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VwGH 16.12.2008, 2006/11/0093

VwGH 16.12.2008, 2006/11/0093

Entscheidungsart: Erkenntnis

Rechtssätze


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Normen
KAG Stmk 1999 §1 Abs1 ;
KAG Stmk 1999 §5 Abs1;
VwRallg;
RS 1
Nicht jede Behandlung zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten allein, genügt für die Qualifikation als Krankenanstalt. Es muss sich vielmehr bei einer Krankenanstalt um eine "Einrichtung" handeln, die für die in § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 5 Stmk KAG 1991 genannten Zwecke bestimmt ist. Der Begriff "Einrichtung" wird als Synonym für "Anstalt" verwendet. Es fallen daher nicht alle Einrichtungen im weiteren Wortsinn unter die genannte gesetzliche Begriffsbestimmung, sondern nur jene, die als Anstalt bezeichnet werden können. Nach dem von der Lehre entwickelten Begriff sind "Anstalten" Einrichtungen, in denen Sachwerte und persönliche Dienstleistungen bestimmter Art zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst und in dieser Gestaltung dauernd der Erfüllung bestimmter Aufgaben gewidmet sind (vgl. E , 85/09/0144, VwSlg 12255 A/1986).
Normen
KAG Stmk 1999 §1 Abs1 ;
KAG Stmk 1999 §1 Abs3 Z6;
KAG Stmk 1999 §1 Abs3 Z7;
RS 2
Der VfGH hat die Abgrenzung zwischen Krankenanstalten (in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums) und ärztlichen Ordinationsstätten in seinem E , VfSlg 13023, dahin umschrieben, es ist für Krankenanstalten charakteristisch, dass es sich um Einrichtungen handelt, in denen Sachwerte und persönliche Leistungen bestimmter Art zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst sind und in dieser Gestalt der Erfüllung bestimmter Aufgaben gewidmet in Erscheinung treten. Typisches Merkmal von Einrichtungen, die dem Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" zuzuordnen sind, ist - weiters - eine Anstaltsordnung, der sowohl die Patienten als auch die Ärzte unterliegen, ebenso aber das Vorliegen eines (Behandlungs-) Vertrages mit dem Träger der einer sanitären Aufsicht unterliegenden Einrichtung, der jedenfalls auch eine Rechtsbeziehung zwischen dem Träger und den Benützern dieser Einrichtung begründet. Für eine ärztliche Behandlung in einer Ordination eines freiberuflich tätigen Arztes ist - gleichgültig wie die Ordination organisiert ist (Ordinationsgemeinschaft, Apparategemeinschaft) - demgegenüber die unmittelbare Verantwortung des behandelnden Arztes gegenüber dem Patienten prägend. Das unterscheidende Merkmal zwischen Ambulatorien, die dem Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" zuzurechnen sind, und den dem Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" zuzuzählenden Arztpraxen ist somit letztlich bei ersteren eine organisatorische Einrichtung, während nach dem Ärzterecht bei Ordinationen die medizinische Eigenverantwortlichkeit des behandelnden Arztes gegenüber dem Patienten maßgeblich ist. Das maßgebliche Kriterium für eine Krankenanstalt bildet neben dem Vorliegen einer organisatorischen Einheit auch der Abschluss eines Behandlungsvertrages nicht nur mit dem Arzt, sondern - auch - mit der in Rede stehenden Einrichtung. Diese grundsätzlichen Überlegungen können auch bei der Beantwortung der Frage, ob eine Krankenanstalt - in der Form eines Sanatoriums - oder ein Hotelbetrieb und daneben die Ordination eines Arztes, die im selben Gebäude untergebracht ist, gegeben ist, herangezogen werden.
Normen
KAG Stmk 1999 §1 Abs1 ;
KAG Stmk 1999 §1 Abs3 Z6;
KAG Stmk 1999 §5 Abs1;
KAG Stmk 1999 §63 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
RS 3
Ausführungen dazu, dass es sich bei dem Betrieb des Beschwerdeführers um ein Beherbergungsunternehmen, in dem sich auch eine Ordination einer Ärztin für Allgemeinmedizin befindet, handelt und nicht um eine Krankenanstalt in der Form eines Sanatoriums (§ 1 Abs. 3 Z. 6 Stmk KAG 1999). Eine besondere krankenanstaltenmäßige Ausstattung, wie sie für eine solche Einrichtung charakteristisch wäre, liegt nicht vor. Zwar wird die Terminvormerkung für die Ärztin im Rahmen des Hotelbetriebes und eine Abrechnung auch der ärztlichen Leistungen gemeinsam mit der Rechnung des Hotels vorgenommen. Vom Bf wird mit den einzelnen Gästen jedoch kein Behandlungsvertrag abgeschlossen. Es handelt sich um eine beim Bf nicht angestellte, sondern selbständig in den gegen Entgelt zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten praktizierende Ärztin, die im Übrigen auch "externe" Patienten behandelt, die nicht Hotelgäste sind.

Entscheidungstext

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Bernard und die Hofräte Dr. Gall, Dr. Schick, Dr. Grünstäudl und Mag. Samm als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Runge, über die Beschwerde des M in G, vertreten durch Dr. Maximilian Sampl, Rechtsanwalt in 8970 Schladming, Martin Luther Straße 154, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates für die Steiermark vom , Zl. UVS 30.12-7/2006-10, betreffend Übertretung des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird wegen Rechtswidrigkeit seines Inhaltes aufgehoben.

Das Land Steiermark ist schuldig, dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.171,20 binnen zwei Wochen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

Begründung

Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Liezen vom wurde dem Beschwerdeführer als Betriebsinhaber eines näher genannten Hotels in G. angelastet, eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs. 1 Stmk.

Krankenanstaltengesetz 1999 (in der Folge: Stmk. KAG) begangen zu haben, weil das Hotel "bereits seit Jahren bis jetzt (= , Erlassung des Straferkenntnisses) als Krankenanstalt betrieben" werde, obwohl keine Betriebsbewilligung vorliege, und es wurde über ihn gemäß § 63 Abs. 1 leg.cit. eine Geldstrafe in der Höhe von EUR 1.000,-- (und eine Ersatzfreiheitsstrafe) verhängt. In der Begründung führte die Behörde aus, der Beschwerdeführer betreibe bereits seit Jahren das Hotel S. und biete u.a. auch ärztliche Leistungen, insbesondere die Dr. Franz Xaver Mayr - Kur, unter Anordnung und Aufsicht eines selbständigen und dafür ausgebildeten Arztes an. Nach § 1 Abs. 1 Stmk. KAG verstehe man unter Krankenanstalten auch Einrichtungen zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durch Behandlung. Die Gäste/Patienten des Hotels würden im Hotel ärztlich behandelt und betreut. Das medizinische Angebot und die therapeutischen Einrichtungen seien umfassend. Dieser Umfang an ärztlichen Leistungen könne nicht in einer Praxis durchgeführt werden. Es bedürfe weitreichender Einrichtungen und dafür sei eine Bewilligung nach dem Krankenanstaltengesetz erforderlich. Diese Bewilligung besitze der Beschwerdeführer nicht.

Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung und brachte im Wesentlichen vor, er betreibe ein Hotel; die Leistungen, die durch den Hotelbetrieb erbracht würden, seien durch die Hotelkonzession gedeckt. Es sei zwischen ihm und dem jeweils tätigen "Dr.F.X.Mayr - Arzt" eine Aufgabenteilung insoweit vorgenommen worden, als einerseits die Kurgäste im Hotel untergebracht und verpflegt würden und andererseits vom Arzt im Rahmen seiner Praxis ärztlich und therapeutisch behandelt würden. Die ärztlichen und therapeutischen Behandlungen würden vom Arzt im Rahmen der Ordination erbracht und abgerechnet. Nach § 5 Stmk. KAG bedürfe der Betrieb einer Krankenanstalt der Bewilligung der Landesregierung. Da der Beschwerdeführer aber keine Krankenanstalt, sondern ein Hotel betreibe, sei eine derartige Bewilligung nicht erforderlich.

Mit dem angefochtenen Bescheid der belangten Behörde vom wurde die Berufung des Beschwerdeführers dem Grunde nach abgewiesen. Hinsichtlich der Strafhöhe wurde der Berufung Folge gegeben und die Geldstrafe nach § 19 VStG auf EUR 500,-- (und entsprechend die Ersatzfreiheitsstrafe) herabgesetzt. Der Spruch des Straferkenntnisses wurde "im Sachverhalt" wie folgt neu gefasst:

"(Der Beschwerdeführer) ist schuldig, vor dem im Hotel S. ungefähr zehn Jahre lang eine Krankenanstalt als Sanatorium betrieben zu haben, ohne dass die zum Betrieb einer Krankenanstalt erforderliche Bewilligung der Steiermärkischen Landesregierung vorlag. Im Hotel S. wurden im genannten Zeitraum Behandlungen zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten durchgeführt, wie Mayr-Kuren nach Dr. F.X. Mayr (als präventive Maßnahme und als Therapie), Colon-Hydro-Therapien, Heilmassagen und dergleichen."

In der Begründung ihrer Entscheidung ging die belangte Behörde von folgenden Feststellungen aus:

"Der Berufungswerber besitzt in G. die beiden nebeneinander liegenden Gebäude S-straße 64 und H-straße 65 (auch S-platzl 65). Seine Hauptbetätigung liegt in seiner Steuerberatungskanzlei, die im Hotelgebäude S-platzl 65 untergebracht ist. Er beschäftigt im Hotel, das aus 16 bis 17 Zimmern besteht, acht Vollzeitkräfte, darunter zwei angestellte Therapeutinnen bzw Masseurinnen, die außerdem noch andere Hotelleistungen wie Wanderungen erbringen. Zwei weitere Therapeutinnen arbeiten auf Werkvertragsbasis.

Seit ungefähr zehn Jahren bietet der Berufungswerber im Hotel Mayr-Kuren nach Dr. F.X. Mayr an, wobei im Haus in diesem Zeitraum jeweils ein Arzt tätig war, der im Besitz eines Diploms für Mayr-Kuren und zur Diagnostik und Therapie auf diesem Feld befugt war. Seit ist dies Dr. G. P., eine Ganzheitsmedizinerin mit 15-jähriger Berufserfahrung. Sie ist nicht beim Hotel angestellt, sondern selbstständig tätig, beschäftigt aber kein Personal. Das Hotel stellt ihr fünf Behandlungsräume im zweiten Stock des Hauses Nr. 64 zur Verfügung: Ein Zimmer, in dem Frau Dr. P. sitzt, zwei Räume, die der Bauchbehandlung dienen, ein Raum für Labor und Ähnliches und einer für die Verwaltung mit einem PC zur Terminspeicherung. Alle fünf Räume zusammen bilden die ärztliche Praxis. Die Ordinationsräume werden von Bediensteten des Hotels gereinigt. Der Berufungswerber gestaltete gemeinsam mit Dr. P. einen Prospekt und beauftragte und bezahlte den Druck. Darin werden Regenerationswochen nach Dr. F.X. Mayr mit leichten Therapieanwendungen und intensiven Therapieanwendungen, die Dr. F.X. Mayr-Kur pur und Gesundheitswochen 'Geschenk fürs ICH' angeboten, wobei sich das Angebot jeweils in 'Leistungen', 'therapeutische Leistungen' und 'ärztliche Behandlungen' gliedert. Zu den ärztlichen Behandlungen zählt jeweils eine ausgiebige Anamnese mit Erstuntersuchung und Erstellung des individuellen Diätplanes, die Schlussuntersuchung inklusive Ernährungsberatung, verschieden viele Bauchbehandlungen nach Dr. F.X. Mayr sowie 'Rhytmogramm - Fettmessung - Harnanalyse". Auf Seite 10 werden neben einem Foto und Informationen zum beruflichen Werdegang von Dr. P. folgende Leistungen angeboten: Lebensmitteltest inkl. Ernährungsberatung, Blutbild und Vollblutanalyse, Injektionen, Infusionen, Cranio Sacrale Impulstherapie, Neuraltherapie, Eigenbluttherapie und dergleichen. Unter dem Titel 'therapeutische Leistungen' werden unter anderem Akupunktur mit Wärme und Colon-Hydro-Therapie angeboten, schließlich Heilmassagen und weitere Massagen.

Daneben erstellte Dr. P. ein 'Leistungsangebot', das im Kopf der Urkunde neben ihrem Namen auch das Hotel S. nennt und unter anderem in 22 Punkten ärztliche Leistungen und deren Preise aufzählt und eine nähere Information für Kunden darstellt, die sich für die Mayr-Kur interessieren.

Der Berufungswerber und Dr. P. haben für einen einjährigen Beobachtungszeitraum den Betrieb von deren Praxis nur mündlich vereinbart, erst nachher soll ein schriftlicher Vertrag folgen. Hotelgäste, die eine Mayr-Kur machen wollen, werden von Dr. P. medizinisch und therapeutisch betreut. Mit Mayr-Kuren sind Altersdiabetes und das metabolische Syndrom (Bluthochdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen) therapierbar, sie werden aber auch als präventive Maßnahmen eingesetzt. Dr. P. führt auch Bauchbehandlungen durch, die einem Arzt vorbehalten sind. Zusätzlich bietet sie ambulante Behandlungen für externe Patienten an, die nicht Hotelgäste sind.

Entschließt sich ein Hotelgast, die von ihr vorgeschlagene Colon-Hydro-Therapie zu machen, wird diese Therapie von der beim Hotel angestellten Therapeutin durchgeführt.

Das Hotel macht die gesamte Organisation, die Termineinteilung und den Telefondienst in der Hotelrezeption. Daraus resultiert die Leistungserfassung und aus dieser die Abrechnung, die ebenfalls vom Hotel bewerkstelligt werden. Schlägt Dr. P. zum Beispiel einem Gast aus dem Leistungsangebot eine Colon-Hydro-Therapie vor, kreuzt sie ihm dies auf einem Zettel an und der Gast geht damit zur Rezeption und ersucht um einen Termin. Die Rezeption teilt den Termin ein, wobei Dr. P. manchmal je nach ärztlicher Notwendigkeit einen bestimmten Tag vorschlägt. Dr. P. und eine der Therapeutinnen können die Termine am PC im Verwaltungsraum abrufen. Einer der Ordinationsräume ist vom Hotel mit einem Tisch und einem Kästchen ausgestattet. Dr. P. stellte ein Holzbett und Utensilien, wie Laser, Stethoskop und zwei Testsätze bei. Für eine Mayr-Kur sind keine Geräte notwendig. Die ärztlichen Honorarnoten von Dr. P. über die von ihr erbrachten ärztlichen Leistungen werden von der Hotelorganisation erstellt. Daneben stellt das Hotel dem Gast eine Rechnung aus über das sogenannte Hotelpauschale und Therapiepauschale entsprechend dem Angebot im Prospekt, über weitere Konsumationen des Gastes (mit 10 % Mehrwertsteuer ausgewiesen), aber auch über jene zusätzlichen ärztlichen Leistungen, die die Ärztin außerhalb des Pauschales erbracht und in ihrer Honorarnote in Rechnung gestellt hat. Der Gast erhält die Hotelrechnung somit als Gesamtrechnung über alle von ihm in Anspruch genommenen Leistungen.

Dr. P. erhält entsprechend der Vereinbarung vom Hotel eine monatliche Vorauszahlung in Höhe von EUR 6.000,00 überwiesen. Das Hotel verrechnet Dr. P. jährlich einen Preis für Räume, Organisation und Akqusition der Gäste, der von deren Zahl abhängig ist. Unter 'Ordination' werden sämtliche Einnahmen der Ordination berechnet - das sind die Leistungen laut Honorarnote der Ärztin und die 'Therapiepauschale' -, davon die Ausgaben des Hotels und der Vorweggewinn für ärztliche Leistungen abgezogen und die Zwischensumme, die den Deckungsbeitrag bedeutet, im Verhältnis 50 : 50 zwischen Hotel und der Ärztin geteilt. Die Ärztin hat dann den auf sie entfallenen Hälftebetrag des Deckungsbeitrages an das Hotel zu bezahlen.

Das Hotel S. hatte an die Steiermärkische Landesregierung das Ansuchen vom um sanitätsbehördliche Bewilligung zur Errichtung und Inbetriebnahme eines Sanatorium für 35 Betten mit dem therapeutischen Schwerpunkt Dr. Franz Xaver Mayr-Kur gestellt. Diesem Antrag gab die Steiermärkische Landesregierung mit dem

Bescheid vom ... keine Folge und wies das Ansuchen

mangels Bedarfs ab."

Im Rahmen der rechtlichen Beurteilung führte die belangte Behörde aus, es stehe außer Zweifel, dass es sich bei Mayr-Kuren (auch) um Behandlungen zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten handle. Die zur Mayr-Kur gehörende Bauchbehandlung sei, obwohl es sich dabei um eine Lymphdrainage des Bauchraumes handle und Lymphdrainagen sonst auch von Masseuren durchgeführt werden dürften, dem Arzt selbst vorbehalten. Hingegen seien die Colon-Hydro-Therapien im Hotel S. von der angestellten Therapeutin Frau H. durchgeführt worden. Auch hierbei handle es sich um eine Therapieleistung. Die Akquisition der Kunden sei "Aufgabe des Hotels, die es sich von der Ärztin honorieren lasse", gewesen. Sämtliche Behandlungen hätten in den im Hotel befindlichen Ordinationsräumen stattgefunden. Die Ärztin habe keine Arbeitnehmer beschäftigt. Das Hotel habe die ganze Organisation übernommen, darunter die Einteilung der Termine und den Telefondienst in der Rezeption. Zu der vom Hotel übernommenen Organisation habe auch die Erstellung der Honorarnoten der Ärztin durch das Hotelpersonal gehört, d.h. die Ärztin habe den Gästen (Patienten) selbst keine Rechnung gelegt und ihre Leistungen seien nicht direkt von den Patienten honoriert worden. Stattdessen habe sie vom Hotel eine monatliche Überweisung in der Höhe von EUR 6.000,-- als Vorausgewinn erhalten. Erst bei Erstellung der Jahresabrechnung hätte sie für die Beistellung der Räume, die Organisation und die Akquisition der Gäste einen variablen Unkostenbeitrag an das Hotel zu bezahlen gehabt. Der Beschwerdeführer als Betreiber des Hotels habe somit vom Auftrag zum Druck des Prospektes, über die Akquisition der Gäste, die Beistellung der Räume, die Beschäftigung von Therapeutinnen und Durchführung bestimmter Therapien durch die Therapeutinnen, die Vereinbarung der Termine, die Erstellung der Rechnungen - somit die gesamte Organisation - bis zur Reinigung der Ordinationsräume das eindeutige organisatorische und wirtschaftliche "Übergewicht" gegenüber der Ärztin gehabt, deren Aufgaben rein auf die ärztliche Tätigkeit beschränkt gewesen seien. Daher sei das Hotel mit seinen Räumen, seiner Organisation und seinen Therapeutinnen als eine Einrichtung im Sinne des § 1 Abs. 1 Stmk. KAG, näher als Sanatorium im Sinne des § 1 Abs. 3 Z. 6 leg.cit., zu qualifizieren, in dem nicht nur Behandlungen zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten vorzugsweise durch die Mayr-Kur stattgefunden hätten, sondern das auch durch die besondere Ausstattung höheren Ansprüchen an Verpflegung und Unterbringung genügt hätte. Dieses Sanatorium hätte somit zu seinem Betrieb der Bewilligung nach § 5 Abs. 1 leg.cit. bedurft. Das Fehlen der Bewilligung während des ungefähr zehn Jahre dauernden Betriebes bilde eine Verletzung dieser Bestimmung, die nach § 63 Abs. 1 leg.cit. zu sanktionieren sei.

Gegen diesen Bescheid richtet sich die vorliegende Beschwerde.

Die belangte Behörde legte die Akten des Verwaltungsverfahrens vor und beantragt in ihrer Gegenschrift die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde.

Der Verwaltungsgerichtshof hat in dem gemäß § 12 Abs. 3 VwGG gebildeten Senat erwogen:

Die im Beschwerdefall maßgebenden Bestimmungen des Steiermärkischen Krankenanstaltengesetzes 1999, LGBl. Nr. 66/1999, in der Fassung LGBl. Nr. 2/2005 (Stmk. KAG) lauten auszugsweise wie folgt:

"1. Hauptstück

§ 1

(1) Unter Krankenanstalten (Heil- und

Pflegeanstalten) sind Einrichtungen zu verstehen, die

1. zur Feststellung und Überwachung des Gesundheitszustandes

durch Untersuchung,

2. zur Vornahme operativer Eingriffe,

3. zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten

durch Behandlung,

4.

zur Entbindung,

5.

für Maßnahmen medizinischer Fortpflanzungshilfe bestimmt sind.

(2) Ferner sind als Krankenanstalten auch Einrichtungen anzusehen, die zur ärztlichen Betreuung und besonderen Pflege von chronisch Kranken bestimmt sind.

(3) Krankenanstalten im Sinne des Abs. 1 sind:

1. Allgemeine Krankenanstalten, das sind Krankenanstalten für Personen ohne Unterschied des Geschlechtes, des Alters oder der Art der ärztlichen Betreuung;

2. Sonderkrankenanstalten, das sind Krankenanstalten für die Untersuchung und Behandlung von Personen mit bestimmten

Krankheiten ... oder von Personen bestimmter Altersstufen

(z.B. Kinderspitäler) oder für bestimmte Zwecke ...;

3. Heime für Genesende, die ärztlicher Behandlung und besonderer Pflege bedürfen,

4. Pflegeanstalten für chronisch Kranke, die ärztliche Betreuung und besonderer Pflege bedürfen;

5.

Gebäranstalten und Entbindungsheime;

6.

Sanatorien, das sind Krankenanstalten, die durch ihre besondere Ausstattung höheren Ansprüchen hinsichtlich Verpflegung und Unterbringung entsprechen;

7. selbständige Ambulatorien (Röntgeninstitute, Zahnambulatorien und ähnliche Einrichtungen), das sind organisatorisch selbständige Einrichtungen, die der Untersuchung oder Behandlung von Personen dienen, die einer Anstaltspflege nicht bedürfen. ...

(4) Einrichtungen, die eine gleichzeitige Behandlung von mehreren Personen ermöglichen und die in ihrer Organisation wie insbesondere nach den vorhandenen Behandlungsräumen und deren Ausstattung in medizinischer und technischer Hinsicht der Organisation und Ausstattung einer Krankenanstalt entsprechen, sofern sie nicht als Gruppenpraxis, Ordinationsgemeinschaften oder Apparategemeinschaft eingerichtet sind, sind nicht als Ordinationsstätten von Ärzten oder Zahnärzten anzusehen. Sie unterliegen den Bestimmungen dieses Hauptstückes.

...

§ 2

Ausnahmen

Als Krankenanstalten im Sinne des § 1 gelten nicht:

...

c) Einrichtungen zur Anwendung von medizinischen Behandlungsarten, die sich aus dem ortsgebundenen Heilvorkommen oder dessen Produkten ergeben, einschließlich der Anwendung von solchen Zusatztherapien, die zur Ergänzung der Kurbehandlung noch ärztlicher Anordnung angewendet werden und bei denen nach dem Stand der Wissenschaft davon auszugehen ist, dass die ärztliche Aufsicht über den Betrieb ausreicht, um schädliche Wirkungen auf das Leben oder die Gesundheit von Menschen auszuschließen;

....

§ 5

Betriebsbewilligung

(1) Der Betrieb einer Krankenanstalt bedarf der Bewilligung der Landesregierung.

...

§ 63

Strafbestimmungen

(1) Übertretungen dieses Hauptstückes und der auf Grund desselben erlassenen Verordnungen und behördlichen Anordnungen sind von der Bezirksverwaltungsbehörde mit Geldstrafe .... zu bestrafen.

..."

Der Beschwerdeführer bringt in seiner Beschwerde im Wesentlichen vor, er betreibe das Hotel S. Im zweiten Stock befänden sich die Ordination von Frau Dr. P. sowie verschiedene Massageräume. Dr. P. sei eine selbständige Ärztin der Allgemeinmedizin mit regelmäßigen Ordinationszeiten. Ihre Ordination könne von jedermann zur Behandlung aufgesucht werden. Sie sei beim Beschwerdeführer nicht angestellt. Die F.X.Mayr-Kur, die im Hotel angeboten werde, könne jeder auch zu Hause durchführen. Es seien hiefür keine Zusatzeinrichtungen erforderlich. Auch Massagen könnten direkt im Hotel von "selbständigen Therapeutinnen konsumiert werden". Dass das Hotel auf Grund seiner räumlichen Struktur, seiner Organisation und seinen Therapeutinnen als Sanatorium zu qualifizieren sei, sei unrichtig. Die auf Werkvertragsbasis arbeitenden Therapeutinnen verfügten über eigene Konzessionen, die Ärztin sei selbständig. Die von der Ärztin erbrachten Leistungen würden separat abgerechnet. Lediglich um dem Hotelgast mehr Komfort zu ermöglichen, erhalte dieser eine Gesamtrechnung. Die Leistungen der Ärztin bzw. die Leistungen der Kosmetik- und Massageabteilung im Haus würden buchhalterisch als "Durchläufer" behandelt und von den jeweiligen Leistungsempfängern auch selbst versteuert. Die einzige Besonderheit, welche das Hotel aufweise, sei eine Arztpraxis, welche die Gäste des Hauses besuchen könnten, aber nicht müssten. Die Ordinationsräumlichkeiten würden von der Ärztin benützt, hierfür habe sie auch Miete zu bezahlen. Die Endabrechnung erfolge einmal im Jahr. Zur Colon-Hydro-Therapie sei auszuführen, dass es sich hiebei um eine spezielle Form der Massage handle, welche von der Ärztin verschrieben werde. Sofern die im Unternehmen des Beschwerdeführers angestellte Masseuse über die erforderlichen Kenntnisse und Befähigungsnachweise verfüge, spreche nichts dagegen, dass die Colon-Hydro-Therapie auch im Unternehmen des Beschwerdeführers durchgeführt werde. Sein Unternehmen verfüge entgegen der Auffassung der Behörde über keine besondere Ausstattung für höhere Ansprüche an Verpflegung und Unterbringung als ein anderes Unternehmen, welches z.B. über einen Wellness- und Kosmetikbereich verfüge. Der einzige Unterschied liege darin, dass im Unternehmen im zweiten Stock eine Ärztin ordiniere, die gegebenenfalls zur Unterstützung der F.X.Mayr-Kur oder auch zur Behandlung anderer Beschwerden wie ein normaler Arzt aufgesucht werden könne.

Im vorliegenden Fall ist die Frage strittig, ob es sich, wie von der Behörde angenommen, bei dem Betrieb des Beschwerdeführers um eine Krankenanstalt in der Form eines Sanatoriums (§ 1 Abs. 3 Z. 6 KALG) handelt. Die belangte Behörde qualifiziert den Betrieb des Beschwerdeführers deshalb als "Sanatorium", weil die gesamte Organisation (wie z.B. die Vereinbarung der Termine, die Erstellung der Rechnungen ...) vom "Hotel" durchgeführt werde. Zu klären bleibt somit, ob das Abstellen auf die Organisation des Betriebes ausreicht, um das Vorliegen einer Krankenanstalt annehmen zu können, oder ob dafür auch andere Kriterien entscheidend sind.

Zunächst ist festzuhalten, dass nicht jede Behandlung zur Vorbeugung, Besserung und Heilung von Krankheiten, allein für die Qualifikation als Krankenanstalt genügt. Es muss sich vielmehr bei einer Krankenanstalt um eine "Einrichtung" handeln, die für die in § 1 Abs. 1 Z. 1 bis 5 genannten Zwecke bestimmt ist. Der Begriff "Einrichtung" wird als Synonym für "Anstalt" verwendet. Es fallen daher nicht alle Einrichtungen im weiteren Wortsinn unter die genannte gesetzliche Begriffsbestimmung, sondern nur jene, die als Anstalt bezeichnet werden können. Nach dem von der Lehre entwickelten Begriff sind "Anstalten" Einrichtungen, in denen Sachwerte und persönliche Dienstleistungen bestimmter Art zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst und in dieser Gestaltung dauernd der Erfüllung bestimmter Aufgaben gewidmet sind (vgl. das zum Tir. KAG ergangene hg. Erkenntnis vom , VwSlg. Nr. 12.255/A).

Auch der Verfassungsgerichtshof hat die Abgrenzung zwischen Krankenanstalten (in der Betriebsform eines selbständigen Ambulatoriums) und ärztlichen Ordinationsstätten in seinem Erkenntnis vom , Slg. Nr. 13023, dahin umschrieben, es sei für Krankenanstalten charakteristisch, dass es sich um Einrichtungen handelt, in denen Sachwerte und persönliche Leistungen bestimmter Art zu einer organisatorischen Einheit zusammengefasst sind und in dieser Gestalt der Erfüllung bestimmter Aufgaben gewidmet in Erscheinung treten. Typisches Merkmal von Einrichtungen, die dem Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" zuzuordnen sind, sei - weiters - eine Anstaltsordnung, der sowohl die Patienten als auch die Ärzte unterliegen, ebenso aber das Vorliegen eines (Behandlungs-)Vertrages mit dem Träger der einer sanitären Aufsicht unterliegenden Einrichtung, der jedenfalls auch eine Rechtsbeziehung zwischen dem Träger und den Benützern dieser Einrichtung begründet. Für eine ärztliche Behandlung in einer Ordination eines freiberuflich tätigen Arztes sei - gleichgültig wie die Ordination organisiert sei (Ordinationsgemeinschaft, Apparategemeinschaft) - demgegenüber die unmittelbare Verantwortung des behandelnden Arztes gegenüber dem Patienten prägend. Das unterscheidende Merkmal zwischen Ambulatorien, die dem Kompetenztatbestand "Heil- und Pflegeanstalten" zuzurechnen sind, und den dem Kompetenztatbestand "Gesundheitswesen" zuzuzählenden Arztpraxen sei somit letztlich bei ersteren eine organisatorische Einrichtung, während nach dem Ärzterecht bei Ordinationen die medizinische Eigenverantwortlichkeit des behandelnden Arztes gegenüber dem Patienten maßgeblich sei. Das maßgebliche Kriterium für eine Krankenanstalt - so hob der Verfassungsgerichtshof hervor - bilde neben dem Vorliegen einer organisatorischen Einheit auch der Abschluss eines Behandlungsvertrages nicht nur mit dem Arzt, sondern - auch - mit der in Rede stehenden Einrichtung.

Diese grundsätzlichen Überlegungen können auch bei der Beantwortung der Frage, ob im vorliegenden Fall eine Krankenanstalt - in der Form eines Sanatoriums - oder ein Hotelbetrieb und daneben die Ordination eines Arztes, die im selben Gebäude untergebracht ist, gegeben ist, herangezogen werden.

Auch nach den hier maßgebenden Rechtsvorschriften des Stmk. KAG wird in Ansehung von Krankenanstalten auf "Einrichtungen" abgestellt. Eine in dem vom Beschwerdeführer geführten Beherbergungsunternehmen vorhandene, ihm zuzurechnende besondere krankenanstaltenmäßige Ausstattung, wie sie für eine solche Einrichtung charakteristisch wäre, geht aus den Feststellungen im angefochtenen Bescheid (anders als etwa in dem mit dem hg. Erkenntnis vom , Zl. 2005/11/0119, entschiedenen Beschwerdefall) nicht hervor. Danach stellt der Beschwerdeführer als Betreiber des Hotels lediglich Räumlichkeiten gegen Entgelt an die Ärztin zur Verfügung, wo diese ihre Tätigkeit selbständig ausübt. Das im angefochtenen Bescheid festgestellte Maß an "Organisation", auch wenn offensichtlich die Behandlungsräumlichkeiten von Hotelbediensteten, etwa durch Reinigung, betreut werden, erreicht noch nicht den Organisationsgrad einer Krankenanstalt.

Aber auch nach den von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid getroffenen Feststellungen, wonach zwar die Terminvormerkung für die Ärztin im Rahmen des Hotelbetriebes und eine Abrechnung auch der ärztlichen Leistungen gemeinsam mit der Rechnung des Hotels vorgenommen, vom Beschwerdeführer mit den einzelnen Gästen jedoch kein Behandlungsvertrag abgeschlossen wird, und es sich um eine beim Beschwerdeführer nicht angestellte, sondern selbständig in den gegen Entgelt zur Verfügung gestellten Räumlichkeiten praktizierende Ärztin handelt, die im Übrigen auch "externe" Patienten behandelt, die nicht Hotelgäste sind, liegt nach der oben dargestellten Rechtslage eine Krankenanstalt nicht vor. Aus der Art der Terminkoordination (Terminvergabe an der Rezeption des Hotels des Beschwerdeführers und Telefondienst) und der in einer Rechnung gegenüber dem Hotelgast erfolgenden Verrechnung kann die Beurteilung der belangten Behörde, es liege eine Krankenanstalt vor, nicht abgeleitet werden, ist doch daraus kein Hinweis erkennbar, es werde mit dem Beschwerdeführer ein Vertrag über die Heilbehandlung abgeschlossen.

Der gegenüber dem Beschwerdeführer erhobene Vorwurf, er betreibe entgegen § 5 Abs. 1 Stmk. KAG eine Krankenanstalt ohne im Besitz der hiefür erforderlichen Bewilligung zu sein, ist daher nicht haltbar.

Der angefochtene Bescheid erweist sich somit als inhaltlich rechtswidrig und war daher gemäß § 42 Abs. 2 Z. 1 VwGG aufzuheben.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf die §§ 47 ff VwGG iVm der Verordnung BGBl. II Nr. 333/2003.

Wien, am

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Normen
KAG Stmk 1999 §1 Abs1 ;
KAG Stmk 1999 §1 Abs3 Z6;
KAG Stmk 1999 §1 Abs3 Z7;
KAG Stmk 1999 §5 Abs1;
KAG Stmk 1999 §63 Abs1;
VwGG §42 Abs2 Z1;
VwRallg;
Sammlungsnummer
VwSlg 17587 A/2008
Schlagworte
Definition von Begriffen mit allgemeiner Bedeutung VwRallg7
Allgemein
ECLI
ECLI:AT:VWGH:2008:2006110093.X00
Datenquelle

Fundstelle(n):
EAAAE-82992