VwGH vom 09.11.2010, 2008/21/0316
Betreff
Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Novak und die Hofräte Dr. Pelant, Dr. Sulzbacher, Dr. Pfiel und Mag. Eder als Richter, im Beisein des Schriftführers Mag. Henk, über die Beschwerde des A, vertreten durch Dr. Peter Schlösser und Dr. Christian Schoberl, Rechtsanwälte in 8010 Graz, Körösistraße 17/I, gegen den Bescheid des Bundesministers für Inneres vom , Zl. 317.984/2- III/4/2008, betreffend Aufenthaltstitel, zu Recht erkannt:
Spruch
Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.
Der Beschwerdeführer hat dem Bund Aufwendungen in der Höhe von EUR 57,40 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.
Begründung
Mit dem angefochtenen, im Instanzenzug ergangenen Bescheid wies die belangte Behörde einen vom Beschwerdeführer, einem Staatsangehörigen Kroatiens, am gestellten Antrag auf Erteilung einer Niederlassungsbewilligung für den Aufenthaltszweck "Schlüsselkraft - selbständig" gemäß den §§ 12 Abs. 1, 13 Abs. 1 und 2, 29 Abs. 1 und 41 des Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetzes -NAG sowie gemäß § 24 des Ausländerbeschäftigungsgesetzes - AuslBG ab.
Begründend führte sie aus, die Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice Steiermark (im Folgenden kurz: AMS) habe mit Gutachten vom 13. Juli und festgestellt, dass (durch den Betrieb eines Gastgewerbes in Form eines Eissalons der A. GmbH, deren gewerberechtlicher Geschäftsführer der Beschwerdeführer sei) kein gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliege. Der Beschwerdeführer habe dagegen ins Treffen geführt, dabei handle es sich um den einzigen Eissalon im Ort K., der demnach eine besondere, über das betriebsbezogene Interesse hinausgehende Bedeutung für die betroffene Region habe. Die bisherige Besitzerin des Unternehmens sei nach Graz übersiedelt und führe mittlerweile dort einen Eissalon. Der Beschwerdeführer habe insgesamt EUR 40.000,-- für den Ankauf (von Bestandteilen) des Unternehmens investiert und werde ab dem Kalenderjahr 2008 bei voller Betriebsauslastung ein bis zwei zusätzliche Arbeitsplätze schaffen.
Daraus könne jedoch - so argumentierte die belangte Behörde - keine Erfüllung der (inhaltlich näher dargestellten) Erfordernisse des § 24 AuslBG abgeleitet werden: Es sei nicht ersichtlich, dass ein konkretes betriebliches Konzept für die beabsichtigte Führung des "Gastgewerbes" vorgelegt worden sei. Eine beabsichtigte Schaffung von Arbeitsplätzen wäre durch entsprechende betriebliche Unterlagen nachzuweisen, aus denen eine tatsächliche Rekrutierung glaubhaft hervorgehe. Bei lediglich zwei Dienstnehmern, deren Lohnbestätigungen vorgelegt worden seien, könne noch nicht von einer dem Gesetz entsprechenden Schaffung von Arbeitsplätzen gesprochen werden. Ebenso sei es zu keinem "direkten Transfer von Investitionskapital nach Österreich" gekommen. Zwar dürfte der Beschwerdeführer im Besitz von Privatvermögen sein. Wie weit dieses jedoch der österreichischen Wirtschaft zukomme, habe nicht nachvollzogen werden können. Es fehle daher an einem gesamtwirtschaftlichen Nutzen iSd § 24 AuslBG. Der Ausübung des Gastgewerbes wäre vielmehr ein einzelbetriebliches bzw. persönliches Interesse zuzumessen. Der Beschwerdeführer sei somit nicht als selbständige Schlüsselkraft nach der genannten Gesetzesstelle anzusehen.
Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde, über die der Verwaltungsgerichtshof nach Aktenvorlage durch die belangte Behörde erwogen hat:
Die hier relevante Bestimmung des § 41 NAG lautet - unter der Überschrift "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" - in der Stammfassung auszugsweise wie folgt:
"§ 41. (1) Drittstaatsangehörigen kann eine 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft' erteilt werden, wenn
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1. | sie die Voraussetzungen des 1. Teiles erfüllen; |
2. | ein Quotenplatz vorhanden ist und |
3. | eine schriftliche Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder ein Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice gemäß §§ 12 Abs. 4 oder 24 AuslBG vorliegt. |
(2) Entscheidungen über die Erteilung einer 'Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft' sind überdies von der zuständigen Behörde gemäß §§ 12 oder 24 AuslBG unverzüglich, längstens jedoch binnen sechs Wochen ab Einbringung des Antrages, zu treffen. Von der Einholung einer schriftlichen Mitteilung der regionalen Geschäftsstelle oder eines Gutachtens der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice ist abzusehen, wenn der Antrag
1. wegen eines Formmangels (§§ 21 bis 24) zurückzuweisen ist;
2. wegen zwingender Erteilungshindernisse (§ 11 Abs. 1) abzuweisen ist oder
3. mangels eines Quotenplatzes zurückzuweisen ist.
(3) Erwächst die negative Entscheidung der regionalen Geschäftsstelle des Arbeitsmarktservice über die Zulassung als unselbständige Schlüsselkraft (§ 12 AuslBG) in Rechtskraft, ist das Verfahren ohne weiteres einzustellen. Ist das Gutachten der Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice in einem Verfahren über den Antrag zur Zulassung als selbständige Schlüsselkraft negativ (§ 24 AuslBG), ist der Antrag ohne weiteres abzuweisen."
§ 24 AuslBG lautet unter der Überschrift "Erstellung von Gutachten für selbständige Schlüsselkräfte" wie folgt:
"§ 24. Die nach der beabsichtigten Niederlassung der selbständigen Schlüsselkraft zuständige Landesgeschäftsstelle des Arbeitsmarktservice hat binnen drei Wochen das im Rahmen des fremdenrechtlichen Zulassungsverfahrens gemäß § 41 NAG erforderliche Gutachten über den gesamtwirtschaftlichen Nutzen der Erwerbstätigkeit, insbesondere hinsichtlich des damit verbunden Transfers von Investitionskapital und/oder der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen zu erstellen. Vor der Erstellung dieses Gutachtens ist das Landesdirektorium anzuhören."
§ 41 Abs. 3 zweiter Satz NAG normiert zwar, dass bei Vorliegen eines negativen Gutachtens im Sinn des § 24 AuslBG der Antrag auf Erteilung der "Niederlassungsbewilligung - Schlüsselkraft" (als selbständige Schlüsselkraft) abzuweisen ist, dies bedeutet allerdings - bei verfassungskonformer Interpretation der Bestimmungen des § 41 Abs. 3 NAG und des § 24 AuslBG - nicht, dass das Gutachten durch den Antragsteller nicht entkräftet oder widerlegt werden kann oder dass die Behörde an ein unschlüssiges Gutachten gebunden wäre. Vielmehr gilt auch in Bezug auf die Würdigung dieses Beweismittels, dass die in § 45 AVG verankerten allgemeinen Verfahrensgrundsätze der materiellen Wahrheit, der freien Beweiswürdigung und des Parteiengehörs uneingeschränkt Anwendung finden (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0833, mwN).
Dem Beschwerdeführer, der die Schlüssigkeit der Ausführungen des AMS vom 13. Juli und vom in Abrede stellt, ist einzuräumen, dass es sich dabei zwar um weitgehend unbegründete Stellungnahmen handelt. Daraus ist für den Beschwerdeführer allerdings nichts gewonnen.
Aus der oben wiedergegebenen Bestimmung des § 24 AuslBG folgt nämlich, dass für die Beurteilung, ob eine beabsichtigte selbständige Tätigkeit zur Stellung als "Schlüsselkraft" führt, der gesamtwirtschaftliche Nutzen der Erwerbstätigkeit maßgeblich ist. Bei der Prüfung, ob ein derartiger gesamtwirtschaftlicher Nutzen vorliegt, ist insbesondere zu berücksichtigen, ob mit der selbständigen Erwerbstätigkeit ein Transfer von Investitionskapital verbunden ist und/oder ob die Erwerbstätigkeit der Schaffung von neuen oder der Sicherung von bestehenden Arbeitsplätzen dient. Der Gesetzgeber stellt also darauf ab, ob ein zusätzlicher Impuls für die Wirtschaft zu erwarten ist (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0270).
Der Beschwerdeführer vermag nicht aufzuzeigen, weshalb die Beurteilung der belangten Behörde, er erfülle die Kriterien einer Schlüsselkraft nicht, im Ergebnis unrichtig sei. Er führt dazu ins Treffen, er habe insgesamt EUR 40.000,-- an die frühere Unternehmerin (im Wesentlichen als Kaufpreis für einzeln aufgezählte Einrichtung und Ausstattungen des Unternehmens) gezahlt. Von einem Transfer von Investitionskapital iSd § 24 AuslBG und damit verbunden einem zusätzlichen Impuls für die Wirtschaft kann hiebei - entgegen der Ansicht der Beschwerde - jedoch nicht gesprochen werden (vgl. zum Ganzen das die Erbringung einer Kaution für wirtschaftlich ähnliche Gegenleistungen betreffende hg. Erkenntnis vom , Zl. 2008/22/0110).
In diesem Zusammenhang macht der Beschwerdeführer weiters geltend, die Vorgängerin habe unter Aufwendung des genannten Betrages von EUR 40.000,-- in Graz einen Eissalon eröffnet und dadurch ebenfalls neue Arbeitsplätze geschaffen. Abgesehen davon, dass einer derartigen bloß mittelbaren Auswirkung keine Relevanz iSd § 24 AuslBG zukommen kann, ist insoweit jede inhaltliche Darstellung unterblieben, welche Auswirkungen mit der erwähnten Neugründung eines Unternehmens in Graz - und somit auch als Folge der genannten Zahlung des Beschwerdeführers - konkret verbunden waren.
Weiters verweist der Beschwerdeführer darauf, ab dem Jahr 2008 zwei neue Arbeitsplätze in seinem Unternehmen geschaffen zu haben. Nach der Aktenlage handelte es sich dabei jedoch lediglich um zwei Teilzeitarbeitskräfte im Ausmaß einer Beschäftigung von 20 bzw. 30 Arbeitsstunden pro Woche. Dazu kommt, dass der Beschwerdeführer selbst geltend macht, den Eissalon zwischen Oktober und März jeden Jahres geschlossen zu halten. In der Beurteilung durch die belangte Behörde, diesem Umstand somit entscheidendes wirtschaftliches Gewicht iSd genannten Gesetzesstelle abzusprechen, kann demnach keine Unrichtigkeit erblickt werden. Weshalb es bei der Schaffung oder Erhaltung der genannten Arbeitsplätze gerade auf die Erwerbstätigkeit des Beschwerdeführers ankommen sollte, ist nicht erkennbar.
Soweit der Beschwerdeführer dabei auf eine eigene besondere Ausbildung verweist, liegt eine unzulässige Neuerung vor. Im Verwaltungsverfahren hat er nämlich (anlässlich einer früheren Antragstellung) lediglich geltend gemacht, er habe im Heimatstaat acht Jahre lang die Grundschule und drei Jahre lang eine "Sekundarschule - berufsbildend" besucht, ohne diese auch nur näher zu konkretisieren.
Weiters bringt der Beschwerdeführer vor, die von ihm geführte A. GmbH betreibe den einzigen Eissalon in K., sodass dem Unternehmen eine "überregionale Bedeutung" zukomme. Dem ist zunächst zu entgegnen, dass der Beschwerdeführer im Verwaltungsverfahren einen über die Region hinausgehenden, von seinem Unternehmen ausgelösten wirtschaftlichen Impuls nicht einmal behauptet hat. Dazu kommt, dass er nach den Feststellungen des angefochtenen Bescheides kein Konzept für dieses Unternehmen vorgelegt hat. In diesem Zusammenhang verweist die Beschwerde zwar auf eine Stellungnahme vom . Darin werden jedoch nur die genannte Zahlung an die Vorgängerin sowie die Schaffung der beiden Arbeitsplätze erwähnt. Ein Unternehmenskonzept, aus dem etwa künftige Erweiterungen des Betriebes abgeleitet werden könnten, wird dagegen nicht schlüssig dargestellt.
Eine - von der Beschwerde vermisste - Abwägung nach § 11 Abs. 3 NAG ist schließlich im Fall einer Antragsabweisung wegen des Fehlens einer besonderen Erteilungsvoraussetzung - so wie dies hier der Fall ist - nicht vorzunehmen (vgl. etwa das hg. Erkenntnis vom , Zl. 2009/22/0189, mwN).
Da dem angefochtenen Bescheid die behauptete Rechtswidrigkeit somit nicht anhaftet, war die Beschwerde gemäß § 42 Abs. 1 VwGG als unbegründet abzuweisen.
Die Entscheidung über den Aufwandersatz gründet sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008. Wien, am