VwGH vom 22.02.2013, 2011/02/0232
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Farcas, über die Beschwerde der G. in W., vertreten durch Dr. Karl Klein, Rechtsanwalt in 1030 Wien, Invalidenstraße 7/6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates Wien vom , Zl. UVS-03/P/44/3484/2011-1, betreffend Versagung der Ratenzahlung nach § 54b Abs. 3 VStG i.A. Übertretungen der StVO 1960 und des FSG (weitere Parteien: 1. Wiener Landesregierung, 2. Bundesministerin für Verkehr, Innovation und Technologie), zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Die beschwerdeführende Partei hat dem Bund und dem Land Wien Aufwendungen in der Höhe von je EUR 28,70 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Donaustadt, vom wurden über die Beschwerdeführerin wegen einer Übertretung des § 5 Abs. 2 i. V.m. § 99 Abs. 1 lit. b StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von EUR 1.600,-- und wegen einer Übertretung des § 1 Abs. 3 i.V.m.
§ 37 Abs. 1 und 3 FSG eine Geldstrafe in Höhe von EUR 450,-- verhängt. Ferner wurde der Beschwerdeführerin ein Betrag in Höhe von EUR 205,-- als Beitrag zu den Kosten des erstinstanzlichen Strafverfahrens gemäß § 64 VStG vorgeschrieben.
Dieses Straferkenntnis blieb unbekämpft und erwuchs in Rechtskraft.
Mit Eingabe vom stellte die anwaltlich vertretene Beschwerdeführerin einen Antrag auf Gewährung eines Zahlungs- und Vollstreckungsaufschubes sowie auf Genehmigung von Ratenzahlungen zur Entrichtung der über sie verhängten Verwaltungsstrafen. Dazu führte sie u.a. aus, dass sie von Jänner bis April 2011 monatlich EUR 50,-- aufbringen könne; von Mai bis einschließlich Oktober 2011 monatlich EUR 150,-- und in den Monaten November und Dezember wiederum EUR 50,--, jährlich zahle sie sohin EUR 1.200,--. Diesen Zahlungsmodus könne sie für 2012 bis zur gänzlichen Tilgung beibehalten. Ihren laufenden Pensionsbezug habe die Beschwerdeführerin mit EUR 879,36 beziffert und durch eine in Ablichtung vorgelegte Verständigung der Pensionsversicherungsanstalt belegt.
Mit Bescheid der Bundespolizeidirektion Wien, Polizeikommissariat Donaustadt, vom wurde der Antrag auf Bewilligung einer Ratenzahlung der mit Straferkenntnis vom verhängten Geldstrafen gemäß § 54b VStG abgewiesen.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, aus den vorgelegten Unterlagen ergebe sich ein Einkommen unterhalb des Existenzminimums. Eine Ratenzahlung in der Höhe von jährlich EUR 1.200,-- erweise sich in Relation zur verhängten Geldstrafe als zu niedrig, zumal die Gefahr gegeben sei, dass der Akt in die Vollstreckungsverjährung falle. Überdies liege ein weiterer Akt mit einer Geldstrafe von EUR 1.985,50 zur Vollziehung vor.
Gegen diesen Bescheid erhob die Beschwerdeführerin Berufung.
Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde der Berufung keine Folge und bestätigte den erstinstanzlichen Bescheid.
In der Begründung dieses Bescheides wird u.a. ausgeführt, aus den Angaben der Beschwerdeführerin ergebe sich, dass diese über einen laufenden Pensionsbezug von rund EUR 880,-- verfüge. Der behauptete saisonale Zuverdienst sei hingegen nicht näher belegt worden. Insbesondere sei von der Beschwerdeführerin in keiner Weise dargetan worden, dass es sich dabei um eine ihr mit Gewissheit zur Verfügung stehende Einkommensquelle handeln werde, und auch nicht, in welcher Regelmäßigkeit und in welcher Höhe ihr daraus ein gesichertes Einkommen erwachsen werde. Auf einen allfälligen in Aussicht stehenden Zuverdienst der Beschwerdeführerin sei daher bei der Beurteilung ihrer aktuellen Zahlungsfähigkeit nicht Bedacht zu nehmen. Die Beschwerdeführerin habe auch nicht weiter angegeben, mit welchen Beträgen sie zur Deckung der Bedürfnisse des täglichen Lebens das Auslangen finden könne.
Es bedürfe unter Berücksichtigung der als gesichert anzunehmenden Einkünfte der Beschwerdeführerin in Höhe ihres Mindestpensionsbezuges keiner näheren Erörterung, dass dieser ihr zu Verfügung stehende Betrag schon neben der laufenden Erfüllung zweier monatlicher Ratenzahlungen über je EUR 50,-- zur Begleichung der beiden aushaftenden Geldstrafen selbst bei einer bescheidenen Lebensführung nicht hinreichend sein könne, die Lebenshaltungskosten zu decken, ohne dabei gleichzeitig deutlich unter das Existenzminimum zu fallen. Umso weniger könne angenommen werden, dass die Beschwerdeführerin auch nur annähernd in der Lage sein könne, bei ihrem Mindestpensionsbezug einen monatlichen Teilbetrag von insgesamt "EUR 300,--" zur Abstattung der beiden aushaftenden Geldstrafen über einen Zeitraum von jeweils sechs Monaten jährlich aufbringen zu können, ohne ihre Lebenshaltung zu gefährden.
Nach Auffassung der belangten Behörde müsse eine Geldstrafe jedenfalls dann als uneinbringlich im Sinne des § 54b Abs. 2 VStG angesehen werden, wenn der Zahlungspflichtige im Falle der Gewährung eines Ratenansuchens über einen längeren Zeitraum unter dem Existenzminimum auskommen müsse. Das sei hier zweifellos der Fall. Dass die Beschwerdeführerin diese Zahlungen aus anderen Quellen, etwa aus der Veräußerung von Vermögenswerten oder anderen gesicherten Erwerbsquellen bestreiten könne, habe sie nicht einmal ansatzweise dargelegt.
Laut Auskunft der Erstinstanz seien zu beiden über die Beschwerdeführerin verhängten Geldstrafen bislang jeweils nur je EUR 50,-- abgestattet worden, obwohl vorgebracht worden sei, dass eine monatliche Ratenzahlung beginnend mit dem möglich sein werde. Auch daraus lasse sich schließen, dass die Beschwerdeführerin im laufenden Verfahren weder eine Zahlungswilligkeit, noch eine tatsächliche Zahlungsfähigkeit glaubhaft unter Beweis habe stellen können. Mangels Anhaltspunkten für das Vorliegen der aktuellen Zahlungsfähigkeit der Beschwerdeführerin sei daher die Erstbehörde zu Recht davon ausgegangen, dass die rechtlichen Voraussetzungen für die Bewilligung des vorgenannten Ratenansuchens nicht vorlägen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, in der Rechtswidrigkeit des Inhaltes sowie Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschiften geltend gemacht werden.
Die belangte Behörde nahm von der Erstattung einer Gegenschrift Abstand, legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragte die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
In der Beschwerde wird u.a. vorgebracht, die Beurteilung der belangten Behörde, es liege bei der Beschwerdeführerin keine aktuelle Zahlungsfähigkeit vor, beruhe auf einer unvollständigen Sachverhaltserhebung. Es wäre an der belangten Behörde gelegen gewesen, die von der Beschwerdeführerin vorgebrachten entlastenden Umstände des saisonalen Zuverdienstes sowie der bescheidenen Lebensführung und der geringen Fixkosten im Rahmen einer mündlichen Verhandlung zu erheben. An einer entsprechenden Mitwirkungsbereitschaft der Beschwerdeführerin zur Darlegung ihrer finanziellen Situation habe es nicht gemangelt.
Nach § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG kann der unabhängige Verwaltungssenat von einer Berufungsverhandlung absehen, wenn sich die Berufung gegen einen verfahrensrechtlichen Bescheid richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.
Wie sich aus den vorgelegten Verwaltungsakten ergibt, war die Beschwerdeführerin im Berufungsverfahren rechtsfreundlich vertreten und stellte im Zuge der Berufung auch keinen Antrag auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung.
Bei der Entscheidung über den Antrag auf Ratenzahlung nach § 54b VStG handelt es sich um einen verfahrensrechtlichen Bescheid (vgl. das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2011/09/0160, m. w.N.).
Die belangte Behörde war daher gemäß § 51e Abs. 3 Z. 4 VStG nicht gehalten, eine mündliche Verhandlung im vorliegenden Beschwerdefall durchzuführen.
Soweit eine Geldstrafe uneinbringlich ist oder dies mit Grund anzunehmen ist, ist nach § 54b Abs. 2 erster Satz VStG die dem ausstehenden Betrag entsprechende Ersatzfreiheitsstrafe zu vollstrecken.
Einem Bestraften, dem aus wirtschaftlichen Gründen die unverzügliche Zahlung nicht zuzumuten ist, hat die Behörde nach § 54b Abs. 3 VStG auf Antrag einen angemessenen Aufschub oder Teilzahlung zu bewilligen.
Sind die Voraussetzungen des § 54b Abs. 2 VStG gegeben, so ist für eine Anwendung des Abs. 3 dieser Gesetzesstelle nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs kein Raum. Ferner ist bei Beurteilung der Einbringlichkeit der Geldstrafe nur die Sachlage maßgebend, wie sie sich im Zeitpunkt der Erlassung des angefochtenen Bescheides der belangten Behörde dargestellt hat (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 99/02/0163, m.w.N.). Die belangte Behörde war daher gehalten, vorab auch die Frage der Einbringlichkeit der über die Beschwerdeführerin verhängten Geldstrafen zu prüfen.
Ferner trifft grundsätzlich auch bei amtswegig durchzuführenden Verfahren die Partei eine entsprechende Mitwirkungspflicht, insbesondere dort, wo den amtswegigen behördlichen Erhebungen im Hinblick auf die nach den materiellrechtlichen Verwaltungsvorschriften zu beachtenden Tatbestandsmerkmale faktische Grenzen gesetzt sind; dort also, wo es der Behörde nicht möglich ist, von sich aus und ohne Mitwirkung der Partei tätig zu werden, was insbesondere bei jenen in der Person des Antragstellers gelegenen Voraussetzungen der Fall sein wird, deren Kenntnis sich die Behörde nicht von Amts wegen verschaffen kann, ist die Partei selbst zu entsprechendem Vorbringen und Beweisanbot verpflichtet (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom , m.w.N.).
Ein solcher Fall ist u.a. bei der Beurteilung des aktuellen Einkommens einer Partei im Zusammenhang mit der Frage einer allfälligen Unzumutbarkeit der unverzüglichen Zahlung von Geldstrafen aus wirtschaftlichen Gründen (vgl. § 54b Abs. 3 VStG) in der Regel gegeben (vgl. das vorzitierte hg. Erkenntnis vom ), weshalb den Beschwerdeausführungen, die belangte Behörde sei ihrer amtswegigen Ermittlungspflicht nicht nachgekommen und habe aufgrund einer unvollständigen Sachverhaltsannahme entschieden, nicht gefolgt werden kann. Es ist auch nicht zu ersehen, dass die belangte Behörde auf der Grundlage der von der Beschwerdeführerin bekannt gegebenen Informationen über deren Einkommens- und Vermögensverhältnisse und aufgrund der von der Behörde erster Instanz ergänzend eingeholten Information über die bis zur Entscheidung der belangten Behörde tatsächlich im Jahre 2011 von der Beschwerdeführerin geleisteten Ratenzahlungen zu Unrecht von der Uneinbringlichkeit der verhängten Geldstrafen ausgegangen wäre.
In der Beschwerde wird ferner gerügt, es sei im Vorgehen der belangten Behörde ein Verstoß gegen den dem VVG zugrundeliegenden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz zu sehen, wonach bei der Handhabung der im VVG geregelten Zwangsbefugnisse der Grundsatz zu beachten sei, dass jeweils das gelindeste noch zum Ziel führende Zwangsmittel anzuwenden sei (§ 2 Abs. 1 VVG; "Schonungsprinzip"). Der angefochtene Bescheid beruhe sohin auf einer falschen Anwendung von Verwaltungsvorschriften und es liege insofern Rechtswidrigkeit seines Inhaltes vor.
Mit dieser Rüge verkennt die Beschwerde, dass es im vorliegenden Fall nicht um eine Vollstreckungsmaßnahme nach dem VVG, sondern um die Prüfung der Frage geht, ob die belangte Behörde zu Recht der Beschwerdeführerin die begehrte Teilzahlung nach § 54b VStG verwehrt hat. Die gerügte Rechtswidrigkeit ist daher nicht gegeben.
Die Beschwerde erweist sich somit als unbegründet und war daher gemäß § 42 Abs. 1 VwGG abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG in Verbindung mit der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.
Wien, am