VwGH vom 11.08.2015, 2013/10/0026
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Stöberl und die Hofräte Dr. Rigler, Dr. Lukasser, Dr. Hofbauer und Dr. Fasching als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Uhlir, über die Beschwerde des Bundes (Bundesminister für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft) gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom , Zl. 8.1-327/11, betreffend Kostenersatz für einen Einsatz im Zuge eines Waldbrandes (mitbeteiligte Parteien: 1. Landesfeuerwehrverband Steiermark in 8403 Lebring, Florianistraße 22, und 2. Stadtgemeinde Rottenmann in 8786 Rottenmann, Hauptstraße 56), zu Recht erkannt:
Spruch
Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.
Begründung
Mit Spruchpunkt I. des angefochtenen Bescheides der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom wurde der Bund gemäß §§ 16 Abs. 1 Z. 2 und Abs. 2 sowie 19 des Stmk. Waldschutzgesetzes dazu verpflichtet, 1. die der erstmitbeteiligten Partei anlässlich der Waldbrandbekämpfung in der Stadtgemeinde Rottenmann im Bereich Strechen-Schattseite vom 24. bis entstandenen Kosten in der Höhe von EUR 24.782,14 sowie 2. die der zweitmitbeteiligten Partei anlässlich dieser Waldbrandbekämpfung entstandenen Kosten in der Höhe von EUR 1.563,04 zu ersetzen.
Begründend führte die belangte Behörde - soweit für das vorliegende Verfahren von Relevanz - im Wesentlichen aus, am sei im Stadtgebiet von Rottenmann, im Ortsteil Strechen-Schattseite, auf näher bezeichneten Grundflächen ein Waldbrand aufgetreten, zu dessen Bekämpfung die Feuerwehr Aigen im Ennstal als Stützpunktfeuerwehr für Waldbrand sowie die Freiwilligen Feuerwehren Rottenmann und Bärndorf alarmiert worden seien. Zusätzlich sei auch eine Alarmierung der Betriebsfeuerwehr der A GmbH erfolgt. Weiters hätten an der Brandbekämpfung auch Hubschrauber des Österreichischen Bundesheeres teilgenommen. Dabei seien an Gerätschaften und Ausrüstungsteilen der beteiligten Feuerwehren beträchtliche Schäden entstanden.
Mit Eingabe vom habe der Bezirksfeuerwehrverband Liezen die Kostentragung des Bundes nach den Bestimmungen des Stmk. Waldschutzgesetzes beantragt; dem Antrag sei eine Rechnung der erstmitbeteiligten Partei beigelegt worden. Aufgrund einer (in einem anderen Verfahren abgegebenen) Stellungnahme des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft seien seitens der zweitmitbeteiligten Partei für die Feuerwehren Rottenmann und Bärndorf sowie für die Betriebsfeuerwehr der A GmbH ergänzende Anträge zur Wahrung der Fristen des § 16 Abs. 2 Stmk. Waldschutzgesetz eingebracht worden. Über Aufforderung der belangten Behörde seien auch die Originalrechnungen und Einzahlungsnachweise vorgelegt worden.
Zur Wahrung des Parteiengehörs sei mit Schreiben der belangten Behörde vom der beschwerdeführenden Partei das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens übermittelt worden. Diese habe mit Eingabe vom eine - im angefochtenen Bescheid wörtlich wiedergegebene - Stellungnahme erstattet. Diese Stellungnahme sei den antragstellenden Parteien mit Schreiben der belangten Behörde vom zur Kenntnis gebracht worden. Diese hätten daraufhin eine - im angefochtenen Bescheid wiederum wörtlich wiedergegebene - Stellungnahme der erstmitbeteiligten Partei vom vorgelegt. Gleichzeitig seien - im Einzelnen näher dargestellte - Schreiben vorgelegt worden, denen zu entnehmen sei, dass keine Versicherungsdeckung für die entstandenen Schäden gegeben sei. Dieses ergänzende Ermittlungsergebnis sei der beschwerdeführenden Partei übermittelt worden. Diese habe daraufhin eine - im angefochtenen Bescheid abermals wörtlich wiedergegebene - Stellungnahme abgegeben.
In rechtlicher Hinsicht führte die belangte Behörde - nach Hinweisen auf die Rechtslage - im Wesentlichen aus, es sei vorab durch die Behörde zu klären gewesen, durch wen Kostenersatzanträge gestellt werden könnten. Die belangte Behörde stimme der Ansicht des Bundesministeriums für Land- und Forstwirtschaft, Umwelt und Wasserwirtschaft zu, wonach eine derartige Antragstellung nur durch jene Institutionen möglich sei, die zur Kostentragung verpflichtet seien. Demnach komme für die Freiwilligen Feuerwehren Rottenmann und Bärndorf sowie für die Betriebsfeuerwehr der A GmbH das Antragsrecht der zweitmitbeteiligten Partei zu. Betreffend die Stützpunktfeuerwehr für Waldbrandbekämpfung in Aigen im Ennstal seien die Kosten jedoch von der erstmitbeteiligten Partei zu tragen, sodass diese - und nicht die Gemeinde Aigen im Ennstal - antragsberechtigt sei. Es stelle sich daher die Frage, ob eine rechtzeitige Antragstellung durch die erstmitbeteiligte Partei erfolgt sei. Die belangte Behörde vertrete dazu die Auffassung, dass die von der erstmitbeteiligten Partei vorgelegte Rechnung, die sowohl mit dem Antrag des Bezirksfeuerwehrverbandes Liezen vom als auch mit dem Antrag der Gemeinde Aigen im Ennstal vom vorgelegt worden sei, als Antrag im Sinne des § 16 Abs. 2 Stmk. Waldschutzgesetz angesehen werden könne. Es lägen daher fristgerechte Anträge der mitbeteiligten Parteien vor.
Im Verfahren sei von der beschwerdeführenden Partei die Rechtsansicht vertreten worden, dass der Zeitwert der jeweiligen Geräte zu überprüfen und nur dieser zu ersetzen sei. Diese Ansicht könne von der belangten Behörde nicht geteilt werden. Es sei zwar grundsätzlich richtig, dass sich durch ein derartiges Schadensereignis keine "Bereicherung" der Feuerwehren bzw. der kostentragenden Gemeinden ergeben solle. Grundvoraussetzung sei jedoch, dass die Einsatzkräfte volle Einsatzbereitschaft und eine ausreichende Ausrüstung aufwiesen. Gerade bei Waldbränden sei es nahezu unmöglich, im Nachhinein den jeweiligen Zeitwert der Geräte festzustellen, da dieser nicht nur vom Baujahr, sondern insbesondere auch vom Erhaltungszustand abhängig sei. Dies im Einzelfall zu ermitteln, sei aufgrund der massiven Schäden bis hin zur völligen Vernichtung im Nachhinein nicht mehr möglich. Eine eindeutige gesetzliche Regelung betreffend den Umfang des Kostenersatzes liege nach Ansicht der belangten Behörde nicht vor. Hätte der Gesetzgeber gewünscht, dass in jedem einzelnen Fall ein Gutachten über den Zeitwert erstellt würde, so wäre dies in den gesetzlichen Bestimmungen detailliert angeführt worden. Da dies nicht der Fall sei, gehe die belangte Behörde davon aus, dass die Intention des Gesetzgebers offensichtlich auf eine rasche Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft gerichtet gewesen sei und "die Kosten dafür gegebenenfalls nach den vorliegenden Bestimmungen vorzuschreiben" seien.
Bemerkt werde hinsichtlich der Kostenermittlung, dass durch die belangte Behörde die jeweiligen Rechnungen überprüft und etwaige Skonti und Gutschriften abgezogen worden seien. Die gemäß § 16 Abs. 1 Z. 1 Stmk. Waldschutzgesetz mögliche Antragstellung auf Ersatz weiterer Aufwendungen (wie z.B. Betriebskosten, Löschmittel, Verpflegungen) sei durch die mitbeteiligten Parteien nicht erfolgt. Zusammenfassend vertrete die belangte Behörde daher die Ansicht, dass die durch die Originalrechnungen belegten Kosten im Rahmen der Waldbrandbekämpfung entstanden seien und durch den Bund ersetzt werden müssten. Es sei daher spruchgemäß zu entscheiden gewesen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.
Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und erstattete eine Gegenschrift.
Die mitbeteiligten Parteien äußerten sich im verwaltungsgerichtlichen Verfahren nicht.
Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:
Vorauszuschicken ist, dass im vorliegenden Fall gemäß § 79 Abs. 11 letzter Satz VwGG die bis zum Ablauf des geltenden Bestimmungen des VwGG anzuwenden sind.
Die - in Ausführung des § 42 Forstgesetz 1975 ergangenen, im Beschwerdefall maßgeblichen - Bestimmungen des Stmk. Waldschutzgesetzes, LGBl. Nr. 21/1982 idF LGBl. Nr. 56/2006, lauten auszugsweise:
" Besorgung der Aufgabe der Waldbrandbekämpfung § 11
(1) Die Besorgung der Aufgabe der Waldbrandbekämpfung obliegt dem Bürgermeister. Zur Besorgung dieser Aufgabe hat er sich der Feuerwehr zu bedienen, die mit der Besorgung der Aufgaben der örtlichen Feuer- und Katastrophenpolizei gemäß § 26 des Landesfeuerwehrgesetzes 1979, LGBl. Nr. 73, beauftragt ist.
(2) Die freiwilligen Feuerwehren und die Berufsfeuerwehren sind verpflichtet, auch außerhalb des Gemeindegebietes ihres Standortes über Aufforderung eines Bürgermeisters Hilfe zu leisten; Betriebsfeuerwehren nur insoweit, als entsprechende Vereinbarungen bestehen.
...
Kostentragung
§ 16
(1) Die anlässlich der Bekämpfung eines Waldbrandes entstandenen Kosten für
...
2. den Ersatz oder die Wiederinstandsetzung der in Ausübung der Waldbrandbekämpfung unbrauchbar gewordenen oder beschädigten Einrichtungen oder Geräte,
...
hat der Bund zu tragen.
(2) Die Ansprüche auf Kostenersatz nach Abs. 1 Z 1 und 2 sind bei sonstigem Verlust binnen drei Monaten ab Beendigung des Einsatzes (der Hilfeleistung) bei der Behörde zu stellen, die den Kostenersatz mit Bescheid festzusetzen hat. Gegen diesen Bescheid ist eine Berufung nicht zulässig.
...
Behörden
§ 19
Unter Behörde nach diesem Gesetz ist die im Sinne des Forstgesetzes 1975 zuständige Behörde zu verstehen."
Die Beschwerde wendet sich nicht grundsätzlich gegen die Annahme der belangten Behörde, den mitbeteiligten Parteien seien auf Grund der im Zuge des Waldbrandes erlittenen Schäden Ersatzansprüche gegenüber dem Bund iSd § 16 Abs. 1 Z. 2 Stmk. Waldschutzgesetz erwachsen. Sie bringt jedoch (unter anderem) vor, der Bund habe die anlässlich der Bekämpfung eines Waldbrandes entstandenen Kosten für den Ersatz oder die Wiederinstandsetzung der in Ausübung der Waldbrandbekämpfung unbrauchbar gewordenen oder beschädigten Einrichtungen oder Geräte zu tragen. Dieser Ersatz sei nur in Höhe des eingetretenen Schadens zu leisten, sodass nur der Zeitwert, abzüglich eines allfälligen Restwertes, zu ersetzen sei. Dies gelte insbesondere für die Geräte höheren Wertes (wie z.B. für die angekaufte Tragkraftspritze, den Faltbehälter, die Motorsäge, den "Bambi Bucket", das Funkgerät etc.), die auch zu anderen Einsätzen als der Waldbrandbekämpfung verwendet würden bzw. werden könnten. Indem der Bund zur Zahlung von Beträgen in der Höhe des Neupreises von unbrauchbar gewordenen Geräten verpflichtet worden sei, sei er zu Unrecht in einem Umfang, der über § 16 Abs. 1 Z. 2 Stmk. Waldschutzgesetz hinausgehe, in Anspruch genommen worden.
Bereits dieses Vorbringen führt die Beschwerde zum Erfolg:
Wie der Verwaltungsgerichtshof im hg. Erkenntnis vom , Zl. 2013/10/0126, dargelegt hat, hat der Bund nach § 16 Abs. 1 Z. 2 Stmk. Waldschutzgesetz die Kosten für 1. den Ersatz von unbrauchbar gewordenen Einrichtungen oder Geräten sowie
2. die Wiederinstandsetzung von beschädigten Einrichtungen oder Geräten zu tragen. Regelungszweck der Bestimmung ist die Gewährleistung eines finanziellen Ausgleichs für einen - durch unbrauchbar gewordene oder beschädigte Einrichtungen oder Geräte - der Freiwilligen Feuerwehr (bzw. Gemeinde) entstandenen Wertverlust. Dies bedeutet im Falle des § 16 Abs. 1 Z. 2
1. Alt. leg. cit. eine Verpflichtung des Bundes zur finanziellen Abgeltung des (objektiven) Werts, den die betreffenden - im Zuge der Waldbrandbekämpfung schließlich unbrauchbar gewordenen - Einrichtungen oder Geräte vor Schadenseintritt hatten. Die Bestimmung bietet hingegen - entgegen der Auffassung der belangten Behörde - keine Grundlage zur Vorschreibung der aus der (Neu )Anschaffung von entsprechenden Einrichtungen oder Geräten entstandenen Aufwendungen, soweit diese über den Wert der untergegangenen Einrichtungen oder Geräte hinausgehen.
Ausgehend von ihrer unzutreffenden Rechtsaufassung hat die belangte Behörde im angefochtenen Bescheid keine Feststellungen zum (ersatzfähigen) objektiven Wert der unbrauchbar gewordenen Einrichtungen oder Geräte vor Schadenseintritt getroffen, sondern ist bei der Berechnung der Kostenersatzverpflichtung generell vom Neuanschaffungswert der in Rede stehenden Einrichtungen oder Geräte ausgegangen.
Der angefochtene Bescheid war daher schon deshalb gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufzuheben, ohne dass auf das weitere Beschwerdevorbringen einzugehen war.
Wien, am
Fundstelle(n):
DAAAE-83010