rechtsvertreter die Beschwerde im Namen der F & P GnbR oder im eigenen Namen erhoben haben und das Verwaltungsgericht zu Recht die Beschwerde der Revisionswerberinnen mangels Legitimation zurückweisen durfte.

11Nach § 1189 ABGB, idF BGBl. I Nr. 83/2014, sind zur Führung der Geschäfte der Gesellschaft alle Gesellschafter berechtigt und verpflichtet, sofern sich aus dem Gesellschaftsvertrag nichts anderes ergibt. Gemäß § 1197 Abs. 1 leg. cit. deckt sich - wenn der Gesellschaftsvertrag einer Außengesellschaft nichts anderes vorsieht - die Befugnis zur Vertretung aller Gesellschafter in Gesellschaftsangelegenheiten mit der Befugnis zur Geschäftsführung.

12Immer dann, wenn nicht eindeutig klar ist, wem ein Rechtsmittel zuzurechnen ist, ist das Verwaltungsgericht verpflichtet, sich Klarheit darüber zu verschaffen, wer Rechtsmittelwerber ist (vgl. zum - nach § 56 Abs. 1a Salzburger Tourismusgesetz 2003 iVm § 17 VwGVG im Beschwerdeverfahren vor dem Verwaltungsgericht geltenden - AVG etwa ; sowie zur BAO etwa , jeweils mwN).

13Bei der Auslegung von Parteianbringen kommt es auf das aus diesen erkennbare und erschließbare Ziel des Einschreiters an; Parteierklärungen und damit auch Anbringen sind ausschließlich nach ihrem objektiven Erklärungswert auszulegen. Dem AVG ist ein übertriebener Formalismus fremd, weswegen auch bei der Auslegung von Parteianbringen im Sinn des § 13 AVG kein streng formalistischer Maßstab anzulegen ist. Wenn sich der Inhalt eines von einer Partei gestellten Anbringens als unklar erweist, ist das Verwaltungsgericht entsprechend den ihm gemäß § 37 iVm § 39 AVG obliegenden Aufgaben verpflichtet, den Antragsteller zu einer Präzisierung seines Begehrens aufzufordern (vgl. nochmals ; sowie zur BAO , jeweils mwN).

14Der Bescheid der belangten Behörde war an die (rechtsfreundlich vertretene) F & P GnbR gerichtet. In der eindeutig gegen diesen (durch Geschäftszahl und Datum bezeichneten) Bescheid erhobenen Beschwerde wurden zwar die beiden Revisionswerberinnen als Einschreiter bezeichnet, jedoch wurde in Punkt 2 der Beschwerde ausgeführt, dass der Reisemobilstellplatz von den beiden revisionswerbenden Gesellschaften gemeinsam in der Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, nämlich als F & P GnbR, betrieben werde. Weiters wurde in der Beschwerde ausdrücklich die ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheids begehrt, in eventu die Abänderung des Bescheids dahingehend, dass u.a. die Vorschreibung des Beitrags zum Tourismusförderungsfonds samt Säumnis- und Verspätungszuschlag unterbleibe.

15Bei dieser Sachlage kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Erklärungswert des Beschwerdeschriftsatzes zweifelsfrei dahingehend zu deuten wäre, dass die Beschwerde von den Revisionswerberinnen (als alleinige Gesellschafterinnen der F & P GnbR) nicht im Namen dieser GnbR, sondern im eigenen Namen erhoben worden wäre.

16Schließlich ist darauf zu verweisen, dass - wie auch in der Revision zutreffend ausgeführt wird - die beiden (rechtsfreundlich vertretenen) Revisionswerberinnen bereits vor der Festsetzung des Beitrags zum Tourismusförderungsfonds samt Säumnis- und Verspätungszuschlag durch die belangte Behörde im Schriftverkehr mit dieser wiederholt für die F & P GnbR aufgetreten sind und die belangte Behörde keine Zweifel daran hegte, dass die Revisionswerberinnen im Namen der F & P GnbR handelten.

17Indem das Verwaltungsgericht davon ausgegangen ist, dass die Beschwerde „zweifellos“ von den Revisionswerberinnen im eigenen Namen erhoben worden sei und es daher unterlassen hat, die Parteiabsicht zu erforschen, hat es den angefochtenen Beschluss mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes belastet, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

18Von der in der Revision beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z 4 und 6 VwGG abgesehen werden.

19Der Ausspruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2014.

Wien, am 

Zusatzinformationen


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ECLI:
ECLI:AT:VWGH:2022:RA2019130105.L00

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