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VwGH vom 25.03.2010, 2008/21/0342

VwGH vom 25.03.2010, 2008/21/0342

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers MMag. Stelzl, über die Beschwerde des S, vertreten durch Dr. Peter Lechenauer und Dr. Margrit Swozil, Rechtsanwälte in 5020 Salzburg, Hubert-Sattler-Gasse 10, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 314.643/3-III/4/07, betreffend Daueraufenthaltskarte, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.286,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Der Beschwerdeführer, ein 1976 geborener Staatsangehöriger von Bosnien-Herzegowina, war mit im Instanzenzug ergangenem Bescheid der Sicherheitsdirektion für das Bundesland Salzburg vom gemäß § 53 Abs. 1 Fremdenpolizeigesetz 2005 ausgewiesen worden. Nachdem der Verwaltungsgerichtshof diesen Bescheid mit Erkenntnis vom , Zl. 2006/18/0179, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben hatte, gab die genannte Sicherheitsdirektion der gegen den erstinstanzlichen Ausweisungsbescheid erhobenen Berufung - wegen unzulässigen Eingriffs in das Privat- und Familienleben des Beschwerdeführers - mit Bescheid vom Folge. Dabei hielt sie zu den persönlichen Verhältnissen des Beschwerdeführers Folgendes fest:

"Laut Aktenlage waren Sie bereits in den Jahren 1992 bis 1994 bei Ihren Eltern und Ihrer Schwester in B aufhältig. Am wurde Ihnen erstmals von der Bundespolizeidirektion Salzburg via Österreichischer Botschaft in Sarajevo eine Aufenthaltserlaubnis zum Zweck Student, befristet bis erteilt. In der Folge wurden Ihnen quotenfreie Aufenthaltserlaubnisse befristet bis erteilt.

Am , also vor Ablauf der letzten Aufenthaltserlaubnis, brachten Sie bei der Bundespolizeidirektion Salzburg aufgrund eines Firmenabtretungsvertrages einen Verlängerungsantrag auf Erteilung einer quotenfreien Aufenthaltserlaubnis zum Zweck Selbständig ein. Dieser Antrag wurde zuständigkeitshalber dem Magistrat Salzburg übermittelt, der diesen Antrag abwies. Auch eine dagegen eingebrachte Berufung beim BMI wurde am abgewiesen."

Noch im November 2006 hatte der Beschwerdeführer die Erteilung einer Daueraufenthaltskarte beantragt. Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid vom wies der Bundesminister für Inneres (die belangte Behörde) diesen Antrag gemäß § 54 Abs. 1 Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz - NAG ab. Das wurde im Wesentlichen damit begründet, dass die Mutter des Beschwerdeführers, eine österreichische Staatsbürgerin, zwar "ihr Recht auf Freizügigkeit in Deutschland in Anspruch genommen hat" und nunmehr (wieder) in Salzburg gemeldet sei. Da aber nicht ersichtlich sei, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in Deutschland (rechtmäßig) aufhältig gewesen sei und seine Mutter bei ihrem Zuzug nach Deutschland bzw. ihrer Rückkehr nach Österreich begleitet habe, gehe die belangte Behörde davon aus, "dass kein Fall des § 54 NAG vorliegt, da es am Element des erforderlichen 'begleiten und nachziehen' mangelt".

Über die gegen diesen Bescheid erhobene Beschwerde hat der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage erwogen:

Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall die Bestimmungen des NAG noch in der nachfolgend wiedergegeben Stammfassung maßgeblich sind.

Gemäß § 54 Abs. 1 NAG sind Angehörige von freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürgern, die nicht EWR-Bürger sind und die die in § 52 Z 1 bis 3 genannten Voraussetzungen erfüllen, zur Niederlassung berechtigt. Ihnen ist auf Antrag eine Daueraufenthaltskarte für die Dauer von zehn Jahren auszustellen.

Die Voraussetzungen des § 52 Z 2 NAG erfüllen Angehörige, die Verwandte des EWR-Bürgers oder seines Ehegatten in gerader absteigender Linie bis zur Vollendung des 21. Lebensjahres und darüber hinaus sind, sofern ihnen von diesen Unterhalt tatsächlich gewährt wird, wenn sie den freizügigkeitsberechtigten EWR-Bürger begleiten oder zu ihm nachziehen.

Gemäß § 57 NAG finden die Bestimmungen der §§ 51 bis 56 NAG u. a. auch auf Angehörige von Österreichern Anwendung, sofern diese ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen haben.

Die belangte Behörde vertrat die Auffassung, dass die österreichische Mutter des Beschwerdeführers ihr Recht auf Freizügigkeit in Anspruch genommen habe. Die im Verwaltungsverfahren aufgestellte Behauptung, dass sie dem Beschwerdeführer Unterhalt gewähre - in der nunmehrigen Beschwerde dahingehend präzisiert, der Beschwerdeführer erhalte Unterhalt in Geld und auch in Naturalien - stellte sie nicht in Abrede. Sie wies den Antrag auf Ausstellung einer Daueraufenthaltskarte jedoch deshalb ab, weil es am Element des erforderlichen "Begleitens und Nachziehens" mangle; es sei nicht ersichtlich, dass der Beschwerdeführer tatsächlich in Deutschland aufhältig gewesen sei und seine Mutter bei ihrem Zuzug nach Deutschland bzw. ihrer Rückkehr nach Österreich begleitet habe.

Der Verfassungsgerichtshof hat jedoch in diesem Zusammenhang (insbesondere mit Hinweis auf das , Metock ) zuletzt in seinem Erkenntnis vom , G 244/09 ua., unter II.2.8.

Folgendes festgehalten:

"Wird jedoch ein Angehörigenverhältnis zwischen einem Drittstaatsangehörigen und einem Österreicher begründet, ist für das Aufenthaltsrecht des Drittstaatsangehörigen ausschlaggebend, ob der Österreicher von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht hat, indem er eines seiner Rechte gemäß Art. 18 und 39 ff. EG im EWR-Raum außerhalb Österreichs ausübt oder ausgeübt hat (...). Hat der Österreicher von seinem Recht auf Freizügigkeit Gebrauch gemacht, genießt sein Angehöriger gemäß §§ 54 bis 57 NAG ein Aufenthaltsrecht in Österreich, wobei es keine Rolle spielt, wie der Drittstaatsangehörige in das Bundesgebiet gelangt ist oder wann das Angehörigenverhältnis begründet wurde."

Spielt es keine Rolle, wie der Drittstaatsangehörige in das Bundesgebiet gelangt ist, so erweisen sich die für die Antragsabweisung maßgeblichen Erwägungen der belangten Behörde als verfehlt. Sie belastete den angefochtenen Bescheid demzufolge mit Rechtswidrigkeit seines Inhaltes, weshalb er gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben war.

Der Spruch über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008.

Wien, am

Fundstelle(n):
FAAAE-83057