VwGH vom 24.02.2012, 2011/02/0142

VwGH vom 24.02.2012, 2011/02/0142

Betreff

Der Verwaltungsgerichtshof hat durch den Vorsitzenden Senatspräsident Dr. Gall und die Hofräte Dr. Beck und Dr. Köller als Richter, im Beisein der Schriftführerin Mag. Becker, über die Beschwerde des GA in T, vertreten durch Dr. Johann Postlmayr, Rechtsanwalt in 5230 Mattighofen, Stadtplatz 6, gegen den Bescheid des Unabhängigen Verwaltungssenates in Tirol vom , Zl. uvs-2011/K1/0175-1 und 2011/14/0176-1, betreffend eine Übertretung des FSG, zu Recht erkannt:

Spruch

Der angefochtene Bescheid wird in seinem Spruchpunkt II. wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes aufgehoben.

Das Land Tirol hat dem Beschwerdeführer Aufwendungen in der Höhe von EUR 1.326,40 bei sonstiger Exekution binnen zwei Wochen zu ersetzen.

Begründung

Aus der Aktenlage ergibt sich folgender für den Beschwerdefall wesentlicher Verfahrensgang:

Mit Mandatsbescheid der BH B vom wurde dem Beschwerdeführer die Lenkberechtigung für die Klasse B auf die Dauer von zwölf Monaten entzogen, das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeug für den selben Zeitraum verboten. Der Entziehung der Lenkberechtigung lag der Verdacht des Lenkens eines Kraftfahrzeuges in einem durch Suchtgift beeinträchtigen Zustand am (§ 5 Abs. 9 StVO 1960) zu Grunde. Gegen diesen Bescheid erhob der Beschwerdeführer Vorstellung.

Mit Straferkenntnis vom wurde der Beschwerdeführer für schuldig erachtet, am ein Fahrzeug in einem durch Suchtgift beeinträchtigten Zustand gelenkt zu haben (§ 5 Abs. 9 StVO 1960). Dagegen erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit dem diesem Beschwerdefall zu Grunde liegenden Straferkenntnis vom wurde der Beschwerdeführer unter anderem für schuldig erachtet, am ein Kraftfahrzeug auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr gelenkt zu haben, obwohl er nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten gültigen Lenkberechtigung gewesen sei; diese sei ihm Mandatsbescheid der BH B vom entzogen worden. Gegen dieses Straferkenntnis erhob der Beschwerdeführer Berufung.

Mit Bescheid vom hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Salzburg das oben angeführte Straferkenntnis vom , mit dem der Beschwerdeführer wegen § 5 Abs. 9 StVO 1960 bestraft wurde, behoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 3 VStG eingestellt.

Auf Grund dieser Verfahrenseinstellung gab die BH B mit Bescheid vom der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Mandatsbescheid vom , mit dem er die Entziehung der Lenkberechtigung bekämpfte, statt und stellte das Verfahren über die Entziehung der Lenkberechtigung ein.

Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid vom gab die belangte Behörde - soweit für den Beschwerdefall noch von Bedeutung - der Berufung des Beschwerdeführers gegen das Straferkenntnis vom hinsichtlich der Bestrafung wegen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges auf einer Straße mit öffentlichem Verkehr, obwohl der Beschwerdeführer nicht im Besitz einer von der Behörde erteilten Lenkberechtigung gewesen sei, weil diese entzogen worden sei, keine Folge, setzte jedoch die im Straferkenntnis verhängte Strafe von EUR 2.180,-- auf EUR 800,-- herab (Spruchpunkt II.).

In der Begründung zu diesem Spruchpunkt führte die belangte Behörde nach Wiedergabe des Verfahrensganges aus, dass es an der Strafbarkeit des dem Beschwerdeführer zur Last gelegten Verhaltens nichts ändere, wenn nachträglich der Entziehungsbescheid behoben werde. Auf Grund des Ausschlusses der aufschiebenden Wirkung der Vorstellung gegen den Entziehungsbescheid (Mandatsbescheid vom ) sei der Entziehungsbescheid in dem für den Beschwerdefall wesentlichen Tatzeitpunkt () rechtswirksam und somit der Entscheidung zu Grunde zu legen gewesen. Einer aufhebenden Entscheidung der Vorstellungsbehörde über den im Mandatsverfahren erlassenen Bescheid komme keine ex tunc, sondern eine ex nunc-Wirkung zu. Der Mandatsbescheid der BH B sei mit Zustellung des Bescheides vom außer Kraft getreten. Die Fahrt des Beschwerdeführers habe am stattgefunden, zu welchem Zeitpunkt der Mandatsbescheid noch in Kraft gewesen sei.

Nur gegen diesen Bescheidpunkt II. richtet sich die vorliegende Beschwerde wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes und Rechtswidrigkeit infolge Verletzung von Verfahrensvorschriften.

Die belangte Behörde hat die Verwaltungsakten vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, in der sie die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt. Der Beschwerdeführer hat zur Gegenschrift repliziert.

Der Verwaltungsgerichtshof hat erwogen:

Der Verwaltungsgerichtshof vertritt in mittlerweile ständiger Rechtsprechung die Ansicht, dass im Falle eines durch die Berufungsbehörde aufgehobenen Bescheides über die Entziehung der Lenkerberechtigung eine nach Erlassung dieses Bescheides ausgesprochene Bestrafung des Betroffenen wegen Lenkens eines Kraftfahrzeuges ohne gültige Lenkberechtigung der Beseitigungswirkung der Aufhebung des Entziehungsbescheides widerspricht und daher rechtswidrig ist (vgl. etwa die Erkenntnisse vom , Zl. 98/03/0336, und vom , Zl. 2004/02/0320, auf deren Begründung gemäß § 43 Abs. 2 VwGG verwiesen wird).

Die von der belangten Behörde im angefochtenen Bescheid und in der Gegenschrift für ihre Rechtsansicht ins Treffen geführten Erkenntnisse vom , Zl. 96/02/0442, und vom , Zl. 99/02/0359 betrafen eine nicht mehr aktuelle Rechtslage bzw. eine andere Rechtsfrage (nämlich die Frage, ob die Entziehung der Lenkberechtigung während des Vorstellungsverfahrens wirksam und Grundlage einer Bestrafung wegen Lenkens ohne Lenkberechtigung sein kann).

Im vorliegenden Fall wurde der Vorstellung des Beschwerdeführers gegen den Bescheid, mit dem ihm die Lenkberechtigung entzogen worden war, mit Bescheid vom Folge gegeben und das Verfahren eingestellt. Für eine Bestrafung des Beschwerdeführers wegen Lenkens ohne Lenkberechtigung mit dem angefochtenen Bescheid vom bestand nach der dargestellten Rechtslage demnach keine Grundlage.

Der angefochtene Bescheid war wegen Rechtswidrigkeit des Inhaltes gemäß § 42 Abs. 2 Z 1 VwGG aufzuheben.

Die Entscheidung über den Aufwandersatz beruht auf den §§ 47 ff VwGG iVm der VwGH-Aufwandersatzverordnung 2008, BGBl. II Nr. 455.

Wien, am