VwGH vom 09.12.2013, 2013/10/0078
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Mizner und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des J B in S, vertreten durch Mag. Alexander Wolkerstorfer, Rechtsanwalt in 4523 Neuzeug, Steyrtalstraße 16, gegen den Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom , Zl. ForstR-100900/2-2013-Le/Bm, betreffend Feststellung und Auftrag nach dem Forstgesetz 1975, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Begründung
Mit dem im Instanzenzug ergangenen angefochtenen Bescheid des Landeshauptmannes von Oberösterreich vom wurde gemäß § 35 Abs. 2 Forstgesetz 1975 die Unzulässigkeit der Sperre bzw. Sperreinrichtung (Waldschutzzaun) auf den Waldparzellen GSt. Nr. 766/1, 764 und 763/2, alle KG T, Marktgemeinde Te, festgestellt und dem Beschwerdeführer die Beseitigung des Waldschutzzaunes bis aufgetragen.
Begründend wurde nach wörtlicher Wiedergabe des im Berufungsverfahren eingeholten Gutachtens eines forstfachlichen Amtssachverständigen vom im Wesentlichen ausgeführt, der gegenständliche Waldschutzzaun sei (im Jahr 1975) zum Schutz der Forstpflanzen rechtmäßig errichtet worden. Da der Waldbestand auf den verfahrensgegenständlichen Waldparzellen nunmehr eine Höhe von 10 bis 15 Meter aufweise, bestehe, wie der forstfachliche Amtssachverständige in seinem schlüssigen und nachvollziehbaren Gutachten dargelegt habe, keine Notwendigkeit für die Aufrechterhaltung eines Waldschutzzaunes, da keine zu schützenden Aufforstungen oder Naturverjüngungen vorgefunden hätten werden können und solche in den nächsten 10 bis 15 Jahren auch nicht entstehen würden. Da keine Gründe gemäß §§ 33 Abs. 2 und 34 Abs. 2 oder 3 Forstgesetz 1975 vorlägen, liege eine unzulässige Sperre vor, deren Beseitigung aufzutragen gewesen sei.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat darüber nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen:
1. Die im Beschwerdefall maßgeblichen Bestimmungen des Forstgesetzes 1975, BGBl. Nr. 440/1975 idF BGBl. I Nr. 55/2007 (ForstG), lauten auszugsweise:
" Benützung des Waldes zu Erholungszwecken Arten der Benützung
§ 33. (1) Jedermann darf, unbeschadet der Bestimmungen der Abs. 2 und 3 und des § 34, Wald zu Erholungszwecken betreten und sich dort aufhalten.
(2) Zu Erholungszwecken gemäß Abs. 1 dürfen nicht benützt werden:
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a) | ... |
c) | Wiederbewaldungsflächen sowie Neubewaldungsflächen, diese unbeschadet des § 4 Abs. 1, solange deren Bewuchs eine Höhe von drei Metern noch nicht erreicht hat. |
(3) ...
...
Benützungsbeschränkungen
§ 34. (1) Unbeschadet der Bestimmungen des § 33 Abs. 2 darf Wald von der Benutzung zu Erholungszwecken vom Waldeigentümer befristet (Abs. 2) oder dauernd (Abs. 3) ausgenommen werden (Sperre).
(2) Befristete Sperren sind nur zulässig für folgende Flächen:
a) Baustellen von Bringungsanlagen und anderen forstbetrieblichen Hoch- und Tiefbauten;
b) Gefährdungsbereiche der Holzfällung und -bringung bis zur Abfuhrstelle auf die Dauer der Holzerntearbeiten;
c) Waldflächen, in denen durch atmosphärische Einwirkungen Stämme in größerer Anzahl geworfen oder gebrochen wurden und noch nicht aufgearbeitet sind, bis zur Beendigung der Aufarbeitung;
d) Waldflächen, in denen Forstschädlinge bekämpft werden, solange es der Bekämpfungszweck erfordert;
e) Waldflächen, wenn und solange sie wissenschaftlichen Zwecken dienen und diese ohne Sperre nicht erreicht werden können.
(3) Dauernde Sperren sind nur zulässig für Waldflächen, die
a) aus forstlichen Nebennutzungen entwickelten Sonderkulturen, wie der Christbaumzucht, gewidmet sind;
b) der Besichtigung von Tieren oder Pflanzen, wie Tiergärten oder Alpengärten, oder besonderen Erholungseinrichtungen, ohne Rücksicht auf eine Eintrittsgebühr gewidmet sind;
c) der Waldeigentümer sich oder seinen Beschäftigten im engeren örtlichen Zusammenhang mit ihren Wohnhäusern vorbehält und die insgesamt 5% von dessen Gesamtwaldfläche, höchstens aber 15 ha, nicht übersteigen; bei einer Gesamtwaldfläche unter 10 ha dürfen bis zu 0,5 ha gesperrt werden.
(4) ...
...
Behördliche Überprüfung der Benützungsbeschränkungen § 35. (1) Die Behörde hat Sperren
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1. | im Fall von Zweifeln an deren Zulässigkeit von Amts wegen, |
2. | im Fall eines Antrags auf Überprüfung eines nach Abs. 4 Berechtigten oder |
3. | im Fall eines Antrags auf Bewilligung nach § 34 Abs. 4 auf ihre Zulässigkeit zu prüfen. |
(2) Ergibt die Überprüfung die Zulässigkeit der Sperre, so hat die Behörde in den Fällen des Abs. 1 Z 1 und 2 dies mit Bescheid festzustellen, in den Fällen des Abs. 1 Z 3 die Bewilligung zu erteilen. Ergibt die Überprüfung die Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung, so hat die Behörde dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die Beseitigung der Sperre oder Sperreinrichtung mit Bescheid aufzutragen. Ergibt die Überprüfung, dass die Sperre auf einem anderen Bundesgesetz oder Landesgesetz beruht, kann die Behörde dem Waldeigentümer die Errichtung von Toren oder Überstiegen mit Bescheid auftragen, soweit dies mit dem Zweck und dem Rechtsgrund der Sperre vereinbar ist. Ergibt die Überprüfung, dass nur das Ausmaß der gesperrten Fläche überschritten wurde, so hat die Behörde das zulässige Ausmaß mit Bescheid festzulegen und dem Waldeigentümer mit Bescheid aufzutragen, bestehende Sperreinrichtungen, soweit sie der Sperre über das festgelegte Ausmaß hinaus dienen, zu beseitigen.
(3) Die Sperre ist unzulässig, wenn
a) Gründe gemäß den §§ 33 Abs. 2 oder 34 Abs. 2 oder 3 nicht vorliegen,
b) …
..."
2. Wie der Verwaltungsgerichtshof zu den forstgesetzlichen Bestimmungen betreffend die Benützung des Waldes zu Erholungszwecken bereits wiederholt ausgesprochen hat, ist unter einer "Sperreinrichtung" jede (technische) Einrichtung zu verstehen, die ihrer Art nach geeignet ist und dazu dient, das allseitige freie Betreten auszuschließen oder zumindest zu behindern. Damit im Zusammenhang steht der Begriff der "Sperre" eines Waldes und zwar so, dass das Bestehen einer Sperreinrichtung das Vorliegen einer Sperre impliziert, d.h. dass bei Vorliegen einer Sperreinrichtung immer und ausnahmslos auch eine Sperre gegeben ist. Ein Zaun ist auch dann als "Sperreinrichtung" anzusehen, wenn seine Überwindung unschwer möglich ist und Durchlässe vorhanden sind, weil auch in einem solchen Fall davon auszugehen ist, dass die allseitige, freie Begehbarkeit des Waldes zumindest behindert wird (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/10/0132, und die dort zitierte Vorjudikatur).
3. Die Beschwerde wendet sich nicht (mehr) gegen die Annahme der belangten Behörde, der gegenständliche Waldschutzzaun stelle eine unzulässige Sperre gemäß § 35 Abs. 3 lit. a ForstG dar. Sie bringt vor, der Beschwerdeführer sei, wie im angefochtenen Bescheid (im Gutachten des Amtssachverständigen) richtigerweise festgehalten worden sei, nicht Alleineigentümer der gegenständlichen Waldgrundstücke. Diese stünden zu 4/6 Anteilen in seinem und zu 2/6 Anteilen im Eigentum des G J B. Die belangte Behörde wäre daher verpflichtet gewesen, die Beseitigung der Sperre nicht nur ihm, sondern sämtlichen Eigentümern aufzutragen. Der Beschwerdeführer sei dadurch im Recht gemäß § 35 Abs. 2 ForstG verletzt, wonach die Behörde mit Bescheid die Unzulässigkeit der Sperre sämtlichen Eigentümern gegenüber feststellen und deren Beseitigung auftragen müsse.
Dass damit ein erheblicher Nachteil in seiner Rechtssphäre verbunden sei, sei aus der "Bindungswirkung von zivil- bzw. strafrechtlichen Entscheidungen an verwaltungsbehördliche Bescheide" zu ersehen. Die Feststellung der Unzulässigkeit der Sperre sowie die daraus resultierende Verpflichtung zur Beseitigung des Waldschutzzaunes seien lediglich dem Beschwerdeführer gegenüber ausgesprochen worden. Für den Fall, dass er den Waldschutzzaun auftragsgemäß entferne, bestehe die Möglichkeit, dass G J B als Miteigentümer "zivilrechtlich bzw. sogar strafrechtlich" gegen ihn vorgehe. Diesem Vorgehen wäre auch Erfolg beschieden, zumal der angefochtene Bescheid gegenüber dem Miteigentümer keinerlei Bindungswirkung entfalte.
4. Dieses Vorbringen führt die Beschwerde nicht zum Erfolg:
4.1. Der Beschwerdeführer hat im gesamten Verwaltungsverfahren nicht behauptet, dass der Minderheitseigentümer der fraglichen Waldgrundstücke der Entfernung des Waldschutzzaunes ablehnend gegenüber stehe oder im Falle der Entfernung des Zaunes die Möglichkeit bestehe, dass dieser "zivilrechtlich bzw. strafrechtlich" gegen ihn vorgehe. Das diesbezügliche Beschwerdevorbringen unterliegt demnach dem im Verfahren vor dem Verwaltungsgerichtshof geltenden Neuerungsverbot und ist daher unbeachtlich.
4.2. Gemäß § 35 Abs. 2 zweiter Satz ForstG hat die Behörde im Falle der Unzulässigkeit der Sperre oder der Sperreinrichtung dies mit Bescheid festzustellen und dem Waldeigentümer die Beseitigung der Sperre oder Sperreinrichtung mit Bescheid aufzutragen. Die Pflicht zur Beseitigung trifft demnach den Waldeigentümer, im Falle des Bestehens von (ideellen) Miteigentumsanteilen somit alle Miteigentümer. Demnach wäre die vorliegende forstpolizeiliche Feststellung und der Beseitigungsauftrag gegen alle Miteigentümer zu erlassen gewesen (vgl. zum forstpolizeilichen Auftrag nach § 172 Abs. 6 ForstG das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/10/0255).
Entgegen der Ansicht des Beschwerdeführers vermag die behauptete Unterlassung der Einbeziehung des Minderheitseigentümers ihn allerdings nicht in subjektivöffentlichen Rechten zu verletzen, ist dem Gesetz die Einräumung eines subjektiv-öffentlichen Rechts eines Miteigentümers darauf, dass eine im Grunde des § 35 Abs. 2 zweiter Satz ForstG erfolgte Feststellung und Anordnung nur dann gegen diesen zu erlassen ist, wenn diese (gleichzeitig) gegenüber sämtlichen weiteren Miteigentümern erlassen wird, nicht zu entnehmen. Vor dem Hintergrund des Beschwerdefalles, in dem weder eine Unmöglichkeit der aufgetragenen Beseitigung durch den Mehrheitseigentümer behauptet noch überhaupt in konkreter Weise vorgebracht wird, dass der Minderheitseigentümer der Befolgung einer öffentlichrechtlichen Pflicht widersprechen würde, erübrigt sich auch ein Eingehen darauf, welche im Zivilrecht begründeten Möglichkeiten dem Miteigentümer zur Verfügung stehen, um die Befolgung einer öffentlich-rechtlichen Pflicht sicherzustellen (vgl. dazu z.B. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2001/10/0212).
5. Da sich die vorliegende Beschwerde demnach als unbegründet erweist, war sie gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Kosten waren im Hinblick darauf, dass die belangte Behörde keinen Kostenantrag gestellt hat, nicht zuzusprechen. Wien, am
Fundstelle(n):
HAAAE-83078