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VwGH vom 19.07.2013, 2011/02/0268

VwGH vom 19.07.2013, 2011/02/0268

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Waldstätten und die Senatspräsidentin Dr. Riedinger sowie den Hofrat Mag. Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde des DI S in W, vertreten durch die Fellner Wratzfeld Partner Rechtsanwälte GmbH in 1010 Wien, Schottenring 12, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS- 07/S/34/11620/2009-21, betreffend Übertretungen arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften (weitere Partei:

nunmehr Bundesminister für Arbeit, Soziales und Konsumentenschutz gemäß § 26 Abs. 7 zweiter Satz ArbIG), zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird, soweit er die ersatzlose Aufhebung des Spruchpunktes a) des Bescheides des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom betrifft, wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Im Übrigen (hinsichtlich des Spruchpunktes b) des erstinstanzlichen Bescheides vom ) wird die Beschwerde als unbegründet abgewiesen.

Der Bund hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Das Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Verkehrs-Arbeitsinspektorat, hat mit Schreiben vom an den Magistrat der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, Strafanzeige gegen den Beschwerdeführer als verantwortlichen Geschäftsführer der W.- GmbH Co KG gemäß § 12 Abs. 1 des Verkehrs-Arbeitsinspektionsgesetzes 1994 (VAIG 1994; Anm.: zur Gänze aufgehoben mit Ablauf des gem. Art. 58 des 2. StabG 2012, BGBl. I Nr. 35/2012) wegen Übertretung des § 130 Abs. 1 Z. 16 ASchG infolge unterlassener Prüfung von Türen gemäß den §§ 7 ff der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) eines näher bezeichneten Beiwagens eines Zuges der Straßenbahnlinie 1 im Zusammenhang mit einem Vorfall vom erstattet.

Mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wien, Magistratisches Bezirksamt für den 3. Bezirk, vom wurde von der Fortführung des Strafverfahrens hinsichtlich des mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom erhobenen Vorwurfs, der Beschwerdeführer habe es als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als gemäß § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der W.-GmbH, welche unbeschränkt haftende Gesellschafterin der W. GmbH Co KG sei, zu verantworten, dass die W. GmbH Co KG als Arbeitgeberin

a) in der Zeit von bis die vor der ersten Inbetriebnahme des bei einem Vorfall am um ca. 17.37 Uhr in der Haltestelle Schwedenplatz beteiligten Beiwagens Nr. xxx durchzuführende Abnahmeprüfung der Arbeitsmittel Türen und Tore des genannten Beiwagens und

b) in der Zeit von bis die jährlich wiederkehrende Prüfung von Arbeitsmitteln, nämlich der kraftbetriebenen Türen des genannten Beiwagens Nr. xxx

nicht habe durchführen lassen, abgesehen und das Verfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG eingestellt.

Gegen diesen Bescheid erhob der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie (Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie, Gruppe Verkehrs-Arbeitsinspektorat) Berufung.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde der Berufung Folge gegeben und der erstinstanzliche Bescheid aufgehoben.

In der Begründung dieses Bescheides wird nach Wiedergabe der Ergebnisse des Verwaltungsstrafverfahrens und der Rechtslage u. a. ausgeführt, mit den Ausführungen des an der Erstellung des § 39 Abs. 1 Z. 1 der Eisenbahn-ArbeitnehmerInnenschutzverordnung (EisbAV) beteiligten Vertreters des Verkehrs-Arbeitsinspektorates sei dem Ergebnis nach davon auszugehen, dass es sich bei der genannten Bestimmung tatsächlich nur um eine "Ergänzung" zu § 8 Abs. 1 AM-VO insofern handle, als dadurch klargestellt werden sollte, dass auch "Triebfahrzeuge" unter die wiederkehrende Prüfungspflicht nach der genannten Bestimmung der AM-VO fielen.

Der Vertreter des Verkehrs-Arbeitsinspektorates habe in der mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde ausgeführt, dass offenbar schon anlässlich der Abfassung der EisbAV seitens der W.- GmbH die Einstufung von Straßenbahnen bzw. Triebfahrzeugen unter die "selbstfahrenden Arbeitsmittel" im Sinne des § 8 Abs. 1 Z. 14 AM-VO bestritten worden sei, weswegen - um weiteren Auseinandersetzungen aus dem Weg zu gehen - zur "Erläuterung" klargestellt worden sei, dass es sich auch bei Triebfahrzeugen um solche "selbstfahrende Arbeitsmittel" handle. Den betreffenden Ausführungen sei niemand entgegen getreten, sie schienen auch insofern schlüssig, als die Anführung der "Triebfahrzeuge" in der genannten Bestimmung der EisbAV (neben solchen spezifischen Arbeitsmitteln, auf die in der AM-VO nicht habe Bedacht genommen werden können) letztlich systemwidrig bzw. sinnlos erschiene, wenn man nicht von dem Hintergrund anlässlich der Entstehung des § 39 Abs. 1 Z. 1 EisbAV ausginge. Diese für den Normadressaten an sich nicht erkennbaren Hintergründe hätten allerdings nur dann wirksam werden können, wenn sie mit Wortlaut und Systematik der genannten Bestimmung in Übereinstimmung zu bringen wären.

Der bloße Vergleich der umfassenden Definition der Arbeitsmittel in § 2 Abs. 1 AM-VO mit dem Anwendungsbereich der EisbAV (§ 1 Abs. 1 leg. cit.) lasse erkennen, dass mit der Aufzählung der der wiederkehrenden Prüfung nach § 39 Abs. 1 EisbAV unterliegenden Arbeitsmittel bei weitem nicht alle der Arbeitsmitteldefinition der AM-VO (und der EisbAV) unterliegenden, im Anwendungsbereich der EisbAV von Arbeitnehmern benutzten Arbeitsmittel erfasst worden seien, liege es doch auf der Hand, dass etwa sämtliche mobilen, von Arbeitnehmern im Zusammenhang mit Tätigkeiten an Gleisen von Eisenbahnen verwendeten Arbeitsmittel in der Definition des § 39 Abs. 1 EisbAV nicht Erwähnung fänden.

Es scheine daher vertretbar, die Aufzählung des § 39 Abs. 1 EisbAV als Auflistung jener spezifischen, nur von Arbeitnehmern von Eisenbahnbetrieben im Bereich von Gleisen verwendeten Arbeitsmittel zu verstehen, deren Erfassung als Arbeitsmittel nach den allgemeinen Bestimmungen der AM-VO zweifelhaft bzw. unsicher sein könnte. Die Bestimmung des § 39 Abs. 1 EisbAV habe somit offenbar "ergänzenden" Charakter zur allgemeinen Definition der Arbeitsmittel nach der AM-VO. Dies decke sich mit der Entstehungsgeschichte des § 39 Abs. 1 Z. 1 EisbAV und bedeute letztlich auch für den Normadressaten (noch) erkennbar, dass durch die genannte Bestimmung des § 39 Abs. 1 Z. 1 EisbAV kein Arbeitsmittel von der Prüfpflicht nach den Bestimmungen der AM-VO ausgenommen werden sollte, das nach dereren Definition zweifellos unter die dortigen Prüfpflichten falle.

Ausgehend davon, dass sowohl Triebfahrzeuge als auch "Beiwagen" unstrittig als "Arbeitsmittel" im Sinne des § 2 Abs. 1 AM-VO einzustufen seien, habe es diesbezüglich keiner weiteren Überlegungen zur allfälligen besonderen Einstufung nach den Sonderbestimmungen der EisbAV bedurft und ermögliche § 39 Abs. 1 Z. 1 EisbAV insbesondere auch nicht den "Umkehrschluss", dass es sich etwa bei Beiwagen nicht um "Arbeitsmittel" im Sinne der AM-VO handle. Entsprechendes sei auch nicht konkret eingewendet worden.

Fraglich sei, ob der gegenständliche, offenbar im Jahre 1962 in Dienst genommene Beiwagen der Type "C 3" mit automatischen, mit Lichtschranken gesicherten Zugangstüren den allgemeinen Überprüfungspflichten der AM-VO unterliege.

Gegenstand der verfahrenseinleitenden Anzeige vom sei das Fehlen von den Bestimmungen der AM-VO entsprechenden Überprüfungen der gegenständlichen Türen. Dass es sich dabei etwa nur um eine Überprüfung ausschließlich der Türen handeln müsse, lasse sich der betreffenden Anzeige nicht entnehmen, vielmehr ergebe sich gerade das Gegenteil aus dem Inhalt dieser Anzeige, insbesondere dem Verweis auf die beigeschlossenen Schreiben der Obersten Eisenbahnbaubehörde vom und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vorn , worin jeweils übereinstimmend auf die Möglichkeit von "Gesamtprüfungen" des gesamten Schienenfahrzeuges mit darin enthaltener Überprüfung der Türen bzw. der sicherheitsrelevanten Bauteile derselben im Sinne der einschlägigen Bestimmungen und Normen der AM-VO hingewiesen werde.

Im erstinstanzlichen Verfahren habe sich der Beschwerdeführer damit gerechtfertigt, es seien sehr wohl Prüfprotokolle vorgelegt worden, wenngleich nicht nach der AM-VO, wobei er sich unter anderem auch auf das oben zitierte Schreiben der Obersten Eisenbahnbaubehörde berufen habe, somit gerade auf die Beurteilung, die auch der Anzeige zugrunde gelegen sei, nämlich es bestehe keine "gesonderte Prüfpflicht" der gegenständlichen Türen nach der AM-VO. Dieser Argumentation folgend habe aber selbst der Beschwerdeführer nicht bestritten, dass es eine Prüfpflicht der betreffenden Türen als Teil des gesamten "selbstfahrenden Arbeitsmittels" (Schienenfahrzeugs) gebe.

Die Erstbehörde habe in ihrer Verfahrenseinstellung inhaltlich die Rechtsansicht vertreten, die Überprüfung der gegenständlichen Türen falle gar nicht in die Zuständigkeit des Anzeigers (Arbeitnehmerschutz nach der AM-VO).

Diesbezüglich habe etwa auch der Verfasser des Schreibens der Obersten Eisenbahnbaubehörde vom (der Leiter der Obersten Eisenbahnbaubehörde beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie) bei seiner zeugenschaftlichen Einvernahme vor der belangten Behörde bestätigt, dass seinem genannten Schreiben vom sehr wohl zu entnehmen sei, dass in Straßenbahnen eingebaute Türen materiell im Sinne der AM-VO zu überprüfen seien, jedoch als Teil einer Gesamtüberprüfung des (Gesamt)Fahrzeuges nach der AM-VO.

Aus der Formulierung im genannten Schreiben vom , wonach "ein Triebfahrzeug ein Arbeitsmittel (ist), das einer wiederkehrenden Prüfung im Sinne der einschlägigen Bestimmungen des Eisenbahngesetzes zu unterziehen ist", hätten sich allerdings Missverständnisse ergeben können. Eine Interpretation dieser Formulierung, die auf eine Überprüfung nur nach eisenbahnrechtlichen Bestimmungen, nicht aber nach der AM-VO hinzielen würde, stünde schon mit dem vorangehenden Absatz im genannten Schreiben, wonach "Beförderungsmittel in ihrer Gesamtheit als Arbeitsmittel zu betrachten und im Betrieb laufend auch in ihrer Gesamtheit, also einschließlich der in das Fahrzeug integrierten Türen der wiederkehrenden Überprüfung zu unterziehen sind", in Widerspruch.

Die vom Verfasser des genannten Schreibens letztlich gegebene Interpretation einer Bejahung der Prüfpflicht der Türen nach den Bestimmungen der AM-VO als Bestandteil des selbstfahrenden Arbeitsmittels "Straßenbahn" sei bereits der Anzeige zugrunde gelegt worden; dieser sei letztlich zu entnehmen, dass damit das Fehlen jeglicher, etwa auch nur als Bestandteil einer Gesamtprüfung vorgenommener Überprüfungen der kraftbetriebenen Türen des gegenständlichen Beiwagens im Sinne der Bestimmungen der AM-VO zur Anzeige hätte gebracht werden sollen.

Die diesbezügliche Zitierung jener Ziffern der AM-VO, die nicht das gesamte selbstfahrende Arbeitsmittel (Straßenbahn), sondern nur die kraftbetriebenen Türen als solche beträfen, ergebe sich bloß aus der Rechtsansicht des Verkehrs-Arbeitsinspektorates, wonach die betreffenden Türen dieser Ziffer der gegenständlichen Bestimmungen der AM-VO zu unterstellen seien, ändere aber nichts an der sich aus dem gesamten Text der Anzeige ergebenden Absicht des zur Wahrnehmung des Arbeitnehmerschutzes berufenen Verkehrs-Arbeitsinspektorats, das Fehlen jeglicher Überprüfung der in selbstfahrenden Arbeitsmitteln eingebauten kraftbetriebenen Türen im Sinne der AM-VO zu bemängeln bzw. zur Anzeige zu bringen. Die diesbezügliche rechtliche Qualifikation durch das Verkehrs-Arbeitsinspektorat habe die Erstbehörde nicht gebunden.

Das anzeigende Verkehrs-Arbeitsinspektorat sei laut Anzeige vom weiters letztlich selbst davon ausgegangen, dass die gegenständlichen, in ein selbstfahrendes Arbeitsmittel eingebauten kraftbetriebenen Türen unter der Voraussetzung, dass sie Bestandteile einer "Gesamtprüfung" sein dürften, nur im Rahmen einer "wiederkehrenden Prüfung" im Sinne des § 8 Abs. 1 AM-VO prüfpflichtig seien. Dies ergebe sich aus mehreren Stellen der Anzeige und entspreche letztlich auch der Stellungnahme des Verkehrs-Arbeitsinspektorates im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung insbesondere vom .

Nichts anderes lasse sich auch aus dem von den Vertretern des Verkehrs-Arbeitsinspektorates bereits verfahrenseinleitend zur Stützung ihrer Ansicht herangezogenen Schreiben des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vom entnehmen, worin auf die Möglichkeit einer Überprüfung der Türen im Rahmen einer "Gesamtprüfung" und zu Recht auf die Verpflichtung nur zur "wiederkehrenden Prüfung" der Straßenbahnen als "selbstfahrendes Arbeitsmittel" hingewiesen worden sei (§ 8 Abs. 1 Z. 14 AM-VO).

Eine Verpflichtung zur "Abnahmeprüfung" von selbstfahrenden Arbeitsmitteln im Sinne des § 7 Abs. 1 AM-VO sei dort nicht vorgesehen. Die betreffende Rechtsansicht korrespondiere mit der grundlegenden, in der Anzeige ebenfalls erwähnten Bestimmung des § 37 Abs. 1 ASchG, wonach eine "Abnahmeprüfung" vor der erstmaligen Inbetriebnahme bzw. nach größeren Instandsetzungen bzw. Änderungen vorzunehmen sei. Laut Schriftsatz des Beschwerdeführers vom sei der gegenständliche Straßenbahnbeiwagen jedoch bereits im Jahre 1962 in Betrieb genommen worden, die Arbeitsmittelverordnung jedoch erst am in Kraft getreten.

In weiterer Folge solle daher nur jener Teil des auf der Anzeige beruhenden Verwaltungsstrafverfahrens fortgeführt werden, der sich auf die wiederkehrende Prüfung der kraftbetriebenen Türen im Rahmen einer "Gesamtüberprüfung" im Sinne der Bestimmungen der AM-VO beziehe. Eine Abnahmeprüfung des gesamten selbstfahrenden Arbeitsmittels lasse sich § 7 Abs. 1 AM-VO nicht entnehmen, darauf sei auch in dem vom Verkehrs-Arbeitsinspektorat ihrer Anzeige zugrunde gelegten Schreiben insbesondere des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit vorn ausdrücklich hingewiesen worden.

Soweit sich der Beschwerdeführer in seinem abschließenden Schriftsatz vom auf das Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2009/02/0152 bis 0154, berufen und ausgeführt habe, nach diesem Erkenntnis würden "die kraftbetriebenen Türen nicht den Prüfpflichten der AM-VO" unterliegen, die in Beförderungsmitteln zur Beförderung von Personen eingebaut seien, sage das genannte Erkenntnis nichts darüber aus, ob die betreffenden Türen nicht als Bestandteil des selbstfahrenden Arbeitsmittels "Straßenbahn" im Sinne der AM-VO zu überprüfen gewesen wären, worauf im zitierten Erkenntnis ausdrücklich hingewiesen worden sei.

Die in diesem Schriftsatz allenfalls vertretene Ansicht, die Türen seien überhaupt nicht nach der AM-VO zu überprüfen, würde das genannte Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofs dahingehend auslegen, dass vom gesamten Fahrzeug ausschließlich die an anderer Stelle (in anderer Bedeutung) erwähnten "kraftbetriebenen Türen" nicht zu überprüfen wären, was dem genannten Erkenntnis aber keinesfalls zu entnehmen sei. Das betreffende Erkenntnis scheine sich vielmehr mit der Rechtsansicht der Obersten Eisenbahn(bau)behörde laut Schreiben vom in der Interpretation durch seinen Verfasser im Rahmen der öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung vom zu decken.

Keinesfalls könne dem Verwaltungsgerichtshof unterstellt werden, insbesondere vor dem Hintergrund der vom Vertreter des Verkehrs-Arbeitsinspektorates dargelegten, auch vom Vertreter der obersten Eisenbahnbaubehörde (zumindest hinsichtlich der maßgeblichen Prüfintervalle) nicht bestrittenen unterschiedlich hohen Schutzniveaus der eisenbahnbehördlichen Vorschriften einerseits und der Arbeitnehmerschutzvorschriften andererseits, davon ausgegangen zu sein, es sei hinsichtlich der unbestrittenermaßen in gravierende Unfälle involvierten gegenständlichen Arbeitsmittel ein geringeres Schutzniveau einzuhalten, vielmehr sei dem genannten Erkenntnis bloß zu entnehmen, dass hier keine separate Überprüfung bloß des betreffenden Arbeitsmittels allein vorzunehmen gewesen sei.

Nichts anderes scheine letztlich auch der Beschwerdeführer zu seinen Gunsten vorzubringen, wobei sich den von ihm bisher vorgelegten Unterlagen die Einhaltung bestimmter (materieller) Prüfkriterien nicht unstrittig entnehmen lasse. Festzuhalten sei nämlich, dass hier offenbar sehr wohl eine Überprüfung des Fahrzeuges innerhalb des hier relevanten Zeitraumes von maximal 13 Monaten bezogen auf den Vorfall vom , nämlich am , in der "Wagenrevision F." vorgenommen worden sei.

"Sache" des Berufungsverfahrens sei allerdings nur die Frage, ob die im gegenständlichen Fall inhaltlich im Wesentlichen als Zurückweisung der Anzeige des "sachlich unzuständigen" Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie, Gruppe Verkehrs-Arbeitsinspektorat, einzustufende Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG zu Recht erfolgt sei, was aus den dargestellten Gründen zu verneinen sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor, nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Mit Schriftsatz vom erstattete der Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie eine Stellungnahme zur vorliegenden Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

In der Beschwerde wird u.a. ausgeführt, wie die Erstinstanz richtig beurteilt habe, sei die AM-VO auf die Fahrgasttüren von Straßenbahn- bzw. auch U-Bahngarnituren im verfahrensrelevanten Zeitraum nicht selbstständig anwendbar gewesen. Überdies habe die Erstinstanz zutreffend konstatiert, dass es sich bei den behaupteten Mängeln nicht um spezifische Fragen des Arbeitnehmerschutzes handle, sondern um Fragen der Betriebssicherheit, für die die Zuständigkeit der Eisenbahnbehörde bestehe.

Die Erstinstanz komme daher richtigerweise zum Ergebnis, dass die Fahrgasttüren in Straßenbahnen nicht unter den Tatbestand der "kraftbetriebenen Türen und Tore" im Sinne der AM-VO in jener Fassung, die in dem verfahrensgegenständlichen Zeitraum in Kraft gewesen sei, zu subsumieren seien und dass dieser Tatbestand lediglich selbstständig bestehende Türen und Tore erfasse.

Erst durch die Novelle BGBl. II Nr. 21/2010 seien die § 7 Abs. 1 Z. 11 und § 8 Abs. 1 Z. 9 AM-VO dahingehend abgeändert worden, dass die Wendung "einschließlich solcher in Fahrzeugen" hinzugefügt worden sei. Aus § 7 Abs. 1 Z. 11 und § 8 Abs. 1 Z. 9 AM-VO sei daher erst seit dieser Novelle klar und unzweideutig abzuleiten, dass der "Einbauort" für die Prüfpflicht kraftbetriebener Türen und Tore nicht relevant sei.

Der Verwaltungsgerichtshof habe daher in seiner Entscheidung vom , Zlen. 2009/02/0152 bis 0154, zu Recht erkannt, dass der Verordnungsgeber den Begriff "Beförderungsmittel zur Beförderung von Personen" (vgl. § 2 Abs. 1 AM-VO) zunächst umfassend - also unter Einschluss der dort allenfalls eingebauten "kraftbetriebenen Türen" - verstanden habe und habe zudem noch klargestellt, dass erst durch die Novelle zur AM-VO BGBl. II Nr. 21/2010 auch jene kraftbetriebenen Türen, die in Fahrzeugen eingebaut seien, unter anderem von den Regelungen der AM-VO betreffend die Abnahmeprüfung, wiederkehrende Prüfung und Prüfung nach außergewöhnlichen Ereignissen umfasst würden.

Weiters komme man aufgrund des eindeutigen Wortlautes der AM-VO (vor der Novelle BGBl. II Nr. 21/2010) in Verbindung mit der systematischen Auslegung nur zum Ergebnis, dass die Prüfpflichten in der AM-VO nicht für jene "kraftbetriebenen Türen" gälten, die in Fahrzeugen eingebaut seien. Daran könnten auch die "Klarstellungen" des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit nichts ändern, weil bei der Interpretation eines Gesetzes grundsätzlich vom Vorrang des Gesetzeswortlautes in Verbindung mit der grammatikalischen und der systematischen Auslegung auszugehen sei. Die Klarstellung aufgrund der ergänzten Wendung "einschließlich solcher von Fahrzeugen" zeige, dass der Verordnungsgesetzgeber erst mit der Novellierung der Bestimmungen der AM-VO ausdrücklich vorgesehen habe, dass auch kraftbetriebene Türen, die in Fahrzeugen eingebaut seien, von den Prüfpflichten der AM-VO umfasst seien.

Die belangte Behörde halte im angefochtenen Bescheid fest, dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom , Zlen. 2009/02/0152 bis 0154, sei nicht zu entnehmen, dass die gegenständlichen Straßenbahntüren überhaupt nicht nach der AM-VO zu überprüfen seien. Dem sei entgegenzuhalten, dass dies nicht Gegenstand des Verfahrens gewesen sei. Aufgrund der Strafanzeige des Verkehrs-Arbeitsinspektorates vom sei im erstinstanzlichen Verfahren lediglich zu prüfen gewesen, ob im anzeigegegenständlichen Zeitraum für Türen in Straßenbahnen Prüfpflichten nach § 7 Abs. 1 Z. 11 und § 8 Abs. 1 Z. 9 AM-VO bestanden hätten und die W. GmbH Co KG über entsprechende Prüfprotokolle verfügen müsse.

Nachdem die Erstinstanz das Bestehen einer derartigen Prüfpflicht nach beiden Bestimmungen verneint habe, habe sich die Berufungsinstanz dieser Ansicht nur hinsichtlich des anzeigegegenständlichen Nichtbestehens einer Prüfpflicht nach § 7 Abs. 1 Z. 11 AM-VO angeschlossen, weshalb nunmehr ausschließlich zu prüfen sei, ob im genannten Zeitraum eine Prüfpflicht für Straßenbahntüren nach § 8 Abs. 1 Z. 9 AM-VO bestanden habe.

Im vorgenannten Erkenntnis werde klar und unmissverständlich festgehalten, dass in Personenbeförderungsmitteln (worunter Straßenbahnfahrzeuge zu subsumieren seien) eingebaute, kraftbetriebene Türen vor der Novelle zur AM-VO einer Verpflichtung zur wiederkehrenden Prüfung nach § 8 Abs. 1 AM-VO nicht unterlägen.

Daraus könne für den gegenständlichen Fall nichts anderes abgeleitet werden, als dass der Beschwerdeführer durch die vom BMVIT behauptete Prüfpflicht für Straßenbahntüren im verfahrensgegenständlichen Zeitraum in keiner Weise betroffen gewesen sei und folglich ebenso wenig habe in der Lage sein müssen, die vom BMVIT geforderten Prüfprotokolle nach der AM-VO vorzulegen.

Die richtige Rechtsansicht der Erstinstanz führe konsequenterweise zum Ergebnis, dass der dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Verstoß gegen die Überprüfungspflicht nach § 7 Abs. 1 Z. 11 und § 8 Abs. 1 Z. 9 AM-VO im anzeigegegenständlichen Zeitraum nicht habe begangen werden können, weil die vom BMVIT fälschlich behauptete Überprüfungspflicht nach den genannten Bestimmungen vor der Novelle zur AM-VO BGBl. II Nr. 21/2010 gar nicht bestanden habe. Dies habe schließlich zur Einstellung des Verfahrens gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG geführt.

Dazu ist Folgendes auszuführen:

Wie der Verwaltungsgerichtshof bereits in seinem mehrfach zitierten Erkenntnis vom , Zlen. 2009/02/0152 bis 0154, klargestellt hat, unterliegen "kraftbetriebene Türen", die in "Beförderungsmitteln zur Beförderung von Personen und Gütern" eingebaut sind, vor der Novelle zur AM-VO BGBl. II Nr. 21/2010 nicht den Bestimmungen des § 7 Abs. 1 Z. 11 und § 8 Abs. 1 Z. 9 AM-VO.

Da diese Novelle zur AM-VO zu den genannten Bestimmungen gemäß § 65 Abs. 4 leg. cit. erst mit dem auf die Kundmachung folgenden Monatsersten (also am ) in Kraft getreten ist, die dem Beschwerdeführer im vorliegenden Beschwerdefall angelasteten Tatzeiträume aber noch vor diesem Zeitpunkt liegen, kam eine Anwendung der vorgenannten Bestimmungen der AM-VO im Lichte der vorzitierten hg. Judikatur im vorliegenden Fall nicht in Frage.

Zutreffend stellte die belangte Behörde fest, dass es der (Erst )Behörde und nicht dem Verkehrs-Arbeitsinspektorat, welches gegen den Beschwerdeführer Anzeige erstattete, obliegt, die zur Anzeige gebrachten Sachverhalte einer näheren rechtlichen Beurteilung zu unterziehen, wobei die Behörde nicht an die rechtliche Beurteilung des Verkehrs-Arbeitsinspektorates gebunden ist (vgl. zur fehlenden Bindung der Behörde an die in der Anzeige erfolgte rechtliche Beurteilung das hg. Erkenntnis vom , Zl. 84/11/0211, welches ebenfalls zu einer Anzeige eines Arbeitsinspektorates erging).

Gemäß § 37 Abs. 1 ASchG müssen, wenn es auf Grund der Art oder der Einsatzbedingungen für die Gewährleistung der Sicherheit und Gesundheit der Arbeitnehmer erforderlich ist, Arbeitsmittel vor der erstmaligen Inbetriebnahme, nach dem Aufbau an jedem neuen Einsatzort sowie nach größeren Instandsetzungen und wesentlichen Änderungen auf ihren ordnungsgemäßen Zustand, ihre korrekte Montage und ihre Stabilität überprüft werden (Abnahmeprüfungen). Dies gilt insbesondere für Krane, Aufzüge, Hebebühnen sowie bestimmte Zentrifugen und Hub- und Kipptore.

Wie die belangte Behörde zutreffend feststellte, fehlt es an Anhaltspunkten, dass für den gegenständlichen Beiwagen, der bereits 1962 in Betrieb gestellt wurde, im vorliegenden Fall - wie es vom Verkehrs-Arbeitsinspektorat in der Anzeige offenbar auch gefordert wurde - Unterlagen für die Erstinbetriebnahme nach der AM-VO (letztere ist erst am in Kraft getreten) vorzulegen gewesen wären. Die Erstinbetriebnahme dieses Beiwagens ist auch vor Inkrafttreten des ASchG, BGBl. Nr. 405/1994 (dies war nach § 131 Abs. 1 leg. cit. der ), erfolgt. Nach den Feststellungen der belangten Behörde erfolgten die Baugenehmigung für den Umbau des genannten Beiwagens auf schaffnerlosen Betrieb sowie eine entsprechende Betriebsbewilligung bereits im Jahre 1968, also ebenfalls vor dem Inkrafttreten des ASchG. Die belangte Behörde kam daher im Ergebnis zutreffend zu dem Schluss, dass der angezeigte Sachverhalt mangels rechtlicher Deckung hinsichtlich der geforderten (Erst )Abnahmeprüfung nicht mehr zu verfolgen sei, übersah jedoch bei der Formulierung des Spruches des angefochtenen Bescheides, dass sie - entgegen den entsprechenden Ausführungen in dessen Begründung - den erstinstanzlichen Bescheid vom auch hinsichtlich des Spruchpunktes a) aufhob. Der angefochtene Bescheid war daher in diesem Umfang wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Bezüglich der Subsumption von Straßenbahnfahrzeugen unter den Begriff "Beförderungsmittel zur Beförderung von Personen" nach § 2 Abs. 1 AM-VO und bezüglich des zunächst umfassenden Verständnisses dieses Begriffes unter Einschluss der allenfalls darin eingebauten "kraftbetriebenen Türen" genügt es, gemäß § 43 Abs. 2 VwGG auf das vorzitierte hg. Erkenntnis vom zu verweisen.

Unbestritten ist, dass nach § 8 Abs. 1 Z. 14 AM-VO für "selbstfahrende Arbeitsmittel, ausgenommen Fahrzeuge, für die eine Prüfpflicht nach dem Kraftfahrgesetz 1967 (KFG 1967), BGBl. Nr. 267, besteht", eine Pflicht zur wiederkehrenden Prüfung gegeben ist. Es begegnet keinen Bedenken, Straßenbahngarnituren - bestehend aus Triebfahrzeug und Beiwagen - unter den Begriff "selbstfahrendes Arbeitsmittel" im Sinne der vorgenannten Bestimmung zu subsumieren. Im Lichte der vorstehenden Ausführungen wären daher im Rahmen einer "Gesamtprüfung" auch die in dieses Arbeitsmittel eingebauten "kraftbetriebenen Türen" einer wiederkehrenden Überprüfung im Sinne des § 8 Abs. 1 AM-VO zu unterziehen. Die durch den angefochtenen Bescheid erfolgte ersatzlose Aufhebung des erstinstanzlichen Bescheides, soweit diese die wiederkehrende Prüfung von kraftbetriebenen Türen in einen näher genannten Beiwagen einer Straßenbahngarnitur betraf (Spruchpunkt b des erstinstanzlichen Bescheides), erweist sich daher als rechtmäßig.

Insoweit die Beschwerde mangelnde Vorwerfbarkeit bzw. das Vorliegen eines Verbotsirrtums in Bezug auf die dem Beschwerdeführer zur Last gelegte Übertretung einwendet, übersieht sie, dass es im vorliegenden Fall (noch) nicht um die konkrete Bestrafung des Beschwerdeführers, sondern lediglich um die Prüfung der Rechtmäßigkeit der in erster Instanz gemäß § 45 Abs. 1 Z. 2 VStG erfolgten Einstellung eines durch Anzeige des Verkehrs-Arbeitsinspektorates eingeleiteten Verwaltungsstrafverfahrens geht. Es erübrigt sich daher, auf dieses Vorbringen näher einzugehen.

Die Beschwerde erweist sich somit hinsichtlich der ersatzlosen Aufhebung des Spruchpunktes b) des erstinstanzlichen Bescheides vom als unbegründet und war daher im dargestellten Umfang gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.

Von der vom Beschwerdeführer beantragten Verhandlung konnte gemäß § 39 Abs. 2 Z. 4 und 6 VwGG abgesehen werden. Der Anforderung des Art. 6 EMRK wurde im gegenständlichen Fall durch die Durchführung einer öffentlichen, mündlichen Verhandlung vor der belangten Behörde, einem Tribunal im Sinne der EMRK, Genüge getan (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2010/02/0220, mwN).

Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff, insbesondere auf § 50 VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am